Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (2. Senat) - 2 A 10143/20

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 27. August 2019 abgeändert und der Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2019 aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern der Kläger nicht zuvor Sicherheitsleistung in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der 1961 geborene Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

2

Er wurde am ... Oktober 1978 als Polizeiwachtmeister auf Widerruf in den Polizeidienst des Bundesgrenzschutzes eingestellt und am ... August 1988 als Polizeihauptwachtmeister zum Land Rheinland-Pfalz versetzt. Seit dem ... April 2001 ist der Kläger dem Polizeipräsidium ... unterstellt. Im Jahr 2011 wurde er zum Polizeioberkommissar (A 10) ernannt. Ab dem ... August 2004 wurde er als Sachbearbeiter im Bereich Technik und Versorgung eingesetzt; zum Mai 2017 erfolgte seine Umsetzung innerhalb der Kriminaldirektion ... zur Zentralen Kriminalinspektion in das Sachgebiet Datenverarbeitung. Vom 15. August 2017 wurde der Kläger bis Ende Oktober 2017 im Rahmen einer Hospitation von der Kriminaldirektion zur Polizeidirektion ... umgesetzt und war dort in der Sachbearbeitung tätig.

3

Vom 26. Mai bis zum 9. November 2015 war der Kläger durchgehend erkrankt. Mit Untersuchungsanordnung vom 16. September 2015 wurde ihm aufgegeben, sich zur Feststellung seiner Dienstfähigkeit einer polizeiärztlichen Untersuchung beim Ärztlichen Dienst der Direktion der Bereitschaftspolizei – PÄD – zu unterziehen. Der PÄD kam in seinem Gutachten vom 24. März 2016 zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig sei. Nach Absprache mit dem PÄD wurde dem Kläger am 20. April 2017 zur Klärung der Frage, ob ihm aus gesundheitlichen Gründen überhaupt der Zugang zu Dienstwaffen erlaubt werden könne, aufgegeben, sich einer fachpsychiatrischen Untersuchung zu unterziehen. In der nachfolgend erstellten gutachterlichen Stellungnahme des Herrn Dipl. med. S., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vom 12. Juni 2017 wurden beim Kläger eine schwere depressive Episode, eine Agoraphobie und eine soziale Phobie diagnostiziert.

4

Nachdem der PÄD zwischenzeitlich in einem Ergänzungsgutachten vom 3. November 2017 unter Bezugnahme auf die fachpsychiatrische Stellungnahme des Herrn S. festgestellt hatte, dass mit einer Änderung der bei dem Kläger bestehenden psychischen Beeinträchtigungen nicht zu rechnen sei, teilte der Beklagte dem Kläger unter dem 24. Januar 2018 mit, er beabsichtige seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Zu diesem Zweck sei eine (nochmalige) Untersuchung des Klägers bei der Zentralen Medizinischen Untersuchungsstelle – ZMU – nötig.

5

In seiner Stellungnahme vom 19. März 2018 sowie der ergänzenden Erläuterung vom 12. November 2018 diagnostizierte der untersuchende Amtsarzt der ZMU Dr. A. bei dem Kläger einen Zustand nach schwerer, weitgehend kompensierter depressiver Episode ohne psychotische Symptome. Weiter wurden unter anderem eine leichtgradige Agoraphobie, eine somatoforme Störung mit einer Verstärkung der körperlichen Grundsymptomatik, ein zeitweise auftretender Tremor, ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom bei segmentaler Instabilität der Lendenwirbelsäule mit Blockierung, ein Refluxösophagus bei Cardiainsuffizienz, ein teilkompensierter Tinnitus, labiler Bluthochdruck sowie Testosteronmangel diagnostiziert. Im psychiatrischen Fachbereich hätten sich Symptome einer phasenweise deprimierten Stimmungslage und Mobbingerfahrungen im Bereich des Dienstherrn mit hieraus resultierenden psychosomatischen Reaktionen gezeigt. Weiter wurde festgestellt, dass beim Kläger zwar auch langfristig keine uneingeschränkte Polizeidienstfähigkeit bestehe. Allerdings könne mit Blick auf bestimmte Dienstposten eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit bejaht werden, wenn hierbei die Einschränkungen zur Einsetzbarkeit des Klägers berücksichtigt würden. Als positives Leistungsbild seien leichte körperliche Tätigkeiten, mit einem Wechsel im Sitzen, Stehen und Gehen ausführbar. Der Einsatz des Klägers könne ausschließlich im Tagdienst und vorwiegend im Innendienst erfolgen. Nicht möglich seien Tätigkeiten, die Bücken, Heben, Tragen oder Zwangshaltungen beinhalteten. Auch seien Tätigkeiten mit vermehrten psychischen Belastungen nicht möglich.

