Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2. Senat) - 2 M 28/13
Gründe
I.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke der Gemarkung H., Flur A, Flurstücke 245/1 und 864, auf dem die Fa. Produktions- und Handelsgesellschaft (…) mbh (PH(…) GmbH) auf der Grundlage einer Genehmigung nach § 4 BImSchG vom 24.01.2005 eine Anlage zum Umschlag, zur sonstigen Behandlung und zur zeitweiligen Lagerung von nicht überwachungsbedürftigen Abfällen (Altholz und brennbare Abfälle) betrieb. Nach dem Inhalt der Genehmigung war zur Inbetriebnahme der Anlage zur Erfüllung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt eine Sicherheitsleistung in Höhe von 180.000,00 € zu erbringen.
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Mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 03.04.2007 verpflichtete sich die PH(…) GmbH gegenüber dem Antragsgegner u.a. dazu, die auf dem Gelände eingelagerten Ersatzbrennstoffe in Etappen von mindestens 700 t pro Monat sowie die dort lagernden Holzabfälle (ca. 5.300 t) in Etappen von mindestens 1.000 t pro Monat sowie Störstoffe (ca. 100 t) bis zum 30.09.2007 vollständig zu beräumen und zu entsorgen.
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Mit Bescheid vom 26.09.2007 gab der Antragsgegner der PH(...) GmbH auf, die weitere Annahme und Einlagerung, die Behandlung und das Umschlagen von Abfällen ab sofort und bis zum Abschluss der Beräumung einzustellen, alle auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Holzabfälle, hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und Störstoffe bis spätestens 31.12.2007 vollständig zu beräumen und zu entsorgen und die ordnungsgemäße Entsorgung nachzuweisen. Zur Begründung führte er u. a. aus, es seien länger als ein Jahr illegal Abfälle abgelagert worden. Die Lagerung von hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen werde durch den Genehmigungsbescheid nicht abgedeckt.
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Mit Schreiben vom 24.10.2007 teilte der Antragsgegner der PH(...) GmbH mit, dass im Zeitraum zwischen dem 20.08.2007 und dem 11.09.2007 die Ersatzvornahme zur Beräumung der in der Halle gelagerten Ersatzbrennstoffe vorgenommen worden sei. Es seien 2.032,46 t zum Preis von 243.918,57 € entsorgt worden. Da trotz Inrechnungstellung der voraussichtlichen Kosten in Höhe von 183.464,00 € keine Zahlung erfolgt sei, sei die Bürgschaftsausfallversicherung in Höhe von 180.000,00 € in Anspruch genommen worden. Der Restbetrag sei von der PH(...) GmbH zu übernehmen.
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Nach der Mitteilung des Amtsgerichts Stendal vom 23.02.2009 wurde die PH(...) GmbH am 18.02.2009 wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 141a FGG von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.
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Mit Bescheid vom 01.07.2011 gab der Antragsgegner der Antragstellerin u.a. auf, alle auf dem ehemaligen Betriebsgrundstück befindlichen Abfälle (Abfälle aus dem Anlagenbetrieb der PH(...) GmbH und Abfälle, die nach Betriebseinstellung der PH(...) GmbH illegal durch Dritte auf dem Gelände abgelagert worden sind, außer Bauschutt) spätestens bis zum 31.08.2012 vollständig zu beräumen und unter Beachtung der Festlegungen des KrW-/AbfG zu entsorgen. Zur Begründung gab er an, mit der Löschung der Anlagenbetreiberin im Handelsregister und dem Erlöschen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Standort im Juli 2010 sei ein illegaler Zustand hinsichtlich der Lagerung der Abfälle entstanden. Die Antragstellerin sei beseitigungspflichtig, weil der Abfallbesitz mit der Löschung der Anlagenbetreiberin im Handelsregister auf sie übergegangen sei.
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Den hiergegen von der Antragstellerin erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2012 zurück. Über die am 04.10.2012 beim Verwaltungsgericht Halle erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Mit Bescheid vom 14.01.2012 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Beräumungs- und Entsorgungsanordnung an.
