Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 4.12.2018 – 6 L 1917/18 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet.
Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, die den Umfang der Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bestimmen, rechtfertigen es nicht, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, mit dem der Antragsteller begehrt hat, den Antragsgegner zu verpflichten von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihm gegenüber vorläufig Abstand zu nehmen, zu Recht zurückgewiesen und ausgeführt, es seien keine Rechtspositionen des Antragstellers ersichtlich, deren Verwirklichung durch die Vollziehung seiner Ausreisepflicht vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnten. Im Hinblick auf die am 3.8.2018 erfolgte Eheschließung mit Frau Z., die neben der griechischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, könne sich der Antragsteller weder auf eine direkte oder analoge Anwendung des Freizügigkeitsgesetzes noch auf Artikel 20, 21 AEUV berufen. Einem Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG stünden indessen die Regelversagungsgründe aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AufenthG entgegen. Indem er seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013 unter Aliaspersonalien im Rechtsverkehr aufgetreten sei, habe er ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG verwirklicht. Dadurch, dass er über mehr als vier Jahre über seine Herkunft und sein Alter getäuscht und damit strafbewehrt falsche Angaben gemacht habe, stehe auch ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG im Raum. Hinzu komme, dass der Antragsteller, dem zuvor bereits in einem Verfahren wegen besonders schweren Diebstahls oder Hehlerei aufgrund seiner falschen Altersangabe und der daraus folgenden Anwendung des Jugendstrafrechts am 17.1.2017 eine Einstellung nach § 47 Abs. 1 JGG durch das Amtsgerichts zugute gekommen sei, mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 16.5.2018 (rechtskräftig geworden am gleichen Tag) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen in Tatmehrheit mit gewerbsmäßigem unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei, deren Vollstreckung zur Bewährung (Bewährungszeit: fünf Jahre) ausgesetzt worden sei. Aufgrund dieser abgeurteilten Straftaten liege ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Soweit gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden könne, sei zu sehen, dass der Antragsteller ohne das für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderliche Visum eingereist sei und nicht berechtigt sei, nach Maßgabe der auf § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG beruhenden Bestimmung des § 39 AufenthV nach der Einreise ins Bundesgebiet die von ihm begehrte Aufenthaltserlaubnis einzuholen. Dem Antragsteller stehe daher weder ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zu noch könne es für ihn auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Ehe durch Artikel 6 GG und Artikel 8 EMRK als unzumutbar angesehen werden, das Visumverfahren nachzuholen. Besondere Umstände, die auch nur eine vorübergehende Trennung der Eheleute als nicht mehr hinnehmbar erscheinen ließen, seien nicht feststellbar.
Die vom Antragsteller mit seiner Beschwerde dagegen vorgebrachten Gründe rechtfertigen eine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht.
Der Antragsteller macht geltend, er habe einen Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Hinblick auf die zwischenzeitlich aufgrund der Schwangerschaft seiner Ehefrau vorliegende familiäre Situation. Die behandelnde Frauenärztin habe mit Schreiben vom 13.12.2018 bestätigt, dass seine Ehefrau durch die beabsichtigte Abschiebung seelisch sehr belastet und der Erhalt der Familie aus ärztlicher Sicht geboten sei. Von daher sei nunmehr von dem Antragsgegner zu prüfen, ob nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könne, wobei unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten seine familiären Belange angemessen zu berücksichtigen seien.
Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Aussetzung der Abschiebung, denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch i.S.v. § 123 Abs. 1 VwGO glaubhaft gemacht. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand im Beschwerdeverfahren besteht kein sicherungsfähiger Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG oder auf Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG. Es spricht nichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Abschiebung des Antragstellers gegenwärtig rechtlich unmöglich ist, weil sie unzumutbar in seine durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten familiären Beziehungen eingriffe.
