Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 8 K 364/15.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 0. 0. 1996 geborene Kläger ist nach eigenem Vorbringen afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste im Sommer 2012 nach Schweden und im Juli 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte am 27. August 2014 einen Asylantrag.
3Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 8. Januar 2015, zugestellt am 12. Januar 2015, den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Schweden an.
4Der Kläger hat am 19. Januar 2015 die vorliegende Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt (8 L 131/15.A). Das Gericht hat den Antrag mit Beschluss vom 2. März 2015 abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge hat es mit Beschluss vom 17. März 2015 zurückgewiesen (8 L 902/15.A). Nach Trennung hat es den Antrag auf Abänderung mit Beschluss vom 17. März 2015 (8 L 943/15.A) abgelehnt.
5Der Kläger wurde am 30. April 2015 nach Schweden überstellt.
6Der Kläger beantragt,
7den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Januar 2015 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
9die Klage abzuweisen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakten 8 L 131/15.A, 8 L 902/15.A und 8 L 943/15.A sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Ausländerbehörde der Stadt Oberhausen Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe:
12Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 26. Februar 2015 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).
13Die Klage hat keinen Erfolg.
14I. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft (vgl. unter 1.). Dem Kläger fehlt - trotz der bereits erfolgten Überstellung nach Schweden – nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (vgl. unter 2.). Ob die Klage in Ermangelung einer ladungsfähigen Anschrift des Klägers unzulässig ist, kann offen bleiben (vgl. unter 3.).
151. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Variante VwGO. Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid vom 8. Januar 2015, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist (nur) ein isoliertes Aufhebungsbegehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist gemäß §§ 31, 24 AsylVfG nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen. Das Bundesamt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
16Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 28 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 2. Februar 2015 – 1 Bf 208/14.AZ –, juris Rn. 12; Bayerischer VGH, Urteil vom 29. Januar 2015 – 13a B 14.50039 –, juris Rn. 17 f.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 6. November 2014 – 13 LA 66/14 –, juris Rn. 7; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris Rn. 18; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643/12 -, juris Rn. 21 f.
172. Dem Kläger fehlt - trotz der bereits erfolgten Überstellung nach Schweden – nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Weder die Unzulässigkeitserklärung des Asylantrags (Ziffer 1 des Bescheides) noch die Abschiebungsanordnung (Ziffer 2 des Bescheides) haben sich durch die Überstellung nach Schweden erledigt.
18Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Erledigung in anderer Weise im Sinne dieser Vorschrift tritt ein, wenn die mit dem Verwaltungsakt verbundene rechtliche oder sachliche Beschwer nachträglich weggefallen ist. Dies ist jedenfalls solange nicht der Fall, wie der mit einer behördlichen Maßnahme erstrebte Erfolg noch nicht endgültig eingetreten ist. Der zwangsweise Vollzug eines Verwaltungsakts führt nicht stets schon für sich genommen zu einer Zweckerreichung. Im vorliegenden Fall entfalten sowohl die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig als auch die Abschiebungsanordnung in dem angefochtenen Bescheid insoweit noch Regelungswirkung, als sie nach wie vor die Rechtsgrundlage für die Überstellung des Klägers nach Schweden bilden.
19Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 15. Januar 2015 – 8 K 5821/14.A – und vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A -, juris Rn. 35 ff. m.w.N.
20Ebenso wenig lässt sich allein aus der fehlenden Erreichbarkeit des Klägers infolge seiner Überstellung nach Schweden schlussfolgern, dass er kein Interesse mehr am Ausgang des Verfahrens hat. Für diese Vermutung besteht zumindest dann, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist und der Prozessbevollmächtigte das Verfahren für ihn weiterführen kann und auch weiterführen will, keine tragfähige Grundlage. Vielmehr ist insoweit zu berücksichtigen, dass eine Überstellung - anders als ein Untertauchen - nicht freiwillig seitens des Ausländers erfolgt und dieser nach wie vor am Ausgang des Verfahrens interessiert sein wird. Denn wenn er schon eine Überstellung in den - jedenfalls aus Sicht des Bundesamtes - zuständigen Mitgliedstaat zu verhindern sucht, so wird er nach der erfolgten Überstellung in der Regel zumindest noch an einer Rückkehr in die Bundesrepublik - infolge einer erfolgreichen Klage - interessiert sein.
21Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 15. Januar 2015 – 8 K 5821/14.A – und vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A -, juris Rn. 47 ff. m.w.N.
223. Ob die Klage mangels ladungsfähiger Anschrift des Klägers nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässig ist,
23vgl. Verwaltungsgericht Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 - RN 5 K 13.30027 -, juris Rn. 24; Verwaltungsgericht Weimar, Urteil vom 23. November 2011 - 5 K 20196/10 -, juris Seite 4,
24oder infolge der Überstellung des Klägers nach Schweden nicht ausnahmsweise - mit Blick auf den in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Grundsatz effektiven Rechtschutzes - die Möglichkeit der Zustellung an die Anschrift seiner Prozessbevollmächtigten genügt,
25vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2012 – 9 B 79/11 – u.a., juris Rn. 11; OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2013 – 18 B 962/12 -, juris Rn. 2 ff.,
26kann dahingestellt bleiben. Das Gericht hält es aber zumindest für nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall infolge der Überstellung unüberwindliche oder schwer zu beseitigende Schwierigkeiten hinsichtlich der Übermittlung einer ladungsfähigen Anschrift eintreten können.
27Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15. Januar 2015 – 8 K 5821/14.A –.
28II. Die Klage ist allerdings unbegründet.
29Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Schweden angeordnet.
30Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
31Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin III-Verordnung).
32Die vom Kläger gerügten formellen Fehler greifen nicht durch. Im Einzelnen: Ein eventueller Verstoß gegen Informationsrechte nach Art. 4 und 5 der Dublin III-Verordnung führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Zweck dieser Bestimmungen ist ausweislich des Erwägungsgrundes 18 der Verordnung, die Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern. Der Kläger soll über die Anwendung der Dublin III-Verordnung und über die Möglichkeit informiert werden, bei dem Gespräch Angaben über die Anwesenheit von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung in den Mitgliedstaaten zu machen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu erleichtern. Das Bundesamt hat mit dem Kläger ordnungsgemäß ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens geführt. Es wurden alle Fragen beantwortet. Der Inhalt der Niederschrift wurde dem Kläger rückübersetzt. Das Ziel der Bestimmung des für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats wurde erreicht. Vor diesem Hintergrund ist unerheblich, wie lange das Gespräch insgesamt dauerte.
33Vgl. hierzu Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 34 L 95/14.A –, juris Rdnr. 7.
34Ein durchgreifender Verstoß wegen fehlender oder unzureichender Informationen im Sinne von Art. 4 Dublin III-Verordnung liegt ebenfalls nicht vor. Kern des Regelungsgehalts der Dublin III-Verordnung ist die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten. Es handelt sich bei der Verordnung daher grundsätzlich um objektives Recht, das (jedenfalls insofern) keine subjektiven Rechte der Individuen im Einzelnen begründet.
35Vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, C-394/12 (Abdullahi).
36Es kann deshalb offen bleiben, ob dem Kläger das in der Verwaltungsakte enthaltene Merkblatt ausgehändigt wurde. Er macht übrigens selbst nicht geltend, er habe es nicht erhalten. Zudem ergibt sich aus der genannten Norm nicht, dass ein solches Merkblatt auszuhändigen ist.
37Ein Verfahrensfehler wegen Unvollständigkeit der elektronischen Akte gegenüber der Dokumentenmappe kann nicht festgestellt werden. Es ist weder vom Kläger vorgetragen noch sonst ersichtlich, was sich daraus ergeben sollte.
38Der angefochtene Bescheid begegnet auch keinen materiellen Bedenken. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt. Die Zuständigkeit Schwedens für dessen Prüfung ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d Dublin III-Verordnung, weil der Kläger bereits in Schweden erfolglos einen Asylantrag gestellt hat. Dies ergibt sich aus dem entsprechenden EURODAC-Treffer. Dieser enthält die Kennzeichnung SE1. Daraus ergibt sich, dass der Kläger in Schweden einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.
39Vgl. Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. EG Nr. L 62/1.
40Dies entspricht dem ausführlichen Vortrag des Klägers hinsichtlich des von ihm in Schweden durchgeführten Asylverfahrens.
41Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Es ist unerheblich, dass die im EURODAC-Treffer hinterlegten Daten selbst nicht in der Verwaltungsakte enthalten sind, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass diese Daten unzutreffend wären. Im Gegenteil: Der Kläger versichert an Eides statt, er habe am 8. August 2012 die Grenze (nach Schweden) überschritten und einen Asylantrag gestellt. Vor diesem Hintergrund ist der Vortrag, die sich aus dem EURODAC-Treffer ergebende Asylantragstellung am 9. August 2012 in Schweden sei nicht überprüfbar, nicht nachvollziehbar.
42Die Zuständigkeit Schwedens entfällt auch nicht aus anderen Gründen. Der Kläger kann insbesondere eine Zuständigkeit Griechenlands nicht mit Erfolg geltend machen. Soweit er vorträgt, ihm seien bereits im Winter 2011 in Griechenland Finderabdrücke genommen worden, spricht hiergegen bereits ein fehlender EURODAC-Treffer. Dies kann jedoch auf sich beruhen. Selbst wenn dies zutreffen sollte, kommt eine Überstellung des Klägers nach Griechenland angesichts der dort herrschenden systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht in Betracht. In diesem Fall ist das Bundesamt kraft Unionsrechts verpflichtet zu prüfen, ob nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin III-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat zur Prüfung des Asylbegehrens zuständig ist.
43Vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 - (Puid), juris, Rn. 33 f.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rdnr. 29 ff.
44In diesem Fall ist Schweden für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
45Die Einwendungen des Klägers gegen das Wiederaufnahmeverfahren durch Schweden bleiben sämtlich ohne Erfolg. Diese Normen der Verordnung stellen – wie oben bereits dargelegt – grundsätzlich objektives Recht dar, das keine subjektiven Rechte der Individuen im Einzelnen begründet.
