Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (10. Senat) - 10 C 11760/19

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu je 1/3 zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerinnen, welche bis zum 1. Juli 2017 der früheren Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler angehörten, wenden sich gegen die Festsetzung der Verbandsgemeindeumlagesätze in der Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für die Haushaltsjahre 2019 und 2020. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die Verbandsgemeinde Oberes Glantal, welche mit Wirkung vom 1. Juli 2017 durch den Zusammenschluss der früheren Verbandsgemeinden Glan-Münchweiler, Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr entstanden ist.

2

Die am 19. Juli 2016 geschlossene Fusionsvereinbarung enthält hinsichtlich der von der Antragsgegnerin in Zukunft festzusetzenden Verbandsgemeindeumlage folgende Regelung:

§ 6

3

Verbandsgemeindeumlage

4

„Die neue Verbandsgemeinde strebt gemäß § 26 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 2 LFAG i.V.m. § 72 GemO eine kostendeckende Verbandsgemeindeumlage an. Diese soll die bisherige Summe der drei Umlagebeträge möglichst nicht übersteigen. Die neue Verbandsgemeinde hat alle Anstrengungen zu unternehmen, Synergieeffekte und Einsparpotentiale zu nutzen.

5

Aufgrund der großen Disparität bezüglich der aktuellen Umlagesätze und Kassenkredite der drei Verbandsgemeinden sind innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren die Umlagesätze auf einem möglichst niedrigen Niveau anzugleichen. Basis dafür ist der Umlagesatz von 38 % der Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler aus dem Jahre 2015. Eine Sonderumlage I für Ortsgemeinden einzelner dann ehemaliger Verbandsgemeinden ist bis zu einer Höhe von 7 % möglich.

6

Um den Schuldenstand der Verbandsgemeinde Waldmohr abzubauen wird die Entschuldungshilfe nach § 7 dieser Vereinbarung genutzt und die Leistungen aus den bestehenden Vereinbarungen zum Kommunalen Entschuldungsfonds der Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr herangezogen. Außerdem kann eine Sonderumlage II von den bisher zur Verbandsgemeinde Waldmohr gehörenden Ortsgemeinden in Höhe von bis zu 2,5 % für die Dauer von zehn Jahren erhoben werden.“

7

Hinsichtlich der Verbandsgemeindeumlage regelt § 12 Abs. 3 des Fusionsgesetzes vom 19. Juli 2016 (GVBl. S. 305, [307]):

8

„(3) Die neue Verbandsgemeinde kann bis zum 31.Dezember 2026 von den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler, den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg und den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Waldmohr Verbandsgemeindeumlagen mit verschiedenen Umlagesätzen erheben. Eine Erhebung von Verbandsgemeindeumlagen mit verschiedenen Umlagesätzen nach Satz 1 dient einem Ausgleich des unterschiedlich hohen Umlagebedarfs und der unterschiedlich hohen Kredite zur Liquiditätssicherung der Verbandsgemeinden Glan-Münchweiler, Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr zum Zeitpunkt der Gebietsänderung nach § 1 Abs. 1.“

9

Für die Haushaltsjahre 2017/2018, für die sich jeweils ein Umlagesoll von 9,8 Mill. € ergab, setzte der Verbandsgemeinderat der Antragsgegnerin die Umlagesätze für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler auf 38,00 v.H., für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg auf 45,00 v.H. und für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Waldmohr auf jeweils 47,5 v.H. fest.

10

Für die Haushaltsjahre 2019/2020, für welche ein Umlagesoll von jeweils ca. 11,3 Mill. € festgestellt wurde, hat der Verbandsgemeinderat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 21. Mai 2019 die Verbandsgemeindeumlagesätze wie folgt festgesetzt:

11

Verbandsgemeindeumlage für alle Gemeinden: 39,00 v.H./39,5 v.H.

12

- „Sonderumlage I“ für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr: 4,5 v.H./3,5 v.H.

13

- „Sonderumlage II“ für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Waldmohr: 2,5 v.H./2,5 v.H.

14

Damit ergeben sich folgende Umlagesätze:

15

- Für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler: 39,0 v.H./39,5 v.H.

16

- Für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg: 43,5 v.H./43 v.H.

17

- Für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Waldmohr: 46,0 v.H./45,5 v.H.

18

An der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung 2019/2020 haben Ortsbürgermeister von verbandsgemeindeangehörigen Ortsgemeinden mitgewirkt.

19

Der Bürgermeister der Antragsgegnerin fertigte die am 18. Juni 2019 kommunalaufsichtlich genehmigte Haushaltsatzung am 27. Juni 2019 aus. Sie wurde in dem ebenfalls am 27. Juni 2019 herausgegebenen und nach der Hauptsatzung als Veröffentlichungsorgan genutzten „Wochenblatt“ für die 26. Kalenderwoche 2019 ortsüblich bekannt gemacht. Da das Wochenblatt dienstags in Druck geht, sind alle Veröffentlichungen montags einzureichen. Dies war im vorliegenden Fall der 24. Juni 2019. Die Haushaltssatzung 2019/2020 wurde sodann am 25. September 2019 erneut öffentlich bekannt gemacht.

20

Die Antragstellerinnen haben gegen die Umlagebescheide für 2019 jeweils fristgerecht Widersprüche eingelegt, über die bisher noch nicht entschieden wurde.

