Die Klägerin zu 1 ist die Ehefrau, die Kläger zu 2 und zu 3 sind die minderjährigen (geboren am ... 2014 bzw. am ... 2017) Kinder des Herrn, dem durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Alle Kläger sind - wie Herr ... - syrische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1 und zu 2 reisten am 25. Juli 2016 im Wege des Familiennachzugs in die Bundesrepublik ein; der Kläger zu 3 wurde in der Bundesrepublik geboren.
Mit beim Bundesamt am 8. Januar 2018 eingegangenen Schreiben vom 27. Dezember 2017 wurden für die Kläger Asylanträge gestellt. Nach Anhörung am 16. Mai 2018 erkannte das Bundesamt den Klägern mit Bescheid vom 30. Mai 2018 - zugestellt am 7. Juni 2018 - den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte die Asylanträge im Übrigen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Die Kläger erhoben am 19. Juni 2018 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg. Zur Begründung wurde ausgeführt: In der Anhörung vor dem Bundesamt seien nicht alle kriegsbedingten Schäden, die sie erlitten hätten, genannt worden. Auch fühlten sie sich auf Grund ihrer sunnitischen Religionszugehörigkeit bedroht und verfolgt. In Syrien könnten sie auch aus Angst vor Entführungen nicht auf die Straße gehen. In ihrer Familie habe es viele unangekündigte Hausdurchsuchungen gegeben, u.a. durch die Polizei. Dabei seien auch Familienmitglieder verschleppt und erpresst worden.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2018 bestellte sich der Klägerbevollmächtigte.
Mit Beschluss vom 4. Oktober 2018 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2018 wurde die Klägerseite zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheids angehört. Die Beklagte hat auf eine solche Anhörung mit allgemeiner Prozesserklärung verzichtet.
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2018 trug der Klägerbevollmächtigte weiter vor. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass den Kindern die Flüchtlingseigenschaft gem. § 26 Abs. 2 AsylG zustehe, da der Vater bereits den Flüchtlingsstatus habe. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 AsylG seien von Amts wegen zu prüfen. Für die Klägerin zu 1 sei von einer Asylantragstellung bei der ersten Vorsprache bei der Ausländerbehörde auszugehen. Die Klägerin zu 1 habe auf die Möglichkeit der Stellung eines Familienasylantrags hingewiesen werden müssen; da dies nicht erfolgt sei, sei die Klägerin zu 1 so zu behandeln, als habe sie den Antrag unverzüglich gestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17. Oktober 2018 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakten verwiesen.
Das Klagebegehren ist - obwohl eine ausdrückliche Antragstellung nicht erfolgte - erkennbar so auszulegen, dass die Kläger die Zuerkennung die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Aufhebung des - den Asylantrag teilweise ablehnenden - Bescheids vom 30. Mai 2018 insoweit begehren, als der dem entgegensteht.
Die Klage ist zulässig und hinsichtlich der Kläger zu 2 und zu 3 begründet (1.); hinsichtlich der Klägerin zu 1 ist sie unbegründet (2.).
1. Die Kläger zu 2 und zu 3 haben Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 26 Abs. 5, Abs. 2 AsylG. Die insoweit erfolgte Ablehnung ihres Asylantrags in Ziffer 2 des Bescheides vom 30. Mai 2018 ist daher rechtswidrig und verletzt die Kläger zu 2 und zu 3 in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Kläger zu 2 und zu 3 sind die minderjährigen (vier Jahre bzw. ein Jahr alten) Kinder des Herrn, dem unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Dies haben die Kläger unbestritten so vorgetragen und ergibt sich für den Kläger zu 2 bereits aus der Tatsache, dass er im Wege des Familiennachzugs (d.h. zum bereits schutzberechtigten Vater) in die Bundesrepublik eingereist ist. Für das vorliegende Verfahren bestehen auch hinsichtlich des Klägers zu 3 keine Zweifel, dass er das Kind des Herrn ... ist, dessen Nachnamen er auch trägt.
Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mittlerweile entschieden hat (U.v. 16.10.2018 - 21 B 18.31010 - juris) setzt die Flüchtlingszuerkennung nach § 26 AsylG neben dem Asylantrag keinen weiteren, eigenständigen Antrag voraus. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 5, Abs. 2 AsylG - zu denen, anders als hinsichtlich der Klägerin zu 1, eine unverzügliche Asylantragstellung nicht gehört - waren daher im vorliegenden Verfahren zu prüfen und liegen, wie ausgeführt, vor, so dass der Klage der Kläger zu 2 und zu 3 stattzugeben war.
