Beschluss vom Sozialgericht Magdeburg (7. Kammer) - S 7 AS 2974/16 ER

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat keine notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller sowie die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Partnerin und zwei Kinder begehrt von dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten für den Neubau einer Heizungsanlage.

2

Der 1972 geborene Antragsteller schloss mit seiner Lebenspartnerin Frau J. H. am 31.07.2015 einen Kaufvertrag über ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus. Ausweislich dieses Kaufvertrages handelt es sich bei dem Kaufgegenstand um ein Eigenheim in einem gebrauchten sanierungsbedürftigen Zustand. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt dieses Vertrages wird auf Bl. 82 bis 88 a der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

3

Mit Antrag vom 14.03.2016 begehrte der Antragsteller die Bewilligung für den Austausch der defekten Heizungsanlage.

4

Mit Bescheid vom 19.04.2016 lehnte der Antragsgegner die Gewährung eins Zuschusses zum Austausch der Heizung ab, da ausweislich der von dem Antragsteller eingereichten Angebote für die Installation einer neuen Heizungsanlage die Kosten einen möglichen Zuschuss in Höhe von 1.487,78 EUR übersteigen würden. Insgesamt könne eine Übernahme der Kosten in Höhe von mindestens 6.718,43 EUR ausweislich eines Kostenvoranschlages nicht übernommen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt des Bescheides wird auf Bl. 219 und 220 der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

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Auf den Widerspruch des Antragstellers erließ der Antragsgegner den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 29.04.2016 und führte zur Begründung weiter aus, dass der Antragsteller ein sanierungsbedürftiges Haus gekauft habe und daher auch entsprechende Eigenmittel habe einplanen müssen um die Bewohnbarkeit eines solchen Hauses zu gewährleisten. Die weiteren Sanierungen des erworbenen Hauses können nicht zu Lasten der Allgemeinheit erfolgen. Es handele sich insoweit nach Auffassung des Antragsgegners nicht mehr um Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 2 SGB II. Zu den weiteren Einzelheiten zum Inhalt des Widerspruchsbescheides wird auf Bl. 237 bis 241 der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

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Mit seinem am 05.07.2016 bei Gericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller die Übernahme der Kosten für den Austausch der Heizungsanlage. Er ist der Auffassung, dass die Kosten zu übernehmen seien, da es sich bei der Heizungsanlage auch um einen wesentlichen Bestandteil des Grundstückes gemäß § 94 Abs. 2 BGB handeln würde. Der Austausch würde auch nicht zu einer Wertsteigerung führen sondern es handele sich um eine Gebäudereparatur.

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Weiter behauptet der Antragsteller, dass bereits Sanierungsarbeiten im Gesamtaufwand von über 10.000,00 EUR erfolgt seien. Zudem seien auch noch weitere Sanierungsarbeiten mit einem Wert von über 1.500,00 EUR geplant. Bei Erwerb des Hauses im Juli 2015 sei die dort befindliche Heizungsanlage, welche im Jahre 2000 eingebaut worden sei, funktionstüchtig gewesen.

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Zwischenzeitlich sei auch ein besonderes Eilbedürfnis gegeben, da die Außentemperaturen sinken und nunmehr die Heizperiode begonnen habe.

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Ein Darlehen sei zwar angeboten worden jedoch nicht in Höhe der Kosten für den Austausch des Kessels. Dem entsprechend käme die Beanspruchung eines Darlehens nicht in Betracht.

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Der Antragsteller beantragt wohl schriftsätzlich, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für den Austausch der Heizungsanlage zu übernehmen.

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Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich, den Antrag zurückzuweisen.

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Zur Begründung führt der Antragsgegner aus, dass nach seiner Auffassung weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben sei. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Austausch der Heizungsanlage sei nicht gegeben, da der Antragsteller ausweislich des Kaufvertrages ein sanierungsbedürftiges Eigenheim erworben habe. Dem entsprechend hätte der Antragsteller bereits bei Erwerb des Eigenheimes entsprechende Rückstellungen zur Sanierung bilden müssen. Zudem ergebe sich aus dem Vorbringen des Antragsstellers, dass offensichtlich bereits diverse Kosten von über 10.000,00 EUR in die Sanierung investiert worden seien und somit offenbar Mittel für eine Sanierung der Heizungsanlage vorhanden gewesen wären. Ebenfalls sei es nicht Aufgabe der Allgemeinheit die Erneuerungsarbeiten für eine sanierungsbedürftige Immobilie zu übernehmen.