6

Mit Datum vom 21. Juni 2018 richtete der Beklagte an die Polizeipräsidien K., M., R., W. und Einsatz, Logistik und Technik sowie an die Hochschule der Polizei und an das Landeskriminalamt Anfragen zu einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit des Klägers im jeweiligen Dienstbereich. Einleitend heißt es in dem Schreiben:

7

„Beamtinnen und Beamte auf Lebenszeit sind gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauerhaft unfähig (dienstunfähig) sind. Von der Versetzung in den Ruhestand soll jedoch abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist (§ 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG).

8

In diesem Zusammenhang sucht das Polizeipräsidium ... nach einer geeigneten Verwendungsmöglichkeit für einen Polizeibeamten, der nach Feststellung der Zentralen Medizinischen Untersuchungsstelle nur noch eingeschränkt polizeidienstfähig ist. Unter Berücksichtigung der unten aufgeführten Einschränkungen hinsichtlich Einsetzbarkeit könne der Beamte nach polizeiärztlicher Einschätzung nur auf bestimmten Dienstposten eingesetzt werden, beispielsweise im Rahmen einer Verwaltungstätigkeit.“

9

Hieran anknüpfend teilte der Beklagte Alter, Geschlecht, Amtsbezeichnung und fachliche Qualifikation des Klägers mit und beschrieb seine bisherige dienstliche Verwendung sowie dessen gesundheitsbedingte Leistungseinschränkungen und die hieraus resultierenden Verwendungsmöglichkeiten.

10

In der Folgezeit gingen von allen angeschriebenen Stellen beim Beklagten Fehlanzeigen ein. Das Präsidium Einsatz, Logistik und Technik teilte in seinem Antwortschreiben mit, es sei „auch in absehbarer Zeit“ keine passende Stelle verfügbar. Sodann richtete der Beklagte über das Ministerium des Innern und für Sport unter dem 19. Juli 2018 inhaltlich identische Anfragen an die Staatskanzlei, das Ministerium der Finanzen, das Ministerium des Innern und für Sport, das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, das Ministerium für Bildung, das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, das Ministerium der Justiz, das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, den Landesrechnungshof und den Landtag. Auch auf diese Anfragen gingen in der Folgezeit von allen angeschriebenen Stellen ausschließlich Fehlanzeigen bei dem Beklagten ein.

11

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ruhestandsversetzung machte der Kläger im Wesentlichen nicht auflösbare Widersprüche in der Stellungnahme der ZMU, die Erforderlichkeit einer Nachuntersuchung und seinen gegenüber dem Begutachtungszeitpunkt verbesserten Gesundheitszustand geltend.

12

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2018 versetzte der Beklagte den Kläger in den Ruhestand. Zur Begründung führte er aus, das Gutachten vom 19. März 2018 stelle eine taugliche und widerspruchsfreie medizinische Tatsachengrundlage dar. Auch sei die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des Klägers im gesamten Bereich des Dienstherrn ordnungsgemäß geprüft worden. Insbesondere seien sämtliche Versuche, eine leidensgerechte Verwendungsmöglichkeit für ihn zu finden, gescheitert.

13

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. Januar 2019 Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Einwendungen im Anhörungsverfahren. Nicht geprüft worden sei, ob ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden könne. Zudem sei das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. In keiner Weise sei geprüft worden, ob eine zeitreduzierte Tätigkeit oder eine anderweitige Beschäftigung, auch geringwertigerer Art, möglich sei. Dass die Suche bei anderen Behörden ernsthaft und mit dem Willen, eine anderweitige Verwendung auch tatsächlich zu finden, durchgeführt worden sei, sei ebenfalls nicht erkennbar. Die Suchanfrage schildere den Kläger wenig attraktiv und sei lediglich routinemäßig erfolgt.