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Den Antrag der Antragstellerin auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung ausgeführt:
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Der Antragsgegner habe auf die Antragstellerin als Zustandsverantwortliche zurückgreifen dürfen, von der in erster Linie eine effektive Beseitigung der Abfälle zu erwarten sei. Der Handlungsstörer sei (rechtlich) nicht mehr vorhanden oder unbekannt geblieben. Die Antragstellerin könne sich nicht darauf berufen, dass sie die Situation auf ihrem Grundstück trotz der Verpachtung stets im Auge behalten und die zuständige Behörde stets auf Verstöße bei der Ablagerung der Abfälle hingewiesen habe. Die Inanspruchnahme der Antragstellerin erfolge verschuldensunabhängig. Auch könne sich ein Grundstückseigentümer mit einer Verpachtung nicht seiner Haftung als Zustandsverantwortlicher entledigen; vielmehr trage er ohne Wenn und Aber die Risiken, die sich hier typischerweise daraus ergeben hätten, dass der Pächter auf dem Grundstück der Antragstellerin (vertragswidrig) illegale Abfallablagerungen vorgenommen habe. Ferner sei unerheblich, ob die Behörde gehalten sei, sich vor einem Zugriff auf einen anderen Verantwortlichen als den Handlungsstörer zunächst einer hinterlegten Sicherheit bedienen müsse; denn nach dem Vortrag des Antragsgegners sei diese Sicherheit zwischenzeitlich für Beseitigungs- und Entsorgungsmaßnahmen auf dem hier gegenständlichen Grundstück verbraucht. Auch unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel verstoße die Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht gegen das Übermaßverbot, auch wenn sie über den Verkehrswert des betroffenen Grundstücks hinausgehen sollte und sich „Trittbrettfahrer“ die vorhandene Situation zunutze machen sollten. Die Antragstellerin hätte das Risiko durch das Verlangen eines entsprechend hohen Pachtzinses oder einer eigenen Sicherheit absichern können oder – bei fehlender Durchsetzbarkeit – von der Verpachtung von vorn herein Abstand nehmen und ihr Grundstück sichern müssen. Die Antragstellerin könne auch nicht auf Pflichtverletzungen des Rechtsvorgängers des Antragsgegners verweisen.
II.
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A. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe gebieten die begehrte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Interesse der Antragstellerin, von einer sofortigen Vollziehung der abfallrechtlichen Anordnung bis zu einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug, weil die von der Antragstellerin erhobene Klage nach derzeitigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg haben wird. Die angefochtene Verfügung erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig.
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Ermächtigungsgrundlagen für die streitige Anordnung sind die §§ 15, 62 des im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Kreislaufwirtschaftsgesetzes vom 24.02.2012 (BGBl I 212) – KrWG. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, verpflichtet, diese zu beseitigen, soweit in § 17 nichts anderes bestimmt ist. Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die insoweit erforderlichen Anordnungen treffen.
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1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG dürften erfüllt sein. Die Antragstellerin war sowohl im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung als auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides Abfallbesitzerin im Sinne von § 3 Abs. 6 KrW-/AbfG und § 3 Abs. 9 KrWG. Danach ist Besitzer von Abfällen im Sinne dieses Gesetzes jede natürliche oder juristische Person, die die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Der Begriff des Abfallbesitzes ist öffentlich-rechtlicher Art und stimmt nicht mit dem des BGB überein, so dass es nicht auf einen Besitzbegründungswillen, sondern allein auf die tatsächliche Sachherrschaft ankommt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997 – 7 C 58.96 –, BVerwGE 106, 43 [46], RdNr. 10 in Juris). Grundsätzlich vermittelt das Eigentum oder der Besitz an den Grundstücken nach der Verkehrsauffassung gleichzeitig die tatsächliche Gewalt über die darauf befindlichen Gegenstände; anders liegt es nur dann, wenn die Abfälle auf einem Grundstück lagern, das der Allgemeinheit rechtlich und tatsächlich frei zugänglich ist, etwa aufgrund naturschutz- oder waldrechtlicher Betretungsrechte (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1997, a.a.O., RdNr. 11 f. in Juris). Bei den auf dem Grundstück der Antragstellerin lagernden Ersatzbrennstoffen, Holzabfällen und Störstoffen dürfte es sich um Abfälle handeln, die nicht verwertet werden (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG). Gegenteiliges hat auch die Antragstellerin nicht geltend gemacht.
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2. Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners, von der Antragstellerin die vollständige Beseitigung der Abfälle auf ihre Kosten vorzunehmen, dürfte aber ermessensfehlerhaft sein.
