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| Die Entscheidung kann gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten mit dieser Verfahrensweise ihr Einverständnis erklärt haben. |
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| Die Klage ist abzuweisen, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet ist. |
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| Die form- und fristgerecht beim sachlich und örtlichen zuständigen Sozialgericht Reutlingen erhobene Klage ist zulässig. |
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| Dem steht nicht entgegen, dass der Widerspruch vom 01.07.2011 lediglich von der Klägerin zu 1) erhoben worden ist. Insoweit kommt dem Kläger zu 2) nämlich die Vermutungsregelung des § 38 S. 2 SGB II zugute. Die Verfolgung eines Antrages i.S.v. § 38 SGB II umfasst auch die Erhebung des Widerspruchs (Eicher/Spellbrink/Link, SGB II, 2. Auflage, München 2008, § 38, Rn. 18 m.w.N.). Der Widerspruch wirkt damit auch für den Kläger zu 2). |
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| Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Den Klägern steht kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II zu. Die angefochtene Entscheidung des Beklagten erweist sich nach Änderung vom 28.07.2011 als rechtmäßig. Die Kläger werden hierdurch nunmehr nicht mehr in ihren Rechten verletzt. |
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| Gegenstand der Klage bildet der Änderungsbescheid vom 10.06.2011 geändert durch die Bescheide vom 12.07.2011 und 28.07.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.07.2011. Die beiden Bescheide vom 12. und 28.07.2011 sind gem. §§ 86 analog, 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden sind. |
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| Gegenstand der Klage sind nach dem im Rahmen Dispositionsmaxime (§ 123 SGG) gestellten Antrages lediglich die Regelleistungen und die Kosten der Unterkunft. Nicht (mehr) Gegenstand des Rechtsstreits ist die zunächst auch bemängelte Aufrechnung des Beklagten in Höhe von 29,10 EUR monatlich. Hierbei handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand, insoweit wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Aufrechnung stellt eine eigenständige Verfügung bzw. Verwaltungsakt dar und ist damit isoliert anfechtbar. |
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| Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. |
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| Die Kläger haben dem Grunde nach - worüber die Beteiligten zu Recht nicht streiten - zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 7 SGB II (jeweils in der ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung). Beide Kläger haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, sind erwerbsfähig und hilfebedürftig und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. |
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| Die Kläger haben gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis zum 30.11.2011 einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in Höhe von monatlich insgesamt 349 EUR, die Klägerin hat einen Anspruch auf eine Regelleistung in Höhe von 364 EUR gem. § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II, der Kläger zu 2) in Höhe von 291 EUR (§ 22 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II). Bei der Klägerin zu 1) ist ihr Einkommen aus der Rente aufgrund eines Arbeitsunfalls (Bl. 33 der Verwaltungsakte) in Höhe von 157,91 EUR gem. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II abzuziehen, wobei die Versicherungspauschale in Höhe von 30 EUR gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (AlG II-VO; jeweils in der ab dem 03.05.2011 und 01.07.2011 geltenden Fassung) i.V.m. § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II ebenfalls vom Beklagten in Ansatz gebracht worden ist. |
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| Durch den Änderungsbescheid vom 28.07.2011 ist insbesondere das Einkommen des Klägers zu 2) aus dem FSJ bei der Leistungsbewilligung richtig angerechnet worden. |
