Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 A 10117/14


Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der Beratung vom 17. Dezember 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße wird abgelehnt.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 134,00 € festgesetzt.

Gründe

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Der Berufungszulassungsantrag bleibt in der Sache erfolglos.

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Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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Das Verwaltungsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung einen Kostenbescheid des Beklagten aufgehoben, mit dem der Kläger zur hälftigen Übernahme der im Widerspruchsverfahren seines Nachbarn entstandenen Gebühr sowie der hierbei entstandenen Auslagen herangezogen wurde. Auf die Klage des Nachbarn hatte das Verwaltungsgericht im Verfahren 5 K 1058/11.NW, zu dem der Kläger beigeladen worden war, eine seitens des Beklagten dem Nachbarn gegenüber ergangene Beseitigungsverfügung aufgehoben. In der Kostenentscheidung des zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsenen Urteils verpflichtete das Verwaltungsgericht den Kläger, die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Nachbarn neben dem Beklagten zur Hälfte zu tragen.

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Zur Begründung seiner nunmehr ergangenen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen angeführt, dass es für die Erhebung der Widerspruchskosten gegenüber dem Kläger an einer Rechtsgrundlage fehle. Maßgeblich für die Bestimmung der Kostentragungslast sei das Verwaltungsgebührenrecht. Gebührenpflichtig sei zum Zeitpunkt des für ihn erfolglosen Widerspruchsverfahrens der Nachbar des Klägers gewesen, da er mit Erhebung seines Widerspruchs dieses Verfahren veranlasst habe. Die Aufhebung des Widerspruchsbescheides im Urteil des Verwaltungsgerichts habe sich auch auf die dortige Kostenentscheidung erstreckt. In Folge der gerichtlichen Entscheidung sei letztlich auch der Widerspruch als erfolgreich anzusehen, weshalb die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Rechtsträger der Behörde zur Last fielen, die die angefochtene Amtshandlung erlassen habe. Wegen der Kostenentscheidung in diesem Urteil ergebe sich keine andere Beurteilung. Soweit man davon ausgehe, dass auch die Widerspruchsgebühr zu den erstattungsfähigen Kosten des Vorverfahrens zähle, stehe ein Erstattungsanspruch nur dem Nachbarn als damaligem Kläger zu.

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Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat den Kostenbescheid des Beklagten vom 21. Juni 2012 zu Recht aufgehoben, weil es hierfür an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

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Grundlage für die Geltendmachung der bei der Widerspruchsbehörde angefallenen Kosten des Widerspruchsverfahrens sind die §§ 15 Abs. 4 und 10 Abs. 1 des Landesgebührengesetzes – LGebG –. Nach § 15 Abs. 4 LGebG erhebt die Widerspruchsbehörde unbeschadet der für die Amtshandlung geschuldeten Kosten eine Widerspruchsgebühr von mindestens 20,00 €, höchstens 1.000,00 €, wenn gegen eine Amtshandlung Widerspruch eingelegt wird. § 10 Abs. 1 LGebG sieht darüber hinaus vor, dass Auslagen, die im Zusammenhang mit einer Amtshandlung entstehen, von dem Gebührenschuldner zu erstatten sind. Eine Bestimmung des Kostenschuldners enthält § 15 LGebG nur insoweit, als er in Absatz 5 vorsieht, dass Gebühren und Auslagen des Widerspruchsverfahrens dem Rechtsträger zur Last fallen, dessen Behörde die angefochtene Amtshandlung erlassen oder den Erlass der beantragten Amtshandlung zu Unrecht verweigert hat, wenn der Widerspruch Erfolg hat. Im Übrigen gilt für die Bestimmung des Kostenschuldners die allgemeine Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 1 LGebG. Hiernach ist derjenige zur Zahlung der Kosten verpflichtet, der die Amtshandlung veranlasst hat oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen worden ist. Kostenschuldner in diesem Sinne ist der Widerspruchsführer, der mit Einlegung seines Rechtsbehelfs die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erforderlichen Amtshandlungen veranlasst hat (vgl. zum Vorstehenden: OVG RP, Urteil vom 27. Juni 1989 – 6 A 131/88 –; Dehe/Beucher, Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, Landesgebührengesetz, Anm. 16). Hiernach kommt aber - abgesehen von dem Fall des § 15 Abs. 5 LGebG bei erfolgreichem Widerspruch - als Kostenschuldner und damit als Adressat eines Kostenbescheides der Kreisverwaltung, bei der der Rechtsausschuss gebildet ist (§ 15 Abs. 7 LGebG), nur der Widerspruchsführer in Betracht. Die Kostentragungspflicht eines am Widerspruchsverfahren Drittbeteiligten sieht das Landesgebührengesetz hingegen nicht vor.

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Zu einem anderen Ergebnis gelangt man auch nicht, wenn man berücksichtigt, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 27. März 2012 auf der Grundlage des § 162 Abs. 3 VwGO vorgesehen hat, dass der Kläger im hier zu entscheidenden Verfahren neben dem Beklagten die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten seines Nachbarn zur Hälfte zu tragen hat. Die gerichtliche Kostenentscheidung berechtigt den Beklagten – als Rechtsträger des Rechtsausschusses – nicht, die Widerspruchsgebühr und die Auslagen des Widerspruchsverfahrens, zu deren Tragung der Nachbar nach dem Landesgebührengesetz verpflichtet ist, gegenüber dem Kläger geltend zu machen.

