Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (1. Kammer) - 1 A 1174/00

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der diese selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Zulassung des Rahmenbetriebsplans für die Errichtung und den Betrieb eines Kiessandtagebaus einschließlich der hierfür erforderlichen Einrichtungen im Bergwerksfeld S./N., hilfsweise Neubescheidung.

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Die Klägerin ist Eigentümerin des Bergwerkseigentums S./N. mit einer Gesamtfläche von 43,34 ha. Im Februar 1995 beantragte sie die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für die Errichtung und den Betrieb eines Kiessandtagebaus einschließlich der hierfür erforderlichen Einrichtungen. Bergbaulich in Anspruch genommen werden sollen ca. 38 ha; es wird mit ca. 6,3 Mio t gewinnbarer Vorräte an Kiessand gerechnet. Die Vorräte sollen der Versorgung unternehmenseigener und – fremder Beton – und Verarbeitungswerke dienen sowie den regionalen Bedarf decken.

3

Das Bergwerksfeld S. N. ist belegen in der Gemarkung S. nordwestlich der Ortslage. Die Oberfläche ist derzeit forstwirtschaftlich genutzt, vereinzelt sind Wegeflächen vorhanden. Westlich des sich von N. nach Süd ausdehnenden Bergwerksfeldes befindet sich die Kreisstraße K 26, die etwa 1 km südlich des Bergwerksfeldes auf die Bundesstraße B 198 stößt. Zu den Ortsdurchfahrten an der B 198 gehören in östlicher Fahrtrichtung in etwa 1,5 km Entfernung die Ortschaft S. sowie in westlicher Fahrtrichtung die Stadt P., Ortsteil P. A. in etwa 6,5 km Entfernung und Ganzlin in ebenfalls etwa 6,5 km Entfernung. Westlich in unmittelbarer Nähe zur Kreisstraße befindet sich etwa auf der Höhe der Mitte des Bergwerksfeldes ein Campingplatz. Weiter südlich befindet sich das Gelände eines Ferienlagers. An der Südspitze des weiter westlich gelegenen P. Sees befindet sich der zur Gemeinde S. gehörende Ortsteil B. S., der allerdings keine ... Kurorteigenschaft nach dem Kurortgesetz (GVOBl. M-V 2000 S. 486, zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.07.2006, GVOBl. M-V 2006 S. 539) besitzt. Im Jahre 1994 führte das Amt für Raumordnung und Landesplanung N. ein Raumordnungsverfahren durch, das mit einer negativen landesplanerischen Beurteilung endete. Das Vorhaben sei mit der konkurrierenden Raumnutzung "Fremdenverkehr und Erholung" und den damit verbundenen erhöhten Ansprüchen an Natur und Landschaftspflege nicht vereinbar.

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Das Bergwerksfeld befindet sich im Landschaftsschutzgebiet "Mecklenburger Großseenland" aufgrund der Verordnung vom 25. Oktober 1995 (GVOBl. M-V S. 611). Im Ersten Landesraumordnungsprogramm 1993 (LROP), das mit der Verordnung vom 16. Juli 1993 (GVOBl. M-V S. 733) für verbindlich erklärt wurde, ist es als Vorsorgeraum Rohstoffsicherung ausgewiesen. Im Regionalen Raumordnungsprogramm Mecklenburgische Seenplatte (RROP), das mit Verordnung vom 26. Juni 1998 (GVOBl. M-V S. 644) für verbindlich erklärt wurde, ist es nicht (mehr) als Vorsorgeraum Rohstoffsicherung ausgewiesen. Das Landesraumentwicklungsprogramm 2005 (vgl. LEP – LVO M-V vom 30. Mai 2005, GVBl. M-V S. 308) hat daran nichts geändert.

