Die Kläger ist nach seinen Angaben äthiopischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Oromo und sei am 29.06.2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, nachdem er sein Heimatland bereits 2013 verlassen habe. Er stellte am 03.09.2015 Asylantrag.
Anlässlich seiner Anhörung beim Bundesamt am 20.02.2017 gab der Kläger an, er habe einen Kebele-Ausweis besessen, diesen jedoch in der Wüste Sahara verloren. Bis zur Ausreise habe er sich in Oromia, I. im Dorf Y. aufgehalten. Er habe dort mit seinen Eltern gelebt, die dort auch noch lebten. Es habe sich um das Haus seines Vaters gehandelt. Die Flucht habe insgesamt 130.000 Birr gekostet, sein Vater habe dafür Vieh verkauft, außerdem habe er einen Kaffeeacker. Im Heimatland habe der Kläger neben seinen beiden Elternteilen noch zwei Brüder, zwei Tanten, zwei Onkel und eine Schwester. Er habe die 8. Klasse abgebrochen, sei Schüler gewesen, seine Eltern hätten ihn finanziert. Der Kläger bejahte die Frage, ob er politisch aktiv gewesen sei.
Befragt nach den Gründen für seine Ausreise gab der Kläger an, im Oktober 2012 habe es eine Versammlung in der Schule gegeben. Die hätten ihnen erlaubt, alle Fragen zu stellen. Sie hätten jeden Namen von den Fragenden aufgeschrieben. Der Kläger habe ihnen vertraut, er habe sie gefragt, warum den Oromo das Land weggenommen werde, warum sie enteignet würden. Die Regierung würde das Land an ausländische Investoren verkaufen, während ihr Volk in Armut lebe, das sei die erste Frage gewesen. Die zweite Frage sei gewesen, dass seit 2006 versprochen worden sei, Elektrizität zu installieren, nach vier Jahren sei es immer noch nicht fertig. Der Kläger habe die Namen der fremden Investoren, die das Land weggenommen hätten, auch genannt. Die Versammlung sei abgeschlossen gewesen, er sei wieder zur Schule gegangen.
Eines Tages sei er von der Schule heim, drei Tage später seien drei Polizisten zu ihm nach Hause gekommen, sie hätten ihn zusammengeschlagen. Sie hätten ihn direkt zum Richter gebracht. Dieser habe gesagt: „Du bist angeklagt wegen Propaganda des Regierungsumsturzes, wir haben beschlossen, dich sechs Monate lang ins Gefängnis zu stecken“. Sie hätten gesagt, der Kläger sei Schüler, aber unter ihm müsse eine Untergrundorganisation stehen, entweder OLF oder andere. Im Gefängnis hätten sie ihn viel geschlagen, es habe morgens und abends Verhöre gegeben, um zu wissen, mit wem der Kläger arbeite, von wem er Anweisungen bekomme usw.. Nach sechs Monaten sei er freigelassen worden. Er sei zu seiner Schule gegangen. Der Schulleiter habe gesagt, dass er zusätzlich zur Haftstrafe auch zwei Jahre Schulverbot erhalten habe. Der Kläger sei nach Hause zurückgekehrt. Er sei mit seinem Vater zum Richter gegangen und sie hätten gefragt, ob die sechs Monate nicht genügten und das Schulverbot aufgehoben werden könnte. Der Richter habe ihm geraten, wenn der Kläger am Leben bleiben wolle oder nicht ins Gefängnis gesteckt werden möchte, solle er lieber nach Hause gehen und dort bleiben. Die Dorfverwaltung habe auch seine Ausweise, den Kebele-Ausweis und den Studentenausweis eingezogen. Auf Vorhalt, dass der Kläger den Kebele-Ausweis doch in der Wüste verloren habe, gab dieser an, nein, nur den Studentenausweis hätten sie eingezogen. Dann sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als seinem Vater sieben Monate lang bei der Arbeit zu helfen.