Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (3. Zivilsenat) - 3 W 8/11

Auf die Beschwerde wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Bad Neuenahr vom 29. November 2011 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, über den Antrag der Beteiligten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind Miteigentümer der im Betreff genannten Wohnungseigentumsanlage. Jeder Miteigentumsanteil ist verbunden mit dem Sondereigentum an einer Eigentumswohnung sowie – im Regelfall – mit einem PKW – Stellplatz in einer Tiefgarage. Nach der gem. § 8 WEG vorgenommenen Teilungserklärung des früheren Eigentümers vom 28. März 1979 und der ihr korrespondierenden Eintragungsbewilligung vom 1. Juni 1979 gehört allerdings zu der Wohnungseigentumseinheit Nr. 12 kein Stellplatz. Der Stellplatz mit der Nr. 12 ist vielmehr gemäß der Teilungserklärung dem Sondereigentum zur Wohnung Nr. 66 zugeordnet. Tatsächlich wurde der Stellplatz Nr. 12 jedoch entgegen der Teilungserklärung und der Bewilligung irrtümlich als zum Sondereigentum der Wohnung Nr. 12 gehörend am 17. September 1979 in das Wohnungsgrundbuchblatt der Wohnungseigentumseinheit Nr. 12 eingetragen.

2

Die Wohnung Nr. 12 hatten der Beteiligte zu 3) und seine frühere Ehefrau 1979 erworben; sie wurden 1981 als hälftige Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. In dem dem Erwerb zugrundeliegenden schriftlichen Kaufvertrag war bei der Beschreibung der Wohnung die Passage „Abstellplatz in der Tiefgarage“ durchgestrichen. Auf Seite 4 des Kaufvertrages hieß es, dass „zu der Wohnung nur der Stellplatz Nr. 11“ gehöre (der Beteiligte zu 3) und seine damalige Ehefrau hatten auch die Wohnung Nr. 11 erworben, um diese mit der Wohnung Nr. 12 zusammenzulegen). Im Oktober 1979 wurden zwei Grundschulden zugunsten von Kreditgebern im Grundbuch eingetragen, die auch heute noch bestehen. 1992 erwarb der Beteiligte zu 3) im Rahmen eines Scheidungsverfahrens zunächst den hälftigen Anteil seiner damaligen Ehefrau und übertrug diesen im Jahr 2002 sodann an seine jetzige Ehefrau. In der notariellen Übertragungsurkunde vom 13. September 2002 ist der Übertragungsgegenstand bezeichnet als „Sondereigentum an der Wohnung im Hause 1, II. Obergeschoss Mitte, PKW – Abstellplatz in der Tiefgarage, Keller, im Aufteilungsplan mit Nr. 12 bezeichnet“.

3

Die Beteiligten zu 1) erwarben durch notarielle Urkunde vom 20. Januar 2010 von dem Beteiligten zu 2) den im Eingang bezeichneten, mit dem Sondereigentum an der Eigentumswohnung Nr. 66 verbundenen Miteigentumsanteil je zu 1/2. Nicht mit verkauft werden sollte dabei das – vermeintliche – Sondereigentum an dem Stellplatz Nr. 12, welches im angenommenen Eigentum des Beteiligten zu 2) verbleiben sollte. Im Zuge der Durchführung dieses Vertrages fiel sodann die Fehlbuchung des Stellplatzes bei der Wohnung Nr. 12 im Grundbuch auf.

4

Die Beteiligten zu 1) und 2) haben bei dem Grundbuchamt die Löschung der Eintragung des Sondereigentums an dem Stellplatz Nr. 2 auf dem Wohnungsgrundbuchblatt der Wohnung Nr. 12 beantragt sowie die Eintragung des Beteiligten zu 2) als Miteigentümer verbunden mit dem Sondereigentum an dem Stellplatz Nr. 12.

