Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (1. Strafsenat) - 1 Ws 28/18

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die Kostenentscheidung in dem Urteil der 5. Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 23. August 2017 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Kostenentscheidung wie folgt neu gefasst wird:

Der Verurteilte hat die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu tragen. Die Gebühr für das Revisionsverfahren wird jedoch um 40 % ermäßigt. Die durch die Revision verursachten notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen zu 40 % der Landeskasse zur Last. Die durch Ladung und Vernehmung der Zeugen K…, B… und S… entstandenen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft hat dem Verurteilten in der Anklageschrift vom 29. Juni 2015 Besitz einer Schusswaffe und von Munition in Tateinheit mit Überlassung einer Schusswaffe und von Munition zur Last gelegt. Der Tatvorwurf betraf einen Revolver der Kalibergruppe 38 mit mindestens 12 Patronen Munition. Das Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße hat den Verurteilten mit Urteil vom 17. Dezember 2015 von dem Tatvorwurf freigesprochen. In der Hauptverhandlung sind die Zeugen B…, K… und S… zum An- und Verkauf des Revolvers nebst Munition vernommen worden. Mit Verfügung vom 18. Dezember 2015 hat die Staatsanwaltschaft ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen den Verurteilten eingeleitet. Gegenstand dieses Verfahrens war der Verdacht, dass der Verurteilte zusammen mit dem in der Anklageschrift bezeichneten Revolver noch drei weitere Revolver von dem Zeugen S… erworben und bei sich zuhause aufbewahrt habe. Die gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Frankenthal (Pfalz) mit Urteil vom 13. Oktober 2016 verworfen. In der Hauptverhandlung ist erneut der Zeuge K… zu dem in der Anklageschrift bezeichneten Revolver und der Munition vernommen worden. Mit Urteil vom 10. März 2017 hat der Senat auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts aufgehoben, die den Freispruch tragenden Feststellungen aufrechterhalten, die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landgericht zurückverwiesen und die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft verworfen. Der Senat war der Auffassung, dass das Landgericht gegen seine Kognitionspflicht verstoßen habe, indem es seine Verhandlung und Entscheidung nicht auch auf die drei anderen Revolver erstreckt habe, sah es aber - im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft - nicht als rechtsfehlerhaft an, dass sich das Landgericht hinsichtlich des in der Anklageschrift bezeichneten Revolvers vom dem Vorliegen der für eine Schusswaffe erforderlichen Eigenschaften nicht hatte überzeugen können. Mit Urteil vom 23. August 2017 hat das Landgericht den Verurteilten wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Waffengesetz in drei tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen, verwarnt und die Verhängung einer Geldstrafe vorbehalten. Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen hat das Landgericht dem Angeklagten zu 75 % und die Landekasse zu 25 % auferlegt. Der Verurteilte hat gegen das Urteil Revision und gegen die Kostenentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt. Die Revision hat das Landgericht mit Beschluss vom 16. November 2017 als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat dagegen nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts beantragt. Die sofortige Beschwerde verfolgt er weiter.

II.

2

Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Frist des § 311 Abs. 2 Halbs. 1 StPO eingehalten. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 € (§ 304 Abs. 3 StPO). Der Verurteilte erstrebt eine Entlastung von den Verfahrenskosten und Gebühren seines Verteidigers für alle Verfahrensabschnitte bis zur Zurückverweisung der Sache durch den Senat. Allein die Auslagen für den Verteidiger betragen insoweit 2.570,46 €, die ihm nach der angefochtenen Entscheidung lediglich zu 25 % erstattet würden.

3

Dem Rechtsmittel ist aber der von dem Verurteilten erstrebte Erfolg zu versagen. Es besteht kein Anlass dafür, den Verurteilten in dem gewünschten Umfang von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen zu entlasten.

