Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 26 K 17814/17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des durch das Urteil weiter zu treibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Beihilfefähigkeit zu den Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung).
3Der am 00. B. 1952 geborene Kläger ist Versorgungsbeamter des beklagten Landes. Er war im Jahr 2012 an einem Prostatakarzinom erkrankt, infolgedessen ihm der Samenleiter und die Prostata entfernt wurden. Seine am 00. G. 1986 geborene Ehefrau ist ebenfalls Beamtin des beklagten Landes. Sie leidet an einer chronischen Endometriose. Die Eheleute können auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen und unterzogen sich deshalb im Jahre 2017 und 2018 künstlichen Befruchtungen im Rahmen einer sogenannten Kinderwunschbehandlung.
4Mit Antrag vom 2. Juli 2017 begehrte der Kläger unter anderem Beihilfe zu den im Zusammenhang mit der Sterilitätsbehandlung im Zeitraum vom 00. G. bis 00. N. 2017 entstandenen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5.224,87 €. Das beklagte Land lehnte mit Bescheid vom 7. Juli 2017 die Gewährung von Beihilfe zu diesen Aufwendungen (Beleg-Nummern 8, 9, 10, 11 und 14) mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BVO NRW i.V.m. den Verwaltungsvorschriften zu § 8 BVO NRW lägen nicht vor.
5Den hiergegen mit Schreiben vom 27. Juli 2017 erhobenen Widerspruch, den der Kläger damit begründete, die auf sein Alter gestützte Ablehnung von Beihilfe diskriminiere ihn in unzulässiger Weise und verletze seine Ehefrau in der Freiheit der Partnerwahl, wies das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV) mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2017 zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe die in § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO NRW festgelegte Altersgrenze von 50 Jahren überschritten. Es stützt sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der gleichlautenden Altersgrenze in den Regelungen der gesetzlichen Krankenkasse, wonach diese verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Die unterschiedliche Behandlung von Paaren, bei denen der Mann zum Zeitpunkt der Kinderwunschbehandlung noch nicht 50 Jahre alt sei und solchen, bei denen der Mann diese Altersgrenze bereits überschritten habe, sei sachlich gerechtfertigt. Die für den Bereich der gesetzlich Krankenversicherten geltende Regelung des § 27 a SGB V betreffe nicht den Kernbereich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern begründe einen eigenständigen Versicherungsfall. Der Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung knüpfe nicht an den regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand des versicherten Ehegatten, sondern an die Unfruchtbarkeit des Ehepaares an, wobei die Ursachen hierfür unerheblich seien. Ein Leistungsanspruch bestehe auch dann, wenn keiner der Eheleute nachweisbar krank sei und die Unfruchtbarkeit des Paares medizinisch nicht erklärt werden könne. In diesem Bereich habe der Gesetzgeber grundsätzlich die Freiheit, selbst die Voraussetzungen der Gewährung dieser Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung näher zu bestimmen. Vorausgesetzt werde allein, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Herbeiführung der gewünschten Schwangerschaft erforderlich und nach ärztlicher Einschätzung erfolgversprechend seien. Der Gesetzgeber habe die Ehe einer Frau mit einem zur Zeit der Befruchtung höchstens 50-jährigen Mann als besonders geeignet ansehen dürfen, die mit den erstrebten medizinischen Maßnahmen verbundenen Belastungen und Risiken, wie etwa das bei der ICSI-Methode erhöhte Risiko einer Fehlbildung des Kindes, gemeinsam zu bewältigen. Zweck der oberen Altersgrenze für Männer sei nach der Gesetzesbegründung insbesondere die Wahrung des Kindeswohls. Damit sei das Wohlbefinden des Kindes in körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht gemeint. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative auch die gewöhnliche Lebenserwartung der Eheleute einbeziehen und typisierend davon ausgehen können, dass mit der 50-Jahres-Grenze jedenfalls bis zum regelmäßigen Abschluss der Schul- und Berufsausbildung des Kindes die Ehe als eine Lebensbasis für das Kind bestehe, die den Kindeswohlbelangen besser Rechnung trüge, als die Erziehung und Versorgung nur durch einen, nämlich den überlebenden Ehegatten. Der Gesetzgeber sei bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergebe. Der Dienstherr sei im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nicht gehindert, Elemente der gesetzlichen Krankenversicherung in der Weise in das Beihilferechts zu übertragen, dass er eine weitgehend § 27a SGB V entsprechende Regelung in die Beihilfeverordnung übernommen habe. Der Beklagte führte weiter aus, der Verordnungsgeber habe ebenso wie der Gesetzgeber des § 27a SGB V medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung der Schwangerschaft grundsätzlich nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern mit der Bestimmung des § 8 Abs. 4 BVO NRW die Vorschriften der BVO über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall um Bestimmungen ergänzt, die in einem Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen anzusiedeln seien, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der Beihilfe nicht von vornherein veranlasst sei.