14

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2019 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger sei nach übereinstimmender Einschätzung des PÄD und der ZMU polizeidienstunfähig. Unter Berücksichtigung der gesundheitsbedingten Leistungseinschränkungen seien freie Dienstposten im Polizeidienst nicht vorhanden. Zur Freimachung eines Dienstpostens bestehe keine Verpflichtung. Mehrere Arbeitsversuche auf für den Kläger körperlich geeigneten Dienstposten hätten gezeigt, dass dadurch eine Verstärkung seiner Symptome ausgelöst werde und er nicht mehr in der Lage sei, einfachste administrative Tätigkeiten auszuüben. Aufgrund seiner psychischen Konstitution sei auch der erfolgreiche Abschluss einer Qualifizierungsmaßnahme nicht zu erwarten. Auch die Übertragung einer geringwertigeren Tätigkeit scheide aus. Ein Einsatz im Pfortendienst oder der Amtsmeisterei scheide aus, da dort das Tragen und Heben schwerer Gegenstände erforderlich sei und eine Pfortentätigkeit mit einer erheblichen Zwangshaltung einhergehe. Für die übrigen Verwaltungstätigkeiten seien Kenntnisse des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts erforderlich, über die der Kläger nicht verfüge und die zu erwerben er nicht in der Lage sei. Die anderweitige Verwendungssuche im gesamten Bereich des Dienstherrn sei ordnungsgemäß erfolgt, insbesondere sei das durch die ZMU festgestellte positive Restleistungsvermögen mitgeteilt worden, sodass die angefragten Behörden eine etwaige Einsatzmöglichkeit konkret hätten prüfen können.

15

Am 10. April 2019 hat der Kläger Klage erhoben und zu deren Begründung in Ergänzung seines Vorbringens im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ausgeführt, dass sämtliche Untersuchungsergebnisse unverwertbar seien. Das Fachgutachten des Herrn Dipl. med. S. sei erstellt worden, um ihn – den Kläger – von seinem jahrelang ohne Beanstandung ausgeübten Dienstposten als Sachbearbeiter im Bereich Technik und Versorgung umsetzen zu können und dem Beklagten das Betreiben des Zurruhesetzungsverfahrens zu ermöglichen. Auch für das Gutachten der ZMU sei dem untersuchenden Arzt die Auffassung des Beklagten und die zu treffende Beurteilung vorgegeben worden. Er – der Kläger – sei jahrelang Opfer von Mobbing gewesen. Im Übrigen habe sich sein Gesundheitszustand erheblich verbessert, was durch die fachärztlichen Bescheinigungen vom 12. Juli, 6. August und 11. August 2019 belegt werde.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

den Bescheid vom 27. Dezember 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2019 aufzuheben.

18

Der Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Zur Begründung hat er unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ergänzend ausgeführt, insbesondere der Untersuchungsauftrag an die ZMU vom 24. Januar 2018 enthalte eindeutige Angaben zum Zweck der Untersuchung. Zudem werde ausdrücklich auf die Gutachten des PÄD sowie auf das fachpsychiatrische Gutachten Bezug genommen und Art und Umfang der Untersuchung nicht in das Belieben des Arztes gestellt. Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung sei ordnungsgemäß erfolgt. Diese setze selbstverständlich voraus, dass die Einschränkungen des betroffenen Beamten dargelegt würden. Nur so würden die angefragten Behörden in die Lage versetzt, einen geeigneten Dienstposten zu benennen. Auch unter Berücksichtigung der notwendigen Einarbeitung sei der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen, einfachste administrative Tätigkeiten auszuüben. Die Behauptung, die gesundheitliche Situation des Klägers habe sich verbessert, sei unsubstantiiert und nicht geeignet, die Feststellungen des Gutachtens der ZMU in Frage zu stellen.

