Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 MB 8/21
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 8. Kammer – vom 10. März 2021 teilweise geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. Dezember 2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2021 wird hinsichtlich der Beseitigungsanordnung wiederhergestellt und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung angeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und der Antragsgegner je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und für das erstinstanzliche Verfahren – insoweit unter Abänderung der Festsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. März 2021 – auf 6.110,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Antragsteller zur Beseitigung eines Hausboots.
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Die Antragsteller sind Eigentümer eines Boots, das sie im Februar 2020 im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 65 der Stadt … „…“ an eine Steganlage gelegt haben. Für die Landfläche, von der die Steganlage ausgeht, ist im vorgenannten Bebauungsplan ein Sondergebiet Ferienhausgebiet (SO 1.1) festgesetzt. Dort sind die Antragsteller Eigentümer des bebauten Flurstücks … der Flur … der Gemarkung …, das aus den Flurstücken … und … hervorgegangen ist. Die Beigeladene ist Eigentümerin des nördlich davon gelegenen und aus den Flurstücken … und …hervorgegangenen bebauten Flurstücks … . Nördlich der von den Antragstellern genutzten Steganlage befindet sich eine weitere Steganlage, die ebenfalls von der als Sondergebiet Ferienhausgebiet SO 1.1 festgesetzten Fläche ausgeht. Diese wird von der Beigeladenen genutzt. Die Steganlagen sind durch zwei Dalben getrennt. Beide Steganlagen befinden sich auf dem Flurstück … der Flur … der Gemarkung …, für das die wasserseitige Festsetzung W1 Sportboothafen, Zulässigkeit von Steganlagen mit Bootsliegeplätzen, des Bebauungsplans gilt. Der jeweilige Eigentümer des vorgenannten Flurstücks, bei dem es sich um eine Wasserfläche handelt, hat zum einen dem jeweiligen Eigentümer der Flurstücke … und … und zum anderen dem jeweiligen Eigentümer der Flurstücke … und … der Flur … der Gemarkung … im September 2018 eine Grunddienstbarkeit (Nutzungsrecht an Hafenfläche und Bootsliegeplatz) eingeräumt, nämlich das Recht, in dem in einem anliegenden Lageplan (Anlage 1) grün markierten Bereich des dienenden Grundstücks eine Steganlage mit zwei Bootsliegeplätzen nach Maßgabe des als Anlage 2 beigefügten Lageplans zu errichten, zu nutzen und zu betreten und die Ausübung Dritten zu überlassen. In der Anlage 1 zu beiden Grunddienstbarkeiten ist eine Fläche grün umrandet, in der sich beide Steganlagen befinden. In der Anlage 2 zu beiden Grunddienstbarkeiten sind beide Steganlagen eingetragen. Für die Wasserfläche südlich der Steganlagen ist im Bebauungsplan Ferienwohnen auf dem Wasser (W4) festgesetzt. Bei dem Boot der Antragsteller handelt es sich um einen Katamaran mit Aufbauten in Form eines Hausboots, d. h. mit quaderförmiger Kubatur.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Februar 2020 an den Antragsgegner machte die Beigeladene geltend, dass es sich bei dem Hausboot der Antragsteller um eine genehmigungsbedürftige bauliche Anlage handele und bat um bauaufsichtliches Einschreiten. Der Antragsgegner forderte daraufhin zunächst mit Schreiben vom 2. April 2020 und anschließend mit Ordnungsverfügung vom 22. Juni 2020 die Eigentümerin des Flurstücks … der Flur … auf, Bauvorlagen für das genehmigungsbedürftige Vorhaben „Errichtung eines Hausboots“ vorzulegen.