6Am 6. November 2017 erhob der Kläger die vorliegende Klage.
7Mit einem weiteren Antrag vom 15. Mai 2018 beantragte der Kläger unter anderem Beihilfe zu weiteren im Zeitraum vom 3. August 2017 bis 5. Februar 2018 entstandenen Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft in Höhe von insgesamt 8.150,19 €. Das LBV lehnte mit Bescheid vom 30. Mai 2018 die Gewährung von Beihilfe zu diesen Aufwendungen (Beleg-Nummern 3, 5, 14 und 18) ab. Den hiergegen am 8. Juni 2018 eingegangenen Widerspruch wies das LBV mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2018 zurück und begründete diesen mit den gleichen Ausführungen wie den Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2017. Es führte ergänzend aus, es liege auch kein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip vor, da das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation des Beamten gehöre. Auch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn ergebe sich keine Verpflichtung, zu den Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung Beihilfen zu gewähren. Zwar dürfe der Beamte nicht mit Aufwendungen belastet werden, die für ihn unabwendbar seien und denen er sich nicht entziehen könne. Dazu gehörten jedoch nicht Umstände, die sich auf die übrige Lebensführung und -planung auswirkten, auch wenn sie körperliche oder organische Ursachen hätten. Der Dienstherr habe medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft einer entsprechend anzuwendenden Regelung unterwerfen dürfen, bei deren Erlass der Gesetzgeber dies nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen habe, sondern nur den für Krankheiten geltenden Regelungen des SGB V unterstellt und insoweit einen eigenständigen Versicherungsfall geschaffen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege es im Rahmen der grundsätzlichen Freiheit des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für körperliche und seelische Beeinträchtigungen näher zu bestimmen. In Bezug auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bestehe keine staatliche Verpflichtung, die Entstehung einer Familie durch Leistungen zu fördern. Der Begriff der Krankheit könne durch Auslegung nicht dahingehend erweitert werden, dass er auch den Wunsch nach einer erfolgreichen Familienplanung mit der Folge erfasse, dass für alle damit verbundenen Maßnahmen Leistungen zu gewähren seien. Die künstliche Befruchtung beseitige weder einen regelwidrigen körperlichen Zustand noch lindere sie ihn, sondern umgehe ihn mithilfe medizinischer Technik, ohne auf dessen Heilung zu zielen. Auch wenn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG das nicht fordere, könne der Dienstherr in Bezug auf die Beihilfe Beamte und Richter insoweit mit den gesetzlich Krankenversicherten gleich behandeln.
8Am 19. Juli 2018 erweiterte der Kläger seine Klage.