21

Mit Urteil vom 27. August 2019 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffene Verfügung sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und stelle sich darüber hinaus auch als materiell rechtmäßig dar. Der Beklagte habe im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung rechtsfehlerfrei die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers festgestellt. Insbesondere habe er die medizinischen Untersuchungsergebnisse des PÄD, der ZMU und des Herrn S. zugrunde legen dürfen. Da sich der Kläger den Untersuchungen unterzogen habe, komme es auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung nicht mehr an. Die eingeholte Stellungnahme der ZMU vermittle im Übrigen ein schlüssiges Bild des Gesundheitszustandes des Klägers. Vermeintliche Widersprüche habe der untersuchende Amtsarzt überzeugend mit seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. November 2018 ausgeräumt. Auch die vom Kläger vorgelegten fachärztlichen Bescheinigungen führten zu keiner anderen Beurteilung.

22

Darüber hinaus habe der Beklagte ordnungsgemäß nach einer anderweitigen Verwendung für den Kläger gesucht. Eine Verwendung innerhalb des Polizeipräsidiums ... scheide aus; der Beklagte habe vielmehr dargelegt, dass und warum eine Weiterverwendung dort nicht länger möglich bzw. zumutbar sei. Darüber hinaus habe der Beklagte auch ordnungsgemäß nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers innerhalb seines gesamten Dienstbereichs gesucht. Die Suchanfrage entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Zwar habe der Beklagte nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in die Suche auch in absehbarer Zeit neu zu besetzende Dienstposten einzubeziehen seien. Allerdings habe er durch seine Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften davon ausgehen dürfen, dass die angefragten Stellen das Verfahren zur Prüfung einer anderweitigen Verwendung eingehalten hätten. Dies folge aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – GG –, wonach die Verwaltung nur im Einklang mit dem geltenden Recht handeln dürfe. Es sei daher mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die angefragten Stellen bei der durchzuführenden Suche das Prüfprogramm des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 sowie Abs. 3 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG – unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beachtet hätten.

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Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung ergänzt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen.

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Der Kläger beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier, ergangen aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. August 2019, den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2019 aufzuheben.

26

Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

28

Er verteidigt das angefochtene Urteil, das er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend hält. Für den Kläger habe weder im polizeilichen Bereich noch im Bereich der Polizeiverwaltung eine Verwendungsmöglichkeit bestanden. Dabei seien auch geringwertigere Dienstposten ordnungsgemäß geprüft worden. Darüber hinaus sei auch die landesweite Suche nach einer anderweitigen Verwendung korrekt durchgeführt worden. Dies habe bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Personalakten (5 Hefte nebst Anlage, 1 Ordner) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat Erfolg.

31

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2018 sowie der Widerspruchsbescheid vom 14. März 2019 erweisen sich als rechtswidrig. Sie sind deshalb aufzuheben.

32

I. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist § 26 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG – in der ab dem 7. Dezember 2018 geltenden Fassung (Gesetz zur Änderung des Beamtenstatusgesetzes und des Bundesbeamtengesetzes sowie weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 29. November 2018, BGBl. I S. 2232) in Verbindung mit § 112 des Landesbeamtengesetzes – LBG – vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2018 (GVBl. S. 448), da es für die Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung – hier dem Erlass des Widerspruchsbescheides am 14. März 2019 – ankommt (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 –, juris Rn. 16; und vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris Rn. 13).

33

Nach § 26 Abs. 1 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Da es sich bei dem Kläger um einen Polizeibeamten handelt, sind an seine Dienstfähigkeit nicht nur die für jeden Beamten geltenden Anforderungen zu stellen, sondern zusätzlich die für diese Beamtengruppe gemäß § 112 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes – LBG – erforderlichen besonderen gesundheitlichen Voraussetzungen zu erfüllen (Polizeidienstfähigkeit; vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 –, juris Rn. 8 ff.; OVG RP, Beschluss vom 24. Januar 2007 – 2 A 11350/06.OVG –; Beschluss vom 8. April 2015 – 2 A 11012/14.OVG –).

34

II. Vorliegend kann dahinstehen, ob die vom Kläger gegen das Verfahren zur Überprüfung seiner (Polizei-)Dienstfähigkeit geltend gemachten Einwendungen durchgreifen. Denn der Beklagte hat jedenfalls nicht dargelegt, seiner Suchpflicht gemäß § 26 Abs. 1 bis 3 BeamtStG in ausreichendem Maße nachgekommen zu sein.