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Der Beklagte eröffnete das Planfeststellungsverfahren am 14. Oktober 1996. Nach Bekanntgabe des Vorhabens im Müritz-Anzeiger Nr. 22/96 und über Aushang in der Gemeinde S. erfolgte in der Zeit vom 13. November bis 13. Dezember 1996 im Amt Röbel-Land die öffentliche Auslegung nach ortsüblicher Bekanntgabe. Zuvor waren die planfestzustellenden Unterlagen verschiedenen Behörden und Institutionen zur Stellungnahme zugeleitet worden. Der (erste) Erörterungstermin fand am 09. Dezember 1997 statt. Ein zweites Anhörungsverfahren aufgrund der bis dahin nicht erfolgten Beteiligung des Amtes M.-Land fand im Jahre 1998 statt. In der Zeit vom 02. Februar bis 02. März 1998 erfolgte im Amt M.-Land die öffentliche Auslegung nach ortsüblicher Bekanntgabe. Der Erörterungstermin fand am 03. Juli 1998 statt.

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Nach den Angaben im von der Klägerin eingereichten Rahmenbetriebsplan soll der Abbau der anstehenden Kiese und Sande ausschließlich im Trockenschnitt erfolgen. Bei einem geplanten Jahresabsatz von 300.000 t/a beträgt die erwartete Nutzungsdauer der Kiessandlagerstätte 19,9 Jahre.

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Nach dem Rahmenbetriebsplan der Klägerin ist im Rahmen der Wiedernutzbarmachung die überwiegende Wiederaufforstung der Abbauflächen als Ersatz des gerodeten Waldes und als Ausgleich des Eingriffes in die Schutzgüter Klima, Fauna und Flora sowie das Landschaftsbild vorgesehen. Nach dem als Anlage 18 zum Rahmenbetriebsplan eingereichten Wiedernutzbarmachungsplan sollen die Maßnahmen zur Wiedernutzbarmachung dem Beklagten in den entsprechenden Hauptbetriebsplänen zur Zulassung eingereicht werden. Der in der Anlage 18 zum Rahmenbetriebsplan dargestellte Zeitplan sieht den Beginn der Wiedernutzbarmachung für den Waldrand entlang der Kreisstraße im zweiten Jahr und deren Abschluss im vierten Jahr vor. Die Aufforstungen sollen spätestens mit Inangriffnahme des dritten Abbauabschnittes beginnen und mit Abschluss des Eingriffes zuzüglich zweijähriger Pflegemaßnahmen abgeschlossen sein. Der Beginn der Wiedernutzbarmachung der Sukzessionsflächen soll nach Abschluss der Abbautätigkeit erfolgen. Mit den Aufforstungsmaßnahmen kann dabei erst nach Schaffung eines ausreichenden Flächenvorlaufes begonnen werden, was nach ca. 6 Jahren ab Abbaubeginn der Fall sein soll.

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Der Beklagte verweigerte mit Planfeststellungsbeschluss vom 08. Mai 2000 die Zulassung des Rahmenbetriebsplans. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:

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Dem Vorhaben stünden Ziele der Raumordnung und Landesplanung als überwiegende öffentliche Interessen i. S. v. § 48 Abs. 2 Satz 1 Bundesberggesetz (BBergG) entgegen. Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung überwögen sowohl das öffentliche Interesse an der Sicherung der Rohstoffversorgung i. S. v. § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG als auch das private Interesse an der Zulassung des Vorhabens. Das RROP räume den Belangen des Tourismus, von Naturschutz und Landschaftspflege sowie des Waldes in Gestalt von Zielen der Raumordnung und Landesplanung gerade gegenüber dem Rohstoffabbau insbesondere in Nr. 6.3.2 Abs. 2 Vorrang ein. Dieser sei zwar nicht absolut in dem Sinne zu verstehen, dass er einen Abbau ohne Ausnahme ausschließe. Gleichwohl verleihe er den mit dem Abbau konkurrierenden Raumnutzungen – Tourismus, Wald, Naturschutz und Landschaftspflege – ein solches Gewicht, dass diese als Ziele der Raumordnung und Landesplanung auch unter Berücksichtigung der Rohstoffsicherungsklausel (§ 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG) und der privaten Interessen an der Zulassung des Vorhabens als überwiegende öffentliche Interessen i. S. v. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG anzusehen seien.