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Das Grundbuchamt hat die beantragten Eintragungen von einer Bewilligung der Beteiligten zu 3) sowie der eingetragenen Grundpfandgläubigerin abhängig gemacht und einen Amtswiderspruch im Grundbuch eingetragen.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2), der der Rechtspfleger nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

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1. Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO zulässig. Der Senat ist nach §§ 72, 81 Abs. 1 GBO für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig.

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2. Die Beschwerde führt auch in der Sache zu dem angestrebten Erfolg. Im Einzelnen gilt folgendes:

9

Nach § 19 GBO setzt die Löschung des für den Stellplatz Nr. 12 eingetragenen Sondereigentums der Beteiligten zu 3) im Grundbuch grundsätzlich deren Bewilligung sowie auch die Bewilligung der hierdurch ebenfalls in ihren Rechten betroffenen Grundpfandgläubiger voraus. Da es an dieser Bewilligung fehlt, kommt eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nur dann in Betracht, wenn das Grundbuch unrichtig ist und diese Unrichtigkeit nach § 29 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Dabei sind an einen solchen Unrichtigkeitsnachweis strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss er auch die sichere Feststellung ermöglichen, dass der Grundbuchstand, mag er auch ursprünglich falsch gewesen sein, nicht zwischenzeitlich richtig geworden ist, etwa durch einen gutgläubigen Erwerb des Rechts durch den Eingetragenen. Ein solcher Unrichtigkeitsnachweis ist hier geführt.

10

a) Das Grundbuch ist zunächst einmal nachgewiesen unrichtig, soweit es einen hälftigen Anteil des Beteiligten zu 3) an dem Sondereigentum betreffend den Stellplatz Nr. 12 ausweist. An dem Stellplatz Nr. 12 ist ursprünglich überhaupt kein Sondereigentum begründet worden. Für ein Sondereigentum des jeweiligen Eigentümers der Wohnung Nr. 12 fehlt es an der materiellrechtlich erforderlichen Erklärung nach § 8 Abs. 1 WEG, weil die Teilungserklärung das Sondereigentum hieran der Wohnung Nr. 66 zuordnet. Für ein Sondereigentum des Eigentümers der Wohnung Nr. 66 wiederum fehlt es an der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG konstitutiven Eintragung des Sondereigentums im Grundbuchblatt der Wohnung Nr. 66.

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b) Im Weiteren steht auch fest, dass der Beteiligte zu 3) nicht zwischenzeitlich das hälftige Sondereigentum an dem Stellplatz anderweitig erlangt hat. Eine Buchersitzung des Eigentums nach § 900 BGB scheidet jedenfalls deshalb aus, weil der Beteiligte zu 3) noch nicht 30 Jahre als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Ein gutgläubiger Erwerb des Sondereigentums nach § 892 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen sollte der Stellplatz Nr. 12 schon gar nicht Gegenstand des notariell beurkundeten Kaufvertrages aus dem Jahr 1979 und damit auch nicht Gegenstand der Auflassung sein. Der sachenrechtliche Erwerbstatbestand ist deshalb unabhängig vom Nichtentstehen des Sondereigentums und der insoweit unzutreffenden Grundbuchlage nicht erfüllt. Zum Anderen wussten der Beteiligte zu 3) und seine damalige Ehefrau auch aufgrund der Beschreibung des Kaufgegenstandes in der notariellen Kaufvertragsurkunde, dass der Stellplatz Nr. 12 nicht zum Sondereigentum der Wohnung Nr. 12 gehörte. Aus demselben Grund hat der Beteiligte zu 3) auch nicht gutgläubig den seiner früheren Ehefrau gehörenden Eigentumsanteil im Rahmen der Scheidungsvereinbarung erworben.