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im April 2013 habe es im ganzen Land Demonstrationen wegen des Masterplans der Regierung gegeben. Eine solche Demonstration habe auch im August 2013 in Y* … stattgefunden, an der auch der Kläger teilgenommen habe. Er habe bei der Organisation mitgeholfen, Spitzel hätten ihn verraten. Die Polizei hätte gesagt, trotz seiner sechsmonatigen Haft habe er nicht aufgehört, sich gegen die Regierung aufzulehnen. Sie hätten ihn ein weiteres Mal ins Gefängnis stecken wollen. Ein Freund seines Vaters, der Polizist gewesen sei, habe seinen Vater angerufen und von dem Vorhaben der Polizei erzählt. Der Vater des Klägers habe diesen in derselben Nacht mit einem Lkw nach Addis Abeba zu einem Onkel gebracht. Der Kläger habe sich dort einen Monat aufgehalten, bis dahin habe er nicht die Absicht gehabt, sein Land zu verlassen, er habe eigentlich die Schule beenden und der Gesellschaft dienen wollen. Der Onkel habe den Vater angerufen, er habe gesagt, der Kläger wolle zurück in die Heimat, was solle der Onkel machen. Der Vater des Klägers habe erwidert, um Gottes Willen, alle seine Freunde würden gejagt und verhaftet und man wisse nicht, was mit ihnen passiert sei, der Kläger dürfe auf keinen Fall zurück. Darauf habe der Onkel dem Kläger geraten, lieber das Land zu verlassen. Der Kläger dürfe nicht an eine Rückkehr in die Heimat denken. Dann habe der Onkel die Flucht mit den Schleusern abgesprochen, organisiert und bezahlt und den Kläger in den Sudan geschickt.
Das Bundesamt warf die Frage auf, dass der Kläger nach seiner Verhaftung sieben Monate lang in dem Haus seiner Eltern gelebt und dem Vater geholfen habe und ob ihm in diesen sieben Monaten etwas zugestoßen sei. Hierzu gab der Kläger an, es habe in diesen sieben Monaten nicht nur Ruhe gegeben, weil auf dem Weg zur Arbeit und zurück die Polizei und die örtliche Verwaltung ihn immer angesprochen und ihm Angst eingejagt hätten. Sie hätten gesagt, sie behielten den Kläger im Auge, er solle nicht denken, dass er ohne ihr Wissen etwas machen könne, sie würden ihn auf jeden Schritt und Tritt verfolgen. Auf diese Weise habe der Kläger die sieben Monate verbracht mit der Angst, dass sie ihm heute oder morgen etwas antun würden. Das Bundesamt hielt dem Kläger vor, dass dann umso weniger verständlich erscheine, warum er an der Organisation trotzdem teilgenommen und diese sogar mitorganisiert habe. Der Kläger gab hierzu an, nicht nur er, das ganze Volk sei eingeschüchtert von der Regierung. Ihr Land werde geraubt, täglich gäbe es Verhaftungen und Tötungen. Alle lebten unter Angst und ohne jegliche Rechte. Ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als auf die Straße zu gehen. Das Bundesamt hielt dem Kläger vor, dass er dann sehenden Auges, dass ihm nach der Teilnahme an der Demonstration die Verhaftung oder Schlimmeres drohe, mitgemacht habe. Hierzu führte der Kläger aus, er habe ja auch in der Schule damals geglaubt, dass er jede Frage stellen dürfe, das habe er dann auch getan. Auch später habe die Regierung propagiert, dass man seine Meinung frei äußern könne. Auf weiteren Vorhalt des Bundesamts, dass man den Kläger doch persönlich gewarnt habe und wie er an anderweitige allgemeine Aussagen der Regierung habe glauben können, führte der Kläger aus, es sei auch nicht um ihn, sondern um sein Volk gegangen. Auf Vorhalt, dass dies dem Bundesamt zu pauschal sei und es um den Kläger gehe und dass man doch dem Kläger persönlich gedroht habe, dass man ihn immer im Auge habe und wie der Kläger dann habe glauben können, dass ihm nichts passieren würde, führte er aus, er habe so viel Wut im Bauch gehabt. Die hätten ihn aus der Schule geworfen, sie hätten ihn ins Gefängnis gesteckt. Auf weiteren Vorhalt, dass dann umso mehr gelte, dass der Kläger Angst vor noch schlimmeren Konsequenzen hätte haben müssen, gab er an, das Bundesamt wisse nicht, wenn das ganze Volk auf die Straße gehe, dann könne doch nicht der Kläger zu Hause alleine sitzen, man würde denken, er sei ein Spitzel, was hätten seine Freunde und Bekannten gedacht.