35

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG wird ein Beamter dann nicht in den Ruhestand versetzt, wenn er anderweitig verwendbar ist (Änderung der Sollvorschrift in eine gesetzliche Verpflichtung durch Gesetz vom 29. November 2018, a.a.O., vgl. auch BR-Drucks. 378/18 S. 5, BT-Drucks. 19/4117, S. 11), d.h. ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG kann unter Beibehaltung des übertragenen Amtes dem Beamten ohne seine Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 19 [zu § 42 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes a.F.]; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 3 ZB 12.1740 –, juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 24. Juli 2019 – 6 A 696/17 –, juris Rn. 33; ferner auch Plog/Wiedow, Beamtenrecht, Stand: März 2019, § 44 BBG Rn. 69 ff.).

36

Die vorgenannten Vorschriften begründen die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen, dem Beamten gesundheitlich möglichen und zumutbaren Verwendung (einschließlich der Verwendung nach § 26 Abs. 3 BeamtStG) von Amts wegen ernsthaft und gründlich zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne die so verstandene gesetzliche Suchpflicht könnte der Dienstherr über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien er sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 25; Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 15, zu Art. 56 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes – BayBG –; ferner Bay. VGH, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 3 ZB 12.1740 –, juris Rn. 36). Das übereinstimmende Interesse aller Dienstherren an der vollen Nutzung der knappen personellen Ressourcen des öffentlichen Dienstes und an der Realisierung der von den Beamtinnen und Beamten eingegangenen Verpflichtung zur vollen Dienstleistung bis zum Erreichen der Altersgrenze rechtfertigt diese Regelung. Die zuständigen Dienststellen müssen daher vor einer Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit als ultima ratio zunächst umfassend Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung prüfen (BR-Drucks. 780/06, S. 57 f. zu § 27 BeamtStG a.F.) und damit dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 25; Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris Rn. 4; OVG RP, Urteile vom 21. Juni 2015 – 2 A 10321/14.OVG –; und vom 3. April 2019 – 2 A 11600/18.OVG –; Bay. VGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris Rn. 28).

37

Die Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit muss sich regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn sowie auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit (voraussichtlich) neu zu besetzen sind (BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 46.08 –, juris Rn. 29; Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris, Rn. 28; Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris Rn. 64), wobei von der Rechtsprechung ein Zeitraum von sechs Monaten für angemessen erachtet wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 18; vgl. auch OVG RP, Beschluss vom 16. September 2019 – 2 A 10205/19.OVG –; aus der Literatur etwa: Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl. 2020, § 5 Rn. 57). Darüber hinaus ist zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand wie erwähnt zu prüfen, ob dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 – juris Rn. 4, zu § 44 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes – BBG –; dazu auch Hebeler, in: Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 44 Rn. 19; ferner BVerwG, Beschluss vom 27. März 2018 – 5 P 2.17 –, juris Rn. 22; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Oktober 2014 – 3 ZB 12.1740 –, juris Rn. 9; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2017 – OVG 4 B 3.16 –, juris Rn. 34).

38

Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss unter Wahrung des Personaldatenschutzes den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 4. November 2015 – 6 A 1364/14 –, juris Rn. 57; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Juli 2017 – OVG 4 B 3.16 –, juris Rn. 29). Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherrn bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich, den Beamten anderweitig zu verwenden. Zur Suchpflicht gehört des Weiteren eine Nachfrage bei einer anderen Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 – 2 A 5.10 –, juris Rn. 4; Bay. VGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 3 CS 14.273 –, juris Rn. 28).

39

Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 BeamtStG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 20; OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 – 6 A 3712/06 –, juris Rn. 66; Bay. VGH, Urteil vom 26. September 2019 – 3 BV 17.2302 –, juris Rn. 39).

