Beschluss vom Verwaltungsgericht Augsburg - Au 4 S 18.31034

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren einstweiligen Rechtsschutz, nachdem ihr Asylfolgeantrag abgelehnt wurde.

Nach eigenen Angaben sind die Antragsteller syrische Staatsangehörige kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Ihre am 9. August 2017 gestellten Asylanträge lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 20. September 2017 als unzulässig ab (1.) und stellte auch keine Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG fest (2.). Die Abschiebung nach Griechenland oder in einen anderen Staat, in den die Antragsteller einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, wurde angedroht; die Antragsteller dürften nicht nach Syrien abgeschoben werden (3.). Die Länge der Frist gem. § 11 AufenthG wurde auf 30 Monate festgesetzt (4.). Die Asylanträge seien gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig, weil Griechenland sämtlichen Antragstellern bereits internationalen Schutz gewährt habe. Abschiebungsverbote bestünden nicht; die derzeitigen humanitären Bedingungen in Griechenland führten nicht zu der Annahme dass bei Abschiebung der Antragsteller eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids vom 20. September 2017 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Gegen den Bescheid vom 20. September 2017 erhoben die Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg (Au 4 K 17.34738). Den zugleich gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 17. November 2017 ab (Au 4 S 17.34739).

Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2017 bestellten sich die auch im vorliegenden Verfahren Bevollmächtigten der Antragsteller. Am 2. Januar 2018 stellten sie gem. § 80 Abs. 7 VwGO einen Antrag auf Abänderung des Beschlusses vom 17. November 2017 (Au 4 S 18.30009). Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 8. Januar 2018 ab.

Eine Verfassungsbeschwerde der Antragsteller wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit Schriftsatz vom 30. April 2018 wurde die Klage im Verfahren Au 4 K 17.34738 zurückgenommen. Mit Beschluss vom 2. Mai 2018 stellte das Verwaltungsgericht Augsburg dieses Verfahren ein.