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Die gerichtliche Kostenentscheidung erweitert insoweit nicht die Handlungsmöglichkeiten des Beklagten als Rechtsträger des Rechtsausschusses. Vielmehr sieht das Gesetz für die Geltendmachung der von der Kostengrundentscheidung erfassten Kosten die speziellen Verfahren der Kostenrechnung – für die Gerichtskosten – und der Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO – für den Ausgleich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten (§ 162 Abs. 1 VwGO) – vor (vgl. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 164 Rn. 1 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 164 Rn. 1; Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. EL 2013, Rn. 1). Hiernach ist aber die Geltendmachung eines der Kostenfestsetzung unterliegenden Anspruchs durch Verwaltungsakt der Behörde ausgeschlossen. Im Übrigen steht das Antragsrecht auf Kostenfestsetzung nur dem nach der gerichtlichen Kostengrundentscheidung Erstattungsberechtigten zu (vgl. Neumann, a.a.O., § 164 Rn. 10). Erstattungsberechtigt war aber nach der Kostengrundentscheidung des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 27. März 2012 allein der Nachbar des Klägers. Eine Ausgleichspflicht zwischen dem Beklagten und dem im damaligen Verfahren beigeladenen Kläger sah das Urteil hingegen gerade nicht vor.

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Darüber hinaus werden Kosten des Vorverfahrens von der Kostengrundentscheidung allenfalls nur insofern erfasst, als sie Teil der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten sind (§ 162 VwGO). Ungeachtet der Frage, ob die von der Widerspruchsbehörde erhobenen Gebühren und Auslagen zu den erstattungsfähigen Kosten nach § 162 Abs. 1 VwGO gehören, wofür einiges spricht (diese Frage bejahend: OVG RP, Urteil vom 27. Juni 1989, a.a.O.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 162 Rn. 16; Olbertz, a.a.O., § 162 Rn. 67; BayVGH, Beschluss vom 22. August 1983 – 15 CE 83 A 1638 –, BayVBl. 1984, 691; OVG Hamburg, Beschluss vom 23. Dezember 1960, – OVG Bs. II 62/60 –, NJW 1961, 937, 938; jedenfalls für die Kostenregelung eines Vergleichs verneinend: BVerwG, Urteil vom 31. Januar 1975 – IV C 55.72 –, DVBl. 1976, 80 und juris Rn. 15; VGH BW, Beschluss vom 18. Januar 2002 – 8 S 155/02 –, NVwZ-RR 2002, 325 und juris Rn. 2; grundsätzlich verneinend: Neumann, a.a.O., § 162 Rn. 96), setzt deren Geltendmachung daher voraus, dass bei dem Erstattungsberechtigten – hier dem Nachbarn des Klägers – bereits eine entsprechende Leistungspflicht entstanden ist. Dies war indessen nicht der Fall, da der Beklagte ihm gegenüber die Kosten des Widerspruchsverfahrens noch nicht durch Kostenentscheidung nach § 14 Abs. 1 LGebG festgesetzt hatte.

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Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Der Beklagte sieht die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig an, ob er als Kostengläubiger der Widerspruchskosten aufgrund des gerichtlichen Tenors die Kosten des Widerspruchsverfahrens festsetzen darf. Diese Frage bedarf indessen keiner grundsätzlichen Klärung in einem Berufungsverfahren, da sie sich - entsprechend den obigen Darlegungen - ohne Weiteres anhand des Gesetzes beantworten lässt.

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Die Berufung ist schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen. Soweit der Beklagte die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Juni 1989 – 6 A 131/88 – heranzieht und dabei auf den diesem Urteil zugrunde liegenden abstrakten Rechtssatz verweist, wonach es auch im Fall der späteren gerichtlichen Aufhebung eines den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides bei der nach § 13 LGebG kraft Gesetzes bestehenden Kostenschuldnerschaft des ursprünglichen Widerspruchsführers verbleibe, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits hierauf nicht an. Der Beklagte hat die Widerspruchsgebühr nämlich nicht gegenüber dem Kläger des Ausgangsverfahrens geltend gemacht, sondern hierzu unmittelbar den Beigeladenen dieses Verfahrens durch Verwaltungsakt in Anspruch genommen.

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Ebenso vermag auch keine Abweichung des Urteils des Verwaltungsgerichts von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 29. Oktober 1992 – 2 C 2.90 – festgestellt zu werden. Soweit der Beklagte diesem Urteil den Rechtssatz entnimmt, dass weder die Erlass- noch die Widerspruchsbehörde berechtigt sei, nach einem ihre Entscheidung aufhebenden oder abändernden Urteil des Verwaltungsgerichts eine neue Entscheidung zu treffen, die dem Tenor in der Sache oder hinsichtlich der Kosten widerspricht, kann dieser Rechtssatz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnommen werden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts befasst sich vielmehr mit der Frage, inwieweit für Beschäftigte einer zwischenstaatlichen Einrichtung die Möglichkeit besteht, gegen die Entscheidung der für Streitigkeiten zwischen dieser Einrichtung und ihren Bediensteten gebildeten Beschwerdekammer den Rechtsweg zu den deutschen Gerichten zu beschreiten. Die von dem Beklagten zitierte Aussage kann dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts indessen nicht entnommen werden. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass sich der Beklagte zu der Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Urteils in Widerspruch gesetzt hätte, wenn er den an den Kläger gerichteten Kostenbescheid nicht erlassen hätte.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Wert des Streitgegenstandes bestimmt sich nach den §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

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