2. Der Klägerin zu 1 steht hingegen ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft weder aus eigenen Gründen (2.1) noch abgeleitet von ihrem Ehemann (2.2) zu. Ihr Asylantrag wurde daher in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheid insoweit zu Recht abgelehnt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
2.1 Flüchtling ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG nur, wer begründete Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe hat. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin zu 1 nicht vor.
Die Klägerin zu 1 ist nicht vorverfolgt aus Syrien ausgereist. Sie hat vor dem Bundesamt als Grund für ihren Asylantrag ausschließlich Umstände vorgetragen, die dem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Syrien zuzuordnen sind (vgl. ausdrücklich Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 4: „Wir haben Syrien wegen des Krieges verlassen“). Dementsprechend wurde der Klägerin mit dem streitgegenständlichen Bescheid subsidiärer Schutz gem. § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG gewährt. Auch die im Klageschreiben angeführten Erlebnisse sowie die Befürchtungen bei einer Rückkehr nach Syrien sind dem subsidiären Schutz zuzurechnen, da darunter auch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eben die individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) fällt. Für eine gerade die Klägerin zu 1 betreffende Verfolgungshandlung wegen eines Verfolgungsmerkmals (§ 3a, insbes. Abs. 3 AsylG) ist nichts erkennbar.
Für die Klägerin besteht auch kein gem. § 28 Abs. 1a AsylG beachtlicher Nachfluchtgrund. In der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Kammer folgt, ist geklärt, dass syrische Staatsangehörige im Falle einer Rückkehr über den Flughafen Damaskus oder eine andere staatliche Kontrollstelle von staatlichen Stellen nicht deshalb wegen einer (unterstellten) oppositionellen Haltung i.S.d. § 3 AsylG verfolgt werden, weil sie (illegal) aus Syrien ausgereist sind und in der Bundesrepublik Asyl beantragt haben (vgl. BayVGH, U.v. 12.12.2016 - 21 B 16.30338 und 21 B 16.30364; B.v. 27.3.2017 - 21 ZB 16.30349; zuletzt etwa B.v. 9.8.2018 - 21 ZB 18.31954 - Rn. 4). Kein gefahrerhöhendes Merkmal bzw. gefahrerhöhender Umstand ist dabei, dass die Klägerin sunnitischen Glaubens ist. In den Fällen, in denen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bei Klägern aus Syrien die Flüchtlingseigenschaft auf Grund einer Ausreise aus Syrien, einer Asylantragstellung und einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verneint hat, hat es sich überwiegend um Sunniten gehandelt (BayVGH, U.v. 12.12.2016 in den Verfahren 21 B 16.30338, 21 B 16.30364, 21 B 16.30371 - alle juris; U.v. 21.3.2017 - 21 B 16.31013 - juris). Auch andere Obergerichte gehen davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sunniten kein gefahrerhöhendes Merkmal ist (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 29.11.2017 - OVG 3 N 236.17 - juris Rn. 2; OVG Lüneburg, U.v. 12.9.2017 - 2 LB 750/17 - juris Rn. 55).
Weiter ist in der Rechtsprechung geklärt, dass den Angehörigen eines Militärflüchtigen im Falle der Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine flüchtlingsrechtlich relevante Reflexverfolgung droht (vgl. BayVGH, U.v. 20.6.2018 - 21 B 18.30825 - juris). Selbst wenn also beim Ehemann der Klägerin, weil er sich (noch) im wehrpflichtigen Alter von 18 bis 42 Jahren befindet, eine flüchtlingsrelevante Verfolgung angenommen würde, führte dies nicht zu einer nach § 3 AsylG beachtlichen Verfolgung der Klägerin zu 1.