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In einem persönlichen Gespräch mit dem Antragsteller am 19.04.2016 habe dieser zudem grundsätzlich die Gewährung eines Darlehens abgelehnt. Abschließend weist der Antragsgegner darauf hin, dass ein möglicher Zuschussbetrag in Höhe von 1.487,78 EUR vorliegend ausscheide, da die Kosten für den Austausch des Kessels diesen Betrag erheblich übersteigen würde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Beteiligtenvorbringen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

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Der Antrag ist zulässig jedoch nicht begründet.

16

Gemäß § 86 b SGG kann das Gericht auf Antrag einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf einen Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.

17

Eine solche Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sowie das Vorliegen eines Anordnungsanspruches voraus. Demgemäß ist sowohl die Frage der Eilbedürftigkeit als auch der materiell rechtliche Anspruch zu prüfen. Die Angaben dazu sind glaubhaft zu machen.

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Grundsätzlich besteht zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch eine Wechselbeziehung der Gestalt, dass an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes insbesondere dann weniger Anforderungen zu stellen sind, wenn sich bei Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 12.05.2005) das Obsiegen in der Hauptsache als sehr wahrscheinlich darstellt. Sind jedoch dem gegenüber die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund, das heißt der besonderen Eilbedürftigkeit, eine größere Bedeutung zu.

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Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ergibt sich in dem vorliegenden Verfahren, dass der Antragsteller zunächst weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht hat. Zudem ergibt sich aus dem bisher von dem Antragsteller vorgetragenen Sachverhalt, das ein Anordnungsanspruch, das heißt eine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Kosten des Austausches der defekten Heizungsanlage gegeben ist.

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Gemäß § 22 Abs. 2 SGB II in der aktuellen Fassung werden als Bedarf für die Unterkunft auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohnten Wohneigentum anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauf folgenden 11 Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Soweit unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1 übersteigen können diese Aufwendungen als Darlehen erbracht werden.

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Entsprechend der gesetzlichen Bestimmung des § 22 Abs. 2 SGB II ist vorliegend zunächst festzustellen, dass der Austausch der von dem Antragsteller begehrten Heizungsanlage den angemessenen Bedarf übersteigen. Dem entsprechend durfte vorliegend zunächst zutreffend der Antragsgegner allenfalls die Gewährung eines Darlehens prüfen. Dies führt in dem konkreten Fall dazu, dass vorliegend dem Antragsteller auch ein Darlehen bzw. die Kosten des Austausches für die Heizungsanlage nicht zu gewähren waren, da diese Kosten zum Einen unangemessen sind und zum Anderen der Antragsteller ausweislich des eigenen Sachvortrages im Juli 2015 ein sanierungsbedürftiges Eigenheim erworben hat. Dies hat zur Folge, dass bereits bei Erwerb des Eigenheims durch den Antragsteller und seiner Lebenspartnerin klar war das diverse Kosten für die Sanierung und Instandhaltung des Eigenheims auf den Antragsteller zukommen dürften. Weiter hat der Antragsteller unbestritten vorgetragen, dass er bereits offenbar über 10.000,00 EUR in die Sanierung des Eigenheims investiert hat. Soweit der Antragsteller dazu vorträgt, dass bei Erwerb des Eigenheims die dort eingebaute Heizungsanlage aus dem Jahre 2000 funktionstüchtig war, ist es für die Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Belang. Maßgebend ist vielmehr, dass vorliegend bereits bei Erwerb dieses Eigenheims ersichtlich war, dass diverse Eigenmittel zur Sanierung und Instandhaltung dieses Eigenheimes von dem Käufer d. h. dem Antragsteller zu investieren waren. Dem entsprechend waren bereits bei Erwerb der Immobilie offensichtlich unangemessene Kosten der Unterkunft angefallen.

