Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 17 K 1883/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der gewerblichen Sammlung von Altkleidern im Kreisgebiet des Beklagten.
3Bei der „B. U. “ handelt es sich um einen Zusammenschluss privater Unternehmungen der Textilbranche in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Gemäß Kooperationsvertrag aus Mai 2011 sind Gesellschafter die B1. Textilien GmbH, die C. GmbH, die Firma O. e.K. und K. T. . Die C. GmbH ist gemäß § 5 des Kooperationsvertrages für das Bundesland Nordrhein-Westfalen allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugt.
4Nach eigenen Angaben der Klägerin sollen die Gesellschafter B1. Textilien GmbH und K. T. aufgrund eines einvernehmlichen Gesellschafterbeschlusses am 28. Februar 2012 aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschieden sein. Es sei die Fortführung der Gesellschaft durch die C. GmbH und die E. GmbH (damals noch firmierend unter O. e.K.) beschlossen worden.
5Mit Schreiben vom 27. August 2012 zeigte die Klägerin, vertreten durch die C. GmbH, diese vertreten durch den Geschäftsführer Herrn O1. , eine gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Altschuhen im Kreisgebiet des Beklagten mit Containern an. Die Klägerin gab in der Anzeige an, das als GmbH organisierte Unternehmen habe ca. 20 Mitarbeiter und es gebe 15 Fahrzeuge. Pro Monat würden 4 Tonnen Altkleider und Altschuhe gesammelt. Die Verwertung erfolge in dem Betrieb V. T1. in Litauen. Fehlwürfe (ca. 7 % des Sammelumfangs) würden im Müllheizkraftwerk L. GmbH entsorgt. Beigefügt war außerdem eine Gewerbeanmeldung nach § 14 Gewerbeordnung (GewO) der C. GmbH, ein die C. GmbH betreffendes Zertifikat als Entsorgungsfachbetrieb, eine vertragliche Vereinbarung über die Abnahme von Altkleidern zwischen der Firma V. T1. und der C. GmbH sowie eine Anzeige für Sammler nach § 53 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) der C. GmbH.
6Der Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 6. September 2012 auf, das von ihm verwendete Formblatt zur Anzeige einer gewerblichen Sammlung nach § 18 KrWG auszufüllen und mit den erforderlichen Nachweisen zurückzusenden.
7Nachdem die Klägerin auf dieses Schreiben nicht reagiert hatte, hörte der Beklagte die Klägerin zu einer Untersagung der Sammlung mit Schreiben vom 20. November 2012 an. Die Anzeige entspreche nicht den Vorgaben des § 18 Abs. 2 KrWG. Obwohl sich die Klägerin auf § 72 Abs. 2 KrWG berufe, sei nicht belegt, dass es sich um eine bereits bestehende Sammlung handele. Containerstellflächen sowie ggf. erforderliche straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnisse seien nicht angegeben bzw. beigebracht worden. Es sei nicht benannt worden, wohin die gesammelten Abfälle zunächst gebracht würden. Außerdem sei(en) die für die Leitung und Beaufsichtigung des Betriebes verantwortliche(n) Person(en) nicht benannt worden. Der Beklagte forderte die Klägerin nochmals zur Übersendung der fehlenden Unterlagen auf. Die Klägerin reagierte auf dieses Schreiben nicht.
8Mit Bescheid vom 14. Januar 2013 untersagte der Beklagte der Klägerin im Kreis N. entsprechend der Anzeige vom 27. August 2012 gewerblich Altkleider zu sammeln (Ziffer I.). Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte der Beklagte der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 Euro für jeden Tag der Zuwiderhandlung je Sammeltag an (Ziffer III.).
9Der Beklagte stützte die Untersagungsverfügung auf § 62 KrWG in Verbindung mit § 18 Abs. 1 KrWG. Die Klägerin sei ihrer Anzeigepflicht – trotz zweimaliger Erinnerung – nur unvollständig nachgekommen. Wegen der Vorlage unvollständiger Unterlagen sei es nicht möglich gewesen, abschließend die Voraussetzungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG zu prüfen.
10Die Klägerin hat am 14. Februar 2013 Klage erhoben. Zunächst trug sie zur Begründung vor, die Anzeige sei entgegen der Auffassung des Beklagten vollständig gewesen. Später stützte sie ihre Klage maßgeblich darauf, sie könne als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht richtige Adressatin der Untersagungsverfügung sein, da sie keine juristische Person sei und daher auch keine Sammlerin im Sinne des § 3 Abs. 10 KrWG sein könne. In einem späteren Schriftsatz vertrat sie sodann wieder die Auffassung, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewerbliche Sammlungen durchführen zu dürfen. Sie stelle Container auf, die mit ihrem Aufkleber versehen seien.