Am 24. Mai 2018 stellten die Antragsteller beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag. Bereits mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 14. Mai 2018 hatten die Antragsteller ausführen lassen, sie wollten einen Folgeantrag stellen, weil am 11. Mai 2018 die seitens Griechenland erteilten Aufenthaltserlaubnisse für die Antragsteller zu 2 und zu 3 abgelaufen seien. Die Antragsteller befürchteten nunmehr, dass ihre Einreise nach Griechenland illegal sein und sie gegen die griechischen Einreisebestimmungen verstießen. Außerdem befürchteten sie, dass ihre Aufenthaltserlaubnis kraft Gesetzes erloschen sei, da sie Griechenland im Jahr 2016 verlassen hätten. Ohne gültige Aufenthaltserlaubnis werde keine staatliche Stelle für Anträge auf Sozialleistungen, Zuweisung für Wohnraum, Kindergartenplätze etc. zuständig sein und werde der Antragsteller zu 1. keine Möglichkeit bekommen, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Falls die Antragsteller nach Griechenland zurückgeführt würden, werde Art. 3 EMRK verletzt. Die Antragsteller würden auf Grund der erloschenen Aufenthaltserlaubnisse bei einer Rückkehr völlig auf sich allein gestellt und – als Familie mit Kleinstkindern – gezwungen sein, auf der Straße zu leben. Das Bundesamt müsse daher klären, ob die Aufenthaltserlaubnisse durch Ablauf oder per Gesetz erloschen seien. Auch müsse sich das Bundesamt zusichern lassen, dass die Antragsteller in Griechenland tatsächlich Zugang zu Sozialleistungen hätten, insbesondere, nachdem die Antragsteller Griechenland freiwillig verlassen hätten. Auch sei zu prüfen, ob der Antragsteller zu 4. von Griechenland aufgenommen würde, da er kein Aufenthaltsrecht erhalten habe.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. Mai 2018 lehnte das Bundesamt die erneuten Asylanträge als unzulässig ab (1.). Ebenso wurden die Anträge auf Abänderung des Bescheides vom 20. September 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG abgelehnt (2.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Anträge seien gem. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung weiterer Asylverfahren nicht vorlägen. Die Voraussetzungen der § 71 Abs. 1 AsylG, § 51 VwVfG seien nicht gegeben. Die Antragsteller könnten auf Grund des in Griechenland gewährten internationalen Schutzes keine weitere Schutzgewährung verlangen. Auch ihr erneuter Asylantrag sei gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG wiederum als unzulässig abzulehnen. Es liege keine geänderte Sach- oder Rechtslage vor und es seien auch keine anderen Wiederaufgreifensgründe ersichtlich. Bei den Antragstellern komme keine andere Beurteilung als im Vorverfahren in Betracht. Das Verwaltungsgericht Augsburg habe sich in dem Beschluss vom 17. November 2017 mit der individuellen Situation der Familie auseinandergesetzt. Soweit jetzt geltend gemacht werde, dass der Antragsteller zu 1. die griechische Sprache nicht beherrsche, sei dies ebenfalls kein neuer Umstand, der nicht bereits im Vorverfahren hätte geltend gemacht werden können. Der Hinweis auf die Arbeitslosenquote sei ebenso wenig erfolgversprechend, da der Antragsteller zu 1. in Griechenland bereits gearbeitet habe. Dass der griechische Staat nachgeborene Kinder nicht berücksichtigen würde, sei bereits mit den bestehenden Dublin-Regelungen nicht zu vereinbaren, so dass dies umso mehr für dort bereits anerkannte Flüchtlinge gelte. Soweit entsprechende Aufenthaltserlaubnisse in der Zwischenzeit abgelaufen seien, sei davon auszugehen, dass diese durch entsprechenden Antrag wieder verlängert werden könnten. Maßgebend sei, dass die Anerkennung durch den Weggang aus Griechenland nicht erloschen sei. So sei es der Familie auch bisher möglich gewesen, in Griechenland ihre Existenz zu sichern. Zudem befänden sich Verwandte im Ausland, die bei entsprechender Notlage auch Unterstützung leisten könnten. Insoweit liege keine neue Erkenntnislage vor, die zu einer günstigeren Entscheidung führen könne. Einer erneuten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung bedürfe es gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht. Die erlassene Abschiebungsandrohung sei weiter gültig und vollziehbar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Bescheidsgründe Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Kläger ließen hinsichtlich des Bescheids vom 25. Mai 2018 am 4. Juni 2018 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben (Au 4 K 18.31033). Gleichzeitig beantragten sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen,

hilfsweise, im Wege der einstweiligen Verfügung festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat und die Antragsgegnerin zu verpflichten, der zuständigen Ausländerbehörde, der Zentralen Ausländerbehörde in Augsburg, mitzuteilen, dass bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen werden dürften.

Für den Fall, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe und das Gericht diese auch nicht anordne werde beantragt,

im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Antragsgegnerin zu verpflichten, die zuständige Ausländerbehörde anzuweisen, eine Abschiebung erst durchzuführen, wenn von griechischer Seite eine Zusicherung vorliege, dass für die Kläger zumutbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt werde.

Rechtsschutzziel sei es, dass das Asylbegehren der Antragsteller materiell geprüft werde, dass sie bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache in Deutschland bleiben dürften und gegebenenfalls erst abgeschoben würden, wenn von griechischer Seite eine Zusicherung vorliege, dass die Einreise legal sei.