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Das Bergwerksfeld befinde sich in einem Vorsorgeraum für Naturschutz und Landschaftspflege. In diesen Gebieten seien alle raumbedeutsamen Maßnahmen so abzuwägen und abzustimmen, dass diese Gebiete in ihrer hervorgehobenen Bedeutung für Naturschutz und Landschaftspflege möglichst nicht beeinträchtigt würden (Nr. 3.3 Abs. 2 LROP 1993). Die Lagerstätte liege unter Wald. Für eine Umnutzung sollten Waldflächen nur dann und in unbedingt notwendigem Umfang in Anspruch genommen werden, wenn andere geeignete Flächen nicht vorhanden seien (Nr. 3.1.5 Abs. 4 LROP 1993). In Räumen mit besonderer natürlicher Eignung für Fremdenverkehr und Erholung sollten Planungen und Maßnahmen die ausgewiesene Funktion möglichst nicht beeinträchtigen (Nr. 6.1 Abs. 7 LROP). Nach Nr. 6.2 Abs. 2 LROP 1993 seien unbebaute, das heißt naturbetonte und ungestörte Räume als Voraussetzung für die Erholung in Natur und Landschaft insgesamt und auch im einzelnen in einer für ihre Funktionsfähigkeit ausreichenden Größe zu erhalten.

11

Im RROP sei die im LROP 1993 enthaltene Ausweisung des Bergwerksfeldes S./N. als Vorsorgeraum Rohstoffsicherung nicht beibehalten worden. Nach Nr. 6.3.1 Abs. 1 RROP sollten zwar insbesondere oberflächennahe Bodenschätze auf der Grundlage einer umfassenden Erkundung für die regionale und überregionale Rohstoffversorgung gesichert werden. Die Ausweisung des Bergwerksfeldes S./N. als Vorrang- oder Vorsorgegebiet Rohstoffsicherung sei der Begründung zur Folge jedoch deshalb unterblieben, weil anderen raumordnerischen Belangen, die einer Gewinnung entgegenstünden, auf Dauer eindeutiger Vorrang eingeräumt werde. Als solche vorrangigen Belange seien unter anderem Naturschutz und Landschaftspflege sowie Tourismus benannt (vgl. Nr. 6.3.1, Tabelle 19 RROP).

12

Der Ausweisung als Vorsorgeraum für Naturschutz und Landschaftspflege liege die Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet zugrunde (vgl. Nr. 4.4 Abs. 2 RROP). Raumbedeutsame Maßnahmen seien unter besonderer Berücksichtigungen der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege abzustimmen und abzuwägen. Ein Abbau von Bodenschätzen sei nach Nr. 6.3.2 Abs. 4 RROP in solchen Vorsorgeräumen möglichst zu vermeiden oder auf die Vereinbarkeit mit den Funktionen dieser Räume auszurichten.

13

Innerhalb der Tourismusschwerpunkte komme der Entwicklung des Tourismus nach Nr. 7.2 Abs. 1 RROP besondere wirtschaftliche Bedeutung zu. Entsprechend hätten die Belange des Tourismus gegenüber den Belangen anderer Wirtschaftszweige besonderes Gewicht. In dem an das Abbaufeld angrenzenden B. S. sollten nach Nr. 7.2.1 Abs. 2 RROP Formen des Gesundheitstourismus wie gesundheitsorientierte Erholungsaufenthalte und Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und der Rehabilitation mit möglichst saisonverlängernder Wirkung aufeinander abgestimmt werden.

14

Nach Nr. 4.2.4 Abs. 1 RROP sei der Wald als regional bedeutsames Landschaftselement für den Naturhaushalt, für die Wirtschaft und als Basis der Erholungsfunktion zu erhalten, zu pflegen und flächenmäßig zu mehren. Bezüglich des Rohstoffabbaus in Tourismusschwerpunkträumen und dem Wald bestimme Nr. 6.3.2 Abs. 3 RROP, dass ein Abbau auf diesen Flächen nicht erfolgen solle. Zudem habe der Abbau in bestehenden Tagebauaufschlüssen Vorrang gegenüber Neuaufschlüssen, wenn dem keine anderen Belange entgegenstünden (Nr. 6.3.2 Abs. 1 RROP).