11Unter dem 8. Mai 2013 sicherte der Beklagte der Klägerin schriftlich zu, die Untersagungsverfügung aufzuheben, sobald die Klägerin ihre Anzeige vom 27. August 2012 zurücknimmt.
12Mit Gesellschaftsvertrag vom 28. Juni 2013 wurde die “B. U. GmbH & Co KG“ gegründet. Komplementärin ist die C. GmbH, Kommanditistin die E. GmbH. Die Firma wurde am 24. Juli 2013 ins Handelsregister eingetragen. Die B. U. GmbH & Co KG ist der Auffassung, es habe eine „Umwandlung“ stattgefunden. Das Klageverfahren solle unverändert fortgeführt werden.
13Die Klägerin beantragt,
14die Verfügung des Beklagten vom 14. Januar 2013 aufzuheben.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Der Beklagte führt im Wesentlichen aus, die Klage sei bereits unzulässig, weil die Klägerin als Scheinunternehmen ohne operatives Geschäft kein Rechtsschutzbedürfnis habe. Die Sammlungen der C. GmbH und der Klägerin seien identisch. Im Übrigen wiederholt er die Ausführungen aus der Untersagungsverfügung und trägt ergänzend vor, die Untersagung werde (nunmehr) auch auf § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG gestützt, weil die Klägerin unzuverlässig sei. Dies folge aus der Verschleierung der Verhältnisse zwischen ihr und der C. GmbH. Sie führe eine Sammlung durch, die nicht ordnungsgemäß angezeigt worden sei. Außerdem stelle sie Container im öffentlichen/privaten Straßenraum ohne die erforderlichen Sondernutzungserlaubnisse bzw. Genehmigungen der privaten Eigentümer auf.
18Die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung am 11. April 2014 nicht erschienen. Im Termin hat der Beklagte die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer III. des Bescheides vom 14. Januar 2013 aufgehoben.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten 17 K 3354/13 und 17 L 305/13 sowie den der beigezogenen Verwaltungsgänge des Beklagten Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21I. Das Rubrum war nicht dahingehend zu ändern, dass Klägerin nunmehr die mit Gesellschaftsvertrag vom 28. Juni 2013 gegründete „B. U. GmbH & Co KG“ ist.
221. Es ist nicht ersichtlich, dass zwischen der Klägerin und der genannten Kommanditgesellschaft Identität besteht mit der Folge, dass lediglich eine Namensänderung vorläge, der durch eine entsprechende Berichtigung des Rubrums Rechnung zu tragen wäre. Der Annahme einer Identität zwischen ihr und der genannten Kommanditgesellschaft steht bereits entgegen, dass nach dem Kooperationsvertrag aus Mai 2011, mit dem die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet wurde, dieser vier als "Vertragspartner" bezeichnete Gesellschafter angehören, während nach dem Handelsregisterauszug betreffend die Kommanditgesellschaft diese lediglich aus einer Komplementärin (C. GmbH) und einer Kommanditistin (E. GmbH) besteht,
23vgl. so auch OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 813/13 –.
24Da die Klägerin am 18. März 2013 im Eilverfahren (17 L 305/13) noch mitgeteilt hat, sie bestehe aus den vier Gesellschaftern B1. Textilien GmbH, C. GmbH, O. e.K. und K. T. , ist die – auf Nachfrage des Gerichts in dem Verfahren 17 K 3354/13 – übersandte Mitteilung der B. U. GmbH & Co KG, mehr als ein Jahr vorher – am 28. Februar 2012 – seien die Gesellschafter durch Beschluss ausgeschieden, widersprüchlich und damit unglaubhaft.
25Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die B. U. GmbH & Co KG im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge anstelle der Klägerin in das Verfahren eingetreten wäre.