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2.1. Zu Unrecht wendet die Antragstellerin allerdings ein, die Störerauswahl des Antragsgegners sei fehlerhaft, weil er „die Rechtsnachfolge in die Handlungsstörerschaft bestätigt habe“, indem er laut Besprechungsprotokoll vom 24.07.2007 die Betreiberstellung der (...) Restaurierungs GmbH festgestellt habe.
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Es mag zutreffen, dass vom Grundstückseigentümer die Beseitigung von auf seinem Grundstück lagernden Abfällen nicht gefordert werden kann, solange darauf eine nach dem BImSchG genehmigte Abfallbehandlungsanlage betrieben wird. Ferner mag davon auszugehen sein, dass bei einem Erlöschen der Genehmigung wegen Nichtbetreibens der Anlage über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, wie es der Antragsgegner hier angenommen hat, bzw. nach Stilllegung der Anlage der (letzte) Betreiber der Anlage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG verpflichtet ist, vorhandene Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Im konkreten Fall ist aber nicht ersichtlich, dass nach der Auflösung der Anlagenbetreiberin, der PH(...) GmbH, im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch ein Anlagenbetreiber vorhanden war, auf den der Antragsgegner hätte zurückgreifen können.
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Anlagenbetreiber ist derjenige, der die Anlage in seinem Namen, auf seine Rechnung und in eigener Verantwortung führt, d.h. derjenige, der unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter rechtlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Gegebenheiten bestimmenden Einfluss auf die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb der Anlage ausübt. Regelmäßig richtet sich die Möglichkeit des bestimmenden Einflusses nach den privatrechtlichen Verhältnissen an der Anlage, also danach, wer nach den zu Grunde liegenden Verhältnissen weisungsfrei und selbständig entscheiden kann. Eine Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse orientiert sich daran, wer berechtigt ist, aus der Anlage wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen und wer das wirtschaftliche Risiko trägt (OVG NW, Beschl. v. 27.11.2008 – 8 B 1476/08 –, DVBl 2009, 456 [457]. RdNr. 16 in Juris; vgl. auch BVerwG, Beschl.v. 22.07.2010 – 7 B 12.10 –. NVwZ-RR 2010, 759, RdNr. 15).
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Allein der Umstand, dass in einem Gesprächsprotokoll vom 26.07.2007 vermerkt wurde, aus Sicht des Antragsgegners sei „momentan“ die (…) Restaurierungs GmbH Betreiber der Anlage, lässt nicht den Schluss zu, dass diese GmbH auch noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung am 01.07.2011 die Anlage betrieb. Auch die Antragstellerin hat keine Tätigkeiten dieses Unternehmens benannt, die auf eine (spätere) Betreibereigenschaft schließen lassen könnten. Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen die Annahme der Antragstellerin, sie sei aufgrund der Einschätzung des Antragsgegners daran gehindert gewesen, einen neuen Pächter für das Betriebsgrundstück als Rechtsnachfolger des Anlagenbetreibers zu binden. Der Antragsgegner hat mit dieser Einschätzung ersichtlich keine Entscheidung darüber getroffen, dass die (...) Restaurierungs GmbH neuer Anlagenbetreiber sei.
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Nach § 15 KrWG ist zwar neben dem Abfallbesitzer auch der Erzeuger der Abfälle beseitigungspflichtig. Die Antragstellerin legt aber nicht dar, welche Person(en) nach Löschung der GmbH als Erzeuger der Abfälle im Sinne von § 3 Abs. 5 KrWG in Betracht gekommen wären. Im Übrigen ist das Einschreiten gegen den Zustandsstörer, der auch Inhaber der tatsächlichen Gewalt und wirtschaftlich leistungsfähig ist, jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unklar ist, ob und in welchem Umfang die Haftung anderer Personen in Betracht kommt (vgl. VGH BW, Urt. v. 18.12.2012 – 10 S 744/12 –, DVBl 2013, 594).
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2.3. Die Antragstellerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, der Antragsgegner sei mitverantwortlich für den rechtswidrigen Zustand, weil er trotz der von ihr gegebenen Hinweise auf die Überbestände und die unzulässigerweise gelagerten Abfallarten ein behördliches Eingreifen gegenüber der PH(...) GmbH abgelehnt habe.
