Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 4336/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand
3Die am 00.00.1949 geborene Klägerin war beamtete Grundschullehrerin im Dienste des beklagten Landes. Unter dem 3. März 2015 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und beantragte die Freistellung von ihrer Unterrichtsverpflichtung, verbunden mit der Zahlung der ihr zustehenden, ungekürzten Versorgung ab dem 1. April 2015 (GA, 6/7). Sie verwies auf die modifizierte Regelaltersgrenze in § 31 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW, die für Beamte des Geburtsjahrgangs 1949 eine Altersgrenze von 65 Jahren und 3 Monaten vorsehe. Zur weiteren Begründung machte die Klägerin geltend, die Regelung in § 31 Abs. 2 Satz 3 LBG NRW, wonach Leiter und Lehrer an öffentlichen Schulen mit dem Ende des Schulhalbjahres nach Erreichen der jeweiligen Altersgrenze in den Ruhestand treten, sei verfassungswidrig; sie verstoße insbesondere gegen Schutz- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung mit anderen Beamtengruppen sei nicht gegeben. Sie, die Klägerin, müsse ein nicht gerechtfertigtes Sonderopfer erbringen, für das sie einen wirtschaftlichen Ausgleich verlange, falls von ihr eine Mehrleistung bis zum Ende des laufenden Schulhalbjahres erwartet werde.
4Nach einer Zwischennachricht stellte der Beklagte mit Bescheid vom 7. Mai 2015 – zugestellt am 20. Mai 2015 - fest, dass die Klägerin mit Ablauf des 31. Juli 2015 in den gesetzlichen Ruhestand trete. Der genannte Zeitpunkt markierte zugleich das Ende des Schuljahres 2014/2015.
5Am 16. Juni 2015 hat die Klägerin erhoben.
6Zur Begründung vertieft sie zunächst ihren bisherigen ihren bisherigen Vortrag. In wirtschaftlicher Hinsicht beansprucht sie als Ausgleich für ihre geleistete Unterrichtstätigkeit im Zeitraum April 2015 bis einschließlich Juli 2015 neben den gezahlten Dienstbezügen, Versorgungsbezüge in Höhe von monatlich 2.807,83 €, mithin insgesamt 11.231,32 €. Dieser Betrag müsse für eine von ihr nicht mehr geschuldete Dienstleistung vom Beklagten gesondert gezahlt werden.
7Der Beklagte dürfte sich im Falle eines verfassungswidrigen Gesetzes nicht passiv verhalten, sondern sei gehalten, diese Norm nicht anzuwenden und sich der Normenkontrollklage nach Art. 93 GG zu bedienen.
8Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2015 aufzuheben,hilfsweise, den Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihren Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze mit Ablauf des 31. März 2015 festzustellen,weiter hilfsweise, den Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
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festzustellen, dass ihr Nettoeinkommen verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist,hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, an sie brutto 11.231,32 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 v. H. über den jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er trägt vor, der Eintritt der Klägerin in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze zum Ende des zweiten Schulhalbjahres entspreche der Gesetzeslage. Ein Ermessen stünde ihm nicht zu. Im Vergleich zu einem Eintritt in den Ruhestand zum 1. April 2015 könne die Klägerin sogar mit einem leicht erhöhten Ruhegehalt rechnen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
17Sie ist zulässig, aber unbegründet.
18Zunächst hat die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 7. Mai 2015. Der darin festgestellte Zeitpunkt des gesetzlichen Eintritts in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze, verbunden mit der konkludenten Ablehnung der Feststellung eines früheren Zeitpunkts, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf einen von der gesetzlichen Rechtslage abweichenden Zeitpunkt ihres Eintritts in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze berufen.
19Die hier streitentscheidenden gesetzlichen Regelungen in § 31 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 LBG NRW sehen für Lehrkräfte, die – wie die Klägerin - 1949 geboren worden sind, in einem ersten Schritt die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 65 Jahre und drei Monate vor. Der so ermittelte Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand wird in einem zweiten Schritt auf das Ende des laufenden Schulhalbjahres verschoben (besondere Altersgrenze).
20Gegen diese vom Beklagten zu beachtende Gesetzeslage bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
21Die Regelungen sind sowohl mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) als auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Einklang zu bringen.
22Der Gesetzgeber hat seit jeher für unterschiedliche Beamtengruppen voneinander abweichende Altersgrenzen bestimmt. So gelten für Polizeivollzugsbeamte, Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes, des allgemeinen Vollzugdienstes und Werkdienstes bei den Justizvollzugsanstalten besondere Altersgrenzen, die den Eintritt des Ruhestandes grundsätzlich mit Vollendung des sechzigsten bzw. zweiundsechzigsten Lebensjahres vorsehen, vgl. § 115 Abs. 1, § 117 Abs. 3 und § 118 Abs. 1 LBG NRW. Die für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen des beklagten Landes geltende besondere Altersgrenze reiht sich in die vom Gesetzgeber vorgenommene differenzierte Betrachtungsweise ein.
23In der Sache ist es gerechtfertigt, beamtete Lehrkräfte erst mit dem Ende des Schulhalbjahres nach Erreichen der jeweiligen Altersgrenze in den Ruhestand eintreten zu lassen. Das folgt aus dem besonderen Bildungsauftrag öffentlicher Schulen, der, grundrechtlich geschützt, seinen Ausgangspunkt in Art. 7 GG hat, insbesondere über Art. 8 LVerf NRW auch vom beklagten Land zu beachten ist und seine einfachgesetzliche Ausprägung in § 1 und § 2 SchulG NRW findet. Die danach zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags von der Schule zu vermittelnden Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Werthaltungen unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen der Schüler (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW) erfordern einen möglichst kontinuierlichen Einsatz der Lehrkräfte. Dem widerspräche ein Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze während eines laufenden Schulhalbjahres. Zum Ausgleich mit den widerstreitenden Interessen von beamteten Lehrern, möglichst zeitnah nach Erreichen der angehobenen Regelaltersgrenze auch tatsächlich in den Ruhestand treten zu können, sieht das Gesetz im Sinne einer praktischen Konkordanz das Ende des Schulhalbjahres als Zäsur vor. Dabei nimmt der Gesetzgeber bereits Friktionen in Kauf, die dadurch entstehen, dass der Eintritt in den Ruhestand einer Lehrkraft zum Ende des ersten Schulhalbjahres, mithin während des laufenden Schuljahres, erfolgen kann. Eine weitergehende Berücksichtigung der Interessen der beamteten Lehrkräfte ist nicht geboten.
24Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich zwangsläufig, dass der Klägerin auch kein Anspruch auf Neubescheidung ihres unter dem 3. März 2015 formulierten Antrags zusteht.
25Des Weiteren fehlt dem Feststellungs- und Zahlungsbegehren (Klageantrag zu 2.) eine tragfähige Grundlage.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
28Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der elektronischen Einreichung nach Maßgabe der ERVVO VG/FG bedarf es keiner Abschriften.
29Beschluss:
30Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 40.000,-- Euro festgesetzt.
31Gründe:
32Die Festsetzung des Streitwertes beruht hinsichtlich des Klageantrags zu 1. auf § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 und den Sätzen 2 und 3 GKG, wobei der Zeitpunkt des Eintritts in den gesetzlichen Ruhestand dem Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand gleichgesetzt wird. Der Klageantrag zu 2. findet seine streitwertmäßige Bestimmung in § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Referenzen
- § 2 Abs. 4 Satz 1 SchulG 1x (nicht zugeordnet)
- § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 SchulG 1x (nicht zugeordnet)
- § 118 Abs. 1 LBG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- LBG § 31 3x