4

Allerdings kann die Kostenentscheidung dennoch keinen Bestand haben. Zwar ist eine Verteilung der Auslagen der Staatskasse und der notwendigen Auslagen der Beteiligten nach Bruchteilen gem. § 464d StPO möglich. Auch kann der Umfang der Verurteilung im Verhältnis zur Nichtverurteilung ein Umstand sein, der bei der Quotelung zu berücksichtigen ist (Hilger, LR, StPO, § 464 d, Rn. 8). Wenn aber ein Verfahren - wie hier - lediglich eine prozessuale Tat betrifft, ist zu berücksichtigen, dass den Verurteilten im Falle seiner Verurteilung gem. § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich die Pflicht trifft, die Verfahrenskosten zu tragen und eine Erstattung seiner notwendigen Auslagen nicht in Betracht kommt. Dies ist auch hinzunehmen, weil sich weder die Verfahrenskosten noch die Gebühren des Verteidigers an dem Gewicht der Tat, dem Schuldumfang oder Höhe der Strafe orientieren. Der vorliegenden Konstellation wird eine Quotelung, die sich daran orientiert, dass der Verurteilte vier Waffen besaß, der Besitz aber nur hinsichtlich drei dieser Schusswaffen strafbar war, deshalb nicht gerecht.

5

Das Beschwerdegericht ist bei seiner Entscheidung an die Feststellungen des Landgerichts gebunden (§ 464 Abs. 3 Satz 2 StPO). Es darf allerdings auch dann, wenn das Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung die Revision ist, für die Kostenentscheidungen ergänzende Feststellungen treffen, wenn die Sache einfach liegt und sich die maßgeblichen Tatsachen aus dem Akteninhalt zweifelsfrei ergeben (BGHSt 26, 29, 33). Das Verschlechterungsverbot gilt für die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung nicht (KG Berlin, Beschluss vom 07. Juni 2012, 1 Ws 16/12, Rn. 5; OLG Köln, Beschluss vom 24. Februar 2012, III-2 Ws 95/12, Rn. 18; juris).

6

Die für die Kostenentscheidung maßgeblichen Tatsachen sind der Verfahrensablauf und der Einfluss der erhobenen Beweise auf die Entscheidung. Diese Umstände sind dem Akteninhalt zweifelsfrei zu entnehmen. Deshalb kann der Senat der Kostenentscheidung selbst treffen.

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Grundsätzlich fallen dem Verurteilten gem. § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO die Verfahrenskosten zur Last. Er ist wegen der von der Anklage erfassten prozessualen Tat verurteilt worden. Allerdings war - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - die Revision der Staatsanwaltschaft nur teilweise erfolgreich. Die Staatsanwaltschaft wollte mit ihrem Rechtsmittel die Aufhebung der dem freisprechenden Urteil zugrundeliegenden Feststellungen erreichen; insoweit blieb ihrer Revision der Erfolg versagt. Deshalb ist gem. § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO die Gebühr für das Revisionsverfahren zu ermäßigen. Ein Anteil von 40 % erscheint angemessen, weil dem Verurteilten hinsichtlich des betroffenen Revolvers nicht nur Waffenbesitz, sondern auch Abgabe einer Waffe vorgeworfen worden ist. In gleichem Umfang sind gem. § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse aufzuerlegen. Diese hat gem. § 465 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 StPO auch die durch Ladung und Vernehmung der Zeugen K…, B… und S… entstandenen Auslagen zu tragen. Diese Zeugen wurden durch das Amtsgericht und der Zeuge K… auch nochmals durch das Landgericht ausschließlich zu dem in der Anklageschrift bezeichneten Revolver vernommen. Hinsichtlich des Besitzes und der Abgabe dieser Waffe ist aber kein strafbares Verhalten des Verurteilten festgestellt worden. Ausscheidbare notwendige Auslagen sind dem Verurteilten insoweit nicht entstanden. Insbesondere haben sich durch die Vernehmung dieser Zeugen die Auslagen für seinen Verteidiger nicht erhöht. Sowohl die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht als auch die erste Hauptverhandlung vor dem Landgericht haben jeweils an einem Tag über nicht mehr als fünf Stunden stattgefunden.

8

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat gem. § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO der Verurteilte zu tragen. Sein Rechtsmittel ist erfolglos geblieben. Er hat das Ziel seiner Beschwerde nicht erreicht; durch die Änderung der Kostenentscheidung wird er nicht bessergestellt.

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