9Zur Begründung seines Klagebegehrens trägt er vor: Nach seiner Auffassung bestehe ein Beihilfeanspruch zu den entstandenen Aufwendungen, weil die Höchstaltersgrenze von 50 Jahren in § 8 Abs. 4 S. 3 BVO gegen Verfassungsrecht verstoße. Die Regelung sei nicht durch eine ausreichende gesetzliche Ermächtigung gedeckt. Die Wesentlichkeitstheorie, nach welcher alle wesentlichen Entscheidungen vom Parlament selbst in einem Gesetz zu treffen seien, sei nicht beachtet worden. Zwar sei das Finanzministerium nach dem Landesbeamtengesetz NRW zur Regelung durch Rechtsverordnung ermächtigt und dürfe Regelungen hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs von Beihilfeleistungen treffen, es dürfe aber keine Altershöchstgrenze festlegen. Bei der künstlichen Befruchtung handele es sich, wie der BGH – IV ZR 323/18 – bezüglich der Leistungsverpflichtung einer privaten Krankenversicherung entschieden habe, um die medizinisch notwendige Behandlung einer Krankheit. Das sei beihilferechtlich nicht anders zu sehen. Die Altersgrenzenregelung führe zu einer Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem und verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ehepaare, bei denen der Mann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, hätten Anspruch auf Beihilfe, Ehepaare, bei denen der Mann das 50. Lebensjahr vollendet habe, aber nicht. Dabei blieben Risikofaktoren wie tödliche Krankheiten, Rauchen oder Trinken sowie Gendefekte, die zu Schädigungen und Missbildung beim Kind führten, bei Ehepaaren außer Betracht, bei denen der Mann das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Ehepaare, bei denen diese Risikofaktoren nicht vorlägen, der gesunde Ehemann aber über 50 sei, hätten hingegen keinen Anspruch. Die Unterscheidung lediglich nach dem Alter sei willkürlich und nicht gerechtfertigt. Das Alter sei von den Betroffenen nicht beeinflussbar. Sie könnten der Ungleichbehandlung nicht ausweichen. Diese sei auch unverhältnismäßig. Es gebe keinen legitimen Zweck für die Regelung der Altersgrenze. Zwar halte das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 24. Mai 2007 (B 1 KR 10/06 R) die Altersgrenze für Männer für verfassungsgemäß. Es gebe jedoch anders als bei der Altersgrenze für die Ehefrau kein medizinisches Argument für die Altersgrenze beim Mann. Die Erfolgsaussicht für eine künstliche Befruchtung bei einem Mann ab 50 Jahren nehme weder vergleichbar mit der Frau ab noch erhöhe sich die Gefahr von Fehlbildungen beim Kind mit ansteigendem Alter des Mannes signifikant. Der grundsätzlich legitime Zweck des Schutzes des Kindeswohls dürfe nicht durch die Beihilfeverordnung verfolgt werden, diese regele nur die Fürsorgepflicht des Dienstherrn und die Alimentation, also ausschließlich das Wohl der Beamten. Das Kindeswohl sei im Übrigen nicht abhängig von der Altersgrenze des Mannes. Jedenfalls müsse diese angehoben werden, da die Lebenserwartung für einen 50-jährigen Mann gestiegen sei. Zudem habe sich das Familienbild in Deutschland in den letzten Jahren verändert, der Ehemann sei nicht mehr der Hauptverdiener, der Begriff der Familie sei heute viel weiter, eine zweite Ehe mit weiteren Kindern sei heute nichts Besonderes mehr, viele Männer seien bei der Geburt ihrer Kinder bereits jenseits der 50. Der Tod eines Elternteils bedeute nicht, dass das Kind nur mit dem überlebenden Elternteil den Ausbildungsabschluss erlebe, da ein überlebender Ehepartner einen neuen Lebensgefährten finden könne.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides vom 7. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2017 und unter teilweiser Aufhebung des Beihilfebescheides vom 30. Mai 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2018 zu verpflichten, ihm antragsgemäß Beihilfe zu den Aufwendungen für die Kinderwunschbehandlung zu gewähren.
12Das beklagte Land beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung bezieht der Beklagte sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
15Die Ehefrau des Klägers hat zu den ihr entstandenen Aufwendungen im Rahmen der Kinderwunschbehandlung Beihilfe beantragt, deren Gewährung die Bezirksregierung E. als Beihilfestelle ablehnte. Die hiergegen von der Ehefrau des Klägers erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 17. Februar 2020 - 10 K 17003/17 - abgewiesen. Hiergegen ist ein Antrag auf Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängig.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des LBV ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
19Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S.1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführten medizinischen Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (Beleg-Nummern 8, 9, 10, 11 und 14 des Beihilfeantrages vom 2. Juli 2017 und Beleg-Nummern 3, 5, 14 und 18 des Beihilfeantrages vom 15. Mai 2018).
20Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung ist § 8 Abs. 4 der Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfenverordnung NRW – BVO) vom 5. November 2009 in der Fassung vom 16. Dezember 2016 für die im Jahr 2017 entstandenen Aufwendungen und in der Fassung vom 15. Dezember 2017 für die im Jahr 2018 entstandenen Aufwendungen des Klägers.