40

2. Die konkreten Suchbemühungen des Beklagten genügen nicht den vorstehend dargelegten Anforderungen.

41

a) Die von dem Polizeipräsidium ... zunächst mit E-Mail vom 21. Juni 2018 an die übrigen Polizeidienststellen des Landes gerichtete und sodann mit E-Mail vom 19. Juli 2018 auf die übrige Landesverwaltung ausgeweitete Suchanfrage umfasst im Wesentlichen einen einleitenden sowie einen die Person des Klägers beschreibenden Teil. Dabei ist der (inhaltlich) beschreibende Teil der Suchanfrage entgegen der Auffassung des Klägers in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Wie das Verwaltungsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, bestehen Sinn und Zweck der Suchanfrage darin, die angefragten Behörden in die Lage zu versetzen, sich angesichts der gesundheitsbedingten Einschränkungen des Betroffenen ein Bild seiner Einsatzfähigkeit unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Dienstposten zu machen, was Angaben zu tatsächlichen gesundheitsbedingten und die Leistungsfähigkeit einschränkenden Merkmalen ebenso wie zu dem noch vorhandenen Leistungsvermögen erfordert. Die konkreten Leistungsbeeinträchtigungen des Klägers werden in den Suchanfragen vom 21. Juni und 19. Juli 2018 objektiv und in Übereinstimmung mit den Feststellungen und Empfehlungen des untersuchenden Amtsarztes mitgeteilt; inhaltlich entspricht die Suchanfrage damit den an sie zu stellenden rechtlichen Anforderungen.

42

b) Allerdings schließt die Suchanfrage des Polizeipräsidiums ... in ihrem einleitenden Teil weder absehbar freiwerdende Dienstposten noch geringerwertige Tätigkeiten mit ein. Sie beschränkt sich vielmehr auf eine auszugsweise Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des seinerzeit geltenden § 26 BeamtStG. Soweit Normbestandteile benannt und aufgegriffen werden (konkret: § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG), lässt sich hieraus nicht entnehmen, dass die Suchanfrage des – insoweit darlegungspflichtigen – Dienstherrn auch die vorgenannten Aspekte (absehbar neu zu besetzende Dienstposten bzw. geringerwertige Tätigkeiten) umfassen sollte. Mit § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG ist der Grundsatz angesprochen, dass von der Versetzung eines dienstunfähigen Beamten in den Ruhestand abzusehen ist, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. § 26 Abs. 2 BeamtStG enthält (neben Absatz 3) nähere Regelungen zu der von Absatz 1 Satz 3 genannten anderweitigen Verwendung, konkret zu der Übertragung eines anderen Amtes und der Pflicht des Beamten zur Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen.

43

Regelungsgegenstand des § 26 Abs. 3 BeamtStG ist zwar die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit zur Vermeidung einer Versetzung des Beamten in den Ruhestand. Auf diesen Absatz wird in der Suchanfrage allerdings gerade nicht Bezug genommen. Was schließlich die Erstreckung der Suche auf solche Dienstposten anbelangt, die in absehbarer Zeit (voraussichtlich) neu zu besetzen sind, lassen sich § 26 BeamtStG hierzu keine Aussagen entnehmen. Diese Vorgabe ist vielmehr von der (höchstrichterlichen) Rechtsprechung in Ausgestaltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ entwickelt worden. Mit der Bezugnahme in der Suchanfrage auf § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG war daher nicht sichergestellt, dass die angefragten Stellen die ihnen obliegende Überprüfung der Einsatzmöglichkeiten des Klägers auch auf geringerwertige Tätigkeiten und absehbar freiwerdende Dienstposten erstrecken.

44

c) Eine Nachholung der Suche unter Einbeziehung der vorstehenden Aspekte ist auch nicht im Widerspruchsverfahren erfolgt. Vielmehr heißt es im Widerspruchsbescheid vom 14. März 2019 insoweit, die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit „in der Polizeiverwaltung oder im übrigen Bereich des Dienstherrn nach § 26 Abs. 3 BeamtStG“ scheide aus. Da der Kläger selbst mit einfachen Kopiertätigkeiten nicht betraut werden könne, sei auch in der Polizeiverwaltung kein Dienstposten für ihn denkbar. Ob diese auf die Suche innerhalb der Polizeiverwaltung bezogene Argumentation verfängt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, warum der Beklagte im Rahmen der landesweiten Suche nach einer anderweitigen Verwendung geringerwertige Tätigkeiten und absehbar freiwerdende Dienstposten unerwähnt gelassen hat. Soweit es hierzu im Widerspruchsbescheid heißt, es sei nicht ausschließlich nach einer statusamtsangemessenen Verwendung gesucht, sondern das durch die Zentrale Medizinische Untersuchungsstelle – ZMU – festgestellte positive Leistungsvermögen dargestellt worden, ergibt sich hieraus ebenfalls nicht, wie durch eine Darstellung des Leistungsvermögens des Beamten zugleich geringerwertige Tätigkeiten bzw. absehbar freiwerdende Dienstposten zum Gegenstand der Suchanfrage gemacht worden sein sollten.

