Urteil vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen - 19 K 2171/21
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und seit 2016 in Deutschland als Flüchtling anerkannt. In der Vergangenheit arbeitete er in Afghanistan als Kraftfahrzeugmechaniker, insbesondere auch im Dienste des Afghanischen Militärs sowie auch der Bundeswehr.
2Mit Schreiben vom 11. November 2020 beantragte er bei der Beklagten die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 8 der Handwerksordnung - HwO - zur selbstständigen Ausübung des Kraftfahrzeughandwerkes. In dem Antragsformular gab er u.a. an, dass er den Beruf des Kraftfahrzeugmechatronikers zwischen 1990 und 1993 erlernt habe. Von 1993 bis 2015 habe er dann in L. als solcher selbstständig gearbeitet. Einen entsprechenden Gesellenbrief werde er nachreichen. In einem vorgelegten Lebenslauf gab er zudem an, dass er die Sprachen Russisch „gut“ und Dari als seine Muttersprache beherrsche. Bzgl. der deutschen Sprache verfüge er über „Grundkenntnisse“. Nach einem von ihm vorgelegten „Zertifikat DEUTSCH-TEST FÜR ZUWANDERER“ vom 9. Dezember 2019 erfülle er im Bereich „Hören / Lesen“ das Sprachniveau „A2 gut“, den Bereich „Schreiben“ mit „A2“ sowie den Bereich „Sprechen“ mit „B1“. Insgesamt erfülle er daher das Sprachniveau „A2“.
3Im Zuge des Verwaltungsverfahrens hielt die Beklagte die Durchführung einer Sachkundeprüfung für geboten und bat den Kläger daher mit Schreiben vom 16. November 2020 darum, sich mit dem Kfz-Technikermeister Q. C. in Verbindung zu setzten, um so den Nachweis meistergleicher Kenntnisse und Fertigkeiten zu erbringen. Im Rahmen eines schriftlichen Gutachtens vom 30. November 2020 teilte Herr C. mit, dass er vom 16. bis zum 30. November 2020 die fachliche Überprüfung des Klägers unter Beachtung der Richtlinie für die Überprüfung im Ausnahmebewilligungsverfahren zur Feststellung der meisterlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durchgeführt haben. Hierzu habe der Kläger in fachpraktischer Hinsicht Arbeitsproben durchgeführt und damit seine handwerklichen Fähigkeiten ausreichend bewiesen. Seine fachtheoretischen Kenntnisse seien im Rahmen ausgiebiger Fachgespräche festgestellt worden. Ebenso seien seine nötigen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse „als ausreichend zu bezeichnen“. Zusammenfassen könne festgestellt werden, dass der Kläger aufgrund der festgestellten ausreichenden Leistungen und Erkenntnisse in der Lage sei, einen Kfz-Betrieb zu führen. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 2020 mit, dass sie beabsichtige, ihm eine Ausnahmebewilligung zu erteilen und bat zugleich um Begleichung der fälligen Gebührenrechnung.
4Im weiteren Verfahrensverlauf trat nach Darstellung der Beklagten der Sohn des Klägers telefonisch an diese heran und bat um Mitteilung, wann mit einer Erteilung der Ausnahmebewilligung zu rechnen sei. Die Mitarbeiterin der Beklagten Frau L1. habe dem Sohn darauf hin mitgeteilt, dass man aus datenschutzrechtlichen Gründen dem Kläger die Auskunft nur persönlich erteilen könne. Daraufhin habe sie persönlich mit dem Kläger gesprochen und diesen, um sich von dessen Identität zu überzeugen, nach dessen Geburtsdatum gefragt. Der Kläger sei sprachlich nicht in der Lage gewesen, der Sachbearbeiterin dieses mitzuteilen. Erst unter Einbeziehung des Sohnes habe sie das Geburtsdatum des Klägers erfragen können. Dieses Telefonat nahm der Prozessvertreter der Beklagten zum Anlass, ein weiteres Telefonat mit dem Kläger zu führen. Bei diesem habe sich der Eindruck bestätigt, dass die Sprachkenntnisse des Klägers „als nicht besonders gut zu beurteilen“ seien. Vor dem Hintergrund des festgestellten sprachlichen Niveaus des Klägers könne man daher die Stellungnahme des Sachverständigen nicht ohne weiteres heranziehen.