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Nach Klärung der Eigentumssituation hinsichtlich des Boots und Hinweisen auf eine Nutzung des Hausboots durch Feriengäste hörte der Antragsgegner die Antragsteller mit Schreiben vom 1. Oktober 2020 zu einer bevorstehenden Beseitigungsanordnung an. Nach Stellungnahme der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Oktober 2020 ordnete der Antragsgegner mit Bescheid vom 18. Dezember 2020 unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung die vollständige Beseitigung des in …, Flurstück … der Flur …, Gemarkung …, gelegenen Hausboots als ortsfeste bauliche Anlage bis zum 31. Januar 2021 an, drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 € an und setzte eine Verwaltungsgebühr von 252,00 € fest. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. Februar 2021 zurück und setzte eine Gebühr für die Zurückweisung des Widerspruchs von 189,00 € fest. Zur Begründung der auf § 59 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 LBO gestützten Beseitigungsverfügung wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass das mittels Seilen an der mit dem Boden verbundenen Steganlage befestigte Boot eine bauliche Anlage sei, weil es trotz der Zertifizierung als Sportboot 2020 lediglich ortsfest, insbesondere zu gewerblichen Vermietungszwecken durch Feriengäste genutzt worden und an die Stelle eines üblicherweise mit dem Boden fest verbundenen Vorhabens, etwa eines Wochenendhauses oder einer Wohnung, getreten sei. Auch durch die Bauweise, die einem rechteckigen eingeschossigen Ferienhaus mit Flachdach entspreche, und die perfekte Wohnausstattung werde deutlich, dass der Verwendungszweck eher darin bestehe, die Anlage überwiegend ortsfest zu nutzen. Zudem würden kurzfristige Bootsbewegungen, etwa für Ausflüge, der Annahme einer baulichen Anlage nicht entgegenstehen. Als bauliche Anlage sei das Boot unzulässig, weil es dem Bebauungsplan Nr. 65 widerspreche, der für das Flurstück … gerade keine Ferienhäuser auf dem Wasser vorsehe. Eine Untersagung der überwiegend ortsfesten Nutzung stelle kein gleich geeignetes, milderes Mittel zur Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände dar. Es wäre nur darauf gerichtet, das Verhältnis Liegezeit zu Fahrzeit zu verändern, also letztlich die Antragsteller zu mehr Ausfahrten zu verpflichten. Das wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Kontrollaufwand für die Bauaufsichtsbehörde verbunden. Zudem sei das Verhältnis von Liegezeit und Fahrzeit nicht das allein maßgebliche Kriterium, da das Interesse der Antragsteller hauptsächlich finanzieller Natur und auf das Belassen des Hausboots an ihrem Steg gerichtet sei.
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Die Antragsteller haben am 18. Februar 2021 Klage erhoben (8 A 45/21) und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
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Das Verwaltungsgericht hat den auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Beseitigungsverfügung und auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung gerichteten Antrag der Antragsteller mit dem angefochtenen Beschluss vom 10. März 2021 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Hausboot eine bauliche Anlage sei, die nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sei, überwiegend ortsfest genutzt zu werden. Das Gericht gehe von einer überwiegend ortsfesten Nutzung aus, weil das nach seiner Ausstattung für eine Wohnnutzung geeignete Boot seit Februar 2020 an seinem Liegeplatz liege, erst im Juni 2020 mit einer CE-Kennzeichnung nach § 3 SeeSpbootVO versehen worden, nach den (allerdings widersprüchlichen bzw. unklaren) Angaben der Antragsteller von diesen selbst stationär genutzt sowie dreimal für jeweils eine Woche für den stationären Gebrauch vermietet worden und nur viermal für kürzere Fahrten bewegt worden sei. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung und auch hinsichtlich der von den Antragstellern nicht ausdrücklich angegriffenen Gebührenfestsetzung im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid hat das Verwaltungsgericht den Antrag ebenfalls als unbegründet angesehen. Den auf einstweilige Feststellung, dass das streitgegenständliche Sportboot nicht als bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 LBO einzuordnen ist, solange es als Sportboot zugelassen und fahrtauglich ist und in einem Verhältnis für die Ausfahrten und ortsfest genutzt wird, das dem für Motoryachten mit Wohngelegenheit üblichen Maß entspricht, gerichteten Antrag hat es als unzulässig und im Übrigen unbegründet abgelehnt.
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Gegen den ihnen am 11. März 2021 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23. März 2021 eingelegte und begründete Beschwerde der Antragsteller, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen und ausdrücklich zur Grundverfügung, zur Zwangsgeldandrohung, zur Gebührenfestsetzung und zum Feststellungsantrag vortragen. Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
II.
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Die gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 8. Februar 2021 hat teilweise Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsumfang des Senats bestimmen, rechtfertigen die erstrebte Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses hinsichtlich der Beseitigungsanordnung und der Zwangsgeldandrohung (1), aber nicht hinsichtlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zur Gebührenfestsetzung (2) und zum Feststellungsantrag (3).
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1) Das Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Beseitigungsanordnung und die Zwangsgeldandrohung überwiegt das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids, weil dieser zu dem bei einer Beseitigungsanordnung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats offensichtlich rechtswidrig ist.
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Zwar haben die Antragsteller hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt. Bei sachgerechter Auslegung ihres Begehrens geht es aber auch insoweit um die aufschiebende Wirkung der Klage. Denn nur dann, wenn man den Widerspruch vom 18. Januar 2021 dahin versteht, dass er sich gegen die Beseitigungsanordnung insgesamt, d. h. auch gegen die Zwangsgeldandrohung, richtet, obwohl diese im Widerspruchsschreiben nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist überhaupt ein Widerspruch in der Welt, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden kann. Dann sind aber auch Widerspruchsbescheid und Klage dahin auszulegen, dass sie sich auch auf die Zwangsgeldandrohung beziehen, mit der Folge, dass der vorliegende Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und nicht des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung gerichtet ist.