Auf Frage, inwiefern er die Demonstration mitorganisiert habe, gab der Kläger an, die Demonstrationen würden meist von Studenten außerhalb ihres Dorfes organisiert. Bei ihnen habe es einen Mann namens K.T. gegeben, er sei ein angesehener Bürger. Er habe die Demonstration in die Hand genommen und habe Flugblätter an „uns“ Helfer verteilt. Auf Nachfrage, wie der Kläger mit diesem Mann in Kontakt gekommen sei, gab er an, er habe Studenten zu ihnen geschickt mit den Flugblättern. Auf weitere Nachfrage, wie die Studenten auf den Kläger gekommen seien, gab dieser an, diese Studenten seien nicht zum ersten Mal in ihre Schule gekommen und hätten ihnen das Leid der Oromo erzählt. Auf Vorhalt, dass der Kläger zu dieser Zeit aber doch gar nicht in der Schule gewesen sei, führte er aus, er habe die Studenten persönlich gekannt. Obwohl er nicht zur Schule gegangen sei, seien das schon seine Freunde gewesen. Auf weitere Frage, wo genau man dem Kläger die Flugblätter ausgehändigt habe, nachdem das ja nicht in der Schule gewesen sein könne, führte er aus, er habe Fußball mit seinen ehemaligen Freunden gespielt, sie träfen sich jeden Tag am Fußballfeld. Um 18.00 Uhr nach dem Spiel hätten sie ihn zur Seite genommen und die Flugblätter eingesteckt, weil es gefährlich gewesen sei, mit ihnen frei herumzulaufen. Auf weitere Frage, wie der Kläger diese dann verteilt habe, führte er aus, sie hätten diese Papiere erst in der Nacht verteilt, wenn alle geschlafen hätten. Überall auf dem Boden, damit sie am nächsten Tag gefunden würden. So habe die Polizei nicht herausfinden können, wer sie verteilt habe. Auf Vorhalt, dass dann doch die Polizei diese Flugblätter auch gefunden haben müsste und ob nicht versucht worden sei, die Demonstration schon im Vorfeld zu unterbinden, führte der Kläger aus, dass sei richtig, aber das sei es ja gewesen, was sie gewollt hätten. Die örtlichen Polizeikräfte hätten sowieso nicht so viele Mitarbeiter, um das ganze Dorf von der Demonstration abzuhalten. Nicht alle Polizisten seien ihre Feinde, auch sie seien Oromo, das sei die Regierung, die sie benachteilige und gegen sie sei. Auf Bitte des Bundesamts benannte der Kläger die Namen zweier Studenten, von denen er die Flugblätter erhalten habe. Auf Frage, ob der Kläger nicht in Addis Abeba hätte bleiben können bzw. wie man ihn dort hätte finden sollen, führte er aus, einmal sei ihm die Schulmöglichkeit verwehrt. Wenn er in Addis Abeba die Schule hätte besuchen wollen, hätte er Papiere gebraucht. Er hätte auch eine Abmeldebestätigung von der ehemaligen Verwaltung benötigt. Ohne Dokumente dort zu bleiben, sei gefährlich, wenn man danach gefragt werde, müsse man sich ausweisen. Die Polizei jage außerdem die Teilnehmer der Demonstration, manche seien verschwunden, diese Angst habe ihm noch in den Knochen gesessen, er habe Angst gehabt, dass er dasselbe Schicksal erleiden würde.