5Zur weiteren Feststellung der Fertigkeiten des Klägers erfolgte am 4. März 2021 ein „Zoom Meeting“, an dem der Kläger, Herr C. , Frau L1. sowie der Prozessvertreter der Beklagten teilnahmen. Es sei hierbei nach weiterer Darstellung der Beklagten vereinbart worden, dass die Fragen aus der bereits durchgeführten Sachkundeprüfung nochmals gestellt würden. Herr C. habe die entsprechenden Fragen im Hinblick auf eine Kalkulation zur Ermittlung der Kosten eines Lichtmaschineaustausches nochmals an den Kläger gestellt. Der Kläger habe daraufhin nur Begriffe wie „Zwischensummen, Gesamtsumme und Mehrwertsteuer“ aufgezählt. „Eine selbstständig von ihm „sprachlich nachvollziehbare tatsächliche Kalkulation“ und „darauf basierende Rechnung“ habe er nicht darlegen können. Auch zu Fragen im Bereich von Spannung, Stromstärke bzw. deren Berechnung sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, selbst, ohne Vorgaben und Unterstützung von Herrn C. die eigenständig zu antworten. Zum größten Teil habe Herr C. nach mehrfachen Fragen selbst die Antworten gegeben, die vom Kläger dann lediglich bejaht oder wiederholt wurden. Auch weiter Fragen habe der Kläger nicht beantworten können. Insgesamt sei daher deutlich geworden, dass der Kläger aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten nicht in der Lage war, die ihm bereits bekannten Fragen zu beantworten.
6Unter Verweis vorstehenden Erkenntnisse hörte die Beklagte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 8. März 2021 zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrages an. Mit Bescheid vom 5. Mai 2021 lehnte sie sodann den Antrag des Klägers mit entsprechender Begründung ab. Zugleich setzte sie eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 100 € fest.
7Der Kläger hat am 27. Mai 2021 Klage erhoben.
8Zur Begründung ergänzt er, dass er über 30 Jahre Berufserfahrung beim Militär in seinem Heimatland als Automechaniker gesammelt habe. Er habe dabei in seiner Berufslaufbahn als Meister mehrere Lehrlinge als Automechaniker ausgebildet und beherrsche seinen Beruf. Wegen seiner Sprachkenntnisse beziehe er sich auf das von ihm vorgelegte Sprachzeugnis, wonach er das Sprachniveau „A2“ erfülle.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5. Mai 2021 zu verpflichten, ihm eine Ausnahmebewilligung für die Ausübung des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks zu erteilen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen
13Zur Begründung wiederholt sie zunächst ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend merkt sie noch an, dass ihre Annahme, dass der Kläger sprachlichen Schwierigkeiten unterliege dadurch bestätigt werde, dass dieser die Hinzuziehung eines Dolmetschers in der mündlichen Verhandlung für erforderlich halte. Die mit dem Sprachniveau „A2“ einhergehenden Sprachkenntnisse, sich mit einer Person in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen zu können, genügt im Übrigen nicht den auf Meisterniveau vorausgesetzten Sprachkenntnissen. Das Meisterniveau sei das höchste Niveau im Handwerk. Hierzu sein entsprechende fachliche, technische, betriebswirtschaftliche, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse nachzuweisen, die zur Führung eines Handwerksbetriebes notwendig seien.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Beklagte hat es zurecht abgelehnt, dem Kläger eine Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle für das Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk zu erteilen und ihn hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
16Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HwO. Nach dieser Vorschrift ist in Ausnahmefällen eine Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu erteilen, wenn die zur selbständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind. Zur Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung sind in Nordrhein-Westfalen die Handwerkskammern berufen, § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Zuständigkeiten nach der Handwerksordnung und der EU/EWR-Handwerk-Verordnung.
17Der Kläger hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht nachgewiesen.