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d) Schließlich können die höchstrichterlich aufgestellten Anforderungen an die Darlegungsobliegenheiten des Beklagten (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, juris Rn. 30; Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37.13 –, juris Rn. 20) auch nicht mit der Erwägung abgesenkt werden, wegen des Verfassungsprinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sei davon auszugehen, dass die angefragten Stellen das Prüfprogramm des § 26 BeamtStG unter Beachtung der hierzu ergangenen Rechtsprechung eingehalten hätten. Zutreffend ist freilich der Hinweis, dass Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – GG – die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht bindet. Ob innerhalb der angefragten Stellen eine an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 26 BeamtStG orientierte Suche erfolgt ist, lässt sich den Verwaltungsakten des Beklagten und den hierin enthaltenen Antwortmitteilungen aber nicht entnehmen. Lediglich das Präsidium für Einsatz, Logistik und Technik hat in seiner Rückantwort vom 19. Juli 2018 mitgeteilt, dass eine Stelle auch in absehbarer Zeit nicht verfügbar sei. Alle anderen angefragten Stellen haben weder auf geringerwertige Tätigkeiten noch auf in absehbarer Zeit freiwerdende Stellen Bezug genommen. Lässt sich aber nicht aufklären, ob die Suche den rechtlichen Anforderungen entsprochen hat, geht eine solche Unklarheit zulasten des Dienstherrn und kann nicht mit dem Hinweis auf das rechtliche Sollen (Art. 20 Abs. 3 GG) aufgelöst werden.

46

Der Senat weist darauf hin, dass bei zukünftigen Suchanfragen im Bereich des Beklagten die angefragten Stellen sich auch weiterhin – rechtlich unbedenklich – darauf beschränken können, die an sie herangetragene Suchanfrage mit der Meldung einer (knapp gehaltenen) Fehlanzeige zu beantworten. Dies setzt allerdings voraus, dass bereits die Anfrage mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, dass sich die Suche auch auf in absehbarer Zeit (d.h. innerhalb der nächsten sechs Monate ab dem Zugang der Anfrage) freiwerdende Dienstposten und auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstreckt.

47

3. Die Verpflichtung des Beklagten zur Suche einer anderweitigen Verwendung für den Kläger war vorliegend auch nicht entfallen. Der Dienstherr ist von der Suchpflicht nur dann entbunden, wenn feststeht, dass der Beamte generell nicht mehr oder nur mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten zur Dienstleistung imstande ist; deren Zweck kann in diesem Fall von vornherein nicht mehr erreicht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 –, juris Rn. 15; Beschluss vom 16. April 2020 – 2 B 5.19 –, juris Rn. 43; Reich, BeamtStG, 3. Aufl. 2018, § 26 Rn. 15).

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Davon ist vorliegend aber nicht auszugehen. Nach dem von der ZMU erstatteten Gutachten vom 19. März 2018 war bei dem Kläger zwar keine Polizeidienstfähigkeit mehr gegeben. Allerdings gelangte der Gutachter in seiner zusammenfassenden Beurteilung zu dem Ergebnis, dass mit Blick auf bestimmte Dienstposten und unter Berücksichtigung von im Gutachten näher umschriebener Vorgaben eine „eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit“ zu bejahen sei. Auf der Grundlage dieser medizinischen Beurteilung ist auch der Beklagte zutreffend von dem Bestehen einer Suchpflicht ausgegangen – wie seine E-Mail-Anfragen vom 21. Juni und 19. Juli 2018 belegen.

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III. Aus den vorstehenden Gründen war der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 der Zivilprozessordnung.

51

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bzw. § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes bezeichneten Art nicht vorliegen.

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