21Danach sind Aufwendungen für medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) unter den in § 8 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 4 BVO bestimmten Voraussetzungen beihilfefähig. Daneben ist nach § 8 Abs. 4 S. 4 BVO weitere Voraussetzung, dass die Ehegatten das 25. Lebensjahr, die Ehefrau noch nicht das 40. Lebensjahr und der Ehemann noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet haben. § 8 Abs. 4 S. 5 BVO regelt zudem, dass die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 27a Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erlassenen Richtlinien zur Künstlichen Befruchtung in der jeweils geltenden Fassung entsprechend gelten.
22Vorliegend scheitert ein Beihilfeanspruch an der Überschreitung der Höchstaltersgrenze des § 8 Abs. 4 S. 4 BVO in der Person des Klägers. Dieser hatte zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung am 13. März 2017 das 64. Lebensjahr und zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung am 5. Februar 2018 das 65. Lebensjahr bereits vollendet und damit die Höchstaltersgrenze um 14 bzw. 15 Jahre überschritten.
23Die die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung einschränkende Regelung der Höchstaltersgrenze des Ehemannes in § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
24Entgegen der Auffassung des Klägers findet die Vorschrift des § 8 Abs. 4 BVO NRW eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage in § 75 Landesbeamtengesetz NRW (LBG) vom 14. Juni 2016. In § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG ist geregelt, dass Beihilfeberechtigte zu der Höhe nach angemessenen Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen, deren Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen nachgewiesen sind, bei nicht rechtswidrigem Schwangerschaftsabbruch, bei nicht rechtswidriger Sterilisation „sowie in Ausnahmefällen zur Empfängnisverhütung und bei künstlicher Befruchtung“ Beihilfen erhalten. Gemäß § 75 Abs. 8 S. 1 LBG regelt dazu das Finanzministerium das Nähere durch Rechtsverordnung.
25§ 8 Abs. 4 BVO mit den darin enthaltenen Beschränkungen der Beihilfefähigkeit regelt die grundsätzlich durch § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG vorgesehene Möglichkeit der Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für die Herbeiführung einer künstlichen Befruchtung, ohne den durch § 75 Abs. 8 S. 1 LBG vorgegebenen Regelungsrahmen zu verlassen.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris, Rn. 5.
27Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu unter Bezugnahme auf die Vorgängerregelung des § 75 LBG (n.F.) ausgeführt:
28„Denn anders als etwa bei der Linderung von Krankheiten sieht § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW die Erstattung von Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen bei künstlicher Befruchtung nur "in Ausnahmefällen" vor. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich davon ausgeht, dass solche Maßnahmen nicht ohne Weiteres erstattungsfähig sind. Erst durch eine positive Regelung in der Beihilfeverordnung kann der konkrete Beihilfeanspruch abschließend entstehen. Deswegen kommt es insoweit auch nicht auf den die Befugnisse des Verordnungsgebers begrenzenden § 77 Abs. 8 Satz 2 LBG NRW an. Durch diese Vorschrift wird der genauere Umfang der Ermächtigung des Verordnungsgebers, ansonsten nicht weiter beschränkte Leistungspflichten gegenüber Beihilfeberechtigten - etwa bei Maßnahmen zur Linderung einer Erkrankung - zu begrenzen, geregelt. Die Ermächtigung des Verordnungsgebers zur Beschränkung von Beihilfeansprüchen wird hierdurch auf bestimmte Tatbestände begrenzt. Aus der Regelung des § 77 Abs. 3, vierter Spiegelstrich LBG NRW, welche Leistungen ohnehin nur im Ausnahmefall vorsieht, folgt demgegenüber, dass eine nähere Ausgestaltung dieses Ausnahmefalls und seiner Voraussetzungen erst durch den Verordnungsgeber vorgenommen werden muss, damit ein Anspruch abschließend entstehen kann. Die danach vom Verordnungsgeber ausgestaltete Eingrenzung der Maßnahmen auf verheiratete Paare - wie im Übrigen auch die weitere Einengung der Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen durch § 8 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BVO NRW - vollzieht bzw. konkretisiert die bereits gesetzgeberisch vorgesehene Begrenzung auf den Ausnahmefall und ist (…) mit höherrangigem Recht im Übrigen zu vereinbaren.“
29In Anwendung dieser Maßstäbe gilt dies auch für die hier streitgegenständliche Regelung einer Höchstaltersgrenze von 50 Jahren für Männer, die eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen. Entgegen der Auffassung des Klägers, die streitgegenständliche Regelung sei eine wesentliche Einschränkung des Anspruchs auf Beihilfe, für den keine formell gesetzliche Grundlage existiere, handelt es sich bei der Regelung der Höchstaltersgrenze für Männer um die konkrete Ausgestaltung der gesetzgeberisch vorgesehenen Begrenzung auf den Ausnahmefall eines Beihilfeanspruchs im Falle einer künstlichen Befruchtung.
