Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 13 A 1372/20.A
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 2. März 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Gründe:
1Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung ist unzulässig, weil er nicht fristgerecht begründet worden ist. Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG ist die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen und sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Letzteres ist hier nicht rechtzeitig geschehen.
21. Das angegriffene Urteil, das mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen ist, ist dem Rechtsanwalt, den die Kläger erstinstanzlich bevollmächtigt hatten, am 1. April 2020 zugestellt worden. Da das eigentliche Fristende auf Freitag, den 1. Mai 2020, und damit einen Feiertag fiel, endete die Antragsfrist gemäß § 57 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2, § 193 BGB mit Ablauf des darauffolgenden Montag, den 4. Mai 2020. Mit dem bis zu diesem Zeitpunkt beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 24. April 2020 hat der nunmehr beauftragte Prozessbevollmächtigte der Kläger lediglich einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, ohne diesen zu begründen. Dies genügt dem Darlegungserfordernis nicht.
32. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger in dem vorstehend genannten Schriftsatz die Begründung des Zulassungsantrags einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten und die Gewährung von kurzfristiger Einsicht in Verwaltungs- sowie Gerichtsakte erbeten hat, führt dies zu keiner Verlängerung der gesetzlichen Begründungsfrist. Auf die Notwendigkeit einer fristgemäßen Begründung des Zulassungsantrags ist in der Rechtsmittelbelehrung des Urteils des Verwaltungsgerichts ausdrücklich hingewiesen worden. Die Monatsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG kann wegen des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Regelung nicht durch richterliche Verfügung verlängert oder verkürzt werden (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 224 Abs. 2 ZPO).
4Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 1996 - 11 B 39.96 -, juris, Rn. 2 und vom 10. Oktober 1989 - 9 B 268.89 -, juris, Rn. 2, m. w. N.
5Dies gilt auch in den Fällen, in denen – wie hier – für den Zulassungsantrag ein neuer Prozessbevollmächtigter bestellt wird und dieser zur Erstellung der Antragsbegründung Akteneinsicht begehrt.
6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. März 2019, - 16 A 581/19.A -, S. 2 BA, n. V. und vom 21. März 2002 - 8 A 1037/02.A -, S. 2 f. BA, n. V.; Fritz/Vormeier, in: GK-AsylG, Stand: 105. EL April 2016, § 78 Rn. 531.1, m. w. N.
73. Den Klägern ist auch nicht gemäß § 60 Abs. 1 VwGO die mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020 beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Zulassungsbegründungsfrist zu gewähren. Danach ist jemanden, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
8Die Kläger haben entgegen § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO schon nicht glaubhaft gemacht, dass sie verhindert waren, die gesetzliche Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG einzuhalten. Handlungen und Unterlassungen ihres Prozessbevollmächtigten müssen sie sich zurechnen lassen (§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 1 ZPO).
9Wegen der – gerade im Asylrecht – eng begrenzten Gründe für die Zulassung der Berufung muss vom Prozessbevollmächtigten grundsätzlich verlangt werden, gegebenenfalls allein aufgrund des Urteils, dessen Aufhebung angestrebt wird, sowie der Informationen durch den Mandanten eine den gesetzlichen Anforderungen im Mindestmaß genügende Begründung fristgerecht einzureichen.
10Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 1989 - 9 B 268.89 -, juris, Rn. 2 m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Januar 2021 - 12 A 3036/20.A -, S. 6 BA, n. V. und vom 20. Juli 2007 - 11 A 1916/07.A -, juris, Rn. 6; Fritz/Vormeier, in: GK-AsylG, Stand: 105. EL April 2016, § 78 Rn. 531.1, m. w. N.
11Dass und warum der Prozessbevollmächtigte der Kläger vorliegend für die Begründung des Zulassungsantrags zwingend einer vorherigen Einsichtnahme in die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang bedurft hätte, hat er nicht ansatzweise dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. In dem die Begründung des Zulassungsantrags nachholenden klägerischen Schriftsatz vom 2. Juni 2020 gibt er hinsichtlich der im Nachhinein erfolgten Einsichtnahme in die Gerichtsakte lediglich an, dass es ihm ohne Kenntnis des Inhalts der Verwaltungs- und Gerichtsakte nicht möglich gewesen sei, den Zulassungsantrag hinreichend zu begründen. Dieser nicht weiter substantiierte Einwand erschließt sich nicht mit Blick auf das Zulassungsvorbringen. Die darin allein geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und der Divergenz (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) hätte der Prozessbevollmächtigte auch aufgrund der den Klägern vom Verwaltungsgericht übersandten beglaubigten Abschriften des Urteils und der Sitzungsniederschrift sowie der ihnen zur Verfügung stehenden weiteren Informationen (insbesondere Abschriften der Anhörungsniederschrift sowie des angefochtenen Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge) darlegen können. Es ist nicht erkennbar, dass und warum der Prozessbevollmächtigte der Kläger darüber hinaus für die Begründung des Zulassungsantrags zwingend einer vorherigen Einsichtnahme in die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang bedurft hätte.
12Vgl. hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 1989 - 9 B 268.89 -, juris, Rn. 3.
13Nach gewährter Akteneinsicht hätte der Prozessbevollmächtigte die Zulassungsbegründung gegebenenfalls noch weiter vertiefen können.
14Vgl. OVG Nds., Beschluss vom 23. August 2021 - 9 LA 143/20 -, juris, Rn. 19; Fritz/Vormeier, in: GK-AsylG, Stand: 105. EL April 2016, § 78 Rn. 548 ff., m. w. N.
15Die Kläger tragen gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das gemäß § 83b AsylG Gerichtskosten nicht erhoben werden.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Referenzen
- § 80 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 85 Wirkung der Prozessvollmacht 1x
- 11 A 1916/07 1x (nicht zugeordnet)
- 16 A 581/19 1x (nicht zugeordnet)
- 8 A 1037/02 1x (nicht zugeordnet)
- 12 A 3036/20 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG 1x (nicht zugeordnet)
- 9 LA 143/20 1x (nicht zugeordnet)