15

Gegenüber diesem durch die raumordnerischen Vorgaben begründeten Vorrang der Belange des Tourismus, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Waldes sei das öffentliche Interesse am Aufschluss des Tagebaus im Hinblick auf die Sicherung der regionalen und überregionalen Versorgung mit Kiesen und Kiessanden im Sinne der Rohstoffsicherungsklausel gegenwärtig als gering anzusehen. Die Klausel (§ 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG) solle im gesamtwirtschaftlichen Interesse die heimische Rohstoffversorgung sicherstellen. Ein absoluter Vorrang der Interessen der Rohstoffsicherung ergebe sich aus ihr nicht. Insbesondere genüge allein die Sicherheit der wirtschaftlichen Verwertbarkeit nicht den strengeren Voraussetzungen der Rohstoffsicherungsklausel. Hinsichtlich der Sicherung der Versorgung mit Kiesen und Kiessanden könne auf die Bedarfsanalyse oberflächennaher Rohstoffe, speziell Kiessande/Sande/Tone/Torfe, für Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Juli 1999 zurückgegriffen werden. Der Analyse zufolge übersteige für die Planungsregionen Westmecklenburg und Mecklenburgische Seenplatte die Förderrate von 11,3 bzw. 6,2 Mio t/a gegenwärtig den regionalen Bedarf von 7,5 bzw. 5,0 Mio t/a. Dabei werde bis zum Jahre 2015 von einem in etwa konstanten Bedarf ausgegangen. Dieser Bedarf könne aus bereits bestehenden Tagebauaufschlüssen gedeckt werden. Bezogen auf einen Kiesgehalt zwischen 20 und 30 % entsprechend der Kiesqualität im Tagebau S./N. würden für das Jahr 1999 bei einer Gesamtvorratsmenge von 190 Mio t in näher bezeichneten Tagebauen im Umkreis von 50 km ca. 3 Mio t pro Jahr gefördert. Bezogen auf einen Kiesgehalt von 5 bis 20 % belaufe sich die Förderung in näher bezeichneten Tagebauen im nahen B. auf 0,2 Mio t im Jahr bei einer Gesamtvorratsmenge von etwa 60 Mio t.

16

Das Interesse an der Rohstoffversorgung erhalte nicht etwa dadurch stärkeres Gewicht, dass das Feld S./N. gemäß § 107 BBergG i. V. m. Anlage I Kap. V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1 Buchst. e) Einigungsvertrag als Baubeschränkungsgebiet gelte. Dies führe gemäß § 108 BBergG lediglich dazu, dass künftige bauliche Maßnahmen die vorgesehene bergbauliche Nutzung nicht beeinträchtigen dürften. Gegenüber gegenwärtig konkurrierenden Raumnutzungen lasse sich daraus jedoch kein Vorrang der Rohstoffversorgung herleiten (OVG Greifswald, Urt. v. 24.11.1999, 2 L 30/98).

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Auch unter Berücksichtigung des privaten Interesses an der Zulassung des Vorhabens stellten die Ziele der Raumordnung und Landesplanung überwiegende öffentliche Interessen i. S. v. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG dar. Als privates Interesse komme allenfalls das Bergwerkseigentum i. S. v. § 151 BBergG in Betracht. Dieses allein vermöge jedoch weder einen Anspruch auf Zulassung des Betriebsplanes zu begründen, noch komme ihm bei der Beurteilung, ob überwiegende öffentliche Interessen dem Vorhaben entgegenstünden, ein eigenständiges Gewicht zu. Die Ausübung der Gewinnungsberechtigung stehe unter dem Vorbehalt der Zulassung eines Betriebsplans gemäß § 55 i. V. m. § 48 Abs. 2 BBergG. Bei den Vorschriften über die Betriebsplanzulassung handele es sich um zulässige Bestimmungen über den Inhalt und die Schranken des Eigentums.