21

Am 29. November 2019 haben die Antragstellerinnen gegen die Haushaltssatzung 2019/2020 einen Normenkontrollantrag gestellt und diesen im Wesentlichen damit begründet, dass die Rechtsnorm bereits formell rechtswidrig sei. Zum einen sei sie fehlerhaft ausgefertigt worden. Die Ausfertigung einer Satzung müsse ihrer öffentlichen Bekanntmachung im Sinne von § 24 Abs. 3 Satz 1 GemO vorausgehen und zur Veröffentlichung sei eine ausgefertigte Fassung an das jeweilige Bekanntmachungsorgan zu geben. Die am 28. Juni 2019 erstmals im Amtsblatt der Antragsgegnerin bekannt gemachte Fassung der Haushaltssatzung sei aber bereits vor Druckschluss dieser Ausgabe am Dienstag, dem 25. Juni 2019 dem Bekanntmachungsorgan übergeben, jedoch erst danach, nämlich am 27. Juni 2019 ausgefertigt worden. Dieser Verfahrensfehler führe zur Unwirksamkeit der Satzung, was die Antragsgegnerin mit ihrer abermaligen Bekanntmachung vom 25. September 2019 selbst zum Ausdruck gebracht habe. Zum anderen verstoße der Satzungsbeschluss gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO. Denn an der Beratung und Entscheidung über die Haushaltssatzung hätten die Ortsbürgermeister der Ortsgemeinden Waldmohr und Dunzweiler, welche der ehemaligen Verbandsgemeinde Waldmohr angehört hätten, mitgewirkt. Die Umlagebelastung dieser Gemeinden in den Haushaltsjahren 2019/2020 werde im Vergleich zu den Haushaltsjahren 2017/2018 vermindert, was einen unmittelbaren Vorteil darstelle.

22

Die Haushaltssatzung 2019/2020 sei wegen eines Verstoßes gegen § 72 Satz 2 GemO i.V.m. § 26 Abs. 2 LFAG auch materiell-rechtlich unwirksam. Danach könne eine Verbandsgemeinde eine Sonderumlage erheben, wenn eine von ihr wahrgenommene Aufgabe Ortsgemeinden einen unterschiedlichen Vorteil bringe, der nicht auf andere Weise ausgeglichen werde. Hiergegen verstießen die Sonderumlagen I und II. Sie erfüllten den Begriff der Sonderumlage in § 26 Abs. 2 LFAG, da sie als solche bezeichnet seien und diese Einordnung der Regelungssystematik entspreche. Während in der Haushaltssatzung 2017/2018 unterschiedliche Umlagesätze für die Ortsgemeinden der ehemaligen drei Verbandsgemeinden festgesetzt worden seien, sehe die Haushaltssatzung 2019/2020 hiervon abweichend zunächst für alle Ortsgemeinden einen einheitlichen Umlagesatz sowie zwei Sonderumlagensätze für bestimmte Ortsgemeinden vor. Hiervon ausgehend sei nicht ersichtlich, dass die Sonderumlagen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 LFAG erfüllten.

23

Der Verstoß gegen § 26 Abs. 2 LFAG sei auch nicht durch § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz gerechtfertigt, wonach die Antragsgegnerin berechtigt sei, Verbandsgemeindeumlagen mit verschiedenen Umlagesätzen festzusetzen. Bereits der Wortlaut erlaube nur die Festsetzung gesonderter Umlagesätze für die Ortsgemeinden der ehemaligen drei Verbandsgemeinden, wie dies für die Haushaltsjahre 2017/2018 geschehen sei. Die Erhebung einer Sonderumlage sei nicht erlaubt. Dabei sei es unerheblich, dass die Antragsgegnerin eine Verbandsgemeindeumlage mit unterschiedlichen Umlagesätzen unter Berücksichtigung der Sätze der Sonderumlagen I und II hätte festsetzen können. Dieses Ergebnis werde durch die historische Auslegung des § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz bestätigt, der laut Gesetzesbegründung eine Ausnahme von dem in § 72 Abs. 2 GemO i.V.m. §§ 26 Abs. 1, 25 Abs. 2 Satz 2 LFAG geforderten einheitlichen Umlagesatz darstelle. Auch die Fusionsvereinbarung zwischen den drei ehemaligen Verbandsgemeinden rechtfertige die Sonderumlagen nicht, da es sich lediglich um eine vertragliche Vereinbarung und nicht um eine Rechtsnorm handele.

24

Schließlich sei die Erhöhung des Umlagesatzes für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler, zu denen auch sie – die Antragstellerinnen – gehörten, bei der gleichzeitigen Absenkung der Gesamtverbandsgemeindeumlagebelastung der Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr vor dem Hintergrund der Regelungen in § 6 der Fusionsvereinbarung vom 19. Juli 2016 nicht zulässig.

25

Die Antragstellerinnen beantragen,

26

die Umlagesätze gemäß § 8 der Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 vom 27. Juni 2019 bzw. 26. September 2019 für unwirksam zu erklären.

27

Die Antragsgegnerin beantragt,

28

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

29

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Haushaltssatzung 2019/2020 nicht fehlerhaft ausgefertigt worden sei. Zur Klarstellung werde darauf hingewiesen, dass die öffentliche Bekanntmachung nicht am 28. Juni 2019, sondern am 27. Juni 2019 erfolgt sei. Der Pflicht zur Ausfertigung sei der Bürgermeister am Tage der Veröffentlichung nachgekommen. Ob der dabei zu veröffentlichende Text schon zuvor zur Drucklegung vorgelegen habe, sei unerheblich, da die Satzung erst mit Veröffentlichung Außenwirkung erlange. Sei die Haushaltssatzung somit im Amtsblatt am 27. Juni 2019 wirksam bekanntgegeben worden, habe die Veröffentlichung am 25. September 2019 lediglich informatorischen Charakter. Sollte man allerdings die Veröffentlichung am 27. Juni 2019 als fehlerhaft ansehen, sei durch die erneute Veröffentlichung am 25. September 2019 rückwirkend Heilung eingetreten. Der Angabe „des Tages des Inkrafttretens“ habe es in der Satzung nicht bedurft, da eine Haushaltssatzung gemäß § 95 Abs. 5 GemO mit dem Beginn des Haushaltsjahres in Kraft trete.