46Vor diesem Hintergrund greifen die Rügen,
47- 48
das Bundesamt habe das Wiederaufnahmegesuch an Schweden nicht mit dem vorgesehenen Standardformular beantragt,
- 49
das Bundesamt habe dem Wiederaufnahmegesuch an Schweden nicht Kopien aller Beweismittel und Indizien beigefügt,
- 50
das Bundesamt habe im Wiederaufnahmegesuch an Schweden unzutreffende Angaben gemacht,
bereits aus formellen Gründen (unabhängig von der materiellen Richtigkeit) nicht durch.
52Soweit der Kläger geltend macht, es sei nicht ersichtlich, wann das Bundesamt die schwedischen Behörden um Wiederaufnahme ersucht habe, dringt er damit ebenfalls nicht durch. Zum einen kann sich der Kläger auf die Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-Verordnung nicht berufen. Zum anderen ist die in dieser Norm genannte Frist von zwei Monaten angesichts des Verfahrensablaufs (Asylantrag am 27. August 2014; Wiederaufnahmeersuchen am 17. Oktober 2014) offensichtlich eingehalten. Vor diesem Hintergrund war dem Antrag auf Heranziehung der EURODAC-Mail nicht weiter nachzugehen.
53Der Hinweis des Klägers, dass Art. 27 Dublin III-Verordnung das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch ein Gericht gewährleiste, führt in Bezug auf die gesamten dargestellten Erwägungen zu keinem anderen Ergebnis. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes findet eine solche Überprüfung statt, so dass eine seitens des Klägers angeregte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht erforderlich war. Hiervon zu unterscheiden ist indes, welche Rechtsfolgen an einen eventuell vorliegenden Verstoß gegen einzelne Vorschriften der Dublin III-Verordnung geknüpft sind.
54Die Zuständigkeit Schwedens zur Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz des Klägers entfällt auch nicht ausnahmsweise deswegen, weil Voraussetzungen vorlägen, unter denen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Durchbrechung des den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zugrunde liegenden Systems des gegenseitigen Vertrauens gerechtfertigt wäre. Dies setzte voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen in Schweden aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär wären, dass anzunehmen wäre, dass dem Kläger im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohte.
55Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, juris.
56Nach diesem Maßstab liegen systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Schweden nicht vor.
57Vgl. Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Beschluss vom 15. August 2014 – 6a L 1165/14.A –; Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 6. Juni 2014 - 7 L 322/14 -; Verwaltungsgericht Osnabrück, Beschluss vom 19. Februar 2014 - 5 B 12/14 -; Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 24. Januar 2014 - M 4 S 14.30061 -; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - 2 B 844/13 -, jeweils juris.
58Diese Einschätzung wird im vorliegenden Fall auch dadurch belegt, dass der Kläger in seiner Versicherung an Eides statt selbst ausführlich darlegt, dass er in Schweden ein ordnungsgemäßes Asylverfahren (mit insgesamt vier Ablehnungen) durchgeführt habe.
59Der Vortrag des Klägers, die „Checkliste Aktenabgabe im Dublin-Verfahren“ sei unrichtig, weil dort unter Frage 6 fälschlich angekreuzt sei, es liege ein gültiges Visum, VIS-Treffer oder Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates vor, greift nicht durch. Zwar ist nicht erkennbar, dass dies zutreffend wäre. Der Kläger hat aber weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, dass (außer Griechenland) ein anderer Mitgliedstaat als Schweden für die Prüfung seines Antrags zuständig sein könnte.
60Vgl. hierzu Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19. Februar 2015 – 8 L 80/15.A –.
61Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken, insbesondere besteht kein innerstaatliches Abschiebungshindernis. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Psychotherapeutischen Stellungnahmen des Heilpraktikers für Psychotherapie T. aus N. /S. vom 16. Januar 2015, vom 28. Januar 2015 und vom 16. März 2015, wonach der Kläger unter dem klinischen Vollbild eines dringend behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungssyndroms und einer rezidivierenden Störung leide. Die Stellungnahmen entsprechen nicht den Mindestanforderungen, weil es sich bereits nicht um ärztliche, geschweige denn um fachärztliche Stellungnahmen handelt.
62Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 –, juris.
63Unabhängig davon ergibt sich aus den Stellungnahmen nicht in nachvollziehbarer Weise, auf welcher Grundlage der Heilpraktiker für Psychotherapie zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Vor diesem Hintergrund war der Beweisanregung zur Einholung eines Gutachtens nicht nachzukommen.
64Es kann im Übrigen dahinstehen, ob die in den Stellungnahmen enthaltene Annahme einer Suizidgefahr gerechtfertigt war. Denn der Kläger wurde am 30. April 2015 nach Schweden überstellt, ohne dass besondere Vorkommnisse zu verzeichnen wären. Auch vor diesem Hintergrund war ein ärztliches Gutachten nicht einzuholen.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
66Dem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegt § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO zugrunde.
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