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Die Voraussetzungen für die vollständige Beseitigung des Hausboots gemäß § 59 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LBO liegen nicht vor.
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Die Landesbauordnung findet Anwendung. Zwar gilt sie gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBO nicht für Schiffe und schwimmende Anlagen in Häfen, für die wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen sind. Auch benötigen Sportboothäfen, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LBO bauliche Anlagen sind, eine Genehmigung nach §§ 95, 96 LWG in der seit dem 1. Januar 2020 geltenden Fassung (zuvor §§ 139, 140 LWG), d. h. nach Vorschriften des Abschnitts „verkehrsrechtliche Vorschriften“ des Landeswassergesetzes. Es kann aber offen bleiben, ob die Genehmigung nach §§ 95, 96 LWG eine wasserverkehrsrechtliche Regelung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBO ist und ob ein Sportboothafen auch ein Hafen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBO sein kann, denn für den zusammenfassend mit dem Begriff „…“ umschriebenen und vom Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 65 erfassten Bereich der Stadt … gibt es nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Antragsgegners sechs gemäß § 139 Abs. 2 Nr. 1, § 140 LWG a. F. erteilte Sportboothafengenehmigungen, von denen keine den Steg der Antragsteller und die zugehörigen Liegeplätze erfasst. Fünf dieser Genehmigungen betreffen, beginnend mit einer Genehmigung vom 6. Juni 2012, die Errichtung eines Sportboothafens in dem mit der 4. Änderung des Bebauungsplans als Sondergebiet 2.9 (SO Sportboothafen) festgesetzten südwestlichen Bereich des … (Anlagen AG4 bis AG8 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 17. Juni 2021). Eine Genehmigung vom 23. März 2011 betrifft die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung eines Sportboothafens mit 110 Liegeplätzen am Yachtclubhafen sowie 12 Einzelliegeplätzen an den Reihenhäusern 1 bis 12 (Anlage AG3 zum Schriftsatz des Antragsgegners vom 17. Juni 2021). Den dem Antrag beigefügten Unterlagen kann entnommen werden, dass die 12 Einzelliegeplätze in Form einer Schwimmsteganlage mit 12 Liegeplätzen im Bereich des Flurstücks … der Flur … und dort ausgehend vom östlich des Flurstücks gelegenen Grundstücksbereich, in dem auch die Grundstücke der Antragsteller und der Beigeladenen liegen, errichtet werden sollten. Die Planung ist ausweislich der bei der Akte befindlichen Fotos und Lagepläne sowie ausweislich der im Internet aktuell zugänglichen Luftbildaufnahmen in der genehmigten Form nicht realisiert worden. Ohnehin geht aus dem der Genehmigung zugrundeliegenden Antrag hervor, dass mit Ausnahme eines Stegs an der Nordmole die Liegeplätze jeweils direkt einem Haus der angrenzenden Bebauung zugerechnet und reelles Eigentum des jeweiligen Hauseigentümers, d. h. nicht Teil eines öffentlichen Hafens werden sollten. Nach alledem handelt es sich bei den von den Antragstellern und der Beigeladenen mit Erlaubnis des privaten Eigentümers der Wasserfläche errichteten zwei einzelnen Steganlagen mit jeweils zwei Liegeplätzen und der diese umgebenden Wasserfläche nicht im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBO um einen Hafen, für den wasserverkehrsrechtliche Regelungen getroffen worden sind.
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Das Hausboot ist aber nicht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden. Insbesondere ist es keine Anlage im Sinne von § 62 Abs. 1 LBO, deren Errichtung nach der Landesbauordnung genehmigungsbedürftig ist.
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Das Hausboot der Antragsteller ist nicht genehmigungsbedürftig, weil es keine bauliche Anlage ist. Bauliche Anlagen sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 LBO mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen; eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Das Hausboot ist aus Bauprodukten hergestellt. Ein Boot, das bestimmungsgemäß weder mit dem Erdboden verbunden ist noch durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist, ist aber nur dann eine bauliche Anlage, wenn es nach seinem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Das lässt sich für das Hausboot der Antragsteller nicht feststellen.
