Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 L 10/13

Gründe

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Der zulässige Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 4. Januar 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 14. Januar 2013 hat in der Sache keinen Erfolg.

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Die gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

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„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA, Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

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Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit - des Ergebnisses - der angefochtenen Entscheidung.

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Das Antragsvorbringen stellt die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes nicht schlüssig in Frage, soweit sich die Beklagte gegen die Auslegung des Bescheides des seinerzeitigen Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. September 2004 über die Feststellung der Laufbahnbefähigung der Klägerin wendet. Entgegen dem Antragsvorbringen folgt weder aus der Betreffzeile des Bescheides noch aus der Bezugnahme auf den damaligen § 20a Abs. 1 bis 3 PolLVO LSA mit der hier erforderlichen Klarheit, dass entgegen dem darin festgestellten Erwerb der „Befähigung für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes“ lediglich eine eingeschränkte Laufbahnbefähigung erworben und festgestellt worden wäre. Vielmehr ist darin eine bloße Hinweisfunktion zu sehen. Im Übrigen ergibt sich aus dem dahingehenden Hinweis auch sachlich keine Einschränkung der festgestellten Laufbahnbefähigung. Denn weder das seinerzeit geltende BG LSA (dort §§ 16 bis 25, 113) noch die PolLVO LSA in der bis zum 27. März 2006 (PolLVO LSA 1992) geltenden und hier maßgeblichen Fassung sahen eine „beschränkte Laufbahnbefähigung“ vor. Eine solche sieht vielmehr erstmals das am 1. Februar 2010 in Kraft getretene LBG LSA vor (dort: § 24 Satz 3 LBG LSA).

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Zu Recht weist das Verwaltungsgericht auch darauf hin, dass ebenso wenig § 20a PolLVO LSA 1994 Entsprechendes regelt oder zulässt. Vielmehr sieht § 20a PolLVO LSA 1992 in seinen Absätzen 1 und 4 jeweils nur den Aufstieg „in eine Laufbahn des gehobenen Dienstes“ vor. Diese wurde hier durch §§ 15, 18, 113 BG LSA i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 2 PolLVO LSA 1992 definiert. Die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes umfasste danach die Ämter des Polizei- bzw. Kriminalkommissars (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) bis zum Ersten Polizei- bzw. Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 13 BBesO).

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Einschränkendes lässt sich letztlich auch nicht aus der Angabe „i. V. m. Abschnitt I. Nr. 2 AEPol“ in dem Feststellungsbescheid entnehmen. Dem Hinweis mangelt es aus den bereits genannten Gründen an der erforderlichen Regelungsklarheit in Bezug auf eine etwaig beschränkende Wirkung, die sich ohnehin nach dem seinerzeit geltenden Recht verbot. Eine Auslegung contra legem im Hinblick auf die - im Übrigen erst zum 2. April 2001 in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift der Ziffer 2.1.2. AEPol - scheidet jedenfalls aus, da § 113 BG LSA nicht anders als §§ 15, 25 BG LSA jeweils eine (abweichende) Regelung ausschließlich im Wege des Erlasses einer Verordnung zuließ, nicht hingegen - wie durch den AEPol erfolgt - in Gestalt einer bloßen Verwaltungsvorschrift.

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Hat das damalige Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 17. September 2004 mithin die Befähigung der Klägerin für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes, d. h. für das Durchlaufen dieser Laufbahn und damit zugleich für die Übertragung der entsprechenden Ämter der Besoldungsgruppen A 9 bis A 13 BBesO festgestellt, wird das Urteilsergebnis auch nicht mit schlüssigen Gegenargumenten dadurch in Frage gestellt, dass - wie die Antragsgegnerin geltend macht - die derzeitige Rechtslage die begehrte Dienstpostenübertragung nicht zulasse.

