Beschluss vom Sozialgericht Karlsruhe - S 10 P 1232/15

Tenor

1. Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts C. vom 20.03.2015 - Geschäftsnummer ... - mit der Maßgabe, dass der Beklagte der Klägerin für rückständige Beiträge zur privaten Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.11.2014 statt eines Betrages von 77,44 EUR lediglich einen Betrag von 63,74 zu bezahlen hat, erledigt.

2. Der Beklagte trägt die Gerichtskosten des Mahnverfahrens.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

 
Auf Antrag der Klägerin - einem privaten Pflegeversicherungsunternehmen - war in entsprechender Anwendung des § 102 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Wirkung des angenommenen Anerkenntnisses durch Beschluss auszusprechen (vgl. auch BSG, Urteil vom 27.11.1980, 5 RKn 11/80) und gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Beklagte - als Versicherungsnehmer der Klägerin - die Kosten des Mahnverfahrens, jedoch keine außergerichtlichen Kosten, zu erstatten hat (vgl. auch zum Erfordernis einer Kostenentscheidung bei einem Vollstreckungsbescheid Toussaint, in: Beck´scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.03.2015, § 343 ZPO, Rn. 5).
Nach Erledigung des Rechtsstreits entscheidet das Gericht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung wird unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen getroffen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, neben dem voraussichtlichen Ergebnis des Rechtsstreits aufgrund einer Würdigung des bisherigen Sach- und Streitstandes auch die Frage, wer Anlass zur Klage gegeben hat. Dabei kann auch auf den tatsächlichen äußeren Verfahrensausgang abgestellt, also dem Beteiligten die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, der das erledigende Ereignis herbeigeführt hat. Verzichtet also der Kläger aus freien Stücken auf die Durchführung des Rechtsstreites, spricht dies dafür, ihn mit den Kosten zu belasten. Hat der Beklagte durch Erfüllung des Klagebegehrens die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt, spricht dies hingegen dafür, ihm die Kosten aufzuerlegen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 193 SGG, Rn. 13b).
Nach Einlegung eines Einspruchs des Beklagten am 02.04.2015 gegen den Vollstreckungsbescheid vom 20.03.2015 - Geschäftsnummer … - leitete das Amtsgericht C. das Verfahren an das vorliegend erkennende Gericht mit Eingang bei diesem am 14.04.2015 weiter. Dem Begehren der Klägerin im Zusammenhang mit der Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegeversicherung mit einer teilweisen Erledigterklärung der Hauptforderung ihrerseits mit Schreiben vom 11.05.2015 in Höhe von 13,70 EUR ist der Beklagte insoweit nachgekommen, als er dem Gericht gegenüber am 11.06.2015 den Anspruch anerkannt hat.
Dem am 11.06.2015 beim Amtsgericht C. und von diesem nach Weiterleitung an das erkennende Gericht bei diesem am 22.06.2015 eingegangenen Beklagtenschreiben vom 09.06.2015, mit welchem der Beklagte den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid vom 20.03.2015 zurückgenommen hat, kommt im Übrigen vor diesem Hintergrund keine darüber hinaus gehende Bedeutung zu und vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Zumal die Akten bereits am 14.04.2015 beim Sozialgericht eingegangen sind und gemäß § 182a Abs. 2 SGG mit dem Eingang der Akten beim Sozialgericht nach den Vorschriften des SGG zu verfahren ist. Denn dem SGG ist eine entsprechende Regelung über die Rücknahme eines Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid nicht zu entnehmen. Vielmehr spricht die Existenz des § 182a Abs. 1 Satz 3 SGG, wonach der Widerspruch gegen den Mahnbescheid zurückgenommen werden kann, solange die Abgabe an das Sozialgericht nicht verfügt ist, sogar gegen diese Möglichkeit. Denn zum einen hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit einer Rücknahme einer Einwendung gegen eine Entscheidung im Mahnverfahren getroffen und diese zum anderen auch noch auf den Zeitraum vor der Abgabe an das Sozialgericht beschränkt. Die Möglichkeit der Rücknahme eines Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid würde daher im klaren Widerspruch hierzu stehen. Mithin sollten die Sozialgerichte nach dem SGG vorgehen und nicht Aufgaben der Mahn- bzw. Zivilgerichte beispielsweise entsprechend dem § 699 Abs. 1 Satz 3 Zivilprozessordnung (ZPO) - wonach das Gericht den Vollstreckungsbescheid erlässt, an das der Rechtsstreit bereits abgegeben wurde - wahrnehmen. Letztlich steht dies auch im Einklang mit den gesetzgeberischen Erwägungen (vgl. auch BT-Drucksache 13/0609, S. 13).
In Fällen wie dem vorliegenden, in denen dem Gerichtsverfahren ein Mahnverfahren vor dem Amtsgericht vorausgegangen ist, entscheidet das Gericht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Entsprechend der Gesetzesbegründung ist diese Vorschrift jedoch dergestalt einschränkend zu verstehen, dass es in ihr nur um die Tragung der Kosten eines vorangegangenen Mahnverfahrens geht (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004, B 12 P 2/03 R; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 31.01.2008, 1 BvR 1806/02).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze entspricht es nach Auffassung der Kammer billigem Ermessen, dass der Beklagte im vorliegenden Falle die Gerichtskosten des Mahnverfahrens zu tragen hat. In Anbetracht des vom Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses hinsichtlich des klägerischerseits geltend gemachten Anspruchs erachtet die Kammer weitere Ausführungen hierzu für entbehrlich.
Gemäß § 193 Abs. 4 SGG sind jedoch die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 SGG genannten Gebührenpflichtigen - zu denen auch die Klägerin als privates Pflegeversicherungsunternehmen gehört - nicht erstattungsfähig.
Dieser Beschluss ist hinsichtlich des Tenors zu 1. nach § 102 Abs. 3 Satz 2 SGG in entsprechender Anwendung unanfechtbar und ist gegen den Beschluss im Übrigen gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG die Beschwerde ausgeschlossen.

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