Zur Vorgeschichte wurde insbesondere ausgeführt, der Antragsteller zu 1 sei im Frühjahr 2015 auf Grund der kriegerischen Verhältnisse in Syrien erneut nach Griechenland geflohen. Er habe keine Unterkunft vom griechischen Staat gestellt bekommen und habe bei einem Bekannten gegen Hilfsarbeiten, jedoch ohne Strom und Wasser, wohnen können. Die Antragstellerin zu 2, mit dem Antragsteller zu 1 seit 2014 verheiratet, sei dem Antragsteller zu 1 im Mai 2015 gefolgt. Beide hätten in der Unterkunft ohne Strom und heißes Wasser gelebt. Der Antragsteller zu 3 sei in Griechenland im Oktober 2015 geboren wurden; die Kosten für den nötigen Krankenhausaufenthalt seien den Antragstellern zu 1 und 2 in Rechnung gestellt worden. Bei zweimaliger Erkrankung des Antragstellers zu 3 mit hohem Fieber sei in Griechenland die Aufnahme in ein Krankenhaus verwehrt geblieben. Der Antragsteller zu 1 habe in Griechenland trotz intensiver Bemühungen keine Arbeit gefunden. Die wirtschaftliche Lage habe sich in Griechenland seit dem Erstaufenthalt des Antragstellers zu 1 von 2007 bis 2011 drastisch verschlechtert. Von der Caritas hätten sie Sachleistungen und Geldscheine erhalten, um nicht zu verhungern. Die Caritas habe dem Antragsteller zu 1 die Erledigung von Hilfsarbeiten ermöglicht und die Weiterreise der Antragsteller bezahlt. Die Antragsteller hätten sich dann zu einer Weiterreise in die Niederlande entschlossen. Dort sei im Dezember 2016 der Antragsteller zu 4 geboren worden. Die dortigen Ärzte seien erschüttert gewesen über die seitens der Antragstellerin zu 2 bei der ersten Geburt erlittenen Narben. Die Antragstellerin zu 2 sei seinerzeit in Griechenland nur sehr unzureichend versorgt worden. Der Asylantrag der Antragsteller sei in den Niederlanden im Jahr 2017 abgelehnt worden. Um nicht nach Griechenland abgeschoben zu werden, hätten die Antragsteller in der Bundesrepublik um Asyl nachgesucht. Nachdem nunmehr die griechische Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin zu 2 am 11. Mai 2018 abgelaufen sei, hätten die Antragsteller den Folgeantrag gestellt.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei statthaft. § 71 Abs. 4 AsylG verweise auf §§ 34, 35 und 36 AsylG; ein Fall der §§ 75 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liege nicht vor, so dass der Klage keine aufschiebende Wirkung zukomme. Es liege auch ein Bedürfnis für einstweiligen Rechtsschutz vor, unter anderem wegen der Wirkungen des § 37 Abs. 1 AsylG im Falle der Antragsstattgabe. Falls das Gericht von einer aufschiebenden Wirkung der Klage ausgehe, werde beantragt, dies festzustellen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dies der Ausländerbehörde mitzuteilen.

Die Antragsteller hätten Anspruch auf Fortführung des Asylverfahrens gem. § 71 Abs. 1 AsylG, da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen.

Die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin zu 2 sei am 11. Mai 2018 abgelaufen. Damit habe sich die Sach- und Rechtslage geändert. Das Bundesamt habe nicht geprüft, was dies für Folgen insbesondere bei einer Rückkehr der Antragstellerin zu 2 nach Griechenland habe. Es sei nicht klar, ob Griechenland die Aufenthaltserlaubnis wieder verlängern werde, da sich die Antragstellerin zu 2. seit dem Jahr 2016 außerhalb von Griechenland befinde. Ebenso sei nicht geklärt, ob die Aufenthaltserlaubnis der Antragsteller zu 1 und 3 auf Grund des Wegzugs aus Griechenland erloschen sei und ob der Antragsteller zu 4, der nicht in Griechenland geboren sei, legal nach Griechenland einreisen dürfe. Weiter liege keine Zusicherung von griechischer Seite vor, dass im Hinblick auf das Alter der Antragsteller zu 3 und zu 4 sofort nach Ankunft Wohnraum zur Verfügung stehe. Bei den Antragstellern handele es sich um eine besonders schutzbedürftige Gruppe (Familie mit Kleinstkindern).

Geklärt sei zwischenzeitlich, dass anerkannte Flüchtlinge in Griechenland erst nach 10 Jahren Aufenthalt Zugang zu Sozialleistungen hätten. Dies gelte zwar auch für griechische Staatsangehörige; allerdings hielten diese sich regelmäßig länger als 10 Jahre in Griechenland auf. Angesichts des Erlöschens des Aufenthaltstitels sei unklar, ob und wann ein weiterer Aufenthaltstitel in Griechenland ausgestellt werde und wo sich die Antragsteller bis dahin aufhalten dürften. Die Antragsteller befürchteten, auf der Straße leben zu müssen.

