Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (2. Senat) - 2 B 10821/20
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 7. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 36.454,44 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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Die 1954 geborene Antragstellerin, die seit dem Jahr 1998, zuletzt als Oberstudienrätin, im Dienst des Antragsgegners steht und während ihrer Dienstzeit überwiegend teilzeitbeschäftigt und aus familiären Gründen freigestellt war, begehrt mit ihrem Eilantrag das Hinausschieben des Eintritts ihres regulär mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze am 1. August 2020 beginnenden Ruhestandes.
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Den hierauf gerichteten Antrag vom 4. Januar 2020, den sie mit dem Nichterreichen des Ruhegehalt-Höchstsatzes begründete, lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20. Mai 2020 ab; der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2020 zurückgewiesen. Zur Begründung verwies der Antragsgegner darauf, dass die maßgebliche landesrechtliche Vorschrift einen Ursachenzusammenhang zwischen Freistellungen bzw. Teilzeitbeschäftigungen aus familiären Gründen und dem Nichterreichen des Ruhegehalt-Höchstsatzes voraussetze. Diese Kausalität sei bei der Antragstellerin nicht gegeben. Sie erreiche den Höchstsatz der Versorgung schon deshalb nicht, weil sie erst mit fast 45 Jahren in den Dienst des Antragsgegners getreten sei. Darüber hinaus stünden zwingende dienstliche Belange der Dienstzeitverlängerung entgegen. Es sei zu erwarten, dass die Antragstellerin künftig den Anforderungen des Dienstes nicht mehr gewachsen sein werde.
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Den daraufhin von der Antragstellerin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gab das Verwaltungsgericht statt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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I. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, den Ruhestand der Antragstellerin entsprechend ihrem Antrag bis zur Bestandskraft des Ablehnungsbescheides der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – ADD – vom 20. Mai 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 24. Juni 2020, längstens jedoch bis zum 1. August 2021, hinauszuschieben. Dieser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist sowohl zulässig (1.) als auch begründet (2.).
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1. Der für eine einstweilige Anordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (sog. Regelungsanordnung) erforderliche Anordnungsgrund liegt vor. Würden die angefochtenen Bescheide des Antragsgegners vom 20. Mai und 24. Juni 2020 bestandskräftig, so würde die Antragstellerin mit dem Tag der Eintritt der Bestandskraft des letztgenannten Bescheides wegen Erreichen der für sie maßgeblichen Altersgrenze gemäß § 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – mit Ablauf des 31. Juli 2020 in den Ruhestand versetzt. Damit änderte sich ihr Status von einer aktiven Lebenszeitbeamtin in eine Ruhestandsbeamtin. Diese Wirkung tritt kraft Gesetzes ein und bedarf nicht der Umsetzung durch einen Verwaltungsakt, der nachträglich rückwirkend aufgehoben werden könnte. Dies folgt bereits aus § 48 Abs. 2 Satz 3 des Landesbeamtengesetzes – LBG –, wonach die Zurruhesetzungsverfügung (nur) bis zum Beginn des Ruhestands zurückgenommen werden kann. Nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze kommt auch ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand gemäß § 38 LBG nicht mehr in Betracht. Denn ein „Hinausschieben“ des Eintritts in den Ruhestand ist schon begrifflich nur möglich, solange dieser noch nicht begonnen hat (vgl. OVG RP, Beschluss vom 22. August 2016 – 2 A 10453/16.OVG –, NVwZ-RR 2017, 201 und juris, dort Rn. 5). Die Reaktivierung von Beamten, die wegen des Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand getreten sind, ist – anders als bei Beamten, die einstweilig in den vorläufigen Ruhestand oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden sind – gesetzlich nicht vorgesehen (so auch HambOVG, Beschluss vom 26. August 2011 – 1 Bs 104/11 –, juris Rn. 6).