18

Dem Vorhaben stehe zudem § 5 Abs. 2 Nr. 3 der LSG-VO vom 25.10.1995 (GVOBl. S. 611) i. V. m. § 48 Abs. 1 BBergG entgegen. Danach sei es im Landschaftsschutzgebiet verboten, Bodenschätze zu suchen, zu gewinnen oder sich anzueignen. Auf § 6 Nr. 11 LSG-VO, wonach bergbauliche Aktivitäten vom Anwendungsbereich der VO ausgenommen seien, soweit sie im Rahmen der berggesetzlichen Vorschriften ausgeübt werden und für sie beim Inkrafttreten der Verordnung ein durch besonderem Rechtsakt begründeter Rechtsanspruch bestehe, könne sich das Unternehmen nicht berufen. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass sie bergbauliche Aktivitäten gestatte, sofern sie auf der Grundlage eines bei Inkrafttreten der Verordnung bereits zugelassenen Betriebsplanes i. S. v. § 51 BBergG erfolgten.

19

Auch sei die Waldumwandlungsgenehmigung nach § 9 Bundeswaldgesetz (BWaldG) i. V. m. § 15 Landeswaldgesetz (LWaldG) und § 48 Abs. 1 BBergG nicht zu erteilen gewesen. Zwar seien besondere Versagungsgründe gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 1 bis 6 LWaldG nicht gegeben. Die Erhaltung des Waldes liege gleichwohl gemäß § 15 Abs. 4 LWaldG überwiegend im öffentlichen Interesse. Bei der Entscheidung über die Umwandlungsgenehmigung seien gemäß § 15 Abs. 3 LWaldG die Belange der Allgemeinheit sowie die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers gegeneinander und untereinander abzuwägen, wobei die Erfordernisse der forstlichen Rahmenplanung sowie der Raumordnung und Landesplanung zu berücksichtigen seien. Danach ergebe sich, dass das Interesse an der Walderhaltung das öffentliche Interesse an der Rohstoffversorgung sowie das private Interesse an einer Erteilung der Umwandlungsgenehmigung überwiege.

20

Die Klägerin hat gegen den ihr am 11. Mai 2000 zugestellten Planfeststellungsbeschluss am Dienstag nach Pfingsten, dem 13. Juni 2000, Klage erhoben. Sie macht im Wesentlichen geltend:

21

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss habe mit der Übernahme der raumordnerischen Festlegungen des RROP enteignende Wirkung. Raumplanerische Festlegungen, die die Nutzbarkeit des Grundeigentums näher ausgestalteten oder auch beschränkten, seien im Hinblick auf die Kategorien der Eigentumsgarantie zwar grundsätzlich den Inhalts- und Schrankenbestimmungen zuzuordnen. Aber auch solche Bestimmungen seien nicht schrankenlos zulässig und könnten in eine Enteignung umschlagen. Als solche Grenze der Inhalts- und Schrankenbestimmungen sei die Wahrung der individuellen Substanz und Privatnützigkeit der individuellen Funktion angenommen worden. Substanzentziehende Ausgestaltungen des Eigentums seien nur zulässig, wenn die individuelle Verhältnismäßigkeit dann über Übergangs- oder Entschädigungsregelungen hergestellt werde. Wirkungen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung, die Enteignungsqualitäten hätten, seien verfassungswidrig, wenn Enteignungsentschädigungsvorschriften im Gesetz fehlten. Die materielle Schwelle der Enteignung bilde eine verfassungsrechtliche Grenze entschädigungsloser Inhalts- und Schrankenbestimmungen.

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Der vorliegende Fall enthalte eine besonders weitgehende Ausschlusswirkung der Raumordnungsziele auf ihre – der Klägerin – konkrete Bergbauberechtigung, da das entgegenstehende "Ziel" der Raumordnung nicht nur Teile des Abbaufeldes, sondern ihr gesamtes Feld berühre. Aufgrund der "Eindimensionalität der Bergbauberechtigung" entwerte die vom Beklagten als Inhalts- und Schrankenbestimmung gewertete raumordnerische Festsetzung ihr eindimensionales Recht total. Während bei einem "normalen" Grundeigentum die Nutzung multidimensional sei und alternative Nutzungen unter Umständen durch raumordnerische Vorgaben nicht ausgeschlossen würden, bewirke hier die einzig denkbare Nutzung der Bergbauberechtigung, nämlich die Nutzung zu Abbauzwecken, dass letztlich das verliehene eigentumsgleiche Recht gegenstandslos werde. Wesentliches Beurteilungskriterium für die Verhältnismäßigkeit im Einzelfall sei gerade bei Bergbauberechtigungen die Frage, inwieweit die planungsrechtlichen Beschränkungen noch eine wirtschaftliche Gewinnung zuließen.