Damit seien die Antragsteller gezwungen, nach Syrien zurückzukehren. Dies käme einem Verstoß gegen das Refoulement-Verbot gleich. Es sei damit eine erneute Überprüfung erforderlich, ob den Antragstellern in Griechenland ein Überleben möglich sei.

Hinsichtlich der ungeklärten Fragen in Bezug auf Aufenthaltserlaubnisse sei Beweis durch Anfragen beim griechischen Innenministerium zu erheben. Bundesinnenministerium, Auswärtiges Amt und bayerisches Innenministerium hätten den Antragstellern diesbezüglich bisher keine erhellenden Auskünfte gegeben. Die Antragsteller würden selbst eine Anfrage an die griechische Botschaft stellen; jedoch habe dies das Bundesamt auf Grund seiner Amtsermittlungspflicht klären müssen.

Hinsichtlich der erloschenen Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin zu 2 liege ein neuer Sachverhalt vor. Hinsichtlich der möglicherweise kraft Gesetzes erloschenen Aufenthaltserlaubnisse der Antragsteller zu 1 und zu 3 sei darauf hinzuweisen, dass dies bislang ein Umstand ist, der im Bundesamtsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren nicht geprüft worden sei.

Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2018 wurden eidesstattliche Versicherungen der Antragsteller zu 1 und zu 2 vorgelegt, wonach die im Schriftsatz vom 4. Juni 2018 gemachten Angaben der Wahrheit entsprächen.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2018 wurde für die Antragsteller auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Juni 2018 betreffend die unzumutbare Situation anerkannt Schutzberechtigter in Griechenland verwiesen; dies müsse erst recht für die Antragsteller gelten, deren Aufenthaltserlaubnis abgelaufen bzw. erloschen seien.

Die Antragsgegnerin übermittelte am 11. Juni 2018 ihre Akten; in der Sache äußerte sie sich nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (auch der Verfahren Au 4 K 17.34738 / Au 4 S 17.34739 sowie Au 4 S 18.30009) sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird mittlerweile angesichts der Schaffung des – hier im streitgegenständlichen Bescheid herangezogenen – Unzulässigkeitstatbestands in § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG und der darauffolgenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine Entscheidung des Bundesamts, gem. § 71 AsylG kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, mit der Anfechtungsklage anzugreifen ist (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – BVerwGE 157, 18), die Frage uneinheitlich beantwortet, welche Form des einstweiligen Rechtsschutzes statthaft ist, wenn – wie hier – das Bundesamt gem. § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG keine erneute Abschiebungsandrohung erlässt (vgl. die Nachweise bei VG Würzburg, B.v. 10.10.2017 – W 8 E 17.33482 – juris Rn. 11).

Nachdem indes im Ergebnis Einigkeit herrscht, dass in der vorliegenden Konstellation (Ablehnung eines Asylfolgeantrags als unzulässig gem. § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG; keine erneute Abschiebungsandrohung) jedenfalls ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes – sei es über § 80 Abs. 5 VwGO sei es über § 123 VwGO, ggfs. auch in Kombination – statthaft ist, kann die Beantwortung dieser Frage hier offen bleiben. Das Gericht geht dabei davon aus, dass der Prüfungsmaßstab – unabhängig davon, nach welcher Norm einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren ist – identisch ist, nämlich, dass eine summarische, hier auch nicht nur ernstliche Rechtmäßigkeitszweifel umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Regelungen geboten ist.

Nachdem voraussichtlich von einer Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 25. Mai 2018 auszugehen ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO), besteht jedoch kein zureichender Grund für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Das Bundesamt hat voraussichtlich zu Recht hinsichtlich des Asylfolgeantrags der Antragsteller eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG getroffen, weil die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71 AsylG, § 51 VwVfG nicht vorliegen. Zwar war die Stellung eines Folgeantrags hier statthaft, denn als unanfechtbare Ablehnung eines Asylantrags i.S.d. § 71 Abs. 1 AsylG ist auch die Ablehnung eines Asylantrags gem. § 29 Abs. 1 AsylG anzusehen (vgl. Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, § 71 AsylG Rn. 7). Vorliegend ist die auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützte Ablehnung des ursprünglichen Asylantrags der Antragsteller im Bescheid vom 20. September 2017 durch die am 30. April 2018 erfolgte Rücknahme der hiergegen erhobenen Klage unanfechtbar geworden.