30

Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sei die Haushaltssatzung nicht unter Verstoß gegen etwaige Ausschließungsgründe nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO zustande gekommen. Es sei anerkannt, dass die Regelung über das Mitwirkungsverbot nicht extensiv anzuwenden sei, um das Recht auf ungehinderte Teilnahme der Mitglieder an Entscheidungen der Gemeinderäte nicht im Übermaß zu beeinträchtigen. Denn Konsequenz einer zu extensiven Auslegung des § 22 GemO wäre, dass über die von den Antragstellerinnen benannten zwei Personen hinaus fünf weitere Mitglieder des Verbandsgemeinderates, die zugleich Ortsbürgermeister seien, ausgeschlossen wären. Käme man zu einem umfassenden Mitwirkungsverbot unter Einschluss auch der einfachen Ratsmitglieder, welche Interessen ihrer Ortsgemeinden im Blick hätten, käme es hoher Wahrscheinlichkeit nach zur Beschlussunfähigkeit des Verbandsgemeinderates. Zudem begründeten die Gemeindehaushalte keine Ansprüche und Verbindlichkeiten Dritter und damit keine unmittelbaren Vor- oder Nachteile im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO. Diese entstünden erst durch die späteren Festsetzungen der Umlagebeträge.

31

Die angegriffene Haushaltssatzung sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der von den Antragstellerinnen behauptete Verstoß gegen § 72 Satz 2 GemO i.V.m. § 26 Abs. 2 LFAG müsse bereits daran scheitern, dass keine Sonderumlage nach § 26 Abs. 2 LFAG erhoben werde. Insofern sei die Bezeichnung als „Sonderumlagen I und II“ unglücklich, denn sie diene nicht dem Ausgleich unterschiedlicher Vorteile von Ortsgemeinden. Vielmehr seien sie allein dafür vorgesehen, fusionsbedingte Disparitäten auszugleichen. Dies ergebe sich aus der Begründung zu § 12 Abs. 3 des Fusionsgesetzes und der zwischen den ehemaligen Verbandsgemeinden geschlossenen Fusionsvereinbarung, welche nach der Gesetzesbegründung Bestandteil des § 12 Fusionsgesetz sei.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten und den Normsetzungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

33

Der zulässige Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.

34

Die Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 ist weder in formell-rechtlicher (I.) noch in materiell-rechtlicher Hinsicht (II.) zu beanstanden.

35

I. Die in Rede stehende Haushaltssatzung ist wirksam ausgefertigt und bekannt gemacht (1.) und nicht unter Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 Gemeindeordnung – GemO – beschlossen worden (2.).

36

1. Die Haushaltssatzung für die Jahre 2019/2020 ist nach ihrer Ausfertigung am 27. Juni 2019 mit Ablauf dieses Tages ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden.

37

Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass gemeindliche Satzungen vor ihrer öffentlichen Bekanntmachung ordnungsgemäß ausgefertigt sein müssen. Hierdurch wird sichergestellt, dass das Ausfertigungsorgan durch die Ausfertigung der Rechtsnorm die Übereinstimmung des textlichen und ggf. zeichnerischen Inhalts der Normurkunde mit dem Willen des Rechtssetzungsberechtigten („Authentizität“) sowie die Einhaltung des für die Normgebung gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens („Legalität“) bezeugt. Aus § 10 Abs. 1 Satz 2 der Landesverordnung zur Durchführung der Gemeindeordnung – GemODVO –, wonach eine Satzung das Datum erhält, unter dem der Bürgermeister ihre Bekanntmachung unterzeichnet, folgt, dass die durch eine solche Ausfertigung entstehende Originalurkunde der Rechtsnorm Grundlage und Voraussetzung für deren öffentliche Bekanntmachung gemäß § 27 Abs. 1 GemO ist. Demnach muss die Ausfertigung nach Abschluss aller für die Verkündung der Rechtsnorm erforderlichen Verfahrensabschnitte und unmittelbar vor ihrer Verkündung erfolgen (vgl. OVG RP, Urteile vom 9. August 1989 – 10 C 36/88 -, AS 22, 380 [381f.] und vom 29. September 1989 – 10 C 2/89 –, juris Rn. 11 m.w.N.). Aus dieser Rechtsprechung folgt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht, dass die Druckvorlage erst nach Ausfertigung der Satzung an das Bekanntmachungsorgan übergeben werden darf. Denn die Ausfertigung ist nicht Voraussetzung für den verwaltungsinternen Vorgang der Übergabe der Druckvorlage an das Bekanntmachungsorgan. Entscheidend ist vielmehr, dass die Ausfertigung nach Abschluss des Satzungsverfahrens erfolgt ist und sich dementsprechend lediglich noch die Bekanntgabe anschließt.