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Es trifft schon nicht zu, dass der Antragsgegner gegenüber der PH(...) GmbH untätig blieb. Nach dem Hinweis der Antragstellerin vom 10.10.2006, dass der Umfang der erteilten Genehmigung überschritten werde, hörte der Antragsgegner die PH(...) GmbH am 24.10.2006 zu einer beabsichtigten Streichung einer zugelassenen Abfallart und einer Erhöhung der Sicherheitsleistung an, und unter Datum vom 27.02.2007 hörte er sie zum Erlass einer Beräumungsverfügung an. Danach schloss er am 03.04.2007 mit der PH(...) GmbH ein öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Beseitigung und Entsorgung der Ersatzbrennstoffe, Holzabfälle und Störstoffe. Nachdem sich die PH(...) GmbH auch an diesen Vertrag nicht gehalten hatte, erließ der Antragsgegner die Verfügung vom 26.09.2007, mit der er der PH(...) GmbH aufgab, die Behandlung und das Umschlagen von Abfällen ab sofort und bis zum Abschluss der Beräumung einzustellen und alle auf dem Betriebsgrundstück befindlichen Holzabfälle, hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle und Störstoffe zu beseitigen. In der Folgezeit fand offenbar auch eine Ersatzvornahme statt.
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Selbst wenn dem Antragsgegner ein zögerliches Handeln oder (anfängliche) Untätigkeit vorzuwerfen sein sollte, stünde dies der Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht entgegen. Fehlerhaftes behördliches Handeln oder behördliche Überwachungsdefizite beseitigen weder die grundsätzliche Verantwortlichkeit des Zustands- oder Verhaltensstörers noch begründen sie eine eigene Störerhaftung der Behörde (VGH BW, Urt. v. 18.12.2012, a.a.O., S. 597, RdNr. 53 in Juris, m.w.N.). Die Störerhaftung steht nicht unter dem Vorbehalt einer ordnungsgemäßen Überwachung durch die Behörde; vielmehr sind der Verursacher eines rechtswidrigen Zustandes und der Eigentümer einer störenden Sache völlig unabhängig von der Frage einer möglichen oder sogar gebotenen Kontrolle durch die zuständigen Behörden verpflichtet, den rechtswidrigen Zustand auf ihre Kosten zu beseitigen (VGH BW, Urt. v. 18.12.2012, a.a.O., S. 597, RdNr. 53 in Juris).
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2.4. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Antragstellerin, ihre Inanspruchnahme sei deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner zuvor auf die von der PH(...) GmbH erbrachte Sicherheitsleistung hätte zurückgreifen müssen. Dem Verwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass ein solcher Zugriff hier nach Lage der Dinge schon deshalb nicht in Betracht kam, weil die Sicherheitsleistung für Beseitigungs- und Entsorgungsmaßnahmen auf dem in Rede stehenden Gelände bereits verbraucht war. Unsubstantiiert bleibt der Einwand der Antragstellerin, der Kostenvoranschlag des Antragsgegners vom 15.06.2007 über einen Betrag von ca. 120.000,00 € sei falsch, tatsächlich hätten die Gesamtkosten nur 45.430,00 € betragen. Nach dem Schreiben des Antragsgegners an die PH(...) GmbH vom 24.10.2007 nebst beigefügter Kostenaufstellung betrugen die tatsächlichen Kosten der zwischen dem 20.08.2007 und dem 11.09.2007 durchgeführten Ersatzvornahme zur Beräumung der in der Halle gelagerten Ersatzbrennstoffe 243.918,57 €. Auf frühere Schätzungen kommt es nicht an.
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2.5. Wie die Antragstellerin aber zu Recht rügt, ist die streitgegenständliche Anordnung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts voraussichtlich deshalb ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil der Antragsgegner die aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Grenzen der Zustandshaftung des Grundstückseigentümers nicht hinreichend beachtet hat.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000 – 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 –, BVerfGE 102, 1 [19 ff.], RdNr. 54 ff.) kann die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers im Ausmaß dessen, was ihm zur Gefahrenabwehr abverlangt werden darf, begrenzt sein. Zur Bestimmung der Grenze dessen, was einem Eigentümer hierdurch an Kostenbelastungen zugemutet werden darf, kann als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dienen. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks. Er kann darüber hinaus nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu erhalten. Das Eigentum kann damit für ihn gänzlich seinen Wert und Inhalt verlieren. Mehr als einen Anhaltspunkt stellt der Verkehrswert allerdings unter anderem deshalb nicht dar, weil das individuelle Interesse des Eigentümers am Grundstück dessen Verkehrswert möglicherweise überschreitet.
