Urteil vom Sozialgericht Stralsund (3. Kammer) - S 3 KR 218/18

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger Krankengeld über den 26. Januar 2018 hinaus bis zum 4. Februar 2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte ist verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

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Streitig ist die Zahlung von Krankengeld – hier ein Ruhen des Krankengeldanspruchs vom 27. Januar bis zum 4. Februar 2018 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 des Fünften Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

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Der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger bezog laufend Krankengeld. Zuletzt zahlte die Beklagte Krankengeld unter Berücksichtigung der ärztlicherseits am 14. Dezember 2017 bis voraussichtlich 26. Januar 2018 (Freitag) festgestellten Arbeitsunfähigkeit bis zu diesem letztgenannten Termin. Am 29. Januar 2018 (Montag) stellte der behandelnde Neurochirurg Dr. Scholz eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 23. Februar 2018 fest. Ausweislich des auf dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung befindlichen Eingangsvermerks, ging diese Bescheinigung bei der Beklagten am 6. Februar 2017 ein. Zuvor hatte der Kläger bereits am 5. Februar 2018 der Beklagten im Rahmen einer telefonischen Nachfrage zur fehlenden Auszahlung des Krankengeldes mitgeteilt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 29. Januar 2018 an die Krankenkasse geschickt worden sei.

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Mit Bescheid vom 2. März 2018 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Krankengeldanspruch für die Tage vom 27. Januar 2018 bis 4. Februar 2018 ruhen würde, weil die ärztliche Bescheinigung über die weitere Arbeitsunfähigkeit über den 26. Januar 2018 hinaus bei der Beklagten erst am 5. Februar 2018 eingegangen sei.

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Hiergegen erhob der Kläger am 6. März 2018 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache sowie mit Schreiben vom 12. März 2018 Widerspruch mit der Begründung, dass seine Ehefrau am 30. Januar 2018 den AU-Schein mit der Post an die alte Adresse der Beklagten in der Wolgaster Str. 146 in C-Stadt gesandt habe. Der Umzug der Geschäftsstelle der Beklagten seit dem 8. November 2017 in die neuen Geschäftsräume sei ihm leider entgangen.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2018 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung – auf die im Übrigen gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen wird – führte sie im Wesentlichen unter Verweis auf die Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGG an, dass seitens des Klägers die vorgeschriebene Meldefrist von einer Woche überschritten worden sei. Für die geschlossenen Geschäftsräume habe die Kasse einen Nachsendeauftrag eingerichtet, der entsprechend adressierte Poststücke direkt an das Scanzentrum der Barmer in Wuppertal weiterleiten würde. Bereits die Folgebescheinigung seiner Arbeitsunfähigkeit vom 14. Dezember 2017 sei jedoch ausweislich des Eingangsstempels vom 15. Dezember 2017 in der seit dem 8. November 2017 neu eingerichteten Geschäftsstelle in der Bahnhofsstraße 44 in 17489 C-Stadt eingegangen.

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Mit der am 4. Juli 2018 erhobenen Klage macht der Kläger einen Anspruch auf die Zahlung des Krankengeldes auch für den vorgenannten Ruhenszeitraum geltend.

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Er bemängelt, dass die Verwaltungsakte der Beklagten offenkundig erst aus Anlass des gerichtlichen Verfahrens in der vorliegenden Form erstellt worden sei. Auch sei die Angabe der Daten durch die Beklagten widersprüchlich. Auf Blatt 12 der Akte würde es heißen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 6. Februar 2018 eingegangen sei. Mit Bescheid vom 2. März 2018 werde jedoch ausgeführt, dass die Bescheinigung schon am 5. Februar 2018 eingegangen sei. Es bestünden daher erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser beiden Daten. Weiter werde angemerkt, dass die Beklagte offenkundig Posteingangsstempel verwenden würde. Ein solcher Posteingangsstempel sei ab auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf Bl. 12 der Akte nicht angebracht. Hier sei offenkundig etwas durcheinandergebracht worden und seitens der Beklagten im Nachhinein dann handschriftlich ein vermeintlicher Eingang am 6. Februar 2017 eingetragen worden. Seiner Ehefrau sei im Rahmen des am Vormittag des 5. Februar 2018 geführten Telefonats der Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestätigt worden. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung müsse demnach bei der Beklagten am 2. Februar 2018 mittels Post eingegangen sein. Andernfalls hätte die Beklagte nicht bereits am darauffolgenden Montagvormittag (5. Februar 2018) telefonisch Rücksprache mit seiner Ehefrau zur Krankschreibung nehmen können. Aufgrund der üblichen Postbearbeitungszeit würde nicht davon ausgegangen, dass die Beklagte die Post geradezu am Montagvormittag gegen 10:00 Uhr aus dem Briefkasten genommen habe und sodann nur wenige Minuten später mit ihm bzw. seiner Ehefrau ein Telefonat führen können.