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Denn die Klägerin hat ihre o. g. Laufbahnbefähigung bereits vor dem In-Kraft-Treten des LBG LSA am 1. Februar 2010 erworben mit der Folge, dass sie gemäß § 124 Satz 1 LBG LSA nunmehr die Befähigung für eine Laufbahn nach § 13 LBG LSA besitzt. Dabei entspricht die Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes gemäß § 124 Satz 2 Nr. 3 LBG LSA der Laufbahngruppe 2 mit dem ersten Einstiegsamt mit der weiteren Folge, dass nach § 13 Abs. 2 LBG LSA zur Laufbahn hier jedenfalls die Ämter der Besoldungsgruppen A 9 bis A 13 LBesO gehören. Gegenteiliges folgt - entgegen dem Antragsvorbringen - insbesondere auch nicht aus § 19 PolLVO LSA vom 25. August 2010 (PolLVO LSA 2010). Denn die Regelung betrifft lediglich die Fälle der auf dieser Grundlage künftig erst zu absolvierenden Aufstiegsausbildung im Wege des Verwendungsaufstieges. Sie betrifft erkennbar nicht die bereits abgeschlossen Aufstiegsverfahren, die gerade § 124 LBG LSA erfasst. Dies zeigt sich überdies an der Übergangsbestimmung des § 27 PolLVO LSA 2010, welche die noch laufenden Aufstiegsverfahren regelt.

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Auf das Antragsvorbringen zum Leistungsgrundsatz, zur Gleichbehandlung und zum Vertrauensschutz kommt es nach alledem hier nicht mehr entscheidungserheblich an, da die Beklagte die Klägerin bereits im Vorfeld aus jeglicher Auswahlentscheidung herausgenommen hatte. Das angegriffene Urteil verpflichtet die Beklagte insoweit lediglich, über die Bewerbung der Kläger neu zu entscheiden. Ungeachtet dessen liegt das Vorbringen aber auch neben der Sache: Die - Feststellung einer - Laufbahnbefähigung vermittelt dem Beamten statusbezogene Rechte (vgl. etwa: OVG LSA, Beschluss vom 1. März 2013 - 1 L 109/12 -, juris [m. w. N.]). Insbesondere vermittelt sie das aus Art. 33 Abs. 1 und 2 GG resultierende Recht, sich um laufbahnzugehörige Ämter erfolgreich bewerben zu können, wobei Art. 19 Abs. 4 GG i. V. m. Art. 33 Abs. 2 GG dem Beamten zugleich den sog. Bewerbungsverfahrensanspruch vermittelt. Darauf, ob die Verwaltungspraxis der Beklagten oder des o. g. Ministeriums eine Diskriminierung Dritter bewirkt bzw. bewirkt hat, kommt es für den Fall der Klägerin nicht entscheidungserheblich an.

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Soweit die Beklagte schließlich rügt, das Verwaltungsgericht gehe fälschlich von einer „Befähigung für die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes“ aus, während der genannte Bescheid allenfalls eine solche für den „gehobenen“ Polizeivollzugsdienst feststelle, wird damit das Urteilsergebnis gleichfalls nicht schlüssig in Frage gestellt. Schon aus den weiteren Entscheidungsgründen ergibt sich zwanglos, dass das Verwaltungsgericht von der Feststellung der Laufbahnbefähigung lediglich für den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausgeht. Unabhängig davon ändert der Einwand nichts daran, dass der Bescheid vom 17. September 2004 nach den vorstehenden Ausführungen feststellt, dass die Klägerin die Laufbahnbefähigung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst besitzt bzw. besaß.

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Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich ebenso wenig wegen der gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, denn diese ist nicht entsprechend den Darlegungserfordernissen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

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„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (OVG LSA, Beschluss vom 9. Oktober 2007- 1 L 183/07 - [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 - 1 B 23.87 -, InfAuslR 1987, 278). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zudem im Zulassungsantrag darzulegen. „Dargelegt" im Sinne der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961, BVerwGE 13, 90, vom 9. März 1993, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr.11, Beschluss vom 10. November 1992, Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass in der Antragsschrift eine konkrete - entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige - rechtliche oder tatsächliche Frage „aufgeworfen und ausformuliert” wird (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995, Der Personalrat 1996, 27).

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In Anlegung dieser Maßstäbe ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden. Die Antrags(begründungs)schrift wirft schon keine konkrete, ausformulierte Frage auf. Soweit die Beklagte die grundsätzliche Bedeutung aus einer vermeintlichen Divergenz untergerichtlicher Rechtsprechung herzuleiten sucht, mangelt es dem Antragsvorbringen überdies an der unerlässlichen Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze (vgl. hierzu: OVG LSA, Beschluss vom 19. April 2007 - 1 L 23/07 - [m. w. N.]).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

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Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1, 40, 47 GKG, wobei hier das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 12 LBesO zugrunde zu legen war.

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Dieser Beschluss ist  unanfechtbar  (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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