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Dieses Tatbestandsmerkmal trägt dem Umstand Rechnung, dass es aus Bauprodukten hergestellte Anlagen gibt, die grundsätzlich beweglich sind, aber im Einzelfall ortsfest genutzt werden mit der Folge, dass es notwendig erscheint, sie wie ortsfeste Anlagen zu behandeln, insbesondere der bauaufsichtlichen Kontrolle zu unterwerfen (vgl. Möller/Bebensee, Bauordnungsrecht Schleswig-Holstein Stand September 2020, § 2 Rn. 16; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand Januar 2021, § 2 Rn. 11). Eine überwiegend ortsfeste Nutzung ist anzunehmen, wenn die Anlage langfristig oder fortgesetzt an einem Ort aufgestellt ist, wenn also eine erkennbar verfestigte Beziehung zwischen der Anlage und dem zu ihrer Aufstellung dienenden Grundstück besteht (Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand März 2021, 2.4, überwiegend ortsfest benutzte Anlagen, Rn. 32). Das ist insbesondere anzunehmen, wenn die der eigentlich beweglichen Sache vom Verfügungsberechtigten zugewiesene Funktion deutlich macht, dass sie an die Stelle eines anderen, üblicherweise mit dem Boden ortsfest verbundenen Vorhabens, etwa eines Wochenendhauses, treten soll (BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 – IV C 116.68 –, Rn. 11, juris, zu einem Wohnwagen). Der Begriff der überwiegenden ortsfesten Nutzung setzt nicht voraus, dass die Anlage rechnerisch für mehr als die Hälfte eines Kalenderjahres an demselben Standort aufgestellt wird; es genügt ein Aufstellen für einen längeren Zeitraum, wobei gelegentliche Unterbrechungen unbeachtlich sind (Hess. VGH, Beschluss vom 22.08.1986 – 3 TH 2137/86 –, Rn. 7 f., juris, zu einem Wohnwagen). Diese Grundsätze gelten auch für Boote (BVerwG, Beschluss vom 22.07.1970 – IV B 209.69 –, juris). Weil Sportboote regelmäßig längere Zeit an einem Ort verbleiben und nur gelegentlich für Ausfahrten genutzt werden und ihre Größe und Ausstattung zudem mitunter ein auch längeres Verweilen an Bord erlaubt, genügt für die Feststellung einer überwiegend ortsfesten Verwendungsabsicht weder ein schlichter Vergleich der Liegezeit mit der Fahrzeit noch ein bloßer Hinweis auf die Größe und Ausstattung des Hausboots (OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 10.07.2018 – OVG 2 S 13.18 –, Rn. 5, juris). Entsprechend finden sich in der veröffentlichten Rechtsprechung jeweils über die vorgenannten Aspekte hinausgehende Anhaltspunkte für die Absicht einer überwiegend ortsfesten Verwendung (BVerwG, Beschluss vom 13.03.1973 – IV B 8.72 –, Rn. 5, juris: Wohnfloß, das durch einen Holzsteg und zwei an Land in Beton eingelassene Ketten festgehalten wird; OVG NRW, Beschluss vom 01.08.2016 – 7 B 683/16 –, juris, und VG Köln, Beschluss vom 10.06.2016 – 2 L 1110/16 –, Rn. 12 ff., Rn. 22, juris: Nutzung der auf einem Ponton zu errichtenden Aufbauten als Clubheim; OVG M.-V., Urteil vom 15.07.2015 – 3 L 62/10 –, Rn. 2, Rn. 47, juris: seit 2000 an einem Anleger liegende Holzkogge mit Büroräumen für ein Fahrgastschifffahrtsunternehmen und Lagerräumen für ein am Ufer befindliches Restaurant; Hess. VGH, Beschluss vom 14.04.1986 – 4 TH 449/86 –, Rn. 27, juris: Nutzung eines seit Jahren ortsfest am Ufer liegenden Fahrgastschiffs als Gaststätte; Schl.-Holst. VG, Urteil vom 30.04.2012 – 8 A 45/11 –, Rn. 36 ff., juris: Ponton mit einem Wohn- bzw. Ferienhaus entsprechenden Aufbauten ohne eingebauten Motor und mit nicht montiertem Außenbordmotor, der bisher lediglich mittels Schleppungen seitens anderer Schiffe bewegt wurde; VG Cottbus, Beschluss vom 11.02.2016 – 3 L 18/16 –, Rn. 9 f., juris: Boot ohne Motor mit einem Wochenendhaus ähnelnden Aufbauten, das seit 2012 an derselben Stelle liegt; VG Berlin, Urteil vom 19.04.2021 – VG 13 K 326.18 –, Pressemitteilung, juris: containerartiges Hausboot, das im Internet als Ferienwohnung angeboten wird).
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Da das Hausboot der Antragsteller grundsätzlich fahrtüchtig ist, bedarf es für die Frage, ob es nach seinem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden, einer Bewertung aller Umstände des Einzelfalls. Diese sprechen vorliegend dafür, dass das Hausboot zu dem bei einer Beseitigungsverfügung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nach seinem Verwendungszweck nicht dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.