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Selbst wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Beklagten erst am 5. Februar 2018 eingegangen sein sollte, sei dieser verspätete Eingang von ihm nicht zu vertreten. Insoweit wiederholt er, dass seine Ehefrau am 30. Januar 2018 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die alte Anschrift der Beklagten in der Wolgaster Str. 146 in C-Stadt gesandt habe. Er habe davon ausgehen können, dass unter der vorgenannten Anschrift die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übermittelt würde. Die Beklagte sei insbesondere im Internet unter verschiedenen Einträgen, so z.B. im Auskunftsportal 11880.com unter dieser Anschrift in der Wolgaster Str. 146 erreichbar. Unter Berücksichtigung einer Postlaufzeit von maximal drei Tagen sei davon auszugehen gewesen, dass die Krankschreibung spätestens am 2. Februar 2018 bei der Beklagten eingehen würde. Die Beklagte habe den verspäteten Eingang zu vertreten, weil sie selber eingeräumt habe, dass eine Information der Versicherten über den Umzug nicht erfolgt sei. Sofern ein bestimmtes System zum Nachsendeauftrag zu Verzögerungen bei der Übermittlung der Post führen würde, würde dies allein in der Verantwortungssphäre der Beklagten liegen. Weiterhin macht der Kläger geltend, dass sich aus dem übersandten Ausdruck der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lediglich ergeben würde, wann diese in das System eingescannt worden sei. Auch die Behauptung der Beklagten, dass aufgrund der direkten „Umroutung“ Zeitverzögerungen ausgeschlossen seien, sei nicht nachvollziehbar. Schließlich habe die Beklagte im Schriftsatz vom 24. Juli 2018 wortwörtlich mitgeteilt, dass der Schriftverkehr über das Krankengeldgeldzentrum A-Stadt unter Angaben des Aktenzeichens zu führen sei, und andernfalls nicht auszuschließen sei, dass die Bearbeitung verzögert würde. Die Beklagte habe somit selbst eingeräumt, dass ein direktes „Umrouten“ bei der Deutschen Post AG doch zu Laufzeitverzögerungen führen würde.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 zu verurteilen, ihm Krankengeld infolge einer Arbeitsunfähigkeit vom 29. Januar 2018 bis zum 4. Februar 2018 in Höhe von täglich 48,68 € zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie verweist auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend teilt sie mit, dass eine generelle Information der Versicherten in C-Stadt über den Umzug der Geschäftsstelle nicht erfolgt sei. Der eingerichtete Nachsendeauftrag würde ein taggleiches „Routing“ der an die geschlossene Geschäftsstelle gerichteten Poststücke an das Scanzentrum in Wuppertal sicherstellen. Richtig sei, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14. Dezember offensichtlich in ihrer Geschäftsstelle abgegeben worden sei, wo der besagte Eingangsstempel angebracht worden sei. Richtig sei auch, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29. Januar 2018 lediglich einen handschriftlichen das Vorverfahren erleichternden Eingangsvermerk tragen würde. Unter Verweis auf die als Anlage übersandte, in ihrem Archivsystem hinterlegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 29. Januar 2018, und die dort angebrachte, nicht veränderbare, digitale Signatur- und Archivierungsnummer sei jedoch ersichtlich, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 6. Februar 2018 eingegangen sei. In dem Dienstleistungszentrum würde das taggleiche Einscannen und elektronische Archivieren der Ein- und Ausgangspost über 14 Hochleistungsscanner erfolgen. Sie würde die Ein- und Ausgangspost seit 2014 elektronisch gemäß den §§ 110a bis 110d SGB IV archivieren, die die Aufbewahrung schriftlicher Unterlagen auf dauerhaften Datenträgern betreffen würden. Die Unterlagen würden einen verschlüsselten und nicht veränderbaren Datums-/Zeitstempel des San- und somit des Eingangszeitpunkts enthalten. Die Signatur würde nach den Regelungen des Gesetzes über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (SigG) erfolgen. Insoweit verweist sie auf den übersandten Beschluss des LSG Baden-Württemberg zum Klageverfahren S 6 KR 4862/17 des SG Freiburg, in dem der rechtmäßige Ablauf ihres Scann-Verfahrens bestätigt worden sei. Die besagte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei an eine Postanschrift gesendet worden, für die bei der Deutsche Post AG ein Nachsendeauftrag an das Dienstleistungszentrum der Beklagten eingerichtet sei. Durch eine direkte „Umroutung“ bei der Deutschen Post AG sei eine Laufzeitverzögerung ausgeschlossen. Weiterhin macht sie geltend, dass sie zudem keinen Einfluss darauf haben würde, ob und ggf. wann die Daten und Anschriften auf Internetseiten von Drittanbietern aktualisiert würden, und, ob diese überhaupt (noch) zutreffen würden. Auf ihrer offiziellen Internetseite (www.barmer.de) würden die aktuellen Geschäftsstellenadressen angezeigt. Es wäre die Aufgaben des Klägers gewesen, sich vor dem Versand von der richtigen bzw. gültigen Adressierung zu überzeugen. Dieser sei allein beweislastpflichtig für den rechtzeitigen Zugang der AU-Meldung.