23

Weiterhin komme unter dem Gesichtspunkt der Situationsgebundenheit der Frage Bedeutung zu, ob die planerischen Zielbedingungen ihre Grundlage gerade in situativen Besonderheiten des Abbaufeldes hätten, die schon ohne die planungsrechtliche Schrankensetzung einem Abbau entgegenstünden. Die vom Beklagten aufgenommene Zielbestimmung des RROP führe zu einem Totalausschluss der Gewinnung für das gesamte Bergwerksfeld S./N.. Da das Landesplanungsgesetz keinen Entschädigungstatbestand für enteignungsäquivalente Inhalts- und Schrankenbestimmungen enthalte und somit unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit eine zulässige Inhalts- und ... Schrankenbestimmung nicht hergestellt werden könne, müsse zur Verhinderung einer Nichtigkeit der entsprechenden Festsetzung im Einzelfall ein Totalausschluss der Ausnutzung einer Bergbauberechtigung vermieden werden, solange keine entsprechenden Entschädigungstatbestände bestünden. Die vom Beklagten in Bezug genommenen Festlegungen des RROP, die die Ausnutzung der Bergbauberechtigung im nahezu gesamten Feld ausschlössen, seien daher verfassungsrechtlich als unzulässig anzusehen.

24

Jedenfalls hätte der Beklagte die Festlegungen des RROP verfassungskonform auslegen müssen. Im Hinblick darauf müsse die Einstellung des Belangs "Vorsorgeraum für Naturschutz und Landschaftspflege und als Tourismusschwerpunkt" in die Abwägung nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG in anderer Form als bisher erfolgen. Zumindest müsse der danach bestehende Mangel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange durch ein ergänzendes Verfahren i. S. d. § 75 Abs. 1 a VwVfG M-V behoben werden.

25

Zu Unrecht unterstelle der angefochtene Planfeststellungsbeschluss im Rahmen der "abwägenden Entscheidung" (BVerwGE 74, 315), dass Nr. 4.4 Abs. 2 RROP mit der Ausweisung als Vorsorgeraum für Naturschutz und Landschaftspflege ein "Ziel" der Raumordnung und Landesplanung formuliere, das die Regelungen der Nr. 6.3.2 Abs. 3 und Abs. 4 RROP ebenfalls als Ziele nach sich ziehe. Dementsprechend gewichte der Beklagte diese Ziele im Rahmen der von ihm zu treffenden abwägenden Entscheidung. Diese Gewichtung als Ziele der Raumordnung sei aber nach § 3 Nr. 2 Raumordnungsgesetz (ROG) 1998 nicht zutreffend. Nach der an die Zieldefinition in § 3 Nr. 2 ROG 1998 anknüpfenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Ziele der Raumordnung solche verbindlichen Entscheidungen, die keiner weiteren baurechtlichen oder landesplanerischen Abwägung unterlägen (BVerwGE 90, 329). Danach könne den zitierten Bestimmungen des RROP kein Ziel i. S. d. § 3 Nr. 2 ROG 1998 entnommen werden. Der Beklagte leite aus dieser Zieldefinition ab, dass allein diese Festlegung gegenüber dem Rohstoffabbau Vorrang einräume. Indessen komme den genannten Bestimmungen des RROP mangels Zielcharakters nicht das vom Beklagten unterstellte Gewicht im Rahmen der abwägenden Entscheidung des § 48 Abs. 2 BBergG zu. Zum anderen verkenne der Beklagte, dass die abwägende Entscheidung vor dem Hintergrund der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG vom Beklagten selbst und nicht durch ein RROP über eine "angebliche" Zieldefinition quasi vorgegeben werde.