Auf Nachfrage, wie man den Kläger hätte ausfindig machen sollen, nachdem es keine Fahndungsfotos von ihm gegeben habe und sie auch sonst keinerlei Papiere gehabt hätten, anhand derer man den Kläger hätte finden können, führte der Kläger aus, dieser Entschluss sei nicht von ihm allein gekommen, er habe zurückgewollt, aber sein Vater habe gesagt, es komme nicht infrage. Auch in Addis Abeba habe er nicht allein den Entschluss gefasst, er habe sich mit seinem Onkel beraten, er habe auch von seiner Seite Freunde und Bekannte zurate gezogen, was man mit dem Kläger machen solle, was das Beste sei. Alle hätten ihm geraten, ihm aus dem Land zu verhelfen. Das sei nicht sein eigener Entschluss gewesen, er habe das Land gar nicht verlassen wollen.
Auf Vorhalt, ob der Kläger das Land nicht habe verlassen wollen, weil er keine Angst vor Verfolgung gehabt habe, gab er an, er habe sicherlich eine große Angst gehabt, aber gedacht, dass sich vielleicht nach einer gewissen Zeit die Lage beruhige und er wieder zur Schule gehen und normal leben könne. Aber nach intensiver Beratung habe sich dieser Entschluss ergeben. Das Land habe sich kurz vor dem Bürgerkrieg befunden, die Menschen in Äthiopien lebten in einem Ausnahmezustand. Auf Frage, was er bei einer Rückkehr in sein Heimatland befürchte, gab der Kläger an, er habe Angst davor, wie jeder Oromo, umgebracht oder lange ins Gefängnis gesteckt zu werden. Auf Vorhalt, dass aber doch nicht jeder Oromo getötet oder inhaftiert werde, führte der Kläger aus, 50% der Oromo arbeiteten für die Regierung und die anderen 50%, außer die Kinder und die Alten, also die Jugendlichen, säßen zu Tausenden im Gefängnis. Die bei der Anhörung anwesende Bevollmächtigte gab an, sie habe keine Fragen an den Kläger. Gefragt nach Gründen, die im Rahmen der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu berücksichtigen seien, gab der Kläger an, er habe hier seine Frau und sein Kind.
Mit Bescheid vom 13.04.2017 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Nr. 1). Zugleich wurde der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt (Nr. 2), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt (Nr. 3) sowie festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Klageverfahrens. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Äthiopien abgeschoben. Der Kläger könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne der entsprechenden Definition. Zwar könne die vom Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland befürchtete Tötung eine relevante Verfolgungshandlung darstellen. Allerdings lasse sich den Einlassungen des Klägers keine begründete Furcht vor einer solchen entnehmen. Furcht vor Verfolgung meine, dass aus der Perspektive des Klägers hinreichend konkrete Anhaltspunkte für die Annahme vorlägen, dass Akteure i.S.d. § 3d AsylG Maßnahmen beabsichtigten, die als Verfolgung zu qualifizieren seien. Begründet sei die Furcht dann, wenn aus der Perspektive des Klägers eine Lage entstanden sei, bei der ein weiterer Aufenthalt im Staat deshalb unzumutbar sei und eine Flucht deshalb zur Vermeidung von schweren Menschenrechtsverletzungen geboten sei. Aus der Perspektive des Klägers sei eine solche Furcht gerade nicht begründet gewesen. Er habe selbst mehrmals betont, während des einmonatigen Aufenthaltes bei seinem Onkel in Addis Abeba, nachdem er an der Demonstration teilgenommen habe und von der Polizei gesucht worden sein solle, zu keinem Zeitpunkt an ein Verlassen seines Heimatlandes gedacht zu haben. Im Gegenteil, er habe in seinen Heimatort zurückgehen wollen. Der Entschluss, das Heimatland zu verlassen, sei nicht sein eigener gewesen. Erst auf den Rat seines Vaters, des Onkels und der Freunde und Bekannten des Onkels habe er den Entschluss gefasst, außer Landes zu fliehen. Der Kläger habe seinen eigenen