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Entgegen dem richterlichen Hinweis des Kammervorsitzenden müsse bei der Fristberechnung von dem Ende der zuletzt fristgerechten Arbeitsunfähigkeit (Freitag, den 26. Januar 2018) und nicht dem nächsten ärztlichen Feststellungsdatum am Montag, den 29. Januar 2018 ausgegangen werden. Während bei dem erstmaligen Eintritt der Arbeitsunfähigkeit der Fristbeginn nach § 187 Abs. 1 BGB festzulegen sei, würde bei der Feststellung der folgenden Arbeitsunfähigkeit die Frist nach § 187 Abs. 2 BGB nach dem Ende der zuvor festgestellten Arbeitsunfähigkeit zu laufen beginnen. Für den Beginn der Frist sei der Beginn des anschließenden Tages maßgebend, da die Arbeitsunfähigkeit zu Beginn des Folgetages (0:00 Uhr, ohne Ereignis) bereits weiterbestehen würde. Die Frist würde daher also ab dem Tag, der auf den letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit folgt, beginnen, und würde nach § 188 Abs. 2 zweiter Halbsatz BGB eine Woche später an dem Tag enden, welcher der Benennung des ersten Tages vorhergehen würde. Die Wochenfrist würde also am Samstag, den 27. Januar 2018 beginnen und am Freitag, den 2. Februar 2018 enden. Die Arbeitsunfähigkeit sei erst im Rahmen des Telefonats am 5. Februar 2018 (verspätet) gemeldet worden. Dem Tag der ärztlichen Feststellung könne bei der Folge-AU keine Bedeutung zugemessen werden, weil in diesem Fall bei einer früheren ärztlichen Feststellung der Kläger schlechter gestellt würde, da die Wochenfrist dann ja früher enden müsste.

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Die Kammer hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.

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1. Die Kammer hat über die Klage unter Berücksichtigung des mit Schriftsatz vom 26. April 2019 erklärten Einverständnisses des Klägers und der entsprechenden Einverständniserklärung der Beklagten vom 29. April 2019 gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.

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2. Die hier statthafte und auch im Übrigen zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist über den ausdrücklichen Antragswortlaut hinaus auf die Zahlung von Krankengeld vom 27. Januar bis 4. Februar 2018 gerichtet. Dies beruht darauf, dass das Gericht gemäß § 123 SGG über die vom Kläger erhobenen Ansprüche entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Dabei hat die Kammer zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass Krankengeld gemäß § 47 Abs. 1 S. 6 SGB V kalendertäglich gezahlt wird. Da die Beklagte dem Kläger Krankengeld zuletzt für Freitag, den 26. Januar 2018 gezahlt hat, geht die Kammer davon aus, dass der Kläger lediglich versehentlich eine Fortzahlung des Krankengeldes erst ab dem darauffolgenden Montag, den 29. Januar 2018 beantragt hat.

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3. Die Klage ist vollumfänglich begründet. Der hier streitgegenständliche Bescheid vom 2. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als dieser gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld auch für den Zeitraum 27. Januar bis 4. Februar 2018 hat. Die Kammer hat deshalb die Beklagte antragsgemäß dem Grunde nach (§ 130 Abs. 1 S. 1 SGG) zur Zahlung von Krankengeld in dem strittigen Zeitraum verurteilt.