Die Aussetzung der Abschiebung zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt nicht in Betracht. Nach der genannten Vorschrift kann einem Ausländer, der - wie der Antragsteller - vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht vor. Derzeit ist die Ausreise des Antragstellers nicht rechtlich oder tatsächlich unmöglich. Die Nachholung des Visumverfahren aus dem Heimatland ist dem Antragsteller auch unter Berücksichtigung seiner durch Art. 6 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Belange zumutbar. Sowohl mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und ebenso mit Art. 8 Abs. 1 EMRK ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung des erforderlichen Visums zu verweisen.(vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 10.5.2008– 2 BvR 588/08 –, juris) Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik begehrt, regelmäßig hinzunehmen.(vgl. Beschluss des Senats vom 26.2.2010 - 2 B 511/09 -, juris) Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die vorherige Durchführung eines Visumverfahrens wichtigen öffentlichen Sicherheitsinteressen dient.(vgl. BayVGH, Beschluss vom 21.2.2013 - 10 CS 12.2679 -, juris) Sie soll gewährleisten, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug vor der Einreise geprüft werden können, um die Zuwanderung von Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von vornherein zu verhindern. Das öffentliche Sicherheitsinteresse ist hier erheblich betroffen, weil der Antragsteller seit der Begründung seines Aufenthalts in Deutschland im Januar 2013 unter falschem Namen sowie unter Täuschung über seine Staatsangehörigkeit aufgetreten ist, in den folgenden Jahren diese Täuschung bis im März 2017 aufrechtgehalten hat, und er während seines Aufenthaltes wiederholt und in erheblichem Maße straffällig geworden ist. Art. 6 GG könnte derzeit allenfalls dann im Rahmen der Beurteilung einer Unmöglichkeit aus rechtlichen Gründen Bedeutung haben, wenn glaubhaft vorgetragen würde, seine Ehefrau und damit auch das ungeborene Kind seien auf den Beistand des Antragstellers angewiesen. Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied die Lebenshilfe eines anderen Familienmitgliedes angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück. Andernfalls sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grundsätzlich Anstrengungen zumutbar, die familiäre Lebensgemeinschaft durch Besuche oder nötigenfalls zur Gänze im Ausland herzustellen. Das Bestehen einer familiären Beistandsgemeinschaft in diesem Sinne ist im vorliegenden Fall indes nicht glaubhaft gemacht. Im Rahmen der Beschwerde wird geltend gemacht, die Ehefrau sei durch die beabsichtigte Abschiebung des Antragstellers seelisch sehr belastet, in der Schwangerschaft sei die Unterstützung durch den Kindsvater wichtig und wünschenswert und der Erhalt der Familie sei auch aus ärztlicher Sicht geboten (vgl. Schreiben der behandelnden Frauenärztin Dr. med. E. S. vom 13.12.2018). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anknüpfend an die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze anerkannt, dass die Schutzpflichten aus Art. 6 GG, die prinzipiell erst ab der Geburt eines Kindes einsetzen, in besonders gelagerten Ausnahmefällen Vorwirkungen mit der Folge entfalten können, dass die beabsichtigte Abschiebung auch eines werdenden Vaters unzumutbar sein kann(vgl. Beschluss vom des Senats vom 26.2.2010 – 2 B 511/09 – mit weiteren Nachweisen, juris). Eine solche Sondersituation ist etwa dann anzunehmen, wenn eine Gefahrenlage für das ungeborene Kind und/oder die Mutter wegen einer sogenannten Risikoschwangerschaft besteht und die Unterstützung der Schwangeren durch den abzuschiebenden Ausländer zumindest überwiegend wahrscheinlich ist. Anhaltspunkte für eine Risikoschwangerschaft, die Gefahr einer Frühgeburt oder mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit der Ehefrau des Antragstellers infolge der Schwangerschaft werden aber nicht vorgetragen. Eine Sondersituation, die es dem Antragsteller unzumutbar macht, zum derzeitigen Zeitpunkt eine Trennung für die Dauer der Durchführung des Visumverfahrens hinzunehmen, besteht demzufolge nicht. Sein in diesem Zusammenhang erhobener Einwand, die voraussichtliche Dauer einer Trennung sei unzumutbar lang, weil gegen ihn eine Einreisesperre in Höhe von zwei Jahren verhängt worden sei und er überdies bei Wiedereinreise im Falle eines Widerrufs einer Strafaussetzungsentscheidung noch die zweijährige Haftstrafe verbüßen müsse, verfängt nicht. Abgesehen davon bestünde bei Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung die Möglichkeit, die familiäre Lebensgemeinschaft in Deutschland vorübergehend wenigstens durch Besuche herzustellen.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass auch ein sicherungsfähiger Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG aller Voraussicht nach nicht besteht.
Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.