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Das folgt zunächst aus der technischen Ausstattung. Es handelt sich um einen Katamaran mit der Bauart Hausboot und einer für Ausfahrten geeigneten Ausstattung. Für das Boot gibt es eine Konformitätserklärung vom 17. Juni 2020 nach der Richtlinie 2013/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über Sportboote und Wassermotorräder (EU-Sportbootrichtlinie), nach der es die Anforderungen an ein Sportboot, d. h. an ein Wasserfahrzeug mit einer Rumpflänge von 2,5 m bis 24 m, das für Sport- und Freizeitzwecke bestimmt ist, erfüllt (vgl. Art. 3 Nr. 1, Nr. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 15 EU-Sportbootrichtlinie). Das Boot hat ferner eine CE-Kennzeichnung vom 29. Mai 2020 nach Art. 16 ff. EU-Sportbootrichtlinie für die Entwurfskategorie C gemäß Anhang I A. 1. EU-Sportbootrichtlinie. Danach müssen Wasserfahrzeuge der jeweiligen Entwurfskategorie so entworfen und gebaut sein, dass sie hinsichtlich Stabilität, Auftrieb und anderen einschlägigen grundlegenden Anforderungen nach Anhang I der Beanspruchung hinsichtlich der jeweiligen Entwurfskategorie standhalten und eine gute Manövrierfähigkeit haben. Die Entwurfskategorie C ist die dritte von vier nach den Anforderungen absteigenden Kategorien. Wasserfahrzeuge dieser Kategorie gelten als für eine Windstärke bis einschließlich 6 nach der Beaufort-Skala und eine signifikante Wellenhöhe bis einschließlich zwei Meter ausgelegt. Diese Kategorie ermöglicht nicht nur Fahrten auf der Schlei, sondern auch auf der Ostsee und damit auch Überfahrten in andere Binnengewässer. Die technische Ausstattung des Hausboots umfasst u. a. einen Außenbordmotor mit 60 PS, Bug- und Heckstrahlruder, einen Steuerstand, Positionsleuchten, Hecklicht, Toplicht, Anker, Navigationsausrüstung, Tauwerk, Fender, Signalhorn, Fernglas, Kompass und GPS. Das Boot verfügt über einen 250 l-Benzintank für Fahrten, einen 500 l-Dieseltank für die Energieversorgung, einen 2000 l-Wasser- und einen 250 l-Abwassertank, d. h. es ist auf eine Versorgung von Land nicht angewiesen. Die technische Ausstattung und die Zertifizierung sprechen im Ansatz dafür, dass das Hausboot nach seinem Verwendungszweck nicht dafür bestimmt ist, ortsfest benutzt zu werden.
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Auch der Umstand, dass bei einer Verbringung des Bootes an den Liegeplatz im Februar 2020 Konformitätserklärung und CE-Kennzeichnung erst im Mai bzw. Juni 2020 erfolgt sind, lässt einen gegenteiligen Schluss nicht zu. Die Verbringung des Bootes im Februar 2020 erklärt sich zwanglos damit, dass die Antragsteller das Boot unbestritten auf der Internationalen Bootsausstellung in Düsseldorf erworben haben, die im Januar 2020 stattgefunden hat. Ohne Kenntnisse darüber, welche Verfahrensdauer für die Konformitätserklärung und die CE-Kennzeichnung üblich ist, lässt die Erteilung der gemäß § 3 See-Sportbootverordnung für die Inbetriebnahme von Sportbooten erforderlichen CE-Kennzeichnung im Juni 2020 jedenfalls nicht den Schluss zu, dass die Antragsteller nicht die Absicht hatten, das Hausboot als Sportboot zu verwenden.
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Für eine ortsfeste Verwendung spricht auch nicht der Umstand, dass das Hausboot, wenn es am Steg liegt, einen Strom- und Wasseranschluss über mit Bajonettverschlüssen verbundene Leitungen zum Land hat. Nachvollziehbar verweisen die Antragsteller darauf, dass ein flexibler Strom- und Wasseranschluss bei größeren Sportbooten üblich sei und dass diese Leitungen am eigenen Liegeplatz den Vorteil hätten, nicht an die Ver- und Entsorgungseinrichtungen des Hafens fahren zu müssen. Anschlüsse für Elektrizität und Trinkwasser am Liegeplatz gehören zur Ausstattung etwas besserer Marinas (wikipedia, Stichwort „Marina (Hafen)“, Abschnitt Infrastruktur). Entsprechend gehören Strom und Wasser am Liegeplatz auch zu den Serviceleistungen des Hafens Olpenitz (HafenOlpenitz.com, Stichwort Hafen, Liegeplatz, Preise für Serviceleistungen).