Der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens steht hier jedoch voraussichtlich bereits § 51 Abs. 2 VwVfG entgegen. Danach muss der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande gewesen sein, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Die Antragsteller machen vorliegend als Wiederaufgreifensgrund die abgelaufenen (Antragsteller zu 2 und 3), bzw. niemals existierenden (Antragsteller zu 4) bzw. gegebenenfalls kraft griechischen Rechts erloschenen Aufenthaltserlaubnisse geltend. All dies hätte jedoch ohne weiteres im gerichtlichen Verfahren Au 4 K 17.34738 betreffend den Bescheid vom 20. September 2017 (ursprünglicher Asylantrag) geltend gemacht werden können. Gem. § 77 Abs. 1 AsylG hat das Gericht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Im Verfahren Au 4 K 17.34738 war weder eine mündliche Verhandlung anberaumt, geschweige denn war eine gerichtliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergangen. Hätte das Verwaltungsgericht – wozu bereits eine Anhörung erfolgt war – mittels Gerichtsbescheid gem. § 84 VwGO entschieden, hätten die Kläger darauf ohne weitere Voraussetzungen binnen zwei Wochen mündliche Verhandlung beantragen können (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Tatsachen- und Rechtsprobleme bezüglich der Aufenthaltserlaubnisse hätten die Antragsteller damit ohne weiteres noch bis zur mündlichen Verhandlung aufwerfen können; gleiches gilt für eine Veränderung der Sachlage wegen abgelaufener Aufenthaltserlaubnisse (vgl. auch § 74 Abs. 2 Satz 4 AsylG, wonach das Vorbringen neuer Tatsachen und Beweismittel auch noch Ablauf der Klagebegründungsfrist unberührt bleibt). Vor diesen Hintergrund ist angesichts § 51 Abs. 2 VwVfG zu Lasten der Antragsteller zu berücksichtigen, dass sie, ohne eine Terminierung oder Entscheidung (Gerichtsbescheid) im Hauptsacheverfahren abzuwarten, die ursprüngliche Klage zurückgenommen, damit den ursprünglichen Bescheid haben bestandskräftig haben werden lassen und sich ohne Not selbst in die Folgeantragssituation begeben haben; zu einem Zeitpunkt (30.4.2018), in dem bereits absehbar war, dass die von den Antragstellern nunmehr geltend gemachte teilweise Ablauf der griechischen Aufenthaltserlaubnisse (11.5.2018) unmittelbar bevorstand und dies angesichts der regelmäßig geltenden Ladungsfrist von zwei Wochen (§ 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO) noch ohne weiteres angesichts § 77 Abs. 1 AsylG in oder vor einer mündlichen Verhandlung hätte geltend gemacht werden können. Die in § 77 Abs. 1 AsylG getroffene Regelung soll gerade dazu beitragen, den Streit über das Asyl- und Bleiberecht des Ausländers umfassend zu beenden und neue Verwaltungsverfahren möglichst zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 12/2062, S. 41). Diesem Gesetzeszweck sowie § 51 Abs. 2 VwVfG widerspricht es, wenn – wie seitens der Antragsteller – versucht wird, Sach- und Rechtsfragen, aber auch unmittelbar bevorstehende Änderungen der Sachlage nicht im Ausgangsverfahren geltend zu machen, sondern in ein Folgeantragsverfahren zu verlagern.

Daneben dürften auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht vorliegen. Soweit sich die Antragsteller auf ein mögliches Erlöschen ihrer Aufenthaltstitel wegen Verlassens Griechenlands im Jahr 2016 berufen, hat sich die Sachlage seit Abschluss des Erstverfahrens (Klagerücknahme am 30.4.2018) nicht geändert; diese Frage hätte sich – wie ausgeführt – bereits im Asylerstverfahren gestellt. Gleiches gilt für die hinsichtlich des Antragstellers zu 4 aufgeworfene Frage der Erteilung eines Visums.