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Der Kläger erfüllt, was seitens der Beklagte nicht bestritten, und seitens der Kammer in diesem Fall auch keinen weitergehenden Darlegungen bedarf, in dem streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach die Voraussetzungen der §§ 44, 46 SGB V für die Zahlung von Krankengeld. Bei ihm lag offenkundig weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Abs. 1, 1. Alt. SGB V vor und es unterliegt auch keinem Zweifel, dass unter Berücksichtigung der am Montag, den 29. Januar 2018 erfolgten ärztlichen Feststellung der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den 26. Januar 2018 hinaus der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 46 S. 2 SGB V in dem hier maßgeblichen Zeitraum aufrecht erhalten worden ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten stand dem Anspruch auf die Zahlung des Krankengeldes auch kein Ruhen des Anspruchs entgegen. Dies beruht darauf, dass die Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) davon überzeugt ist, dass der Kläger der Beklagten am 5. Februar 2018 rechtzeitig die erneute ärztliche Feststellung über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den bisherigen Endzeitpunkt „26. Januar 2018“ hinaus gemeldet hat. Diese Feststellungen beruhen auf den nachfolgenden Erwägungen:

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a) Ob der Anspruch auf Krankengeld ruht, beurteilt sich im vorliegenden Fall nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Andere Ruhenstatbestände kommen offensichtlich nicht in Betracht. Hiernach ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Nach der Konstruktion der Vorschrift knüpft somit das (regelmäßige) Ruhen grundsätzlich an den negativen Tatbestand („solange … nicht gemeldet wird“) an, und bewirkt mit der im nachfolgenden Halbsatz 2 geregelten „Heilungsmöglichkeit“ mittelbar eine Meldefrist (so zu Recht Noftz, a.a.O., Rn. 63 und ihm zustimmend Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 49 SGB V (Stand: 10. Dezember 2019), Rn. 47). Die danach erforderliche Meldung der Arbeitsunfähigkeit bezweckt nach allgemeiner Meinung, der Krankenkasse die zeitnahe Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen. Die vorgenannte Ruhensvorschrift soll die Krankenkassen zum einen davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, um beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können. Überdies sollen die Krankenkassen die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (vgl. statt vieler das bereits oben angeführte Urteil des BSG vom 8. August 2019 – B 3 KR 6/18 R –, juris Rn. 18; vgl. auch Brinkhoff, a.a.O., Rn. 42; Noftz in: Hauck/Noftz, SGB, 10/19, § 49 SGB V, Rn. 14).

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b) Fraglich erscheint allerdings, was unter dem Tatbestandsmerkmal „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ zu verstehen ist, welches für die Bestimmung des Anfangszeitpunkts der einwöchigen Meldefrist ausschlaggebend ist, denn dieses Tatbestandsmerkmal ist im Gesetz nicht näher definiert.

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Bei der erforderlichen Auslegung ist nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 44 Abs. 1 SGB V zwar dem Grunde nach bereits dann entsteht, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht oder er auf Kosten der Krankenkasse im Krankenhaus oder einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt wird, dass aber hiervon abweichend in § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V (in der ab dem 23. Juli 2015 geltenden Fassung durch Artikel 1 des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes vom 16. Juli 2015 - BGBl. I S. 1211) für den Fall einer „ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit“ im Rahmen einer sogenannten Erst- oder Folgebescheinigung ausdrücklich bestimmt wird, dass der Anspruch auf Krankengeld erst „von dem Tag der ärztlichen Feststellung an“ entsteht. Es kommt daher für den Beginn der Krankengeldzahlung in einem solchen Fall gerade nicht darauf an, ob die die Arbeitsunfähigkeit nachgewiesenermaßen bereits wesentlich früher eingetreten ist. Auch wenn also der Beginn der Arbeitsunfähigkeit auf der ärztlichen Bescheinigung zu einem früheren Zeitpunkt angegeben wird – d.h. die Bescheinigung also in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 3 S. 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses in der ab 24. Dezember 2016 in Kraft getretenen Fassung vom behandelnden Arzt „rückdatiert“ - worden ist, so ist entscheidend für den Beginn der Leistung dennoch der Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (Sonnhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 46 SGB V (Stand: 19. Dezember 2019), Rn. 23). Für den Fall der hier erfolgten ärztlichen Befristung der Arbeitsunfähigkeit wird in § 46 S. 2 SGB V in der ab dem 23. Juli 2015 in Kraft getretenen Neufassung weiter bestimmt, dass bei einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die (Weiter-)Zahlung des Krankengeldes davon abhängig ist, dass die ärztliche Feststellung (über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen einer sogenannten Folgebescheinigung) spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.