38

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, ist es rechtlich unbedenklich, dass Ausfertigung und öffentliche Bekanntmachung am gleichen Tag, nämlich am 27. Juni 2019 erfolgt sind. Zwar kann die Übereinstimmung von Ausfertigungs- und Bekanntmachungsdatum nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Indiz dafür sein, dass die Reihenfolge zwischen Ausfertigung und Bekanntmachung nicht gewahrt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1999 – 4 B 129.98 –, juris Rn. 6; OVG RP, Urteil vom 6. Dezember 2017 – 8 C 10973/17 –, juris Rn. 48). Auch hat der 6. Senat des erkennenden Gerichts eine Teilaufhebungssatzung als formell fehlerhaft und daher als unwirksam angesehen, weil Ausfertigung und Veröffentlichung am gleichen Tag erfolgt waren (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. Februar 2017 – 6 A 10137/14.OVG –, juris Rn. 34). Jedoch vermag der Senat dem aufgrund der maßgeblichen landesrechtlichen Regelungen über den Vollzug von Bekanntmachungen nicht zu folgen.

39

Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 GemODVO ist die öffentliche Bekanntmachung mit Ablauf des Erscheinungstages des Amtsblattes oder der Zeitung vollzogen. Damit gilt die Bekanntmachung am Erscheinungstag nicht bereits um 0:00 Uhr, sondern erst um 24:00 Uhr als bewirkt. Hieraus folgt zugleich, dass die am Erscheinungstag erfolgte Ausfertigung der Bekanntmachung vorausgegangenen ist. Die damit einhergehende Abfolge von Ausfertigung und anschließender Bekanntmachung erfüllt sowohl die sich aus dem bundesrechtlichen Rechtsstaatsprinzip ergebende Authentizitätsfunktion, nämlich sicherzustellen, dass die Rechtsnorm nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt erlassen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Februar 2009 – 7 CN 1.08 –, juris Rn. 23), als auch den landesrechtlich gebotenen Zweck, die Einhaltung des für die Normgebung gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens zu bezeugen (vgl. OVG RP, Urteil vom 29. September 1989 – 10 C 2/89 –, a.a.O.).

40

War die Haushaltssatzung für die Jahre 2019/2020 demnach bereits am 27. Juni 2019 ordnungsgemäß ausgefertigt und öffentlich bekannt gemacht worden, kam es auf die am 25. September 2019 erfolgte erneute Ausfertigung und öffentlichen Bekanntmachung nicht mehr an.

41

Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen konnte der Senat die Frage, ob die Übereinstimmung von Ausfertigungs- und Bekanntmachungsdatum die formelle Unwirksamkeit der Haushaltssatzung der Antragsgegnerin für die Jahre 2019/2020 zur Folge hat, verneinen, ohne gemäß § 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 VwGO den Großen Senat beim Oberverwaltungsgericht anzurufen. Denn der erkennende Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von einer Entscheidung eines anderen Senats des Gerichts im Sinne des § 12 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 2 VwGO ab. Denn die Rechtsauffassung, von der der erkennende Senat abweichen will, muss für die Vorentscheidung entscheidungserheblich, d.h. tragend gewesen sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 1998 – 8 BN 6.97 –, juris Rn. 19; Pietzner/Bier VwGO, Stand: Januar 2020, § 11 Rn. 31; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 11 Rn. 3; Ruthig in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 11 Rn.4). Dies ist hinsichtlich der hier in Rede stehenden Frage nicht der Fall.

42

Der 6. Senat hat zwar die Auffassung vertreten, dass die Übereinstimmung von Ausfertigungs- und Bekanntmachungsdatum zur Unwirksamkeit einer Satzung führt. Allerdings beruht seine Entscheidung hierauf nicht, weil der unterstellte Mangel geheilt war (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. Februar 2017 – 6 A 10137/14.OVG –, a.a.O. Rn. 34f.). Im Urteil des 8. Senats des erkennenden Gerichts vom 6. Dezember 2017 kam es ebenfalls nicht darauf an, dass Ausfertigungs- und Bekanntmachungsdatum auf den gleichen Tag fielen. Vielmehr beruht die Feststellung der Unwirksamkeit des zur Überprüfung gestellten Bebauungsplans darauf, dass der Tag der Ausfertigung nicht festgestellt werden konnte (vgl. OVG RP, Urteil vom 6. Dezember 2017 – 8 C 10973/17 –, a.a.O. Rn. 52).

43

2. Die angefochtene Haushaltssatzung ist vom Verbandsgemeinderat der Antragsgegnerin nicht unter Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO beschlossen worden. Denn die Mitwirkung der Ortsbürgermeister der Ortsgemeinden Dunzweiler und Waldmohr sowie sonstiger Ortsgemeinden an der Beratung und Beschlussfassung verstößt nicht gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 GemO. Danach dürfen Bürger und Einwohner, die ein Ehrenamt ausüben, nicht beratend oder entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer von ihnen kraft Gesetzes vertretenen Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Dies gilt nicht, wenn die vertretene Person lediglich als Angehöriger eines Bevölkerungsteils, deren gemeinsame Belange berührt werden, betroffen ist.