30Der Verordnungsgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum, den er vorliegend nicht überschritten hat.
31Vgl. in Bezug auf die Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 BVO: OVG NRW, Urteil vom 12. November 2007 – 1 A 2537/06 –, juris, Rn. 65 ff.
32Auch der Umstand, dass § 8 Abs. 4 BVO NRW der Vorschrift des § 27 a des Sozialgesetzbuches (SGB) Fünftes Buch (V) nachgebildet ist, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zwar bestehen zwischen den Systemen der Beihilfe und der gesetzlichen Krankenversicherung Strukturunterschiede, die eine Übernahme von Strukturelementen aus dem einen in das andere System nicht ohne weiteres erlauben. Aus diesem Grund könnte es etwa rechtlich angreifbar sein, wenn Leistungsausschlüsse mittels bloßer Verweisung auf Rechtsnormen außerhalb des Beihilfenrechts erfolgen. Der Dienstherr ist aber keineswegs gehindert, - im Übrigen mit der Fürsorgepflicht vereinbare - Elemente etwa der gesetzlichen Krankenversicherung in der Weise in das Beihilfenrecht zu übertragen, dass er in der Beihilfenverordnung selbst gleichartige Regelungen trifft. Diesen Anforderungen wird § 8 Abs. 4 BVO NRW gerecht. Er tritt zunächst als selbständige Vorschrift neben die Bestimmungen, welche die Beihilfegewährung in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und Todesfällen regeln (vgl. die Aufzählung in § 1 Abs. 1 BVO). Der Verordnungsgeber gibt hiermit zu erkennen, dass er – ebenso wie der Gesetzgeber des § 27 a SGB V – medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung der Schwangerschaft grundsätzlich nicht als Behandlung einer Krankheit ansieht, sondern mit der Bestimmung des § 8 Abs. 4 BVO NRW die Vorschriften der BVO NRW über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall um Bestimmungen ergänzt, die in einem Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen anzusiedeln sind, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der Beihilfe nicht von vornherein veranlasst ist.
33VG Düsseldorf, Urteil vom 15. März 2011 – 2 K 2516/10 –, juris Rn.33 ff. m.w.N.
34Dass der Gesetzgeber medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht als Behandlung einer Krankheit angesehen, sondern diese Maßnahmen im Rahmen einer speziellen Regelung nur den Maßnahmen zur Behandlung einer Krankheit gleichgestellt hat, folgt aus der expliziten und gesonderten Aufführung von medizinisch notwendigen Maßnahmen „bei künstlicher Befruchtung“ in § 75 Abs. 3 Nr. 4 LBG NRW, während Maßnahmen „zur Vorbeugung und Linderung von Erkrankungen oder Behinderungen, zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Besserung des Gesundheitszustandes (einschließlich Rehabilitation)“ gesondert in § 75 Abs. 3 Nr. 1 LBG NRW aufgeführt sind.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris Rn. 13 ff. m.w.N.
36Diese gesetzgeberische Differenzierung ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden.
37Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 5/03 –, juris, Rn. 35
38Die Regelung der Altersgrenze in § 8 Abs. 4 BVO ist auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt entgegen der Auffassung des Klägers nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
39Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen.
40Vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 5/03 –, juris Rn. 31 m.w.N.
41Die Altersgrenze für Männer in § 8 Abs. 4 S. 3 BVO verletzt diese Anforderungen nicht. Zwar werden bei Überschreitung dieser Altersgrenze grundsätzlich beihilfeberechtigte Eheleute von der Gewährung von Beihilfe zu einer medizinischen Maßnahme nach § 8 Abs. 4 BVO ausgeschlossen, auch wenn im Übrigen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Beihilfegewährung (§ 8 Abs. 4 BVO NRW) gegeben sind und sie werden im Verhältnis zu Paaren, bei denen der Ehemann zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung noch nicht 50 Jahre alt ist, dadurch benachteiligt. Dabei ist allerdings schon fraglich, ob es sich hier um einen Gleichheitsverstoß handelt, denn in bezug auf das Alter bzw. die Alterspanne bei Männern, in der die Beihilfe gewährt oder nicht gewährt wird, besteht ja gerade ein Unterschied.