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c) Aber auch im Übrigen kann mittels der vorgelegten, öffentlich beglaubigten Urkunden ausgeschlossen werden, dass die Beteiligte zu 3) (die Ehefrau des Beteiligten zu 3) sowie die beiden Grundpfandrechtsgläubiger die für sie im Grundbuch eingetragenen Rechte betreffend den Stellplatz Nr. 12 gutgläubig nach § 892 BGB erworben haben. Zwar kommt grundsätzlich auch der gutgläubige Erwerb eines Miteigentumsanteils in Betracht (BGHZ 173, 71). Das im Grundbuch verlautbarte Sondereigentum an dem Stellplatz Nr. 12 oder beschränkt dingliche Rechte hieran können aber nicht gutgläubig erworben werden, weil es sich dabei um eine widersprüchliche und deshalb inhaltlich unzulässige Eintragung im Grundbuch handelt (vgl. BGH, NJW 1995, 2851). Dies ergibt sich aus Folgendem:

13

Die Eintragung im Grundbuch und die dort in Bezug genommene Eintragungsbewilligung standen nicht im Einklang. Das Grundbuch weist den Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 3) als denjenigen aus, der mit dem Sondereigentum an dem Stellplatz Nr. 12 verbunden ist; während die Eintragungsbewilligung den Bezug zum Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 1) verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 66 herstellt. Damit liegt ein nicht aufzulösender Widerspruch zwischen der Eintragung und der in Bezug genommenen Urkunden vor. Die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung nach § 7 Abs. 3 WEG und in diesem Zusammenhang auch auf die bauzeichnerische Darstellung (§ 7 Abs. 4 WEG) im Wohnungsgrundbuch dient nämlich, anders als die Bezugnahme bei Grundbucheintragungen nach § 874 BGB (vgl. für die Verwechslung des Belastungsgegenstandes (Grundstücks) bei der Eintragung einer Grunddienstbarkeit BayObLG, NJW-RR 1987, 789; Gursky in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2007, § 874, Rn 24) nicht nur der näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts, sondern gerade auch der näheren Bezeichnung seines Gegenstandes. Die Möglichkeit der Bezugnahme ist danach im Wohnungseigentum gegenüber dem allgemeinen Grundstücksrecht erweitert. Durch die Bezugnahme nach § 7 Abs 3 WEG ist auch die etwaige Beschreibung von Sondereigentumsbestandteilen nach § 5 Abs 1 WEG gedeckt (Staudinger, BGB, 13. Bearbeitung 2005, §7 WEG Rn 40). Somit wird alles, was in der Eintragungsbewilligung enthalten ist, durch die Bezugnahme auf sie zum Inhalt des Grundbuches und nimmt damit am öffentlichen Glauben teil (Bärmann/Pick, Wohnungseigentumsgesetz, 19. Aufl., § 7 Rn 23). Ist aber ein Widerspruch zwischen dem Grundbucheintrag einerseits und einer in Bezug genommenen Urkunde andererseits unauflöslich, insbesondere auch nicht durch Auslegung auszuräumen, so fehlt es schon an einer wirksamen Eintragung im Sinne von § 873 BGB, an welche sich der gutgläubige Erwerb erst anschließen kann (Kohler in MüKo/BGB, 5. Aufl., § 874, Rn 19; vgl. zum Widerspruch zwischen Teilungserklärung und Aufteilungsplan BGH NJW 1995, 2851; Gursky in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2008, § 892 , Rn 31).

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Scheidet somit ein gutgläubiger Erwerb des Sondereigentums an dem Stellplatz aus Rechtsgründen aus, ist das Grundbuch falsch und durch Löschung des Eintrags auf dem Wohnungsgrundbuchblatt der Wohnung Nr. 12 zu berichtigen. Im Weiteren ist der ursprüngliche Eintragungsantrag noch offen, soweit das Sondereigentum an dem Stellplatz Nr. 12 auf dem Wohnungsgrundbuchblatt der Wohnung Nr. 66 einzutragen ist, wodurch es erstmals zur Entstehung gelangen wird. Sodann stehen dem Eintragungsantrag der Beteiligten zu 1) und 2), soweit ersichtlich, keine Hindernisse entgegen.

15

3. Die Entscheidung ergeht nach § 131 Abs. 3 KostO gebühren- und auslagenfrei. Damit erübrigt sich auch die Festsetzung eines Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde.

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