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Die Kammer folgert aus dem Zusammenspiel der vorgenannten Regelungen, dass das in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V verwendete Tatbestandsmerkmal „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ anstelle des eigentlichen Wortlautes, dem jedenfalls weder bei der Entstehung noch bei der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf die Zahlung von Krankengeld eine entscheidende Bedeutung zukommt, tatsächlich so zu verstehen ist, dass hiermit tatsächlich der Tag der ärztlichen Feststellung gemeint ist, d.h. das zur Berechnung der Meldefrist maßgeblich auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen ist. Sowohl im Falle des Vorliegens einer erstmaligen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (d.h. im Falle einer sog. Erstbescheinigung), als auch im Falle einer – wie hier – ärztlich festgestellten Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den zunächst befristeten Endtermin (d.h. in Form einer sog. Folgebescheinigung) wäre demnach in beiden Fällen eine Meldung an die Krankenkasse innerhalb einer Woche nach der jeweiligen ärztlichen Feststellung erforderlich, um das ansonsten gesetzlich angeordnete regelmäßige Ruhen des Krankengeldanspruchs „zu heilen“. Diese Auslegung entspricht nicht nur der dargestellten Gesetzessystematik, sondern steht auch im Einklang mit dem bereits oben angeführten Sinn und Zweck der Meldeobliegenheit, denn für die Krankenkassen besteht nur dann im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes eine Verpflichtung, das tatsächliche Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen, wenn ein Versicherter erstmalig die Gewährung von Krankengeld unter Verweis auf eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit beantragt, oder – wie hier - wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen Feststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist. Auch im letzteren Fall setzt jedoch eine Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs voraus, dass der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig im Sinne der Vorgaben des § 46 S. 2 SGB V ärztlich feststellen lässt.

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Die Kammer teilt somit ausdrücklich nicht die Rechtsauffassung der Beklagten und weicht damit auch von dem Urteil des SG Schwerin in dem Verfahren S 8 KR 302/18 ab, welches dem LSG M-V unter dem Aktenzeichen L 7 KR 163/19 zur Entscheidung vorliegt. Dort hat die 8. Kammer des Sozialgerichts nämlich die Auffassung vertreten, dass im Falle des Vorliegens einer ärztlichen Befristung der Arbeitsunfähigkeit und einer nachfolgenden ärztlichen Feststellung der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den bisherigen Endtermin hinaus im Rahmen einer sog. Folgebescheinigung maßgebend an den konkreten Inhalt der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeits- bzw. der Folgebescheinigung anzuknüpfen sei. Seitens des SG Schwerin wird zwar in der Sache zutreffend angeführt, dass das BSG bislang in zwei Urteilen, bei denen auch über die Einhaltung der Meldeobliegenheiten im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu befinden war, unter Anknüpfung an den konkreten Inhalt der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekräftigt hat, dass bereits eine einzelne ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen und weitere Meldungen damit erübrigen kann (BSG, Urteil des BSG vom 10. Mai 2012, B 1 KR 20/11 R = SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, juris Rn. 16 - 20; ebenso Urteil vom 12. März 2013 – B 1 KR 7/12 R - USK 2013 -11, juris Rn. 16). Im Gegensatz zu den beiden vom BSG entschiedenen Fallgestaltung, bei denen den Krankenkassen tatsächlich jeweils (unbefristete) ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, d.h. ohne Benennung eines voraussichtlichen Endzeitpunkts („weil der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei), vorgelegen hat, unterscheidet sich die vorliegenden Fallgestaltung jedoch entscheidungserheblich dadurch, dass der Krankenkasse zuletzt eine auf den Endzeitpunkt 26. Januar 2018 befristete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen hat bzw. bekannt gewesen ist. Zwar teilt die Kammer die Auffassung des SG Schwerin, dass eine bereits der Krankenkasse gemeldete Arbeitsunfähigkeit jedenfalls bis zum dort ärztlich bescheinigten Endzeitpunkt vor Ablauf dieses Zeitraums nicht erneut gemeldet werden muss. Vielmehr wirkt die einmal gemeldete ärztliche Feststellung für den darin bescheinigten Zeitraum und – unter Verweis auf die beiden vorgenannten BSG-Urteile - unter Umständen sogar unbefristet. Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um ein Ruhen des bis zum 26. Januar 2018 zeitlich befristeten Krankengeldanspruchs, sondern um die (nahtlose) Weitergewährung des Krankengeldanspruchs ab dem 27. Januar 2018.

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Bei dieser Sachlage hält die Kammer daher die vom SG Schwerin vertretene Rechtsauffassung im Ergebnis nicht für überzeugend. Rechtsfolge wäre, dass bei dem Vorliegen einer – wie hier - befristeten ärztlichen Bescheinigung die „Arbeitsunfähigkeit“ im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V regelmäßig an dem auf den bescheinigten Endzeitpunkt folgenden Tag „beginnen“ würde. Abgesehen davon, dass in diesem Fall fraglich erscheint, ob bei der Berechnung der einwöchigen Meldefrist überhaupt die Regelung des § 187 Abs. 1 BGB Anwendung finden könnte, weil es sich in diesem Fall nicht um eine sog. Ereignis- bzw. Tageszeitpunktfrist im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB, sondern wegen der dann insoweit „datumsabhängigen“ Bindung (Beginn der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf einer logischen Sekunde des Folgetages) tatsächlich um eine sog. „Tagesbeginnfrist“ im Sinne des § 187 Abs. 2 BGB handeln könnte, führt die Rechtsauffassung des SG Schwerin auch zu dem schwerlich zu rechtfertigenden Ergebnis, dass zwar der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit zur Aufrechterhaltung seines Anspruchs auf die Zahlung von Krankengeld erst am Folgetag, unter Umständen bei einem befristeten Ende der Arbeitsunfähigkeit an einem Freitag sogar erst am darauffolgenden Montag, ärztlich feststellen lassen muss, aber in dem gewählten Beispiel die Arbeitsunfähigkeit bereits am Samstag beginnen und die Meldefrist somit schon vorher, nämlich im Falle der Heranziehung der Regelung des § 187 Abs. 1 BGB am Sontag, im Falle der Heranziehung des § 187 Abs. 2 BGB sogar schon am Samstag anfangen würde.