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| Es handelt sich bei dem Einkommen des Klägers zu 2) aus dem FSJ um zu berücksichtigendes Einkommen gem. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II. Dass dieses Einkommen anzurechnen ist, ergibt sich insbesondere aus § 4 S. 1, 2 Nr. 4 AlG II-VO. Dort ist nämlich geregelt, dass für die Berechnung von Einnahmen aus Freiwilligendienstverhältnissen § 2 entsprechend anwendbar ist. § 1 Abs. 2 Nr. 13 AlG II-VO bestimmt außerdem, dass ein Teil des Taschengeldes aus dem Jugend- und Bundesfreiwilligendienstes nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Wären die Einkünfte aus dem FSJ von vornherein nicht berücksichtigungsfähig, hätte es dieser Vorschriften nicht bedurft. |
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| Insbesondere handelt es sich nicht um eine zweckbestimmte Einnahme gem. § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II. Demnach ist Einkommen anrechnungsfrei, wenn es anderen Zwecken als den der Leistungen des SGB II dient. Das Einkommen des Klägers zu 2) setzt sich aus Taschengeld, Wohngeld und Verpflegungskosten zusammen. Taschengeld und Verpflegungskosten sind die typischen Anwendungsfälle der Regelleistung i.S.v. § 20 Abs. 1 SGB II, Wohngeld ist die typische Leistung nach § 22 SGB II. Das Einkommen ist daher nicht privilegiert (vgl. SG Düsseldorf, Urteil vom 04.07.2008, Az. S 25 AS 74/07, bei Juris Rn. 19), es dient demselben Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II. |
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| Das Einkommen ist auch nicht nach § 11a Abs. 4 SGB II privilegiert, da es keine Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege darstellt. Das würde nämlich voraussetzen, dass die Zuwendung einem anderen Zweck als die Leistung nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen würde, dass daneben Leistungen nach dem SGB II gerechtfertigt wären. Die Leistungen dienen aber gerade dem Zweck des SGB II. |
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| Auch hat der Beklagte den Freibetrag gem. § 1 Abs. 1 Nr. 13 AlG II-VO in Höhe von 60 EUR monatlich durch die Änderungsbescheide vom 28.07.2011 in Abzug gebracht, indem das Einkommen von 355 EUR auf 295 EUR reduziert worden ist. |
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| Weitere Freibeträge, insbesondere wegen Erwerbstätigkeit, sind nicht zu gewähren. Das FSJ stellt keine Erwerbstätigkeit dar, sondern dient der Gemeinnützigkeit. Es wird gerade kein Arbeitsentgelt, sondern ein Taschengeld gezahlt. Das FSJ stellt nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements dar. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 JFDG sind diejenigen Personen Freiwillige, die den Dienst ohne Erwerbsabsicht leisten. Nr. 3 knüpft weiter daran an, dass die Personen für den Dienst nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung sowie ein angemessenes Taschengeld oder anstelle von Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung entsprechende Geldersatzleistungen erhalten dürfen. Schon hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Dienst gerade nicht als Erwerbstätigkeit ansehen wollte. § 1 Abs. 1 S. 3 JFDG erläutert, dass die Förderung nach diesem Gesetz dazu dient, die mit der Ableistung des Jugendfreiwilligendienstes verbundenen Härten und Nachteile abzumildern. Hier wird deutlich, dass sich der Gesetzgeber bewusst gewesen ist, dass die Ableistung des FSJ dem Freiwilligen gewisse Opfer abverlangt. Eine Einstufung als Erwerbstätigkeit würde dazu führen, dass neben dem Erwerbstätigenfreibetrag der Freibetrag nach § 1 Abs. 1 Nr. 13 AlG II-VO gewährt werden müsste und sich daraus sogar eine Besserstellung des FSJ gegenüber einer Erwerbstätigkeit ergäbe. Das aber war nicht gewollt. |
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| Eine analoge Anwendung der Freibetragsregelungen kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ziel der Freibetragsregelungen ist es, dem Hilfebedürftigen einen finanziellen Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen. Ein derartiges Ziel kann für das FSJ als bürgerschaftliches Engagement gerade nicht angenommen werden. Das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten sieht in § 10 vor, wie das FSJ gefördert werden kann. Das SGB II ist dort nicht erwähnt. Auch wenn die Teilnahme von Jugendlichen an diesen Diensten besonders lobenswert ist, muss berücksichtigt werden, dass es eben nicht mit einer Erwerbstätigkeit gleichzusetzen ist, die das SGB II aber anstrebt. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Es ist dabei zu berücksichtigen gewesen, dass der Beklagte den Betrag nach § 1 Abs. 1 Nr. 13 AlG II-VO erst nach Klageerhebung in Ansatz gebracht hat. |
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