44

Die Ortsbürgermeister verbandsgemeindeangehöriger Ortsgemeinden üben als Ehrenbeamte ein Ehrenamt aus (vgl. Schaaf/Stubenrauch, in: Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, Stand: Juli 2019, § 22 Ziffer 2.1.1) und sind gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GemO gesetzlicher Vertreter ihrer Ortsgemeinde (vgl. Schaaf/Oster, a.a.O., Ziffer 2.2.3.2.4). Auch erleiden die Ortsgemeinden, welche von ihren Ortsbürgermeistern, die zugleich Verbandsgemeinderatsmitglieder sind, vertreten und von den „Sonderumlagen“ betroffen werden, durch die Festsetzung der Umlagesätze einen Nachteil im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 GemO. Hierunter ist jede Schlechterstellung rechtlicher oder wirtschaftlicher Art zu verstehen. Sie besteht darin, dass die Umlagebelastung der entsprechenden Ortsgemeinden höher ist als die der verbandsgemeindeangehörigen Gemeinden, welche lediglich der Umlageerhebung nach gleichen Sätzen nach § 72 GemO i.V.m. §§ 26 Abs. 1, 25 Abs. 1 und 2 Landesfinanzausgleichsgesetz - LFAG - unterliegen. Allerdings erfüllt dieser Nachteil nicht das Unmittelbarkeitskriterium des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO. Hierzu hat der früher für das Kommunalverfassungsrecht zuständige 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG RP, Urteil vom 24. Juni 2009 – 2 A 10098/09.OVG –, AS 37, 361 [364 f.]; juris Rn. 25 ff.) ausgeführt:

45

„Das Merkmal der Unmittelbarkeit eines möglichen Vor- oder Nachteils liegt nicht erst dann vor, wenn zwischen der zu treffenden Entscheidung des Rates und den möglichen vor- oder nachteiligen Folgen ohne Hinzutreten eines weiteren Umstandes eine direkte Kausalität besteht (sog. formale Theorie, vgl. Hess.VGH, NVwZ 1982, 44 [45]) oder wenn die zur Verwirklichung des Vor- oder Nachteils noch erforderliche Umsetzung des Ratsbeschlusses zwangsläufig zu erwarten ist (sog. modifizierte formale Theorie, vgl. Schaaf/Oster, in: Kommunalverfassungsrecht Rheinland-Pfalz, Stand: November 2008, § 22 Ziffer 2.3.4.4). Zwar ermöglicht das Kausalitätserfordernis vorhersehbare Ergebnisse bei der Anwendung der Ausschließungsregelung. Darüber hinaus werden eine Ausuferung der Befangenheitsvorschriften und damit eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Rates verhindert. Jedoch führt das Kausalitätskriterium nicht immer zu sachgerechten Ergebnissen. Bedarf eine Gemeinderatsentscheidung – … – einer Umsetzung, die sowohl ihrem Inhalt als auch ihrem Zeitpunkt nach nicht zwangsläufig erfolgt, dürfte ein Ratsmitglied, das einen Vor- oder Nachteil von der Entscheidung haben könnte, auch nach der modifizierten formalen Sicht ohne Weiteres an der Beratung und Entscheidung teilnehmen. Damit würde das Mitwirkungsverbot in nicht wenigen Fällen leerlaufen, obwohl dies wegen einer besonderen Nähe des Ratsmitgliedes zum Beratungsgegenstand dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO widerspricht.

46

Sinn und Zweck des gesetzlichen Mitwirkungsverbotes des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO ist es, kommunale Ratsmitglieder anzuhalten, ihre Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung auszurichten, ihnen persönliche Konfliktsituationen zu ersparen sowie das Vertrauen der Bürger in eine saubere Kommunalverwaltung zu erhalten und zu stärken (OVG RP, AS 25, 161 [164]; OVG RP, NVwZ–RR 2000, 103 [104]). Dementsprechend kommt es nicht darauf an, ob das betroffene Ratsmitglied durch die Wahrnehmung seiner Mitwirkungsrechte einen möglichen Vor- oder Nachteil tatsächlich erfährt. Vielmehr genügt ein dahingehender Anschein. Er besteht bereits dann, wenn konkrete Umstände den Eindruck begründen, das Ratsmitglied könne bei seiner Entscheidung auch von persönlichen Interessen geleitet werden.

47

Aus dem aufgezeigten Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO folgt, dass das Unmittelbarkeitskriterium die Beziehung zwischen dem Ratsmitglied und dem Beratungs- und Entscheidungsgegenstand umschreibt. Insoweit dient es der Abgrenzung individueller Belange von Gruppeninteressen. Wird das Ratsmitglied nur als Teil einer Gruppe berührt, liegt lediglich eine mittelbare Betroffenheit vor. Folglich ist ein Ratsmitglied nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 22 Abs. 3 GemO nicht nach Abs. 1 ausgeschlossen, wenn es als Angehöriger einer Berufsgruppe oder eines Bevölkerungsteils, deren gemeinsame Belange berührt werden, betroffen ist. Demnach fordert § 22 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 GemO für den Ausschluss eines Ratsmitglieds von der Beratung und Beschlussfassung eine Individualisierung seines Interesses am Beratungs- und Entscheidungsgegenstand. Erforderlich ist ein auf seine Person bezogener besonderer, über den allgemeinen Nutzen oder die allgemeine Belastung hinausgehender möglicher Vor- oder Nachteil. Er muss eng mit den persönlichen Belangen des Ratsmitglieds zusammenhängen und darf zusätzlich nicht von derart untergeordneter Bedeutung sein, dass er vernachlässigt werden kann. Denn eine zu weitgehende Anwendung des Mitwirkungsverbotes würde die Zusammensetzung des gewählten Rates unter Verstoß gegen demokratische Grundprinzipien unzulässig verändern. Deshalb ist die Unmittelbarkeit des Vor- und Nachteils bei einem Ratsmitglied gegeben, bei dem aufgrund einer engen persönlichen Beziehung zum Beratungsgegenstand ein individuelles Sonderinteresse besteht, welches zu einer Interessenkollision führt und die Besorgnis nahelegt, der Betroffene werde nicht mehr uneigennützig und gemeinwohlorientiert handeln (OVG RP, NVwZ–RR 2000, 103 [104]; OVG RP, NVwZ 1986, 1048; VGH BW, BauR 2006, 952 f., VGH BW, NVwZ–RR 1998, 63 f.; OVG MV, Urteil vom 22. Juli 2005 – 3 K 10/02 –, juris Rn. 27). Wann dies der Fall ist, ergibt eine Bewertung der Beziehungen zwischen dem Ratsmitglied und dem Beratungs- und Entscheidungsgegenstand aufgrund der Umstände des Einzelfalls.