2.2 Die Klägerin zu 1 hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 26 Abs. 5, Abs. 1 AsylG. Sie hat ihren Asylantrag entgegen § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AsylG nicht unverzüglich nach ihrer Einreise gestellt. Unverzüglichkeit liegt regelmäßig nur bei einer Asylantragstellung binnen zweier Wochen vor (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1997 - 9 C 35/96 - BVerwGE 104, 362 - juris Rn. 10; Günther, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Rn. 12 zu § 26 AsylG). Im vorliegenden Fall sind jedoch zwischen Einreise der Klägerin zu 1 (25.7.2016) und Antragstellung (8.1.2018 [Eingang des Antrags beim Bundesamt]) an die eineinhalb Jahre vergangen. Eine solche verzögerte Antragstellung kann - auch unter Berücksichtigung der persönlichen Lebensumstände der Klägerin zu 1 und ihrer Familie (vgl. BVerwG, a.a.O.) - und bei Zugestehung einer gewissen Überlegungszeit nicht mehr als unverzüglich gewertet werden.
Von einem früheren, konkludenten Asylantrag - einschließlich eines Antrags auf internationalen Schutz als Familienangehörige gem. § 26 AsylG - bei einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde kann nicht ausgegangen werden. Aus dem Schreiben der Kläger vom 27. Dezember 2017 ergibt sich eindeutig, dass erst dies ein Asylantrag i.S.d. § 13 AsylG gewesen ist; Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu 1 davon ausgegangen ist, bereits zu einem früheren - von ihr im Übrigen nicht benannten - Zeitpunkt um Asyl bzw. internationalen Schutz nachgesucht zu haben, lassen sich dem Schreiben auch nicht ansatzweise entnehmen.
Auf einen Beratungsfehler oder ein Informationsdefizit seitens der Ausländerbehörde kann sich die Klägerin zu 1 im Zusammenhang mit der fehlenden Unverzüglichkeit nicht berufen. Hiergegen spricht bereits, dass die Rechtsträger von Ausländerbehörde und Bundesamt nicht identisch sind, so dass nicht erkennbar ist, weshalb das Bundesamt ein Verhalten (oder Unterlassen) der Ausländerbehörde kennen bzw. ermitteln und sich zurechnen lassen müsste. Auch enthält der Wortlaut des § 26 AsylG für eine Beratungs- und Informationsverpflichtung, zumal der Ausländerbehörde, keinerlei Anhaltspunkte. Hinweispflichten, gerade zu möglichen Rechtsverlusten bei nicht (rechtzeitiger) Vornahme einer Verfahrenshandlung, sind im AsylG an zahlreichen Stellen (vgl. z.B. § 10 Abs. 7, § 33 Abs. 4 AsylG), aber nicht in § 26 AsylG oder im Zusammenhang mit dem internationalen Schutz als Familienangehöriger, normiert. Ansonsten sind Behörden ohne Anhaltspunkte nicht gehalten, einem Beteiligten ihre Hinweise aufzudrängen; eine Belehrungspflicht setzt einen konkreten Anlass der Beratung voraus (Kyrill-Alexander Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 25 VwVfG Rn. 14). Es ist aber nicht allgemein Aufgabe der Ausländerbehörde, Beteiligte über die Möglichkeit der Stellung von Asylanträgen, insbesondere über das Institut des „Familienasyls“ zu informieren. Um eine korrekte und sachgerechte Beratung diesbezüglich zu gewährleisten, müsste die Ausländerbehörde umfangreiche Nachfragen und Ermittlungen anstellen. Dies ginge über ihren Zuständigkeitsbereich hinaus. Überdies lässt sich dem allgemeinen Grundsatz des § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wonach der Asylantragsteller selbst die für seinen Asylantrag relevanten Angaben machen muss, entnehmen, dass es Sache des Asylantragstellers ist, die nötigen Schritte zu unternehmen oder jedenfalls einzuleiten, um zu seinem Schutzanspruch zu kommen. Regelmäßig - und so auch hier - korrespondieren mit rechtlichen Möglichkeiten (hier: Antrag gem. § 26 AsylG) auch Pflichten, sich hinsichtlich möglicher Ansprüche kundig zu machen. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der Ehemann der Klägerin genügend Zeit und Möglichkeiten besaß, sich über die asylrechtlichen Möglichkeiten seiner Gesamt-Familie zu informieren. Nachdem sich die Klägerin nunmehr auf die Flüchtlingsanerkennung ihres Ehemanns beruft, ist es daher nicht sachgerecht, allein auf ein Informationsdefizit der Ausländerbehörde abzustellen.
Die Klage der Klägerin zu 1 war daher abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 84 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3, § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.