18Es bedarf dabei keiner abschließenden Entscheidung, ob - wie von der Beklagten angenommen - ein Ausnahmefall bereits darin zu sehen ist, dass der Kläger während des Verwaltungsverfahrens das 00. Lebensjahr vollendet hat. Diese Altersgrenze wird gerichtsbekannt von der Beklagten im Einklang mit den sogenannten „Leipziger Beschlüssen“ regelmäßig als Grenze herangezogen, ab der ein Ausnahmegrund für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung angenommen wird. Ob eine solche rein an das Lebensalter anknüpfende Betrachtung indes mit dem Regelungsgehalt des § 8 Abs. 1 Satz 2 HwO in Einklang steht, erscheint zweifelhaft. Denn die Annahme eines Ausnahmefalles, ob also die Durchführung einer Meisterprüfung unzumutbar ist, erfordert stets eine Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls.
19Vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 29. August 2001 – 6 C 4.01 –, BVerwGE 115, 70-77 zitiert nach juris Rn. 16; kritisch zu dieser Altersgrenze nach den Leipziger Beschlüssen auch: Leisner in: BeckOK HwO, 16. Ed. 1.3.2022, HwO § 8 Rn. 25.
20Ungeachtet dessen hat der Kläger aber die zur selbständigen Ausübung des Kraftfahrzeugtechniker-Handwerks notwenigen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht nachgewiesen. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung setzt voraus, dass der Antragsteller über „in etwa“ meisterliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Neben den notwendigen handwerklichen Kenntnissen und Fertigkeiten ist deshalb auch der Nachweis des zur ordnungsgemäßen Betriebsführung in eigener Verantwortung erforderlichen fachtheoretischen, betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Grundlagenwissens erforderlich, vgl. § 45 Abs. 3 HwO.
21OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2021 – 4 E 222/21 –, juris Rn. 7 ff. m.w.N.
22Diese Tatbestandsvoraussetzung unterliegt dabei der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Ein Beurteilungsspielraum der Handwerkskammer besteht nicht.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2001, a. a. O, Rn. 12.
24Zur Feststellung der gesetzlichen Voraussetzungen hat die Handwerkskammer zunächst im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 24 VwVfG NRW) von sich aus alle erforderlichen Nachweismittel heranzuziehen und zu bewerten. Dabei sind auch die bisherigen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten des Antragstellers zu berücksichtigen, § 8 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 HwO.
25Zu den tauglichen Nachweismitteln kann es auch gehören, dass ein Sachverständiger den Antragsteller hinsichtlich seiner Kenntnisse und Fertigkeiten begutachtet und hierrüber ein entsprechendes (schriftliches) Gutachten erstellt. Die abschließende - gerichtlich voll überprüfbare - Entscheidung darüber, ob der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung erfüllt, verbleibt jedoch bei der Handwerkskammer. Einem eingeholten Gutachten kommt keine Bindungswirkung zu.
26Die Gestaltung einer solchen Begutachtung und die anschließende Abfassung eines Gutachtens sind dabei nicht näher gesetzlich geregelt. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung soll eine die Überprüfung aber nicht schulmäßig nach „Art einer Meisterprüfung“ erfolgen.
27Vgl. etwa VGH Mannheim, Urteil vom 7. November 2003 - 14 S 275/03 - BeckRS 2003, 25250 Rn. 31; Knörr in: Honig/Knörr/Thiel, Handwerksordnung, 5. Aufl. 2017, HwO § 8 Rn. 17.
28Es ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich eine entsprechende Begutachtung, gerade im Hinblick auf Umfang und Aufwand, an der Entscheidungspraxis der zuständigen Handwerkskammer und den Bedürfnissen des Handwerks orientiert. Eine strenge Formalisierung des Verfahrens im Stile eine Prüfungsentscheidung ist nicht zu fordern. Zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 HwO - namentlich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - kann eine entsprechende Begutachtung allerdings nur dann herangezogen werden, wenn der Gutachter, der über die entsprechende Sachkunde verfügen muss, in seinem Gutachten die tatsächliche Entscheidungsgrundlage hinreichend dokumentiert und die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen nachvollziehbar begründet. Die erforderliche Sachkunde kann jedenfalls bei einem Gutachter, der selbst über einen entsprechenden Meistertitel in dem in Rede stehenden oder einem diesem vergleichbaren Handwerk verfügt, regelmäßig angenommen werden. Weiter ist zu fordern, dass der Gutachter Gegenstand und Inhalt der Begutachtung sowie die erbrachten Leistungen des Antragstellers ebenso wie festgestellte Mängel dokumentiert. Schließlich sollte er auch seinen Erwartungshorizont und die wesentlichen Erwägungen, die zu seiner Ergebnisfindung geführt haben, festhalten. Ungeachtet dessen wird aber die Nachweiskraft eines entsprechenden Gutachtens erschüttert, wenn die der Beurteilung zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen durchgreifend in Zweifel gezogen werden.