48

Diese Grundsätze, an denen der erkennende Senat festhält und die für die Feststellung der Unmittelbarkeit von Vor- und Nachteilen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO natürlicher Personen entwickelt wurden, sind auf den vorliegenden Fall zu übertragen, in dem es um die Frage geht, ob eine Entscheidung juristischen Personen – hier Ortsgemeinden – einen unmittelbaren Vor- und Nachteil bringt. Deshalb ist auch hier maßgeblich, ob die von einer Entscheidung des Verbandsgemeinderats betroffene Ortsgemeinde in ihren individuellen Belangen oder als Teil einer Gruppe von Ortsgemeinden lediglich in ihren gemeinsamen Belangen berührt werden. Die insofern angezeigte analoge Anwendung des § 22 Abs. 3 GemO führt bei der Entscheidung über die Festsetzung einheitlicher Sätze für eine Verbandsgemeindeumlage im Sinne des § 72 GemO i.V.m. §§ 26 Abs. 1, 25 Abs. 1 LFAG dazu, dass Ortsbürgermeister, welche zugleich Mitglied des Verbandsgemeinderats sind, nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GemO bei der Beratung und Entscheidung ausgeschlossen sind. Denn die betroffene Ortsgemeinde gehört der Gruppe aller verbandsgemeindeangehöriger Gemeinden an, die durch den gemeinsamen Belang im Sinne des § 22 Abs. 3 GemO verbunden sind, die Verbandsgemeindeumlage möglichst niedrig zu halten (vgl. Schaaf/Stubenrauch, a.a.O. Ziffer 2.3.4.6).

49

Ob bei der Entscheidung über die Erhebung einer Sonderumlage im Sinne des § 72 GemO i.V.m. § 26 Abs. 2 LFAG oder einer sonstigen Umlage, die nicht in gleicher Höhe alle verbandsgemeindeangehörigen Gemeinden trifft, ein unmittelbarer Nachteil im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GemO eintritt, hängt vor dem Hintergrund des § 22 Abs. 3 GemO von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist dabei, ob die von der erhöhten Umlage betroffenen Ortsgemeinden von ihrer Anzahl her als hinreichend große Gruppe angesehen werden können und deshalb der Schluss gerechtfertigt ist, dass die Individualisierung des Einzelinteresses gegenüber dem gemeinsamen gleichförmigen Gruppeninteresse in den Hintergrund tritt (vgl. Schaaf/Stubenrauch, a.a.O. Ziffer 3.2). Dies ist vorliegend der Fall.

50

Von den in der Haushaltssatzung 2019/2020 als „Sonderumlagen I und II“ bezeichneten Umlagen sind zehn von insgesamt 23 Ortsgemeinden der Antragsgegnerin betroffen. Hierbei handelt es sich um mehr als 40 v.H. der insgesamt umlagepflichtigen Gemeinden und damit um eine hinreichend große Gruppe im Sinne des hier analog anzuwendenden § 22 Abs. 3 GemO. Diese zehn Ortsgemeinden sind als Gruppe durch das gemeinsame Interesse verbunden, die Sätze für die „Sonderumlagen I und II“ möglichst niedrig und den Satz der von allen verbandsangehörigen Gemeinden zu tragenden Umlage möglich hoch festzusetzen. Dass drei dieser Gemeinden (Ortsgemeinden Breitenbach, Dunzweiler und Waldmohr) neben der „Sonderumlage I“ zusätzlich die „Sonderumlage II“ zu tragen haben, führt nicht dazu, dass die von den „Sonderumlage“ betroffene Gruppe in zwei Teilgruppen aufzuteilen wäre, nämlich einerseits in die, welche nur von der „Sonderumlage I“, und andererseits in die, welche zusätzlich von der „Sonderumlage II“ betroffen sind. Denn bei der Anwendung des § 22 Abs. 3 GemO kommt es allein darauf an, dass die von der Regelung betroffene Gruppe von einem gemeinsamen Belang berührt wird, auch wenn dieser teilweise unterschiedlich ausgeprägt ist.