26Nach § 10 Abs. 1 des Kooperationsvertrages aus Mai 2011 müssen Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages als solche gekennzeichnet werden und bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Der von der B. U. GmbH & Co KG vorgelegte Gesellschaftsvertrag vom 28. Juni 2013 ist indes gerade nicht als Änderung des Kooperationsvertrages aus Mai 2011 gekennzeichnet. Er erwähnt die Klägerin nicht einmal, geschweige denn, dass sie darin umgewandelt würde – sei es nach dem Umwandlungsgesetz oder sei es ein Formwechsel außerhalb davon –. Es wird nicht hinsichtlich einer bestehenden Gesellschaft das Unternehmen erweitert oder die Haftung eines der Gesellschafter beschränkt. Vielmehr ist der Gesellschaftsvertrag als eine komplette Neugründung formuliert, ohne jede Bezugnahme auf die Klägerin, ihr bisheriges Geschäft oder etwaiges Vermögen. Vor diesem Hintergrund fehlt es an jedwedem Anhaltspunkt für eine Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge – mit oder ohne Auflösung der Klägerin – etwa durch Einbringung bisheriger Gesellschaftsanteile oder Gesellschaftsvermögens,
27vgl. so auch OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 813/13 –.
282. Versteht man die Mitteilung der B. U. GmbH & Co KG, das Verfahren solle unverändert fortgeführt werden, als gewillkürten Parteiwechsel, ist dieser nach den Grundsätzen einer Klageänderung (§ 91 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung –VwGO-) zu behandeln und dementsprechend mangels Sachdienlichkeit bzw. Einwilligung des Beklagten unzulässig. Da nach den vorstehenden Ausführungen nicht ersichtlich ist, was sich genau hinter der von der Klägerin mitgeteilten „Umwandlung“ verbirgt - die im Umwandlungsgesetz genannten Konstellationen dürften sämtlich nicht vorliegen, weil es sich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Recht nicht um einen nach dem Umwandlungsgesetz umwandlungsfähigen Rechtsträger handelt (vgl. § 3 Abs. 1 und 2, § 124 Abs. 1, § 175, § 191 Abs. 1 Umwandlungsgesetz) -, kann noch nicht einmal beurteilt werden, ob die von der Klägerin angefochtene Ordnungsverfügung die Kommanditgesellschaft überhaupt betrifft und diese ein (rechtsschutzwürdiges) Interesse an der Aufhebung der Ordnungsverfügung hat,
29vgl. so auch OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 813/13 –.
30II. Die Entscheidung konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Ausbleiben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergehen, da sie in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
31III. Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig.
32Es fehlt der Klägerin an dem für die Zulässigkeit der Klage erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Dies gilt in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung, weil der Beklagte diese in der mündlichen Verhandlung aufgehoben hat und die Klägerin den Rechtsstreit insoweit nicht für erledigt erklärt hat. In Bezug auf die Untersagungsverfügung hat die Klägerin – trotz entsprechender Aufforderung – bislang nicht plausibel dargelegt, inwiefern ihr ein Klageerfolg überhaupt einen Vorteil brächte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist ein Vorteil der Klägerin im Falle des Klageerfolges nicht auszumachen. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass die Klägerin oder präziser ihr Name lediglich von der C. GmbH dazu benutzt worden ist, neben der von der C. GmbH selbst im eigenen Namen angezeigten Sammlung eine weitere Sammlung eben unter dem Namen der Klägerin anzuzeigen, die sich in der Sache als (weitere) Sammlung der C. GmbH darstellt,
33vgl. so auch die Feststellung in OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 813/13 –.
34Da die C. GmbH nach dem Kooperationsvertrag aus Mai 2011 im Bundesland Nordrhein-Westfalen allein zur Geschäftsführung und Vertretung der Klägerin berufen und befugt ist, hat es die C. GmbH in Nordrhein-Westfalen allein in der Hand, die Klägerin dadurch in Erscheinung treten zu lassen, dass sie (die C. GmbH) unter dem Namen der Klägerin auftritt und damit oder dabei konkludent zum Ausdruck bringt, insoweit als Geschäftsführerin und Vertreterin der Klägerin zu handeln. Indes liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in einem solchen Fall in irgendeiner Weise - außer der Verwendung ihres Namens - von der C. GmbH tatsächlich abgegrenzt oder abgrenzbar ist. Im Rahmen der von der Klägerin getätigten Anzeige beziehen sich sämtliche Angaben, die über das Anzeigeschreiben selbst und die Angabe, Träger der Sammlung zu sein, hinausgehen, auf die C. GmbH. Bereits die Angabe, als „GmbH“ organisiert zu sein, deutet auf die C. GmbH hin. Beigefügt war außerdem eine Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO der C. GmbH, ein die C. GmbH betreffendes Zertifikat als Entsorgungsfachbetrieb, eine vertragliche Vereinbarung über die Abnahme von Altkleidern zwischen der Firma V. T1. und der C. GmbH sowie eine Anzeige für Sammler nach § 53 KrWG der C. GmbH.