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Auch Bauweise und Innenausstattung sprechen nicht dafür, dass das Hausboot nach seinem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. Dass es nach der typischen Kubatur, d. h. nach dem quaderförmigen Erscheinungsbild der Aufbauten den Eindruck eines Ferienhauses mit rechteckigem Grundriss erweckt, dessen Flachdach zugleich als Dachterrasse geeignet ist, liegt in der Natur der Sache. Dies macht es – ebenso wie die Ausstattung mit großen Fenstern und das Vorhandensein von Räumen mit bequemer Stehhöhe und Möblierung (hier: ein Badezimmer mit WC, Dusche und Waschbecken, ein Abstellraum, zwei Schlafzimmer mit je zwei Schlafplätzen und je einem deckenhohen Kleiderschrank und Regal, einem Aufenthaltsraum mit Esstisch und Stühlen, Sofa, Fernseher, dem Steuerstand und einer Küche inklusive Kühlschrank mit Gefrierfach, 4-Brenner-Gasherd, Backofen, Spüle, Mikrowelle und Küchenschränken) – zwar wahrscheinlicher als bei einem Sportboot in Form eines Segel- oder Motorbootes, dass es auch von Personen genutzt wird, die es von vornherein nicht bewegen wollen. Da eine Nutzung als Sportboot aber möglich ist, kann diesem Argument allenfalls eine bestätigende Bedeutung zukommen, wenn weitere Umstände für eine ortsfeste Nutzung sprechen. Die Anlegung eines von vornherein strengeren Maßstabs als bei Segel- und Motorbooten allein im Hinblick auf die größere äußere Ähnlichkeit mit einem Ferienhaus verbietet sich aus Gründen der Gleichbehandlung. Auch für Segel- und Motorboote ist typisch, dass sie regelmäßig längere Zeit an einem Ort verbleiben und nur gelegentlich für Ausfahrten genutzt werden (vgl. allgemein zu Sportbooten OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 10.07.2018 – OVG 2 S 13.18 –, Rn. 5, juris). Die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten bei der Bewertung des Einzelfalls sind hinzunehmen.
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Für eine überwiegend ortsfeste Nutzung als Verwendungszweck spricht allerdings, dass das Boot im Jahr 2020 tatsächlich durchgängig am Steg lag. Es wurde in dieser Zeit nur dreimal für eine Woche vermietet und von den Mietern ortsfest genutzt. Die Antragsteller selbst waren, so ihr Vortrag, nur einige Male vor Ort, um die Ausrüstung zu vervollständigen und einige Arbeiten am Boot zu erledigen, der Antragsteller hat sich dort auch mit seinen Kindern aufgehalten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts hatten nur vier kurze Fahrten am 24., 26. und 30. Januar sowie am 10. Februar 2021 stattgefunden. Entsprechend betrug die Motorbetriebszeit zum Zeitpunkt des vom Antragsgegner durchgeführten Ortstermins am 3. Februar 2021 nur sechs Stunden.
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§ 2 Abs. 1 Satz 1 LBO stellt aber mit der Formulierung, dass die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden, in der Sache auf eine Verwendungsabsicht und damit auf ein subjektives Element ab. Bei der Frage, ob im Einzelfall eine sportboottypische Verwendungsabsicht vorliegt, ist es deshalb bis zu einem gewissen Grad ausnahmsweise zulässig, neben objektiven anlagenbezogenen Gesichtspunkten auch auf subjektive Aspekte abzustellen. So kann es Gründe geben, eine grundsätzlich vorhandene Verwendungsabsicht noch nicht umzusetzen. Denkbar ist zum Beispiel, dass jemand ein Boot erwirbt und an einen Steg legen lässt, der die technischen Fähigkeiten zur Nutzung des Bootes erst erwerben muss und deshalb möglicherweise nicht im selben Jahr seine Nutzungsabsicht umsetzen kann. Denkbar sind aber auch familiäre Umstände, die Urlaubsplanungen zunichtemachen, wie Krankheiten oder Todesfälle. Je nach Entfernung des Wohnorts besteht auch nicht in gleichem Maße die Möglichkeit, die sportboottypische Verwendungsabsicht durch (regelmäßige) Ausfahrten am Wochenende zu belegen, wenn, aus welchen Gründen auch immer, die Nutzung für (längere) Urlaubsausfahrten in einem Jahr nicht in Betracht kommt. Sind solche Umstände plausibel dargelegt, bedarf es einer umfangreicheren Tatsachengrundlage, gegebenenfalls Feststellungen über mehr als ein Jahr, um das Fehlen einer sportboottypischen Verwendungsabsicht anzunehmen.