51

Weisen demnach die durch die „Sonderumlagen I und II“ belasteten Ortsgemeinden im Vergleich zu der Gesamtheit der umlagepflichtigen Ortsgemeinden dr Antragsgegnerin von der Anzahl her hinreichendes Gewicht auf, tritt die individuelle Betroffenheit der zu dieser Gruppe gehörenden Ortsgemeinden Dunzweiler und Waldmohr gegenüber dem Gruppeninteresse zurück. Deshalb waren deren Ortsbürgermeister, die nach § 47 Abs. 1 Satz 1 GemO gesetzliche Vertreter ihrer Ortsgemeinden sowie zugleich Mitglieder des Verbandsgemeinderats sind, nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 GemO von der Beratung und Entscheidung über die Festsetzung der Umlagesätze in der Haushaltssatzung 2019/2020 ausgeschlossen. Entsprechendes gilt für die Ortsbürgermeister der nicht von den „Sonderumlagen I und II“ betroffenen verbandsgemeindeangehörigen Gemeinden, welche zugleich Mitglieder des Verbandsgemeinderates sind und an der Beratung und Entscheidung über die Festsetzung der Umlagesätze in der Haushaltssatzung 2019/2020 teilgenommen haben. Sie gehören der mit 13 Ortsgemeinden hinreichend gewichtigen Gruppe der nur von der „allgemeinen“ Umlage betroffenen Gemeinden an, welche durch den gemeinsamen Belang verbunden sind, deren Satz möglichst gering und die Sätze der Sonderumlagen möglichst hoch festzusetzen. Demnach ist die Haushaltssatzung für die Jahre 2019/2020 formell-rechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen und gemäß § 95 Abs. 5 GemO mit dem Beginn der jeweiligen Haushaltsjahre in Kraft getreten.

52

II. § 8 der Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2019/2020 ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt zum einen insoweit als darin getrennte Sätze für die von allen Ortsgemeinden zu tragende „allgemeine“ Umlage sowie jeweils für die von der Antragsgegnerin als „Sonderumlagen I und II“ bezeichneten Umlagen festgesetzt wurden (1.). Zum anderen verstößt die Erhöhung des Umlagesatzes für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler bei einer gleichzeitigen Absenkung der Gesamtverbandsgemeinde-umlagebelastung der Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr auch unter Berücksichtigung des § 6 der Fusionsvereinbarung nicht gegen § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz (2.).

53

1. Rechtsgrundlage für die „Sonderumlagen I und II“ ist § 12 Abs. 3 des Fusionsgesetzes vom 19. Juli 2016 (GVBl. S. 305) und nicht § 72 Satz 2 GemO i.V.m. § 26 Abs. 2 LFAG. Bei der Einordnung der hier in Rede stehenden Umlagen kommt es nicht auf die von der Antragsgegnerin gewählten Bezeichnung, sondern auf den materiell-rechtlichen Inhalt und dabei den Sinn und Zweck der Umlageerhebung an. Danach dienen die „Sonderumlagen I und II“ nicht im Sinne des § 72 Satz 2 GemO i.V.m. § 26 Abs. 2 LFAG dem Ausgleich von Vorteilen, die einzelnen Ortsgemeinden durch die Wahrnehmung von Aufgaben der Verbandsgemeinde in unterschiedlichem Umfang entstehen, sondern einem Ausgleich des unterschiedlich hohen Umlagebedarfs und der unterschiedlich hohen Kredite zur Liquiditätssicherung der früheren Verbandsgemeinden Glan-Münchweiler, Schönberg-Kübelberg und Waldmohr im Sinne des § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz, der an § 6 der Fusionsvereinbarung vom 19. Juli 2016 anknüpft (vgl. LT-Drs. 17/137, S. 168). Deshalb kommt es nicht darauf an, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 LFAG erkennbar nicht vorliegen.

54

Dass der Rat der Antragsgegnerin für die Haushaltsjahre 2019/2020 anders als für die Haushaltsjahre 2017/2018 die Umlagesätze nicht jeweils für die Ortsgemeinden der früheren drei Verbandsgemeinden in unterschiedlicher Höhe, sondern zunächst einen „allgemeinen“ Umlagesatz festgesetzt hat, der für alle Ortsgemeinden gilt, und sodann separat die Umlagesätze für die „Sonderumlagen I und II“ bestimmt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz, wonach die neue Verbandsgemeinde von den bisherigen Verbandsgemeinden Verbandsgemeindeumlagen mit verschiedenen Umlagesätzen erheben kann, enthält keine regelungssystematischen Vorgaben, wie dies zu erfolgen hat. Ausreichend ist allein, dass im Ergebnis die Absicht des Verbandsgemeinderats verwirklicht wird, aufgrund des § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz - damit abweichend von den grundsätzlich nach § 72 Satz 2 GemO i.V.m. §§ 26 Abs.1, 25 Abs. 2 Satz 2 LFAG gleichen Sätzen (vgl. LT-Drs. 17/137, S. 168) - Verbandsgemeindeumlagen mit verschiedenen Sätzen zu erheben. Dieses Ziel wird sowohl durch die Ausgestaltung der Umlagesätze in der Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2017/2018 als auch für die Jahre 2019/2020 erreicht. Denn auch bei der Festlegung getrennter Umlagesätze einerseits für alle Gemeinden und andererseits für die jeweils von den „Sonderumlagen I und II“ betroffenen Gemeinden ergeben sich für die Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinden verschiedene Umlagesätze, die im Übrigen ohne Weiteres durch Addition zu ermitteln sind.

55

2. Schließlich verstößt die Erhöhung des Umlagesatzes für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler bei gleichzeitiger Absenkung der Gesamtverbandsgemeindeumlagebelastung der Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr auch unter Berücksichtigung des § 6 der Fusionsvereinbarung nicht gegen § 12 Abs. 3 Fusionsgesetz.