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2. Dem danach statthaften und auch sonst zulässigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann nicht das in einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich zu berücksichtigende Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegengehalten werden. Insofern ist zunächst festzuhalten, dass sowohl die Ablehnung der begehrten Anordnung als auch ihre Stattgabe eine tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache darstellen. Denn die Dauer des Hauptsacheverfahrens dürfte, zumal wenn mehrere Instanzen durchlaufen werden, dem Zeitraum der von der Antragstellerin begehrten Verlängerung ihrer aktiven Dienstzeit weitgehend gleichkommen. Das ist jedoch grundsätzlich hinzunehmen, um einen effektiven Rechtsschutz der Antragstellerin zu gewährleisten (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz; Art. 124 Verfassung für Rheinland-Pfalz). Allerdings kann in diesem Fall eine einstweilige Anordnung nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88 –, BVerfGE 79, 69 [75]; BVerwG, Urteil vom 18. April 2013
– 10 C 9.12 –, BVerwGE 146, 189 [197], Beschlüsse vom 14. Dezember 1989 – 2 ER 301.89 –, juris Rn. 3 und vom 13. August 1999 – 2 VR 1.99 –, BVerwGE 109, 258 [262]; OVG RP, Beschlüsse vom 19. April 2000 – 2 B 10642/00.OVG –, NVwZ-RR 2000, 680, und vom 22. August 2018 – 2 B 11007/18.OVG –, NVwZ-RR 2019, 42 [43]; VGH BW, Beschluss vom 31. März 2015 – 4 S 630/15 –, juris Rn. 2; HessVGH, Beschluss vom 27. September 2016 – 7 B 2379/16 –, NVwZ-RR 2017, 143 [144]; Schenke, in: Kopp/Schenke [Hrsg.], VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 14 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall, wie nachfolgend aufgezeigt wird, erfüllt.
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3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet. Die Antragstellerin wird im Hauptsacheverfahren mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit verlangen können, dass ihr Ruhestand zumindest bis zum 1. August 2021 hinausgeschoben wird. Das hat bereits das Verwaltungsgericht mit eingehender und zutreffender Begründung herausgearbeitet. Die vom Antragsgegner gegen dieses vorinstanzliche Ergebnis dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung seiner Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
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Die für das Begehren der Antragstellerin allein maßgebliche Vorschrift des § 38 Abs. 2 Satz 1 LBG (in der Fassung des Gesetzes vom 15. Juni 2015, GVBl. S. 90) begründet einen Rechtsanspruch auf ein Hinausschieben des Ruhestandsbeginns einer Beamtin oder eines Beamten, wenn kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die Beamtin oder der Beamte war vor oder nach Begründung des Beamtenverhältnisses aus den in § 23 Abs. 1 LBG genannten Gründen (Schwangerschaft, Mutterschaft, Elternzeit, Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren, Pflege eines im Sinne von § 75 Abs. 6 LBG pflegebedürftigen Kindes über 18 Jahren oder sonstigen Angehörigen) teilzeitbeschäftigt oder freigestellt (§ 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG), das bis zur Altersgrenze erzielbare Ruhegehalt erreicht nicht die Höchstgrenze (§ 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LBG) und zwingende dienstliche Belange stehen dem Hinausschieben des Ruhestandes nicht entgegen (§ 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LBG). Sämtliche der vorstehend aufgeführten Voraussetzungen sind bei der Antragstellerin – jedenfalls mit der für ein Eingreifen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen Wahrscheinlichkeit – gegeben.
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a) Die erste der vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen, eine Teilzeitbeschäftigung bzw. Freistellung aus „familiären Gründen“ gemäß § 23 Abs. 1 LBG (Schwangerschaft, Mutterschaft, Elternzeit, Betreuung, Pflege) ist bei der Antragstellerin unzweifelhaft und unstreitig erfüllt, da diese von 2002 bis 2017 und damit über mehrere Jahre teilzeitbeschäftigt im Sinne von § 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LBG war.
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b) Die zweite Voraussetzung nach § 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LBG ist bei der Antragstellerin gleichfalls unstreitig erfüllt. Ihr Ruhegehalt erreicht mit 36,13 vom Hundert nicht die in § 24 Abs. 1 Landesbeamtenversorgungsgesetz für Beamte vorgesehene Höchstgrenze von 71,75 vom Hundert.
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c) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist es aber auch nicht erforderlich, dass die Beurlaubungen und Teilzeitbeschäftigungen der Antragstellerin allein ursächlich dafür sind, dass sie den Ruhegehaltshöchstsatz nicht erreicht. Soweit der Antragsgegner für seine Forderung nach einer solchen Kausalität auf die Gesetzesbegründung zur „inhaltsgleichen Vorschrift“ des § 53 Bundesbeamtengesetz – BBG – verweist, folgt der Senat ihm nicht.