29Hieran gemessen hat der Kläger seine Befähigung zur selbstständigen Ausübung des Kraftfahrzeugtechniker-Handwerks nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
30Die vom Kläger angeführte Ausbildung als Kraftfahrzeugmechaniker in L. und seine nachfolgende langjährige Tätigkeit als Kraftfahrzeugmechatroniker gegeben schon mangels näherer Substantiierung über Umfang und Inhalt der Ausbildung bzw. Art und Gegenstand der nachfolgenden beruflichen Tätigkeit nichts Hinreichendes über seine Kenntnisse und Fertigkeiten her. Insoweit hat er auch keine weiteren Nachweise angeboten, den das Gericht hätte nachgehen können.
31Das auf Veranlassung der Beklagten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholte Gutachten des KfZ-Meister Q. C. vom 31. November 2020 stellt im Übrigen schon an sich keine taugliche Grundlage dafür dar, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Klägers festzustellen. Bereits die tatsächliche Entscheidungsgrundlage kommt in dem Gutachten stellenweise nur oberflächlich zum Ausdruck. Hierdurch wird die Aussagekraft des Gutachtens insgesamt geschmälert Zwar wird in Anlehnung an die Vorgaben des § 45 Abs. 3 HwO mitgeteilt, dass sowohl die fachpraktischen Fertigkeiten (Teil I), als auch die fachtheoretischen (Teil II) bzw. betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) des Klägers Gegenstand der Überprüfung waren. Im Hinblick auf den Teil I wird zudem noch mitgeteilt, welche fachpraktische Aufgabe dem Kläger gestellt wurde. Zu Teil II wird hingegen auf „mehrere ausgiebige“ Fachgespräche verwiesen, deren Inhalt allerdings nur andeutungsweise wiedergegeben wird. Auch bleibt offen, wie lange diese Gespräche überhaupt gedauert haben. Zum Teil III wird schließlich nur mitgeteilt, dass „Gespräche“ geführt wurden, und „eine Kalkulation zur Ermittlung der Kosten einer Lichtmaschinenerneuerung“ durchgeführt wurde. Welche Dauer, welchen Umfang und welchen Inhalt diese Gespräche hatten, wird nicht deutlich.
32Hinzu kommt, dass die vom Antragsteller erbrachten Leistungen in dem Gutachten gerade in den Teilen II und III nur oberflächlich dokumentiert sind. In Teil II wird etwa mitgeteilt, dass „unter Anderem über die Ladesysteme und Batteriesysteme eines PKW’s sowie deren Überprüfung gesprochen“ wurde. Ebenso seien die „fachtheoretischen Grundkenntnisse über die unterschiedlichen Einspritzsysteme beim Otto- und Dieselmotor besprochen“ worden. Inwieweit der Kläger im Rahmen dieser Gespräche aber selbstständige Leistungen und eigene Kenntnisse gezeigt hat, wird nicht deutlich. Auch der Verweis darauf, dass eine Kalkulation zur „Ermittlung der Kosten einer Lichtmaschinenerneuerung“ durchgeführt worden sei, lässt nicht erkennen, ob und inwieweit der Kläger diese Aufgabe selbstständig erfüllen konnte.
33Schließlich wird die Aussagekraft des Gutachtens auch dadurch in Abrede gestellt, dass weder ein entsprechender Erwartungshorizont des Gutachters mitgeteilt, noch nachvollziehbar erläutert wird, warum der Kläger in den drei Teilbereichen über die vorausgesetzten Kenntnisse verfügt. Der jeweilige pauschale und nicht näher begründete Hinweis darauf, dass der Kläger über „ausreichende Kenntnisse“ verfüge, genügt nicht.