Eine Änderung der Sachlage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG können die Antragsteller daher nur insoweit geltend machen, als für die Antragsteller zu 2 und 3 das Ablaufen der griechischen Aufenthaltserlaubnisse zum 11. Mai 2018 angeführt gemacht wird. Für die hier zunächst in Rede stehende Änderung der Unzulässigkeitsentscheidung gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG stellt dies allerdings keine Änderung der Sachlage zu Gunsten der Antragsteller dar, weil es insoweit nicht auf die den Antragstellern erteilte Aufenthaltserlaubnisse, sondern nach dem eindeutigen Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG auf den durch Griechenland zuerkannten internationalen Schutz ankommt. Dass insoweit eine Änderung der Sachlage eingetreten ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich; insbesondere nicht, dass die Gewährung internationalen Schutzes an die Dauer der Aufenthaltserlaubnis gekoppelt wäre. Auch Unionsrecht gebietet diese Auslegung, denn Art. 33 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie), auf dem § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG beruht, stellt wie die innerstaatliche Umsetzungsnorm ausschließlich auf die Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen EU-Mitgliedstaat ab. Auch das sonst einschlägige Unionsrecht differenziert eindeutig zwischen der Zuerkennung des Schutzstatus und der Erteilung eines Aufenthaltstitels an einen anerkannt Schutzberechtigten (vgl. Art. 24 der Richtlinie 2011/95/EU [Qualifikationsrichtlinie]); der Aufenthaltstitel folgt aus dem Schutzstatus, nicht umgekehrt.

Aber auch in Bezug auf Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG dürfte eine gem. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG beachtliche Änderung der Sachlage zu Gunsten der Antragsteller durch Ablauf der Aufenthaltserlaubnisse der Antragsteller zu 2 und zu 3 am 11. Mai 2018 nicht anzunehmen sein. Ganz generell ist davon auszugehen, dass Aufenthaltserlaubnisse anerkannt Schutzberechtigter auf Antrag erneuert werden können; bis zur Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis wird eine Antragsbestätigung erteilt (vgl. Asylum Information Database, Country Report: Greece, Stand 31.12.2017, S. 168, http://www.asylumineurope.org/sites/default/ files/report-download/aida_gr_2017 update.pdf). Es ist davon auszugehen, dass die Antragsteller in der Lage sein werden, dieses Antragsprozedere zu bewerkstelligen. Den Angaben des Antragstellers zu 1 bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 18. August 2017 lässt sich entnehmen, dass er bereits mit der Frage der Verlängerung einer griechischen Aufenthaltserlaubnis befasst war. Zudem ist er nach Wiedereinreise nach Griechenland im Jahre 2015 offenbar – im Gegensatz zum ersten Aufenthalt 2011 – ohne Probleme an eine Aufenthaltserlaubnis gekommen; insofern lag eine ähnliche Situation vor, wie sie nunmehr von den Antragstellern geltend gemacht wird. Was die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1 angeht, ist im Übrigen zu bemerken, dass dieser bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 18. August 2017 selbst angegeben hat, diese in Deutschland weggeworfen zu haben. Dass ein solch beweisvereitelndes Verhalten dem Betreffenden bei Stellung und Prüfung eines Asylfolgeantrags nicht zum Vorteil gereichen kann, versteht sich von selbst. Zudem ist, wie in den gerichtlichen Eilrechtsbeschlüssen zum Erstantrag ausgeführt, zu berücksichtigen, dass der Antragsteller zu 1. bereits von 2006 bis 2011 in Griechenland gelebt und gearbeitet und die griechische Gesellschaft ihm nicht fremd ist. Dafür spricht auch, dass es den Antragstellern möglich war, eine Ausreise von Griechenland bis in die Niederlande (mittels Flug und Zug) zu finanzieren, wobei die nunmehr behauptete Finanzierung durch die Caritas in nicht nachvollziehbarer Weise bei der Anhörung vor den Bundesamt im Erstverfahren nicht erwähnt wurde. Zudem hat der Antragsteller zu 1 gemäß der Anhörung der Antragstellerin zu 2 auch deren Ausreise aus Syrien bis nach Griechenland finanzieren können. Die Antragstellerin zu 2 hat im Erstverfahren vor dem Bundesamt angegeben, über Abitur, d.h. einen überdurchschnittlichen Bildungsabschluss zu verfügen. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es zumutbar, die Antragsteller auf die Beantragung eines erneuten Aufenthaltstitels in Griechenland zu verweisen und ist davon auszugehen, dass die Antragsteller eine solche Erlaubnis auch tatsächlich erhalten könnten. Es gilt nach wie vor, dass die Situation der Antragsteller anders zu beurteilen ist als die von anerkannt Schutzberechtigten, die (vollständig) neu in Griechenland Fuß fassen müssen. In diesem Zusammenhang ist weiter zu bemerken, dass die Angaben der Antragsteller über ihre Lebensbedingungen in Griechenland widersprüchlich sind. Der Antragsteller zu 1 hat nunmehr schriftsätzlich geltend gemacht, ab 2015 in Griechenland bei einem Mann gegen Hilfsarbeiten gewohnt haben zu dürfen. Bei der Anhörung vor dem Bundesamt im Erstverfahren hat er jedoch angegeben, bei einem Freund gewohnt und mit ihm zur Arbeit gegangen zu sein. Zudem haben die Antragsteller nunmehr vorgetragen, in Griechenland in einer Unterkunft ohne Strom und heißes Wasser gewohnt zu haben. Im Erstverfahren wurde demgegenüber angeführt, es habe Strom bis 17 Uhr gegeben; von der fehlenden Versorgung mit heißem Wasser wurde nicht berichtet. Damit fehlt es in Bezug auf Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG auch dem erforderlichen schlüssigen Vortrag der Antragsteller.