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Im Ergebnis würde die durch das SG Schwerin vertretene Rechtsauffassung jedenfalls in bestimmten Fällen zu einer Verkürzung der ohnehin kurz bemessenen Meldefrist führen. Denn bei einem Aufsuchen des Arztes an einem auf den ursprünglichen Endzeitpunkt folgenden Montag, hätte der Lauf der Meldefrist schon zu einem Zeitpunkt begonnen, an dem der Versicherte noch gar nicht sicher sein kann, ob durch den Arzt eine Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird. Eine solche Verkürzung dürfte nicht von dem Zweck der Meldeobliegenheit gedeckt sein. Zwar ist einzuräumen, dass die durch die Kammer vertretene Rechtsauffassung jedenfalls in den Fällen, in denen die Versicherten den behandelnden Arzt bereits vor Ablauf des ursprünglichen Endzeitpunkts oder am selben Tag aufsuchen, um eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen, dazu führt, dass auch die Meldefrist terminlich früher abläuft, als wenn man auf den Tag nach dem zuvor befristeten Endzeitpunkt abstellt. Hierdurch wird der Versicherte aber im Gegensatz zu dem vorherigen Beispiel deshalb nicht benachteiligt, weil ihm in jedem Fall eine echte Wochenfrist seit der Kenntnis von der erneuten ärztlichen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit verbleibt. Die zeitliche Vorverlegung des Laufs der Meldefrist wäre in diesem Fall im Übrigen auch von dem Zweck gedeckt, der Krankenkasse zeitnah eine Überprüfung des Vorliegens der bescheinigten Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit zu prüfen.

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Für die von der Kammer vertretene Rechtsauffassung spricht im Übrigen auch die Ergänzung des § 49 Abs. 1 SGB V durch die ab dem 11. Mai 2019 erfolgte Regelung der Nr. 8 durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG vom 6. Mai 2019 – BGBl I 2019, 646) mit der geregelt worden ist, dass der Anspruch auf Krankengeld auch solange ruht „bis die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach § 46 Satz 3 ärztlich festgestellt wurde“. Auch diese im Zusammenhang mit der in § 46 SGB V erfolgten Neueinfügung eines Satzes 3 erfolgte Ergänzung des § 49 Abs. 1 SGB V, wonach der Anspruch für Versicherte, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vom Bestand des Anspruchs auf Krankengeld abhängig ist, auch dann bestehen bleibt, wenn die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nicht am nächsten Werktag im Sinne von Satz 2, aber spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, stellt für die Kammer nochmals deutlich heraus, welche besondere Bedeutung der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Zahlung des Krankengeldes zukommt.

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c) Die hier maßgebliche Meldefrist beginnt somit am Sonntag, den 28. Januar 2018, und endet am Montag, den 5. Februar 2018. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist nämlich die Meldefrist nicht unter Heranziehung der Regelung des § 187 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern ist in entsprechender Anwendung des § 26 Abs. 1 und 3 SGB X i.V.m. den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB zu berechnen, d.h. die Meldefrist beginnt mit dem Tage, der auf die ärztliche Feststellung „als sog. fristauslösendes Ereignis im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V“ folgt, und endet eine Woche später mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, an dem die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist – bzw. am nächsten Werktag bei Fristende auf einem Samstag, Sonn- oder Feiertag.

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Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Fristberechnungsregelungen besteht darin, dass die Anwendung der Regelung der Anfangsfrist im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB, welche im Falle des Vorliegens einer sogenannten Ereignis- bzw. Tageszeitpunktfrist vorgesehen ist, dazu führt, dass der Tag des Ereignisses bzw. des maßgeblichen Geschehens bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet wird, was zur Folge hat, dass die Frist erst mit dem Tag beginnt, der auf den Tag des Ereignisses folgt. Dagegen ist die Anwendung der Fristberechnung nach § 187 Abs. 2 BGB für den Fall des Vorliegens von sogenannten Tagesbeginnfristen vorgesehen, welche nicht an ein tatsächliches Geschehen anknüpfen, sondern bei denen der Beginn eines Tages für den Anfang der Frist maßgebend sein soll. (vgl. Becker in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 187 BGB (Stand: 19. Mai 2017), Rn. 5 – 10 bzw. 12).