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Festzuhalten ist insofern zunächst, dass sich aus dem Wortlaut von § 38 LBG kein Ursachenzusammenhang zwischen einer familienbedingten Freistellung bzw. Teilzeitbeschäftigung und dem Nichterreichen der Höchstgrenze entnehmen lässt. Für seine Rechtsansicht zur Notwendigkeit einer solchen Kausalität zwischen § 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 LBG beruft sich der Antragsgegner vor allem auf die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Familienpflegezeit und zum flexibleren Eintritt in den Ruhestand für Beamtinnen und Beamte des Bundes vom 14. Februar 2013 (BT-Drs. 17/12356). Er ist der Auffassung, dass die dortige Formulierung aufgrund der inhaltlich übereinstimmenden Fassung von § 53 BBG und § 38 LBG auch für die Auslegung der landesrechtlichen Regelung herangezogen werden müsse. Damit geht der Antragsgegner jedoch fehl. Er übersieht, dass die aktuelle Fassung des § 53 BBG nicht diejenige ist, die der von ihm herangezogenen Gesetzesbegründung aus dem Jahre 2013 zu Grunde liegt.
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Die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Familienpflegezeit und zum flexibleren Eintritt in den Ruhestand für Beamtinnen und Beamte des Bundes vom 14. Februar 2013, BT-Drs. 17/12356) lautet:
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„Durch die Einführung eines neuen Anspruchs auf Dienstzeitverlängerung soll das Hinausschieben des Ruhestandseintritts für diejenigen Beamtinnen und Beamten erleichtert werden, die Einbußen bei der Versorgung auf Grund familienbedingter Teilzeit- oder Beurlaubungszeiten oder auf Grund der in diesem Gesetz neu eingeführten Familienpflegezeit mit längerer Lebensarbeitszeit kompensieren wollen.“ (Hervorhebung nur hier)
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Aus dieser Gesetzesbegründung lässt sich in der Tat die These ableiten, der Bundesgesetzgeber habe den Anspruch auf Verlängerung der Dienstzeit davon abhängig gemacht, dass die Einbußen bei der Versorgung ursächlich auf die familienbedingten Fehlzeiten zurückzuführen sind. Diese Schlussfolgerung lässt sich aber nur deshalb ziehen, weil sich die Verknüpfung von Teilzeit- bzw. Beurlaubungszeiten und dem Nichterreichen des Ruhegehaltshöchstsatzes auch in der Gesetzesfassung widerspiegelt. Die aufgrund des vorgenannten Gesetzentwurfs durch Art. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Gesetzes vom 10. Juli 2013 (BGBl. I S. 1978) in Kraft getretene Vorschrift des § 53 Abs. 1a BBG lautete nämlich:
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„Dem Antrag nach Absatz 1 ist zu entsprechen, wenn
1. […]
2. das Ruhegehalt, das sie oder er bei Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze erhalten würde, wegen der familienbedingten Abwesenheitszeiten nicht die Höchstgrenze erreicht“ (Hervorhebung nur hier)
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Diese Gesetzesfassung ist allerdings seit 2016 nicht mehr in Kraft. Die derzeit geltende – und vom Antragsgegner für seine Rechtsauffassung herangezogene – Fassung des § 53 Abs. 1a BBG lautet nunmehr:
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„Dem Antrag nach Absatz 1 ist zu entsprechen, wenn
1. […]
2. das Ruhegehalt, das sie oder er bei Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze erhalten würde, nicht die Höchstgrenze erreicht“
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Nur diese Fassung des § 53 Abs. 1a BBG entspricht inhaltlich der für das Begehren der Antragstellerin allein maßgeblichen Vorschrift des § 38 Abs. 2 Nr. 2 LBG. Diese Fassung der für Bundesbeamte geltenden Anspruchsgrundlage, die durch das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf für Beamtinnen und Beamte des Bundes und Soldatinnen und Soldaten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 19. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2362) in Kraft getreten ist, hat die im Jahr 2013 eingeführte Regelung des § 53 Abs. 1a BBG ersetzt. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/8517, S. 28) heißt es dazu:
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„Die Streichung erfolgt aus Gründen der Gleichbehandlung. Alle Beamtinnen und Beamten mit familienbedingten Abwesenheitszeiten sollen die Einbußen aufgrund der familienbedingten Abwesenheitszeiten ausgleichen können. Durch Satz 3 ist gewährleistet, dass der Eintritt in den Ruhestand höchstens um die Dauer der familienbedingten Teilzeitbeschäftigung (einschließlich Familienpflegezeit) bzw. Beurlaubung hinausgeschoben werden kann.“