Was die generelle Situation der Kläger bei einer Rückkehr nach Griechenland angeht, ist diese in den gerichtlichen Beschlüssen betreffend das Ausgangsverfahren bereits zwei Mal gewürdigt worden; dass sich in der kurzen Zeit seit Abschluss des Erstverfahrens auf Grund der Klagerücknahme Änderungen ergeben haben, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die antragstellerseits angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin betrifft ersichtlich keine ganz aktuellen Entwicklungen, wie sich unter anderem aus dem Verweis auf eine Entscheidung des gleichen Gerichts vom 30. November 2017 ergibt, einem Zeitpunkt also, in dem das Erstverfahren noch anhängig war. Im Übrigen stellt diese Entscheidung offenbar pauschal auf sämtliche in Griechenland anerkannt Schutzberechtigten ab; im vorliegenden Fall ist jedoch, wie mehrfach gerichtlich ausgeführt, unter anderem maßgeblich zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller zu 1 die griechische Gesellschaft nicht fremd ist und er dort bereits gearbeitet hat. Deshalb ist, wie gleichfalls ausgeführt, auch davon auszugehen, dass die Antragsteller die erforderlichen Schritte zum Erhalt einer erneuten Aufenthaltserlaubnis unternehmen können.

Vor diesem Hintergrund sowie angesichts des Umstands, dass vorliegend nicht ein Asylerstantrag, sondern ein Folgeantrag gegenständlich ist und die Antragsteller die Ablehnung ihres ursprünglichen Asylantrags und die Nichtfeststellung von Abschiebungsverboten durch Klagerücknahme haben bestandskräftig werden lassen, besteht auch kein im Wege der einstweiligen Anordnung durchsetzbarer Anspruch der Antragsteller, dass die Antragsgegnerin die zuständige Ausländerbehörde anweist, eine Abschiebung erst nach Vorliegen einer Wohnraum betreffenden Zusicherung Griechenlands durchzuführen; abgesehen davon haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, woraus sich eine entsprechende Befugnis des Bundesamts zur Erteilung von Weisungen an die Ausländerbehörde ergeben könnte.

Im Übrigen wird auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom 25. Mai 2018 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Der Antrag war daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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