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Während die Beklagte offenbar allein auf das Vorliegen einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit abstellt, d.h. ihrer Auffassung nach die Arbeitsunfähigkeit schon zu Beginn des auf den bisherigen Endtermin folgenden Tages (0:00 Uhr, ohne Ereignis) weiterbestehen würde, berücksichtigt sie nach Auffassung der Kammer bei ihrer (abweichenden) Rechtsauffassung nicht ausreichend, dass auch die hier maßgebliche Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs über den bisher bescheinigten Endzeitpunkt von einem „Ereignis“ im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB abhängt. Dies beruht darauf, dass die Kammer im Gegensatz zu der Auffassung der Beklagten unter Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ davon ausgeht, dass der Lauf der Meldefrist von (dem Tag) der ärztlichen Feststellung der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit und gerade nicht von dem Endzeitpunkt der vorhergehenden befristeten ärztlichen Bescheinigung abhängt.

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Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich aber auch dann nicht, wenn man zugunsten der Beklagten für den maßgeblichen „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V allein auf den von der vorherigen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „datumsabhängigen“ Beginn abstellen würde. Insoweit berücksichtigt die Beklagte nämlich nicht hinreichend, dass auch im Rahmen der erforderlichen Entscheidung über die Heranziehung der beiden unterschiedlichen Fristberechnungsregel des § 187 Abs. 1 und 2 BGB der Charakter der Meldefrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V nur im Gesamtzusammenhang mit den Regelungen des § 46 S. 1 und S. 2 SGB V berechnet werde kann. Danach ist festzustellen, dass für den Anfang der Frist ein Ereignis im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB – nämlich der „Beginn der Arbeitsunfähigkeit“ – maßgebend ist, und dieses Ereignis auch im Falle des Vorliegens einer befristeten ärztlichen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 46 S. 2 SGB V nur dann eintritt, „wenn spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigte Ende der Arbeitsunfähigkeit“ eine „weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird“. Mit anderen Worten schließt die Kammer aus der Tatsache, dass eine nahtlose Weiterzahlung des Krankengeldes über den bisherigen Bewilligungszeitraum von einer weiteren ärztlichen Feststellung abhängt, dass es sich auch bei der Meldefrist der Arbeitsunfähigkeit als Folge-Arbeitsunfähigkeit nicht um eine sogenannte „Tagesbeginnfrist“, sondern um eine sogenannte „Ereignisfrist“ handelt. Nach alledem wäre daher auch in diesem Falle der Tag des „Beginns der Arbeitsunfähigkeit“ am Samstag, den 27. Januar 2018 nicht mitzuzählen, sondern würde die Meldefrist hier gemäß § 187 Abs. 1 BGB am Sonntag, den 28. Januar 2018 beginnen, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das regelmäßige Fristende gemäß § 188 Abs. 2 BGB hier auf den darauffolgenden Samstag, den 3. Februar 2018 gefallen wäre, gemäß § 26 Abs. 3 S. 1 SGB X tatsächlich erst am darauffolgenden Montag, den 5. Februar 2018 enden.

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c) Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist festzustellen, dass der Kläger der Beklagten die am 29. Januar 2018 ärztliche bescheinigte Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig am 5. Februar 2018 gemeldet hat. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, dass zwischen den Beteiligten darüber hinaus strittig ist, an welchem konkreten Tag die durch den Kläger per Post versandte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Neurochirurgen vom 29. Januar 2018 der Beklagten tatsächlich zugegangen ist.

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Dabei hat die Kammer ihrer Entscheidung zugrunde gelegt, dass es sich bei dem rechtzeitigen Zugang der Meldung bei der Krankenkasse um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, die von dem Versicherten voll bewiesen werden muss. Dies beruht darauf, dass gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5, Halbsatz 1 SGB V der Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld regelmäßig solange ruht, bis die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse gemeldet wird. Aufgrund der bereits oben angesprochenen Normkonstruktion geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der Meldung tatsächlich um eine anspruchsbegründende, und bei der Nichtmeldung gerade nicht um eine lediglich anspruchshindernde und von der Krankenkasse zu beweisende Einrede handelt (wovon offenbar der 5. Senat des LSG Baden-Württemberg in dem Beschluss vom 31. Oktober 2018 in dem Verfahren L 5 KR 2345/18 NZB auszugehen scheint). Die Rechtsauffassung der Kammer wird durch die Ausführungen des BSG in dem bereits oben angeführten Urteil vom 8. August 2019 bestätigt, in dem der 3. Senat ausdrücklich bekräftigt hat, dass die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krangengeldes angezeigt werden muss, auch dann, wenn diese seit Beginn ununterbrochen bestanden hat und wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen AU-Feststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist (Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 6/18 R –, Rn. 17). Die Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache geht jedoch nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Anspruchsstellers. Der erforderliche Vollbeweis ist in diesem Fall erst dann erbracht, wenn die Kammer von dem rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überzeugt ist, die bloße Möglichkeit reicht dagegen nicht aus.