Aussagen zufolge allenfalls ein ungutes Gefühl gehabt, eine für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erforderliche begründete Furcht vor Handlungen, die eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte verursachen könnten, habe er aus der eigenen Perspektive, auf die abzustellen sei, nicht verspürt. Es sei auch nicht ersichtlich, woraus sich die Furcht hätte ergeben können. Zwar solle der Vater dem Onkel gegenüber am Telefon davon berichtet haben, dass die Freunde des Klägers gejagt und verhaftet worden seien und der Kläger aus diesem Grund nicht wieder zurückkommen könne. Davon, dass nach dem Kläger selbst gesucht worden sei, habe er gerade nicht erzählt. Dem Kläger sei während seines einmonatigen Aufenthaltes in Addis Abeba auch nichts passiert, woraus die begründete Furcht im obigen Sinne hätte entstehen können.
Weiter lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nicht vor. Der Kläger habe zwar vorgetragen, bei einer Rückkehr in sein Heimatland zu befürchten, getötet oder lange ins Gefängnis gesteckt zu werden. Zumindest stelle die Tötung eine unmenschliche Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG dar. Auch könne eine unverhältnismäßig lange Haftstrafe darunter fallen. Allerdings habe der Kläger hierfür keine stichhaltigen Gründe vorgetragen. Nach seinen eigenen Angaben habe er Äthiopien nicht aus eigenem Entschluss, sondern erst auf Anraten seines Vaters und Onkels verlassen. Daraus sei abzuleiten, dass er gerade keine Furcht vor einem ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 AsylG gehabt habe (auf die vorherigen Ausführungen wurde verwiesen). Es seien auch keine Abschiebungsverbote gegeben. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Bei Rückkehr nach Äthiopien könne im Allgemeinen von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Nicht verkannt werde, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht in allen Landesteilen Äthiopiens und nicht zu jeder Zeit gesichert sei. Zuletzt sei berichtet worden, dass im Norden und Nordwesten infolge einer ausgeprägten Dürreperiode über zehn Millionen Äthiopier Nahrungsmittelhilfen benötigt, die aber von den äthiopischen Behörden zum Großteil selbst erbracht bzw. durch Hilfe aus dem Ausland sichergestellt sei. Das Land profitiere von Reformschritten wie der Liberalisierung des Agrarmarktes, der Preisfreigabe für Agrarprodukte und deren freie Vermarktung, die zu einem deutlichen Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion geführt hätten, so dass Äthiopien grundsätzlich selbst in der Lage sei, genügend Lebensmittel für die eigene Bevölkerung zu produzieren. UN-World Food Programme, das UN-Office for the Coordination of Humanitarian Affairs und andere internationale Partner würdigten den Einsatz der äthiopischen Regierung im Kampf gegen Nahrungsmittelknappheit und sähen die erzielten Fortschritte als beispielhaft für andere Länder. In den vergangenen Jahren habe sich Äthiopien zudem zu einer der am schnellsten wachsenden Ökonomien entwickelt. Offizielle Statistiken zeigten ein durchschnittliches BIP-Wachstum von rund neun bis zehn Prozent. Fakt sei auch, dass Äthiopien die globale Wirtschaftskrise besser als die meisten anderen Entwicklungsländer habe bewältigen können. Somit könne davon ausgegangen werden, dass zumindest in den meisten Regionen, in jedem Fall aber in Addis Abeba, eine - wenn auch häufig sehr bescheidene - Existenzsicherung gewährleistet sei. Dies gelte insbesondere für Rückkehrer aus dem Ausland, die über besondere Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügten. Grundsätzlich sei es möglich, sich bereits mit geringfügigen Mitteln eine Existenzgrundlage zu schaffen. Im Übrigen lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Rückkehrer von einer Nahrungsmittelhilfe ausgeschlossen wären.