56

Bei der Festsetzung der hier zu beurteilenden verschiedenen Umlagesätze steht dem Verbandsgemeinderat unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben ein weiter kommunalpolitischer Gestaltungsspielraum zu, der nur eingeschränkt einer gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine Überschreitung dieses Spielraums kann danach nur festgestellt werden, wenn die verschiedenen Umlagesätze offensichtlich einzelnen Ortsgemeinden gegenüber rücksichtslos und deshalb willkürlich festgesetzt worden sind. Dass dies vorliegend der Fall ist, lässt sich weder dem schriftsätzlichen Vorbringen der Antragstellerinnen und den diesbezüglichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung am 4. November 2020 entnehmen, noch ist dies sonst ersichtlich.

57

§ 12 Abs. 3 Fusionsgesetz erlaubt der Antragsgegnerin bis zum 31. Dezember 2026 von ihren Ortsgemeinden zum Ausgleich des unterschiedlich hohen Umlagebedarfs und der unterschiedlich hohen Kredite zur Liquiditätssicherung Verbandsgemeindeumlagen mit verschiedenen Umlagesätzen zu erheben. Nach dem Übergangszeitraum greift die allgemein geltende Regelung des § 72 GemO i.V.m. §§ 26 Abs. 1, 25 Abs. 1 und 2 Satz 2 LFAG ein, nach welcher für die Verbandsgemeindeumlage grundsätzlich ein einheitlicher Satz festzulegen ist. Innerhalb des gesetzlich festgelegten Zeitraums von zehn Jahren sind die verschiedenen Umlagesätze nach § 6 Abs. 2 der Fusionsvereinbarung „auf einem möglichst niedrigen Niveau anzugleichen. Basis dafür ist der Umlagesatz von 38 v.H. der Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler aus dem Jahre 2015.“

58

Dieses Regelungsgeflecht aus Fusionsgesetz und Fusionsvereinbarung sieht demnach während des Übergangszeitraumes von zehn Jahren einen Angleichungsprozess der verschiedenen Umlagesätze vor, um danach dem gesetzlichen Regelfall entsprechend einheitliche Umlagesätze festzulegen. Ausgehend von dem Umlagesatz von 38 v.H. der Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler aus dem Jahre 2015 umfasst dieser Angleichungsprozess eine Erhöhung des niedrigeren Umlagesatzes für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler und eine Verminderung der höheren Sätze für die übrigen Ortsgemeinden. Damit soll durch wechselseitige Solidarität und Rücksichtnahme der – was der Senat nicht verkennt – schwierige Prozess des Zusammenwachsens ehemaliger Verbandsgemeinden gestaltet werden, welche in ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit höchst unterschiedlich aufgestellt waren. Insofern ermöglichen Fusionsgesetz und Fusionsvereinbarung einerseits, dass die Ortsgemeinden der finanziell weniger leistungsfähigen ehemaligen Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr innerhalb des Übergangszeitraums Verbandsgemeindeumlagen nach höheren Sätzen als die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler zahlen, während diese andererseits mit Umlagesätzen belastet werden können, welche über 38 v.H. liegen.

59

Soweit die Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, dass die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr nicht nur von der gegenüber den Haushaltsjahren 2017/2018 in den Haushaltsjahren 2019/ 2020 festgesetzten Verringerung ihrer Umlagebelastung profitierten, sondern zugleich für vergleichbare Leistungen, wie z. B. die Bereitstellung von Turnhallen an Grundschulen, von der Antragsgegnerin höhere Entgelte als Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler erhielten, folgt hieraus nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Umlagesätze. Die Antragstellerinnen verkennen insofern, dass der vorstehend beispielhaft genannten Umstand Ursache für die unterschiedlich hohen Umlagebedarfe in den früheren Verbandsgemeinden ist. Diese sind Voraussetzung und Rechtfertigung für den Ausgleich durch die Festsetzung verschiedener Umlagesätze, welcher wiederum unter dem Vorbehalt der Angleichung in dem im Gesetz genannten Zeitraum von zehn Jahren steht. Demnach kann dem Angleichungsprozess der Fortbestand unterschiedlich hoher Umlagebedarfe gerade nicht entgegengehalten werden.

60

Von dem Vorstehenden ausgehend vermag der Senat unter Beachtung des kommunalpolitischen Gestaltungsspielraums der Antragsgegnerin nicht zu erkennen, dass die im Vergleich zu den Haushaltsjahren 2017/2018 für das dritte und vierte Jahr des Übergangszeitraums beschlossene Erhöhung der Umlagesätze für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler um 1 v.H./1,5 v.H. bei gleichzeitiger Verminderung der Umlagebelastungen der Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg und Waldmohr um 1,5 v.H./2 v.H. rücksichtlos und deshalb willkürlich ist. Denn in den Haushaltsjahren 2019/2020 sind die Umlagesätze für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg um 4,5 v.H./3,5 v.H. und die für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Waldmohr sogar um 7 v.H./6 v.H. höher als die für die Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinde Glan-Münchweiler. Hierbei handelt es sich um spürbare Unterschiede in den Umlagebelastungen der Ortsgemeinden der ehemaligen Verbandsgemeinden und es besteht in den restlichen sechs Jahren des Übergangszeitraums noch genügend Spielraum für den in der Fusionsvereinbarung vorgesehenen Angleichungsprozess.

61

Greifen nach alledem weder die formell-rechtlichen noch die materiell-rechtlichen Bedenken der Antragstellerinnen gegen die Wirksamkeit der Haushaltssatzung für die Haushaltsjahre 2019/2020 durch und sind auch sonstige Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der angegriffenen Satzung nicht ersichtlich, war der Normenkontrollantrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

62

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. Zivilprozessordnung.

63

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

64

Beschluss

65

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz auf 45.000,00 € festgesetzt.

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