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Dies vorausgesetzt ist das Hausboot vorliegend auch unter Berücksichtigung der Liegezeit nicht dazu bestimmt, ortsfest benutzt zu werden. Die Antragsteller haben nachvollziehbar und unbestritten dargelegt, dass private Nutzungspläne hinsichtlich des neu angeschafften Bootes dadurch beeinträchtigt worden sind, dass sie sich im April 2020 getrennt haben. Berücksichtigt man ferner, dass Sportboote üblicherweise im Winterhalbjahr an Land verbracht werden und dass einer Nutzung zunächst die fehlenden Papiere entgegenstanden, verbleibt ein Zeitraum von Mitte Juni bis Oktober 2020, für den eine Nutzung als Sportboot bei einer entsprechenden Verwendungsabsicht zu erwarten gewesen wäre. Angesichts der veränderten Lebenssituation und des Wohnsitzes/ bzw. inzwischen der getrennten Wohnsitze der Antragsteller in Niedersachsen sowie unter ergänzender Berücksichtigung der gerichtsbekannten Einschränkungen der privaten Lebensgestaltung im Jahr 2020 durch die Covid-19-Pandemie dürften bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine ortsfeste Verwendungsabsicht vorgelegen haben.
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Dem steht nicht entgegen, dass das Hausboot 2020 dreimal für eine Woche an Freunde der Antragsteller vermietet worden ist. Die Beigeladene hat selbst eingeräumt, keine Erkenntnisse darüber zu haben, dass die Antragsteller für eine Vermietung geworben hätten. Dass zwei von ihr vorgeschickte Personen auf Nachfrage nach der Möglichkeit einer Vermietung von der Reinigungskraft der Antragsteller und dem Hafenmeister die Mobilfunknummer der Antragsteller bekommen haben, ist ebenfalls nicht aussagekräftig. Das Vorhandensein einer Reinigungskraft spricht schon deshalb nicht für die Absicht einer Vermietung des Hausboots als Ferienwohnung, weil die Antragsteller auf ihren an den Steg angrenzenden Grundstücken mehrere Ferienhäuser gewerblich vermieten. Im Übrigen kann die bloße Mitteilung einer Telefonnummer auch mit dem Hinweis erfolgt sein, man wisse nicht, ob das Hausboot zu mieten sei, der Nachfragende möge sich selbst erkundigen. Dass die Antragsteller ihre Überlegung, das Hausboot zukünftig zusätzlich gewerblich als Sportboot für Törns und Ausflüge zu vermieten, noch nicht umgesetzt und das dafür gemäß § 7 Nr. 2 See-Sportbootverordnung erforderliche Bootszeugnis im Sinne von § 5 See-Sportverordnung noch nicht beantragt haben, kann für die Frage ihrer Verwendungsabsicht schon deshalb keine Rolle spielen, weil es jedem Eigentümer freisteht, ein Sportboot nur persönlich und nur in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit zu nutzen.
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War nach alledem schon zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides im Dezember 2020 und des Widerspruchsbescheides im Februar 2021 zweifelhaft, ob das Hausboot nach seinem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden, so lässt sich Entsprechendes zu dem bei einer Beseitigungsverfügung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht mehr feststellen. Der Antragsteller zu 1 ist seit Mai 2021 auf einer größeren Tour, die ihn über die Ostsee bis nach Berlin geführt hat. Die Motorbetriebsstundenzahl lag Anfang Juni 2021 bei 100 Stunden. Dass diese umfangreiche Unternehmung allein dem Zweck dient, die Aufhebung der Beseitigungsverfügung zu erreichen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Eine Beseitigungsverfügung bedürfte deshalb zu ihrer Rechtmäßigkeit einer breiteren Tatsachengrundlage, die sich, solange das Hausboot nicht die für die Vermietung eines Sportbootes auf der Schlei als Seeschifffahrtsstraße gemäß § 7 See-Sportbootverordnung erforderlichen Voraussetzungen – u. a. Besitz eines Bootszeugnisses – erfüllt, insbesondere aus einer dennoch erfolgenden regelmäßigen Vermietung, im Übrigen aber auch aus der von der Beigeladenen befürchteten Anschaffung eines weiteren Hausbootes ergeben könnte.
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Aus Vorstehendem folgt zugleich, dass der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung rechtswidrig sind.
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2) Nachdem das Verwaltungsgericht das erstinstanzliche Vorbringen der Antragsteller, obwohl die Gebührenfestsetzung nicht ausdrücklich angegriffen worden war, dahin ausgelegt hat, dass dieses auch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Gebührenfestsetzung in Ausgangs- und Widerspruchsbescheid gerichtet ist und die Antragsteller mit der Beschwerde geltend machen, dass die Gebührenfestsetzung rechtswidrig sei, da Ausgangs- und Widerspruchsbescheid ihrerseits rechtswidrig seien, geht der Senat davon aus, dass die Beschwerde sich auch auf die Gebührenfestsetzung bezieht.