42Ein Gleichheitsverstoß ist aber in einem Gebiet wie im Beihilferecht, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint.
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 40.09 –, juris, Rn. 11 m.w.N. ;OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 – 1 A 916/11 –, juris, Rn. 52 f.
44Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
45BSG, Urteil vom 24. Mai 2007 – B 1 KR 10/06 R –, juris
46zu der gleichlautenden Regelung einer Altersgrenze für Männer in § 27 a SGB V ist diese unterschiedliche Behandlung jedoch sachlich gerechtfertigt, da das Gewicht der Ungleichbehandlung beschränkt ist und die Sachgründe des Gesetzgebers, hierbei zwecks Ausgabenbegrenzung eine Altersgrenze für Männer mit der Vollendung des 50. Lebensjahres einzuführen, ein hinreichendes, die Grenzziehung rechtfertigendes Gewicht haben. Der Normgeber hat die Grenzen seines Einschätzungsermessens, bei dem ihm eine typisierende Betrachtung erlaubt ist, nicht überschritten. Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.
47Vgl. BSG, Urteil vom 24. Mai 2007 – B 1 KR 10/06 R – , juris, Rn. 11,13 m.w.N.
48Das Bundessozialgericht hat hierzu weiter ausgeführt:
49„Der Gesetzgeber durfte die Ehe einer Frau mit einem zur Zeit der Befruchtung höchstens 50-Jährigen als besonders geeignet ansehen, die mit den erstrebten medizinischen Maßnahmen verbundenen Belastungen und Risiken - etwa bei der hier in Frage stehenden ICSI-Methode auch das erhöhte Risiko einer Fehlbildung des Kindes betreffend - gemeinsam zu bewältigen. Zweck der oberen Altersgrenze für Männer in § 27a Abs 3 Satz 1 SGB V ist nach der Gesetzesbegründung insbesondere, das Kindeswohl zu wahren (vgl Entwurf der Fraktionen der SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN eines GMG, BT-Drucks 15/1525 S 83, zu Nr 14 Buchst b) . Das Kindeswohl ist ein unbestimmter Begriff, der durch die Rechtsprechung eine Konkretisierung gefunden hat ( BVerfGE 68, 176, 188; 75, 201, 218; DVBl 2006, 179 = NJW 2006, 827; BGH, NJW 2005, 1781 ). Er meint das Wohlbefinden eines Kindes in körperlicher, geistiger und seelischer Hinsicht ( vgl im Ergebnis Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, 1983, S 176 ff ). Das Kindeswohl findet seine Ausprägung zB in Art 6 Abs 2 GG ( BVerfGE 24, 119, 144; FamRZ 2002, 535 ), ist Ausdruck der Garantie der Würde des Kindes in Art 1 Abs 1 GG sowie seiner Grundrechte und hat damit ebenso wie der allgemeine Gleichheitssatz Verfassungsrang ( stRspr des BVerfG, zuletzt BVerfG - Kammer - NJW 2005, 1765 = FamRZ 2005, 783 ).
50Das BVerfG hat bereits entschieden, dass es mit dem GG vereinbar ist, dass § 27a Abs 1 Nr 3 SGB V die Leistung medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung) durch die GKV - auch in Würdigung des Kindeswohls - auf Personen beschränkt, die miteinander verheiratet sind (vgl BVerfG, NJW 2007, 1343 Leitsatz 1) . Es hält sich danach im Rahmen sachlicher Erwägungen, die auf Dauer angelegte Ehe als besonders geeignet dafür anzusehen, die mit der künstlichen Befruchtung einhergehenden Risiken gemeinsam zu tragen. Das Risiko einer Fehlbildung liegt bei einer ICSI-Maßnahme bei 8,6 % der Lebendgeburten und damit über dem Durchschnitt (vgl BVerfG, Urteil vom 28.2.2007, aaO, RdNr 14, unter Hinweis auf Felberbaum/Küpker/Diedrich, DÄ 2004, A 95 ff, A 100).