34Ungeachtet dessen hat die Beklagte die der Begutachtung zugrunde gelegte Tatsachengrundlage durchgreifend in Zweifel gezogen. Damit ist die Überzeugungskraft des Gutachtens ebenfalls erschüttert. Die von der Beklagten im Verwaltungsvorgang dokumentierten Einwände gegen die Deutschkenntnisse des Klägers widersprechen den durch den Gutachter getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen maßgeblich. Die durch den Gutachter gewonnenen Erkenntnisse über den Kläger namentlich zu den Teilen II und III beruhen nach dem Inhalt seines Gutachtens auf Gesprächen mit dem Kläger. Diese erfolgten offenkundig in deutscher Sprache. Dass sich Herr C. ihm Rahmen dieser Gespräche allerdings in einer dem Art und Anlass der Überprüfung angemessenen Weise mit dem Kläger verständigen und damit entsprechende Feststellungen über dessen Befähigungen treffen konnte, kann nicht festgestellt werden.
35Bereits der von der Beklagten in ihrem Anhörungsschreiben vom 8. März 2021 dokumentierte Hergang zur „Zoom“-Konferenz am 4. März 2021 spricht durchgreifend hiergegen. An dieser Schaltung nahmen neben dem Kläger und Herrn C. auch die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten Frau L1. und der Prozessvertreter der Beklagten Herr I. teil. In dem vorgenannten Schriftsatz der Beklagten ist überzeugend festgehalten, dass der Kläger nicht in der Lage war, die ihm bereits bekannten Fragen des Sachverständigen zu verstehen oder in sprachlich nachvollziehbarer Weise zu beantworten. Vielmehr vermochte er allenfalls die von dem Sachverständigen selbst gegebenen Antworten zu wiederholen oder zu bestätigen. Dies wird auch durch den Kläger nicht weiter in Abrede gestellt. Die vorgenannten Feststellungen erwecken den Eindruck, dass der Kläger nicht in der Lage ist, sich im Rahmen eines fachlichen Austausches in seinem Arbeitsfeld adäquat zu verständigen.
36Dies wird auch durch die weiteren Angaben des Klägers zu seinen Kenntnissen der Deutschen Sprache untermauert. In dem von ihm vorgelegten Lebenslauf gibt er selbst an, nur über „Grundkenntnisse“ der deutschen Sprache zu verfügen. Auch das von ihm vorgelegte Zertifikat „DEUTSCH-TEST FÜR ZUWANDERER“ weist ihm sprachlich nur das Niveau „A2“ zu. Damit hat der Kläger nach dem „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER)“ aber alleine „Grundlegende Kenntnisse“ der deutschen Sprache nachgewiesen.
37Vgl. zum Anforderungsprofil der Sprachniveaustufen nach dem GER; https://www.europaeischer-referenzrahmen.de/sprachniveau.php,
38Generell kann vom Kläger aber zum Nachweis meistergleicher Kenntnisse sowie zur selbständigen Ausübung eines zulassungspflichten Handwerksbetriebes erwartet werden, dass dieser in Anlehnung an die Beschreibung des Sprachniveaus „B2“ des (GER)“ die deutsche Sprache selbstständig verwenden kann und dass er dabei in der Lage ist, eine Fachdiskussion im eigenen Spezialgebiet zu führen. Entsprechende Sprachkenntnisse lassen sich beim Kläger nach dem Vorstehenden indes nicht feststellen.
39Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.
40Rechtsmittelbelehrung:
41Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
421. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
432. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
443. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
454. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
465. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
47Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, zu beantragen. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen.
48Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
49Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.
50B e s c h l u s s
51Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG und Ziffer 54.3.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf
5215.000,- €
53festgesetzt.
54Rechtsmittelbelehrung:
55Gegen diesen Beschluss findet innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
56Die Beschwerde ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen einzulegen. Über sie entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.
57Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
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Referenzen
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- HwO § 8 4x
- HwO § 45 1x
- VwGO § 154 1x
- VwGO § 67 1x
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- 4 E 222/21 1x (nicht zugeordnet)
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