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Insoweit ist die Beschwerde unbegründet, weil das auf Eilrechtsschutz gerichtete Begehren unzulässig ist. Gemäß § 80 Abs. 6 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder wenn eine Vollstreckung droht. Bei der auf dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungskostengesetz beruhenden Gebührenfestsetzung im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid handelt es sich um die Anforderung von öffentlichen Kosten im Sinne von § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn Kosten in diesem Sinne sind die öffentlich-rechtlichen Gebühren und Auslagen, die in einem förmlichen Verwaltungsverfahren nach den Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes auferlegt werden (vgl. Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 61). Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung haben die Antragsteller im Verwaltungsverfahren jedenfalls nicht in Bezug auf die Gebührenfestsetzung gestellt. Ihnen droht auch keine Vollstreckung. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs ist nach Eingang des Widerspruchs eine Mahnsperre veranlasst worden (Bl. 105, Beiakte A). Anhaltspunkte dafür, dass bei Eingang der Klage nicht entsprechend verfahren worden ist oder die Mahnsperre gar aufgehoben worden ist, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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3) Die Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit die Antragsteller den nicht nur hilfsweise, sondern in beiden Instanzen unbedingt gestellten Feststellungsantrag aufrechterhalten. Der Antrag ist unzulässig. Soweit es die Unterbringung des Hausboots an der Steganlage der Antragsteller im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 65 der Stadt … „…“ betrifft, können die Kläger ihre Rechte durch Anfechtungsklage verfolgen, wie sie es durch Klage gegen die Beseitigungsanordnung vom 18. Dezember 2020 im Verfahren 8 A 45/21 auch getan haben. Die ebenfalls zum Aktenzeichen 8 A 45/21 erhobene Feststellungsklage und entsprechend auch der darauf bezogene Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär. Soweit es die Unterbringung des Hausboots an anderen Steganlagen innerhalb oder außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners betrifft, fehlt es derzeit an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind die aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm des öffentlichen Rechts sich ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Ein Rechtsverhältnis liegt somit vor, wenn sich Rechtsbeziehungen verdichtet haben (Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 43 Rn. 7). Daran fehlt es, soweit die Antragsteller Beseitigungsanordnungen für den Fall befürchten, dass sie ihr Boot an andere Stege verbringen. Zutreffend verweist der Antragsgegner darauf, dass es für den Erlass einer Beseitigungsanordnung auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls und die bauordnungsrechtlichen und bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen am jeweiligen Standort ankommt. Diese haben sich vorliegend hinsichtlich anderer Liegeplätze noch nicht konkretisiert. Im Übrigen ist der Antrag auch unbegründet, weil das Verhältnis von Ausfahrten und ortsfester Nutzung für sich allein zur Beantwortung der Frage, ob ein Boot eine bauliche Anlage ist, nicht ausreichend ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO, § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, wenn die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil sie keinen Antrag gestellt und entsprechend auch kein Kostenrisiko übernommen hat.
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Die Festsetzung des Streitwerts auf 6.110,00 € beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG, die Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung auf § 63 Abs. 3 GKG. Nach den regelmäßigen Streitwertannahmen des Senats beträgt der Wert einer Beseitigungsanordnung hinsichtlich eines Wohnwagens 6.000,00 €. Damit ist der vorliegende Fall vergleichbar, weil es darum geht, ob ein grundsätzlich bewegliches Objekt ortsfest benutzt wird. Der nicht hilfsweise, sondern selbstständig gestellte Feststellungsantrag ist auf die Verhinderung zukünftiger Beseitigungsanordnungen gerichtet und deshalb ebenfalls mit 6.000,00 € zu bewerten. Der sich danach ergebende Betrag von 12.000,00 € ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren. Zu addieren ist ein Viertel des Werts der Gebührenfestsetzungen von 252,00 € im Ausgangs- und 189,00 € im Widerspruchsbescheid, gerundet 110,00 € (vgl. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
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- VwGO § 80 4x
- VwGO § 159 1x
- 3 TH 2137/86 1x (nicht zugeordnet)
- 2 L 1110/16 1x (nicht zugeordnet)
- § 59 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LBO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 146 2x
- § 63 Abs. 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 8 A 45/21 3x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 2 Nr. 6 LBO 4x (nicht zugeordnet)
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 4 TH 449/86 1x (nicht zugeordnet)
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- § 140 LWG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- 3 L 18/16 1x (nicht zugeordnet)
- 7 B 683/16 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 139, 140 LWG 2x (nicht zugeordnet)
- § 62 Abs. 1 LBO 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 95, 96 LWG 4x (nicht zugeordnet)
- 3 L 62/10 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 SeeSpbootVO 1x (nicht zugeordnet)
- 8 A 45/11 1x (nicht zugeordnet)
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