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Der Vergleich der unterschiedlichen Gesetzesfassungen von § 53 BBG belegt somit das Gegenteil der Rechtsauffassung des Antragsgegners. Der Landesgesetzgeber, dem die jeweiligen Gesetzesfassungen der inhaltlich identischen Vorschrift des § 53 BBG bekannt war, hat vielmehr auf eine Formulierung, wie sie in § 53 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 BBG a. F. enthalten war („wegen der familienbedingten Abwesenheitszeiten“), bewusst verzichtet. Selbst die in § 53 Abs. 1a Satz 3 BBG enthaltene Anrechnungsregelung, wonach der Eintritt in den Ruhestand höchstens um die Dauer der familienbedingten Teilzeitbeschäftigung (einschließlich Familienpflegezeit) bzw. Beurlaubung hinausgeschoben werden kann, findet sich in § 38 Abs. 2 LBG nicht. In der Begründung des Entwurfs der Landesregierung zum Landesgesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2015 (LT-Drs. 16/4505, S. 41) wird deshalb zu Art. 5 Nr. 6 Buchstabe b (§ 38 LBG) lediglich ausgeführt:
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„Absatz 2 begründet einen Rechtsanspruch auf die Verlängerung der Dienstzeit, wenn aus den in § 23 genannten Gründen durch Teilzeitbeschäftigung oder gänzliche Freistellung Fehlzeiten entstanden sind, die sich nachteilig auf die Höhe des bis zum Erreichen der Altersgrenze erdienten Ruhegehalts auswirken. Das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand ermöglicht einen – zumindest – teilweisen Ausgleich des zeitlichen Defizits bis zu der in Absatz 1 genannten Höchstgrenze.“
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Von einer Ursächlichkeit zwischen den familienbedingten Fehlzeiten und der geringeren Höhe des bis zum Erreichen der Altersgrenze erdienten Ruhegehalts ist hier erkennbar nicht die Rede. Auf eine Kausalität zwischen den familienbedingten Abwesenheitszeiten und dem Nichterreichen des versorgungsrechtlichen Höchstsatzes kommt es unter dem rechtssystematischen Vergleich der landes- und bundesrechtlichen Regelungen sowie bei einer zutreffenden historischen Auslegung unter Einbeziehung der Gesetzesmaterialien nach alledem nicht an.
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Dem von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtsanspruch auf Verlängerung ihrer aktiven Dienstzeit kann aus diesen Gründen nicht schon entgegengehalten werden, dass sie auch ohne Berücksichtigung der familienbedingten Fehlzeiten ein Versorgungsniveau im Rahmen des Ruhegehalt-Höchstsatzes nicht erreicht.
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Die vom Antragsgegner für seine Rechtsauffassung ergänzend herangezogene Kommentierung von Brinktrine (BeckOK BeamtR, Stand 1. April 2020, § 53 BBG Rn. 30) ist aus den vorgenannten Gründen gleichfalls nicht maßgeblich.
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c) Ob dem Antrag der Antragstellerin auf der Grundlage von § 38 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 LBG entgegengehalten werden kann, es sei zu erwarten, dass sie den Anforderungen des Dienstes nicht mehr gewachsen sein wird, kann im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht abschließend entschieden werden. Die von der Antragstellerin vorgebrachten Gründe muss der Senat in gleicher Weise wie die Vorinstanz berücksichtigen. Denn der Antragsgegner hat hierzu keine Ausführungen in seiner Beschwerdebegründung gemacht. Der Senat ist nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO daran gehindert, andere als die dargelegten Beschwerdegründe zu prüfen. Dies muss nun dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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III. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 und § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –. Da es sich vorliegend um die Versetzung in den Ruhestand handelt, ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 14 Landesbesoldungsordnung mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen maßgebend (vgl. auch Nr. 10.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, LKRZ 2014, 169). Wegen der mit diesem Beschluss verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache erfolgt keine Halbierung des Streitwerts.
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IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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