35Auch darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin - unabhängig von der Frage, ob sie überhaupt als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Sammlerin nach § 3 Abs. 10 KrWG sein kann - insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht als Trägerin der Sammlung anzusehen sein könnte. Nach dem Kooperationsvertrag sind die in dem Vertrag als Vertragspartner bezeichneten Gesellschafter der Klägerin für die Durchführung von "Arbeiten" - darunter dürften auch Alttextiliensammlungen zu verstehen sein - selbst verantwortlich und haben diesbezügliche Ausgaben und Kosten selbst zu tragen. Umgekehrt enthält der Kooperationsvertrag keine Regelung, dass aufgrund einer Tätigkeit der Klägerin, handelnd durch einen geschäftsführenden Gesellschafter, erzielte Gewinne an die Klägerin auszukehren sind - was auch nicht unbedingt schlüssig erschiene, da die Ausgaben und Kosten, wie erwähnt, von den einzelnen Gesellschaftern selbst zu tragen sind. Dies spricht dafür, dass in wirtschaftlicher Hinsicht die C. GmbH Trägerin der Sammlung ist, selbst wenn sie im oder unter dem Namen der Klägerin angezeigt wurde und einige der von der C. GmbH aufgestellten Sammelcontainer mit dem Namen der Klägerin beschriftet sind. Hiervon ausgehend liegt auch die Annahme einer subjektiv-rechtlichen Betroffenheit der Klägerin durch die Sammlungsuntersagung eher fern,
36vgl. so die Feststellung in OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 813/13 –.
37Ungeachtet dessen hat es die Klägerin nach wie vor selbst in der Hand, die Aufhebung der angefochtenen Ordnungsverfügung ohne eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 8. Mai 2013 zugesichert hat, die Verfügung vom 14. Januar 2013 aufzuheben, sobald die Klägerin die – nach den vorstehenden Ausführungen ins Leere gehende – Anzeige vom 27. August 2012 zurückgenommen hat. Durch die Rücknahme der Anzeige verlöre die Klägerin auch keine von ihr beanspruchte bzw. ihr zustehende Rechtsposition, weil sie weder – wie bereits ausgeführt – eine eigenständige Sammlung durchführt, noch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine „geeignete“ Sammlerin im Sinne von § 3 Abs. 10 KrWG ist,
38vgl. zum Letzteren OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, n.v. UA S. 5; VGH Bayern, Urteil vom 26. September 2013 – 20 BV 13.428 –, juris Rn. 24.
39Das Sammeln von Abfällen ist nach der Definition in § 3 Abs. 10 KrWG auf natürliche und juristische Personen beschränkt. Auch die Gesetzesmaterialien geben für ein anderes Verständnis des § 3 Abs. 10 KrWG nichts her. Unter einer Sammlung ist nach § 3 Abs. 15 KrWG unter anderem das Einsammeln von Abfällen zu verstehen. Dementsprechend setzt eine Sammlung einen Sammler voraus und die Anzeige einer gewerblichen Sammlung im Sinne von § 18 Abs. 1 und 2 KrWG muss auf eine natürliche oder juristische Person als Sammler oder Träger der Sammlung (hin-)weisen. Dies ist hier nicht der Fall. Das Anzeigeschreiben vom 27. August 2012 stammt von der Klägerin – einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – und auch in den dem Anzeigeschreiben beigefügten Unterlagen wird ausdrücklich die Klägerin als Trägerin der Sammlung bezeichnet.
40IV. Die Klage ist auch unbegründet.
41Die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 14. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
421. Von der formellen Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung, insbesondere der Zuständigkeit des Beklagten als unterer Umweltschutzbehörde, § 38 Landesabfallgesetz NRW (LAbfG) i.V.m. § 1 Absätze 1, 2 Satz 1 Nr. 3 und Absatz 3 Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz, ist auszugehen.
43Zwar kann vor dem Hintergrund verfassungsrechtlich gebotener Distanz und Unabhängigkeit des Staates die darin geregelte Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte problematisch sein, da diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger nach § 5 Abs. 1 LAbfG selbst Abfall sammeln (nur kreisfreie Städte, bei Kreisen ist die Sammlung und Beförderung hingegen grundsätzlich den kreisangehörigen Gemeinden übertragen, § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG) oder zumindest für dessen Verwertung verantwortlich sind (§ 5 Abs. 2 LAbfG) und ggf. zugleich am Anzeigeverfahren betreffend gewerbliche/gemeinnützige Abfallsammlungen beteiligt werden, § 18 Abs. 4 Satz 1 KrWG.