Der Kläger verfüge nach eigenen Angaben über ein aus seinen Eltern, zwei Brüdern, einer Schwester sowie zwei Tanten und zwei Onkeln bestehendes familiäres Netz. Nach den Gegebenheiten im Herkunftsland könne er sich auf die Unterstützung seiner Familienangehörigen verlassen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Eltern und Onkel des Klägers ihm nicht mehr ihre Hilfe anbieten sollten, nachdem sie ihm vor der Flucht helfend zur Seite gestanden seien. Der Kläger gehöre außerdem zur Gruppe der gesunden jungen und erwerbsfähigen Männer. Somit könne er auch durch einfache Tätigkeiten zumindest ein Existenzminimum aufbauen und seinen Lebensunterhalt verdienen. Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.
Am 25.04.2017 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigte Klage gegen den Bescheid vom 13.04.2017 erheben mit dem Antrag:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 13.04.2017, Geschäftszeichen …, wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen,
hilfsweise, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, hilfsweise den subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen,
hilfsweise festzustellen, dass die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.
Mit Beschluss vom 23.04.2018 hat das Gericht den Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit weiterem Beschluss vom 30.05.2018 wurde ein Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte samt Sitzungsniederschrift und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Weiter beigezogen wurde die für die Ehefrau/Lebensgefährtin des Klägers und dessen Tochter geführte Bundesamtsakte Az. … Deren Klagen hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27.06.2018 abgewiesen (Az. B 7 K 17.31492).
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angegriffene Bescheid vom 13.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dieser hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf Zuerkennung internationalen Schutzes. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die weiteren Entscheidungen im angefochtenen Bescheid erweisen sich als rechtmäßig.
In der Sache selbst schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur Sache sowie zur Klage das Folgende auszuführen:
1. Das Gericht konnte sich nicht die erforderliche Überzeugung verschaffen, dass der Kläger sein Heimatland aus asyl- bzw. flüchtlingsrechtlich relevanten Gründen verlassen hätte.
a) Dem Kläger droht wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo in Äthiopien keine Gruppenverfolgung im Rechtssinne, wobei nach § 77 Abs. 1 AsylG auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist. Grundsätzlich kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer zwar nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmales verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden Gruppen gerichteten Verfolgung setzt dabei voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine in zumutbarer Weise erreichbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht (vgl. VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 – Au 5 K 16.31853 – juris m.w.N.).
Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Dabei wird nicht verkannt, dass es durchaus immer wieder zu unterdrückenden und diskriminierenden Handlungen wie auch zur Verletzung von Menschenrechten von Volkszugehörigen der Oromo kommt. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Bevölkerungsgruppe der Oromo einen ganz wesentlichen Anteil der Gesamtbevölkerung Äthiopiens ausmacht. Bezieht man dies mit ein, so wird die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen klar nicht erreicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; s.a. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.03.2018 – Gz. 508-516.80/3 - ETH).
b) Aus dem individuellen Vortrag des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm ein Anspruch auf Zuerkennung einer der geltend gemachten Rechtspositionen zustehen würde.
Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid ausführlich begründet, aus welchen Gründen die Zuerkennung einer der begehrten Ansprüche nicht in Betracht komme.