22

Da der der Erwerb der Immobilie erst im Juli 2015 erfolgte und eine Antragstellung auf Leistungen zur Grundsicherung durch den Antragsteller und seine Lebenspartnerin im Januar 2016 erfolgte ergibt sich vorliegend für die Kammer, dass offensichtlich der Erwerb der Immobilie im Juli 2015 die vorhandenen Mittel des Antragstellers und seiner Lebenspartnerin überstiegen haben und somit unwirtschaftlich war. Dies ergibt sich auch daraus, dass sowohl der Antragsteller als auch seine Lebenspartnerin einer selbständigen Tätigkeit nachgehen. Und somit schon aus diesem Grund auch eine unsichere Einnahmesituation bei dem Antragsteller und seiner Lebenspartnerin besteht.

23

Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände kommt vorliegend die Kammer zu dem Ergebnis, dass die derzeitige finanzielle Situation des Antragstellers im Ergebnis selbst verschuldet ist und die Finanzierung der defekten Heizungsanlage in einem erworbenen sanierungsbedürftigen Eigenheim nicht zu Lasten der Allgemeinheit finanziert werden kann.

24

Im Ergebnis hat der Antragsgegner auch zutreffend die Gewährung eines Darlehens abgelehnt. Gemäß § 22 Abs. 2 SGB II handelt es sich bei der Gewährung eines Darlehens auch um eine Ermessensentscheidung. Seitens des Antragsgegners sind vorliegend bei Prüfung des Sachverhaltes aus den bereits oben genannten Gründen Fehler bei der Ermessensausübung nicht zu erkennen. Wie bereits ausgeführt, hat der Antragsteller ein offensichtlich stark sanierungsbedürftiges Eigenheim im Juli 2015 erworben und nach Angaben des Antragstellers bereits über 10.000,00 EUR in die Sanierung dieses Eigenheimes gesteckt. Aus den Angaben des Antragstellers ergibt sich im Übrigen nicht, woher die von ihm benannten 10.000,00 EUR in die Sanierung dieses Eigenheims stammen.

25

Die Gewährung eines Darlehens bei insgesamt unangemessenen Kosten der Unterkunft ist eine Abwägung der Gestalt vorzunehmen, dass das Interesse des Leistungsberechtigten, vorliegend des Antragstellers, an der Beibehaltung seines Lebensmittelpunktes den Interessen der Allgemeinheit d. h. des Steuerzahlers abzuwägen.

26

Wie bereits mehrfach ausgeführt, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ein offensichtlich stark sanierungsbedürftiges Eigenheim erworben hat mit der Folge, dass bereits dem Antragsteller bei Erwerb des Eigenheims bekannt war das erhebliche Mittel in die Sanierung dieses Eigenheimes gesteckt werden müssen. Dem entsprechend ist dem Antragsteller auch vorzuhalten, dass entsprechende Mittel auch für die Reparatur einer Heizungsanlage als wesentlicher Bestandteil des Eigenheimes vorgehalten werden. Dies ist offensichtlich seitens des Antragstellers nicht erfolgt. Vielmehr sind offenbar vorhandene finanzielle Mittel in andere Sanierungsarbeiten gesteckt worden. Nun kann ist aber, wie bereits auch mehrfach ausgeführt, nicht Aufgabe der Allgemeinheit sein weitere defekte Anlagen durch Steuern zu finanzieren.

27

Im Übrigen hat es der Antragsteller ausdrücklich abgelehnt, dass ihm für den Austausch der Heizungsanlage ein Darlehen zu gewähren wäre. Die Zahlung der Kosten für den Austausch der defekten Heizungsanlage, oder aber auch nur die Gewährung eines Zuschusses, scheidet vorliegend aus den genannten Gründen aber aus.

28

Soweit nunmehr unstreitig wieder die Heizungsperiode bei Erlass der vorliegenden Entscheidung begonnen hat, überwiegt jedoch vorliegend bei Abwägen der Umstände des Einzelfalls, dass ein Anordnungsanspruch nicht gegeben ist für die Übernahme der Kosten des Austausches der Heizungsanlage.

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Zudem ist im Übrigen das bisherige Vorbringen des Antragstellers zu einem Anordnungsanspruch und auch zum Anordnungsgrund bisher nicht glaubhaft gemacht worden.

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Im Ergebnis war daher vorliegend der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Übernahme der Kosten für den Austausch einer defekten Heizungsanlage abzulehnen, da insbesondere ein Anordnungsanspruch für die Übernahme der Kosten auch nur im Wege eines Darlehens nicht gegeben sind.

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Der Antrag war daher in vollem Umfang zurückzuweisen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, der auch auf das Verfahren nach § 86 b SGG anzuwenden ist.


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