44Ein derartiges „Neutralitätsgebot“ des Staates folgt zumindest aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, und zwar als Teil des Gebotes eines fairen Verfahrens,
45vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24; VG Würzburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – W 4 S 12.833 –, juris Rn. 21.
46Insoweit mag eine vollständige Trennung der Zuständigkeiten (untere Umweltschutzbehörde und öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger) wünschenswert sein, sie bildet aber keine notwendige Voraussetzung für die gebotene Distanz und Unabhängigkeit. Eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 – 9 A 39/07 –, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Beschluss vom 21. März 2013 – 17 L 260/13 –; VG Würzburg, Beschluss vom 16. Oktober 2012 – W 4 S 12.833 –, juris Rn. 21; VG Hamburg, Urteil vom 9. August 2012 – 4 K 1905/10 –, juris Rn. 67.
48Im Falle des Beklagten hängt die Wahrung des „Neutralitätsgebotes“ im Rahmen des Anzeigeverfahrens nach § 18 Abs. 1 KrWG indes von (noch) geringeren Anforderungen ab, weil zumindest zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung weder der Beklagte noch seine kreisangehörigen Städte eine Sammlung von Alttextilien bzw. Altschuhen durchführten. Bei nicht bestehendem Konkurrenzverhältnis ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung im Bereich des Anzeigeverfahrens gewerblicher Sammlungen von Alttextilien auch ohne vorbeschriebene Trennung der Aufgabenbereich in der Regel hinreichend gesichert. Dies vorangestellt, ist es hinreichend, dass die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers und die Bearbeitung der Anzeigen nach § 18 KrWG in den Abteilungen 70-11 (Verwaltungsangelegenheiten, Abfallwirtschaft) und 70-13 (Abfallwirtschaft, Abfallberatung) des Umweltamts wahrgenommen werden, deren gemeinsamer Amtsleiter Herr F. ist, wobei – so der unbestrittene Vortrag des Beklagten – die Aufgaben innerhalb diesen Abteilungen jeweils von unterschiedlichen Teams mit unterschiedlichen Personen durchgeführt werden.
492. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
50Ungeachtet der Frage, ob Ermächtigungsgrundlage hierfür § 18 Abs. 5 Satz 2 1. Alt. KrWG oder § 18 Abs. 5 Satz 2, 2 Alt. KrWG ist, ist die Untersagung der angezeigten Sammlung allein deshalb gerechtfertigt, weil die Klägerin mit Blick auf § 3 Abs. 10 KrWG – wie bereits ausgeführt – von vornherein nicht als Sammlerin in Betracht kommt,
51vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, n.v. UA S. 5.
52Soweit die Klägerin unter Hinweis auf die gewerberechtliche Rechtsprechung (zwischenzeitlich) die Auffassung vertreten hat, ihr könne als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegenüber keine Sammlungsuntersagung verfügt werden, führt das nicht zu einem anderen Ergebnis. Die zitierte gewerberechtliche Rechtsprechung, nach der eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht selbst Gewerbetreibende sein kann und deshalb gegen sie auch nicht wirksam eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen werden kann, steht einer an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerichteten abfallrechtlichen Sammlungsuntersagung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn sich die Gesellschaft – wie hier – zuvor als Trägerin der Sammlung bezeichnet oder geriert hat, obwohl sie dies mit Blick auf § 3 Abs. 10 KrWG nicht sein kann,
53vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 – 20 B 205/13 –, n.v. UA S. 5 f.
54V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den § 167 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- KrWG § 17 Überlassungspflichten 1x
- 17 L 305/13 2x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 1 LAbfG 1x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 18 Anzeigeverfahren für Sammlungen 9x
- 17 L 260/13 1x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 72 Übergangsvorschrift 1x
- 9 A 39/07 2x (nicht zugeordnet)
- KrWG § 53 Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen 1x
- KrWG § 3 Begriffsbestimmungen 7x
- § 5 Abs. 6 Satz 1 LAbfG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- KrWG § 62 Anordnungen im Einzelfall 1x
- 20 B 205/13 3x (nicht zugeordnet)
- 4 K 1905/10 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 102 1x
- VwGO § 167 1x
- GewO § 14 Anzeigepflicht; Verordnungsermächtigung 1x
- 20 B 813/13 5x (nicht zugeordnet)
- 17 K 3354/13 2x (nicht zugeordnet)
- § 5 Abs. 2 LAbfG 1x (nicht zugeordnet)