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Da der Sachverständige Dipl.-Ing. L. D. in seinem Verkehrswertgutachten vom 28.01.2008 einen Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag 14.01.2008 in Höhe von 140.000,00 € ermittelte, die der Antragstellerin für die Beseitigung und Entsorgung der Abfälle entstehenden Kosten nach der Schätzung des Antragsgegners im Ausgangsbescheid ca. 670.000,00 € und der des Landesverwaltungsamts im Widerspruchsbescheid ca. 521.000,00 € betragen, spricht Überwiegendes dafür, dass die Zumutbarkeitsgrenze hier überschritten ist.
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b) Eine Kostenbelastung, die den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigt, kann allerdings zumutbar sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Eigentümer das Grundstück in Kenntnis von Altlasten, die von früheren Eigentümern oder Nutzungsberechtigten verursacht worden sind, erworben hat oder wenn er zulässt, dass das Grundstück in einer risikoreichen Weise genutzt wird, zum Beispiel zum Betrieb einer Deponie oder zur Auskiesung mit anschließender Verfüllung. Auch derartige Umstände sind bei der erforderlichen Abwägung schutzwürdiger Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit beachtlich. Wer ein solches Risiko bewusst eingeht, kann seiner Inanspruchnahme als Zustandsverantwortlicher nicht entgegenhalten, seine Haftung müsse aus Gründen des Eigentumsschutzes begrenzt sein. Denn das freiwillig übernommene Risiko mindert die Schutzwürdigkeit des Eigentümers. Die Zumutbarkeit kann ferner davon beeinflusst werden, ob der Eigentümer Vorteile aus dem Risiko – etwa durch einen reduzierten Kaufpreis oder einen erhöhten Pachtzins – erzielt hat (BVerfG, Beschl. v. 16.02.2000, a.a.O., RdNr. 59 f.).
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Der Vorinstanz ist zwar darin beizupflichten, dass die Verpachtung des Grundstücks der Antragstellerin zum Betrieb einer Abfallbeseitigungsanlage einen solchen „Risikofall“ darstellt. Die Inkaufnahme des Risikos kann die Antragstellerin nicht mit dem Einwand in Frage stellen, sie habe darauf geachtet, dass der Anlagenbetreiber behördlich die Hinterlegung eines Sicherungsmittels aufgegeben werde und habe davon ausgehen können, dass erforderliche Maßnahmen der Beräumung im Wege einer Ersatzvornahme auch im Insolvenzfall ihrer Pächterin gedeckt sein würden. Zutreffend weist der Antragsgegner darauf hin, dass in einer Genehmigung nur eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann, die sich an der genehmigten Abfallmenge und -art orientiert, Mengenüberschreitungen und die Lagerung nicht zugelassener Abfälle davon hingegen nicht erfasst werden können.
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c) Das Bundesverfassungsgericht hat in der oben zitierten Entscheidung (a.a.O., RdNr. 62) aber Folgendes klargestellt: Auch in Fällen, in denen eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus an sich zumutbar ist, kann sie nicht auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers bezogen werden. Dem Eigentümer ist nicht zumutbar, unbegrenzt für die Sanierung einzustehen, das heißt auch mit Vermögen, das in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück steht. Dagegen kann es zumutbar sein, Vermögen zur Sanierung einzusetzen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine funktionale Einheit darstellt, etwa wenn dieses Bestandteil eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes oder sonstigen Unternehmens ist. Dies gilt insbesondere für Grundvermögen, das zusammen mit dem sanierungsbedürftigen Grundstück eine solche Einheit bildet. Aber auch der Zugriff auf dieses sonstige Vermögen darf nur unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen. Wird auf Grund der mit der Sanierung verbundenen Kostenbelastung die Fortführung des Unternehmens oder Betriebs gefährdet, ist bei der Abwägung das in Art. 14 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes zu beachten, weil sich die Belastung für den Betroffenen faktisch wie eine Enteignung ohne angemessene Entschädigung auswirkt. Die völlige oder ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen. Ordnet die Verwaltung Sanierungsmaßnahmen an, so ist damit nach der einfachgesetzlichen Regelung die volle Tragung der Kosten durch den Pflichtigen verbunden. Ist die Kostenbelastung aber wegen fehlender Zumutbarkeit von Verfassungs wegen begrenzt, muss die Verwaltung auch über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen entscheiden.