Auch auf der Grundlage des Vortrags im gerichtlichen Verfahren und insbesondere der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung besteht kein Anlass für eine abweichende Beurteilung. Im Hinblick auf die zeitlichen Zusammenhänge betreffend die Vorgänge, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausreise gestanden haben sollen, ergeben sich gravierende Ungereimtheiten, die der Kläger nicht ansatzweise plausibel auflösen konnte. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben, nach der Versammlung in der Schule, die er gegenüber dem Bundesamt auf Oktober 2012 datiert hat (vgl. S. 4 der Anhörungsniederschrift), seien ungefähr fünf bis sechs Tage verstrichen, bis die Polizei zu Hause beim Kläger erschienen sei (S. 3 der Niederschrift). Der Kläger möchte dann für sechs Monate inhaftiert gewesen sein (S. 4 der Anhörungsniederschrift). Demnach müsste die Entlassung des Klägers im April oder Mai 2013 erfolgt sein. Die Demonstration in Y* … konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung zeitlich nurmehr dahin einordnen, dass sie im Jahr 2013 gewesen sei (S. 3 der Niederschrift); nach seinen Angaben beim Bundesamt sei diese Demonstration im August 2013 gewesen (S. 4 der Anhörungsniederschrift). Nach der Demonstration habe der Kläger am nächsten Tag erfahren, dass er wieder hätte in Haft kommen sollen (S. 4 der Niederschrift). Der Kläger möchte seinem Vater sieben Monate lang bei der Arbeit geholfen haben, nachdem man seinen Ausweis nach der Freilassung aus dem Gefängnis eingezogen habe (S. 4/5 der Anhörungsniederschrift). Ausgehend von dieser Angabe müsste der Kläger seinem Vater also bis ca. November/Dezember 2013 geholfen haben. Andererseits soll – wie ausgeführt – die Demonstration in Y* … bereits im August 2013 gewesen sein und nach dieser Demonstration habe der Kläger am nächsten Tag erfahren, dass er wieder hätte in Haft kommen sollen. Noch in derselben Nacht möchte der Kläger nach Addis Abeba gebracht worden sein. Damit wird deutlich, dass die zeitlichen Angaben nicht plausibel in Einklang zu bringen sind. Angesprochen auf diese Problematik hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt, er sei im Januar 2012 in Haft gekommen und im Juni 2012 wieder freigekommen. Bis zur Demonstration habe er sich zu Hause aufgehalten (S. 4 der Niederschrift). Mit diesen Angaben hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung einen erheblich abweichenden zeitlichen Ablauf behauptet, der jedoch mit den übrigen Angaben u.a. zur Demonstration und seiner Ausreise nicht zusammenpasst. Im weiteren Gang der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Demonstration, die er zuvor auf das Jahr 2013 datierte, auf einmal im November 2012 verortet; bereits in diesem Monat sei er nach Addis Abeba gegangen, er habe Äthiopien dann Anfang 2013 verlassen (S. 5 der Niederschrift). Demgegenüber hat der Kläger beim Bundesamt deutlich von einer Ausreise Ende 2013 berichtet (S. 2 der Anhörungsniederschrift). Auf weitere Ungereimtheiten hatte bereits das Bundesamt hingewiesen. So erscheint sehr fragwürdig, wenn der Kläger zunächst angibt, er habe seinen Kebele-Ausweis in der Wüste Sahara verloren, dann jedoch mitteilt, die Dorfverwaltung habe seine Ausweise, den Kebele-Ausweis und den Studentenausweise, eingezogen (S. 2, 4 der Anhörungsniederschrift). Ebenso verwundert, dass nach der beim Bundesamt angebrachten Version der Geschichte des Klägers allein davon die Rede war, dass ein Polizist mit dem Vater des Klägers telefoniert und gesagt habe, dass der Kläger wieder hätte in Haft kommen sollen (S. 4/5 der Anhörungsniederschrift). Von einem Kontakt des Klägers mit einem weiteren Polizisten, der den Kläger persönlich angesprochen und gewarnt habe (S. 4 der Niederschrift), war demgegenüber lediglich in der mündlichen Verhandlung die Rede.