51Im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative konnte der Gesetzgeber auch die gewöhnliche Lebenserwartung der Eheleute einbeziehen und typisierend davon ausgehen, dass mit der 50-Jahres-Grenze jedenfalls bis zum regelmäßigen Abschluss der Schul- und Berufsausbildung des Kindes die Ehe als eine Lebensbasis für das Kind besteht, die den Kindeswohlbelangen besser Rechnung trägt, als die Erziehung und Versorgung nur durch einen (überlebenden) Ehegatten. Nach der Sterbetafel 2002/2004 des Statistischen Bundesamtes (vgl http://www.destatis.de/download/d/bevoe/sterbet04.xls ) liegt die durchschnittliche Lebenserwartung 50-jähriger Männer bei 28,32 Jahren. Sie sinkt mit jedem weiteren vollendeten Lebensjahr um rund 0,75 Jahre (9 Monate) bis auf zB 17 Jahre bei 64-Jährigen ab.
52Der Gesetzgeber hat sich unter Berücksichtigung dieser statistischen Lebenserwartung der Eltern und des typischerweise in Betracht kommenden Abschlusses der Schul- und Berufsausbildung des Kindes einer Typisierung bedient, die er in ähnlicher Weise auch in anderen Leistungsbereichen unbeanstandet verwendet, etwa bei der Altersgrenze für Kinder in der Familienversicherung in der GKV (§ 10 Abs 2 Nr 3 SGB V: Vollendung des 25. Lebensjahres), für die (Halb)-Waisenrente (§ 48 Abs 4 Nr 2 SGB VI: Vollendung des 27. Lebensjahres ) , im Einkommensteuerrecht (§ 32; § 63 EStG: bisher Vollendung des 27., seit 1.1.2007 des 25. Lebensjahres; vgl dazu BVerfGE 112, 164 = SozR 4-7410 § 32 Nr 1) oder im Kindergeldrecht (§ 2 Abs 2 Nr 2 BKGG: bisher Vollendung des 27., seit 1.1.2007 des 25. Lebensjahres) .“
53Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
54Ebenso: 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, Urteil vom 17. Februar 2020 – 10 K 17003/17 –, juris.
55Der Verordnungsgeber hat mit seiner Entscheidung, staatliche Leistungen in Form der Beihilfe nur bis zu einer bestimmten Altersgrenze des Ehemanns zu gewähren, nachvollziehbare sozialpolitische Erwägungen zugrunde gelegt. Es besteht auch kein Anlass, die Übernahme dieser sachgerechten Erwägungen in das Beihilferecht in Zweifel zu ziehen.
56Vgl. BayVGH, Beschluss vom 19. September 2006 – 14 ZB 06.1844 –, juris
57Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Mannes hat sich zwar im Vergleich zu der in der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde gelegten Sterbetafel 2002/2004 des Statistischen Bundesamtes erhöht, sie liegt jedoch mit 30,34 Jahren bei einem 50-jährigen Mann nicht signifikant über dem vom Bundessozialgericht zugrunde gelegten Wert von 28,32 Jahren. Das gilt auch für die Lebenserwartung des Klägers im Zeitpunkt des Entstehens der geltend gemachten Aufwendungen. Nach der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes hat ein 64-jähriger Mann mit 18,66 Jahren ebenfalls eine nicht signifikant über der vom Bundessozialgericht zugrunde gelegten Lebenserwartung von 17 Jahren, ein 65-jähriger Mann hat eine Lebenserwartung von 17,92 Jahren.
58vgl.https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&selectionname=12621-0001&sachmerkmal=GES&sachschluessel=GESM#abreadcrumb
59Der Einwand des Klägers, die Altersgrenze müsse zumindest an die gestiegene Lebenserwartung eines 50-jährigen Mannes angepasst werden, würde – unabhängig davon, ob eine solche Verpflichtung des Verordnungsgebers überhaupt begründet werden könnte – für den Fall des Klägers jedenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Denn selbst wegen der inzwischen um ca. zwei Jahre gestiegenen Lebenserwartung 50-jähriger Männer, die Altersgrenze entsprechend angepasst worden wäre, hätte der Kläger mit einem Alter von 64 bzw. 65 Jahren im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen die Altershöchstgrenze immer noch deutlich überschritten.
