Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 B 139/20

Tenor

Der durch Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 22. April 2020 – 6 L 351/20 – an das Oberverwaltungsgericht verwiesene Antrag wird verworfen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die im Zuge der sogenannten „Corona-Krise“ durch Rechtsverordnung des Antragsgegners vom 30.3.2020, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 16.4.2020, verfügten grundrechtsbeschränkenden Maßnahmen „zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ im Saarland (im Weiteren: CPV). Diese zu deren Eindämmung beziehungsweise zu einer Verlangsamung des durch das neuartige Corona-Virus SARS-CoV-2 hervorgerufenen Infektionsgeschehens der auf der Grundlage der §§ 32, 28 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)(vgl. das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) vom 20.7.2000, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.3.2020, BGBl. I Seiten 587 ff.) ergangene Verordnung normiert unter anderem in § 1 CPV den Grundsatz der Reduzierung der physischen und „sozialen“ Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Haushalts „auf ein absolut nötiges Minimum“. Der § 2 CPV enthält ferner eine Einschränkung des Aufenthalts im öffentlichen Raum (§ 2 Abs. 1 CPV), verbietet unter anderem „Versammlungen und Ansammlungen“ (§ 2 Abs. 2 CPV) und erlaubt ein „Verlassen der eigenen Wohnung“ nur bei Vorliegen „triftiger Gründe“ (§ 2 Abs. 3 CPV). Gemäß dem § 14 Abs. 1 und 2 CPV können vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die einzelnen Ge- oder Verbote der §§ 2 bis 13 CPV als Ordnungswidrigkeit mit Geldbußen bis zu 25.000,- EUR geahndet werden.

Mit Eingang beim Verwaltungsgericht am 31.3.2020 hat der Antragsteller eine ausdrücklich als „Verfassungsbeschwerde“ bezeichnete „Beschwerde gegen die verlängerte Ausgangsbeschränkung“ erhoben. Er hat geltend gemacht, der „Bezug“ auf das Infektionsschutzgesetz sei als unzureichend abzulehnen, da dieses „explizit für Kommunen und Einzelpersonen festgelegt“ worden sei, nicht aber für die Bundesländer. Auch falle das Corona Virus nicht unter einzelne Vorschriften des Gesetzes. Gleichzeitig müsse die Ausgangsbeschränkung unmittelbar nach Sicherstellung der Sicherheit durch unmittelbare Sofortmaßnahmen aufgehoben werden. Diese Amtshandlung sei ein grober Verstoß gegen das Grundgesetz und die dort verankerten Freiheitsrechte des Einzelnen. Der Antragsgegner mache pauschal Straftaten daraus, ohne die Bedeutung des Unterschieds zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit zu würdigen. Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz seien allenfalls als Ordnungswidrigkeiten zu betrachten.

Der Antragsteller hat wörtlich beantragt,

1. Die Ausgangsbeschränkung ist verfassungswidrig.
2. Die Ausgangsbeschränkung ist sofort aufzuheben.
3. Gestellte Bußgeldbescheide sind zurückzunehmen.“

Für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass wider Erwarten eine kurzfristige Ausgangsbeschränkung durchaus legitim sein sollte, hat der der Antragsteller um folgende Feststellungen gebeten:

„1. Die Ausgangsbeschränkung darf eine Frist von insgesamt zwei Wochen nicht überschreiten.
2. Im Notfall sollte eine Fristverlängerung von maximal einer weiteren Woche gestattet sein.
3. Die Landesregierung muss aufzeigen, wie der Wunsch nach gesundheitlicher Sicherheit und der Freiheit des Einzelnen miteinander zu verknüpfen sind.“

Der Antragsgegner hat zur Sache Stellung genommen und die Zurückweisung des Antrags beantragt.

Nach einer unter dem 8.4.2020 erfolgten Anhörung, auf die der Antragsteller nicht reagiert hat, hat das Verwaltungsgericht den Rechtsbehelf als Antrag auf verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz gegen die Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie angesehen und die Sache zur Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes verwiesen.

II.

Da sich die von dem Antragsteller beanstandeten Beschränkungen aus einer Rechtsverordnung der Landesregierung ergeben, war das Rubrum auf der Passivseite wie geschehen zu korrigieren.

Der Antrag muss erfolglos bleiben. Nach den im Beschluss des Verwaltungsgerichts genannten Bestimmungen in den §§ 47 Abs. 6 VwGO, 18 AGVwGO kann das Oberverwaltungsgericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr „schwerer Nachteile“ für den Antragsteller oder „aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten“ ist.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss hier nicht abschließend entschieden werden. Nach dem § 67 Abs. 4 VwGO müssen sich Beteiligte vor dem Oberverwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt oder durch eine sonstige nach Maßgabe des § 67 VwGO zur Vertretung berechtigte Person vertreten lassen. Das gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird (vgl. § 67 Abs. 4 VwGO). Darauf hatte bereits das Verwaltungsgericht den Antragsteller in dem Anhörungsschreiben vom 8.4.2020 ausdrücklich hingewiesen worden.

Darauf wie auch auf die Anfrage des Senats vom 23.4.2020 hat der Antragsteller nicht reagiert. Da die nachträgliche Bestellung eines nach § 67 VwGO vertretungsberechtigten Bevollmächtigten trotz Hinweises auf die sich aus der Sache ergebende besondere Dringlichkeit nicht erfolgt ist, ist der Antrag bereits unzulässig und zu verwerfen.

Dies gilt desungeachtet, soweit sich der Antragsteller gegen nicht näher bezeichnete „Bußgeldbescheide“ wendet. Ein solcher Antrag ist von vorneherein unstatthaft. Rechtsvorschriften rein ordnungswidrigkeitsrechtlichen Inhalts – wie hier § 14 CPV – können keiner Normenkontrolle im Verwaltungsrechtsweg gemäß § 47 Abs. 1 VwGO unterworfen werden und deshalb auch nicht Gegenstand einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO sein.(vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 27.7.1995 – 7 NB 1.95 –, DÖV 1996, 205) Gegen darauf gestützte Bußgeldbescheide der Verwaltungsbehörden können allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden (§ 68 OWiG).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an der Festsetzung in vergleichbaren Rechtsschutzbegehren (vgl. den Beschluss des Senats vom 1.4.2020 – 2 C 108/20 –). Da der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt, ist die Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht angebracht.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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