Insgesamt erreichen die Widersprüche und Ungereimtheiten einen so erheblichen Grad, dass dem Kläger die von ihm geltend gemachte Fluchtgeschichte nicht geglaubt werden kann. Vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger Geschichten zurechtgelegt hat, die seine Chancen im Asylverfahren verbessern sollten, die er so jedenfalls aber im Heimatland nicht selbst erlebt hat. In rechtlicher Hinsicht ist damit davon auszugehen, dass der Kläger sein Heimatland verlassen hat, ohne dass eine Vorverfolgung im Sinne des Asyl- und Flüchtlingsrechts vorgelegen hat.
2. Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland droht.
In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuellen politischen Entwicklungen berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es – auch nach der aktuellen Lage – für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und insbesondere in welcher Art und in welchem Umfang der Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 – B 2 K 16.31139; s. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180; zum Maßstab vgl. VGH BW, U.v. 30.5.2017 – A 9 S 991/15 – alle juris).
Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.03.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt – soweit bekannt – ohne Konsequenzen. Der Lagebericht vom 22.03.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.02.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein, hält aber gleichwohl an der bisherigen Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern fest (vgl. S. 18 des Lageberichts vom 22.03.2018; S. 16 des Lageberichts vom 06.03.2017).
In einer Auskunft vom 30.01.2017 an das VG Gießen geht das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG davon aus, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr keinesfalls ausgeschlossen werden könne. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass im Rechtssinne von einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit insbesondere auch von nur einfachen Mitgliedern (sog. „Mitläufer“, ohne dass damit ein Werturteil verbunden wäre) im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien auszugehen wäre (vgl. VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris).
G. Sch. geht in seiner Stellungnahme vom 15.02.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache Az. 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie Sch. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.02.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. Sch. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Sch. nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 – verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.02.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass Sch. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds/Unterstützers einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.02.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.02.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.02.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.02.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – beide juris).
Auch unter Einbeziehung der Stellungnahme G. Sch. vom 18.02.2018 an das VG Würzburg ergibt sich kein hiervon abweichendes Ergebnis. Zwar kommt G. Sch. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wieder eingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.02.2018), während in der Stellungnahme vom 15.02.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.02.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.02.2018). Anderseits führt Sch. in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.02.2018 aus, aufgrund des neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.02.2018 schienen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Damit ist aber weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustands 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn andererseits keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten sollen.
Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation, die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet. Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 m.w.N. – alle juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch diesen nicht verborgen geblieben sein kann, dass bei einer Vielzahl von äthiopischen Asylbewerbern weniger politische Interessen maßgeblich sind als vielmehr das Bemühen, sich im Asylverfahren eine günstigere Ausgangsposition zu verschaffen. Im Hinblick darauf ist es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten und gegen diese im Falle ihrer Rückkehr in einer Art und Weise vorgehen, dass die für eine Schutzgewährung anzulegende Schwelle (vgl. z.B. § 3a Abs. 1 AsylG, § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG) erreicht wird.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Rückkehr oder Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger hat erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptet, er sei seit November 2015 Mitglied der TBOJ/UOSG und besuche einmal im Monat öffentliche Versammlungen in Nürnberg. Ferner habe er an zwei Demonstrationen teilgenommen (S. 5/6 der Niederschrift). Eine entsprechende Bescheinigung hat der anwaltlich vertretene Kläger nicht vorgelegt, so dass sein exilpolitisches Engagement nur behauptet, nicht aber durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen glaubhaft gemacht wurde. Unabhängig davon handelt es sich, wenn man die Richtigkeit seiner Angaben unterstellt, bei dem Kläger bei qualitativer und quantitativer Betrachtung um einen reinen „Mitläufer“ der exilpolitischen Bewegung in Deutschland. Sein Engagement ist in keiner Weise herausgehoben, sondern bewegt sich in einem Rahmen, der – wie dem Gericht aufgrund einer Vielzahl von Verfahren bekannt ist – für die breite Masse der Mitglieder der exilpolitischen Vereinigungen kennzeichnend ist. Die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers führen daher nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.
3. Nach allem ist die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.