60Dem Kläger ist zuzugeben, dass es bis zu einem gewissen Grad individuelle Unterschiede in der Lebenserwartung gibt, etwa wegen des Lebensstils, wegen Vorerkrankungen und anderer Umstände, die dazu führen können, dass die Lebenserwartung eines unter 50-jährigen Mannes niedriger ist als die eines über 50-jährigen Mannes. Jedoch ist es unter dem Aspekt der Einfachheit und Praktikabilität des Beihilferechts geboten, eine für alle verbindliche und deshalb notwendigerweise pauschalierende Regelung zu treffen. Die Beihilfestellen wären überfordert, wenn sie – sofern dies überhaupt möglich ist – jeweils im Einzelfall die Lebenserwartung durch ein Sachverständigengutachten zu prüfen hätten. Eine allgemeine Altersgrenze ist deshalb vor dem oben Gesagten sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden.
61Vgl. in Bezug auf die Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 BVO zum weiten Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers: OVG NRW, Urteil vom 12. November 2007 – 1 A 2537/06 –, juris, Rn. 65 ff.; vgl. in Bezug auf die in § 8 Abs. 4 S. 4 geregelte Altersgrenze der Frau (Vollendung des 40. Lebensjahres) VG Aachen, Urteil vom 7. September 2012 – 7 K 102/11 –, juris, Rn. 25.
62Ein Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz liegt nicht vor, da das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfe nicht zur verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation des Beamten gehört.
63BayVGH, Urteil vom 29. März 2010 – 14 B 08.3188 – juris, Rn. 20.
64Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist nicht verletzt, denn diese umfasst nicht den Bereich der Lebens- und Familienplanung, dementsprechend kann auch keine staatliche Pflicht bestehen, durch medizinische Maßnahmen wie eine künstliche Befruchtung die Entstehung einer Familie zu fördern.
65BayVGH, a.a.O., Rn. 19.
66Der Bereich der Lebens- und Familienplanung wird von der Fürsorgepflicht nicht erfasst.
67Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 40/09 –, juris, Rn. 10 ff.; BayVGH, a.a.O., Rn. 17ff.
68Ebenso wenig liegt eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG vor, da der staatlichen Pflicht zum Schutz von Ehe und Familie kein Anspruch entnommen werden kann, die Entstehung einer Familie durch Übernahme der Aufwendungen für künstliche Befruchtungen zu fördern.
69Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27. Februar 2009 – 1 BvR 2982/07 –, juris und Urteil vom 28. Februar 2007 – 1 BvL 5/03 –, juris, Rn 40 zu § 27a SGB V
70Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, dass seine Ehefrau seiner Auffassung nach durch die streitgegenständliche Altersgrenze in ihrer Partnerwahl beschränkt und damit Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sei, macht er keine eigene Rechtsverletzung geltend.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
72Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
73Rechtsmittelbelehrung:
74Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
75Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
76Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
77Die Berufung ist nur zuzulassen,
781. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
792. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
803. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
814. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
825. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
83Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
84Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
85Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
86Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
87Beschluss:
88Der Streitwert wird auf 9.362,-- Euro festgesetzt.
89Gründe:
90Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 S. 1 GKG erfolgt.
91Rechtsmittelbelehrung:
92Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
93Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
95Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
96Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
97War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und
98die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Referenzen
- § 27a SGB V 3x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 4 S. 5 BVO 1x (nicht zugeordnet)
- 7 K 102/11 1x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2982/07 1x (nicht zugeordnet)
- 1 KR 10/06 3x (nicht zugeordnet)
- 1 BvL 5/03 3x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 4 BVO 9x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- IV ZR 323/18 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 113 1x
- 1 A 916/11 3x (nicht zugeordnet)
- LBG § 75 7x
- 2 C 40/09 1x (nicht zugeordnet)
- 10 K 17003/17 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 4 Satz 4 BVO 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 BVO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 67 1x
- Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 K 2516/10 1x
- § 8 Abs. 4 S. 3 BVO 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 bis 4 BVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 27 a SGB V 2x (nicht zugeordnet)
- § 8 Abs. 4 S. 4 BVO 2x (nicht zugeordnet)
- 1 A 2537/06 2x (nicht zugeordnet)