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Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Kläger den erforderlichen Zugangsbeweis für eine Meldung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit am 5. Februar 2018 erbracht hat. Ausweislich des auf Bl. 13 der Verwaltungsakten befindlichen – von der Beklagten auch nach richterlichem Hinweis nicht in Frage gestellten - Telefonvermerkes eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin der Beklagten – haben sich der Kläger und seine Ehefrau nämlich an diesem Tag nicht nur telefonisch nach der Zahlung des ausstehenden Krankengeldes erkundigt, sondern sie haben in diesem Telefonat auch mitgeteilt, dass die nach Auskunft des/der Mitarbeiters/in noch fehlende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 29. Januar 2018 an die Geschäftsstelle verschickt worden sei. Diese Information genügt den Anforderungen, die an die Meldeobliegenheiten des Klägers im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V zu stellen sind, und ist unter Verweis auf die vorherigen Ausführungen auf jeden Fall noch rechtzeitig innerhalb der bis zu diesem Tag laufenden Meldefrist erfolgt.

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Dabei hat die Kammer zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 26. September 2019 – B 3 KR 1/19 R –, juris, Rn. 16; Urteil vom 25. Oktober 2018 - B 3 KR 23/17 R = SozR 4-2500 § 49 Nr. 8, juris Rn. 17 ff; zuletzt BSG, Urteil vom 8. August 2019 – B 3 KR 6/18 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4 (vorgesehen), juris Rn. 17) die erforderliche Meldung im Sinne des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eine Tatsachenmitteilung ist, die nicht an die Einhaltung einer bestimmten Form gebunden ist (d.h. auch telefonisch erfolgen kann) und durch den Versicherten an seine Krankenkasse nicht nur persönlich mitgeteilt werden muss, sondern die Mitteilung gegebenenfalls auch durch einen Vertreter an die Krankenkasse übermitteln kann. Sie muss allerdings notwendigerweise den Hinweis auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit enthalten. Es würde hier daher grundsätzlich auch ausreichen, wenn (nur) die Ehefrau des Klägers der Beklagten die weitere ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bekanntgegeben hat; weil die telefonische Bekanntgabe offenkundig im Beisein des Versicherten erfolgt und ihm daher auch zugerechnet werden kann. Der offenkundig in dem Telefonat erfolgte Erklärung des Klägers, dass am 29. Januar 2018 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an die Beklagte geschickt worden sei, lässt sich im Rahmen der gebotenen Auslegung nach Maßgabe des sog. verobjektivierten Empfängerhorizonts mit hinreichender Deutlichkeit auch die erforderliche Meldung an die Krankenkasse entnehmen, dass ärztlicherseits ein Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit über den bisherigen Endtermin „26. Januar 2018“ erfolgt ist. Denn der Beklagten war ausweislich der bei ihr am 15. Dezember 2017 eingegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekannt, dass durch den behandelnden Arzt zuletzt eine befristet bis zum 26. Januar 2018 bestehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden war.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie entspricht dem Ergebnis der Hauptsache. Das Rechtsmittel der Berufung bedurfte hier gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG unter Verweis auf die Tatsache, dass mit der Klage eine Geldleistung in Höhe von 438,12 € (9 x täglich 48,68 €) beansprucht wird, die den dortigen Grenzbetrag von 750,00 € unterschreitet, und keine laufenden oder wiederkehrenden Leistungen von mehr als einem Jahr beansprucht werden, einer ausdrücklichen Zulassung durch das Sozialgericht. Die Kammer hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da ersichtlich noch keine höchstrichterliche Entscheidung des LSG M-V oder des Bundessozialgerichts zur konkreten Berechnung der Meldefrist vorliegt, und diese Rechtsfrage auch unter Berücksichtigung der Änderung der § 46, 49 SGB V durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz vom 6. Mai 2019 (in Kraft getreten am 11. Mai 2019 - BGBl I 2019, 646-691) weiterhin klärungsbedürftig erscheint.

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