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Fasst man diese Gesichtspunkte zusammen, ist eine Inanspruchnahme des Pflichtigen über den als Orientierungsgrenze geltenden Verkehrswert hinaus nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich (BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 7 C 22.03 –, BVerwGE 122, 75 [84 f.], RdNr. 24). Dies ist auch in den Fällen zu beachten, in denen es – wie hier – nicht unmittelbar um eine Sanierung des Grundstücks (durch Bodenaustausch o. ä.), sondern um seine Beräumung von darauf abgelagerten Abfällen geht; auch durch die Auferlegung einer derartigen Pflicht kann es zu einer unzumutbaren Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers durch die mit der angeordneten Maßnahme verbundene Kostenbelastung kommen (vgl. ThürOVG, Urt. v. 26.03.2012 – 3 KO 843/07 –, Juris, RdNr. 94). Auch wenn nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine den Verkehrswert des sanierten Grundstücks übersteigende Kostenbelastung zumutbar sein kann, bedeutet dies nicht, dass mangels einer „Opfersituation“ eine Haftungsreduzierung von vornherein ausscheiden würde. Die mit der Verpachtung des Grundstücks zum Zweck des Betreibens einer Abfallbeseitigungsanlage verbundene Risikoübernahme hat demnach nicht etwa zur Folge, dass die erforderliche Abwägung zwischen den schutzwürdigen Eigentümerinteressen mit den Belangen der Allgemeinheit unterbleiben könnte; vielmehr hat die Verwaltung eine Abwägungsentscheidung nach den dargestellten Maßstäben zu treffen. Zu prüfen ist insbesondere, ob und in welchen Grenzen es dem Grundstückseigentümer zugemutet werden kann, sein sonstiges Vermögen zur Sanierung in Anspruch zu nehmen, oder bis zu welcher Grenze eine Kostenbelastung zulässig ist (ThürOVG, Urt. v. 26.03.2012, a.a.O., RdNr. 96 f.).
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Die angefochtene Verfügung enthält keine diesen Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung. Der Antragsgegner stellte im Ausgangsbescheid keine Erwägungen hierzu an. Das Landesverwaltungsamt begnügte sich im Widerspruchsbescheid mit der Feststellung, die Antragstellerin habe mit der Verpachtung der Grundstücke an die PH(...) GmbH die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Risiken bewusst in Kauf genommen und im Gegenzug wirtschaftlichen Nutzen in Form von Pachteinnahmen erzielt, so dass die Kostenbelastung zumutbar sei. Die Widerspruchsbehörde befasste sich aber nicht mit der Frage, ob nach den oben dargestellten Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts angesichts der – deutlichen – Überschreitung des Verkehrswerts eine Kostenbegrenzung geboten ist, insbesondere ob die erzielten Pachteinnahmen so hoch waren, dass der Antragstellerin die volle Kostenbelastung zugemutet werden kann. Auch die vom Antragsgegner im Klageverfahren angestellten Erwägungen genügen nicht. Auch er hat im Schriftsatz vom 05.03.2013 auf die Risikoübernahme durch die Antragstellerin unter Hinweis auf einen monatlichen Pachtzins von 3.000,00 € verwiesen. Es ist indes nicht ersichtlich, dass die Pachteinnahmen so hoch waren, dass damit die über den Verkehrswert hinausgehende Kostenbelastung von mindestens etwa 380.000,00 € (annähernd) ausgeglichen werden könnte. Da das Mietverhältnis nach dem von der Antragstellerin vorgelegten Auszug aus dem Mietvertrag am 01.04.2005 begann und bis zum 31.12.2006 befristet war und nach den unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin wegen der nicht genehmigungskonformen Nutzung des Grundstücks gekündigt bzw. nicht verlängert wurde, dürften die Mieteinnahmen einen Betrag von 63.000,00 € nicht überschritten haben. Auch mit der Erwägung, dass die Antragstellerin seit Beendigung des Pachtverhältnisses keine relevanten Aktivitäten zur ordnungsgemäßen Entsorgung der Abfälle unternommen habe, dürfte sich eine Inanspruchnahme der Klägerin mit der vollen Kostenbelastung nicht rechtfertigen lassen.
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
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