26

Den vom Beklagten angenommenen Zielen im Sinne der Raumordnung fehle es an ihrer Eindeutigkeit und Verbindlichkeit. Nach Nr. 4.4 Abs. 2 RROP seien raumbedeutsame Maßnahmen lediglich unter besonderer Berücksichtigung der Belange von Naturschutz und Landschaftspflege abzustimmen und abzuwägen. Nach Nr. 6.3.2 Abs. 4 RROP solle in Vorsorgeräumen für Naturschutz und Landschaftspflege ein Abbau von Bodenschätzen "möglichst zu vermeiden oder auf die Vereinbarkeit auf die Funktionen dieser Räume auszurichten" sein. Nr. 6.3.2 Abs. 2 RROP regele, dass ein Abbau auf solchen Flächen jedenfalls nicht erfolgen "soll". Die zitierten Regelungen wiesen die notwendige Verbindlichkeit des § 3 Nr. 2 ROG nicht auf. Es handele sich vielmehr um allgemeine Aussagen zur beabsichtigten Entwicklung des bezeichneten Gebiets aufgrund von § 2 ROG als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen, auf die die bezeichneten Bestimmungen Bezug nehmen. Hierin unterscheide sich gerade § 3 Nr. 2 ROG von der Begriffsbestimmung des § 3 Nr. 3 ROG, wonach Grundsätze der Raumordnung insbesondere Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen darstellten.

27

Folge davon sei, dass der Beklagte seine Entscheidung in Anwendung der Regelungen des § 4 Abs. 2 ROG hätte treffen müssen, wonach die so formulierten Grundsätze der Raumordnung in der Abwägung und nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen seien. Weil der Beklagte dem RROP von vornherein ein Übergewicht attestiere, verletze die Entscheidung die Regelungen des § 48 Abs. 2 BBergG i. V. m. § 4 Abs. 2 ROG.

28

Zudem verkenne der Beklagte, dass es selbst bei unterstellter Interpretation der genannten Bestimmungen des RROP als Ziele der Raumordnung einen gleichsam automatischen Vorrang des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Tourismus schon deswegen nicht gebe, weil die dann als verbindlich zu definierende Festlegung des RROP eine Abwägung mit der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG gerade nicht beinhalte. Nach dem Wortlaut von § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG, an den Satz 2 anknüpfe, blieben nur solche Rechtsvorschriften unberührt, die auf Grundstücken Tätigkeiten verböten oder beschränkten, welche ihrer Art nach der Aufsuchung und Gewinnung dienen könnten. Raumordnung und Landesplanung verböten aber nicht unmittelbar bestimmte Tätigkeiten auf Grundstücken. Die Rohstoffsicherungsklausel sei daher im Verhältnis zur Raumordnung und Landesplanung erst von der Bergbehörde zu gewichten (VGH Mannheim, Urt. v. 09.06.1998 – 6 S 2972/84).

29

Darüberhinaus gewichte der Beklagte auch den Belang der Sicherung der Rohstoffversorgung fehlerhaft. Er beziehe insoweit unzutreffenderweise nur Tagebauvorhaben im Umkreis von 50 km in seine Betrachtungen ein. Damit aber verkenne er die Bedeutung der Rohstoffsicherungsklausel, indem er auf der Grundlage der vom Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern angestellten Bedarfsanalyse das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Sicherstellung der heimischen Rohstoffversorgung durch die Lagerstätte verneine. Abgesehen davon, dass sie – die Klägerin – die Ergebnisse dieser Bedarfsanalyse nicht teile und an der im Antragsverfahren dargestellten Versorgungssituation festhalte, verkenne der Beklagte die Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts zum Inhalt der Rohstoffsicherungsklausel. So sei allein die Sicherheit der wirtschaftlichen Verwertbarkeit durch den Vorhabenträger zwar noch nicht in der Lage, die Voraussetzungen der Rohstoffsicherungsklausel zu erfüllen. Ihre – der Klägerin – Bedarfsanalyse sei hierzu aber sicherlich in der Lage. Der Kiesabbau im Bergwerksfeld S./N. liege danach im Gesamtinteresse der heimischen Rohstoffversorgung, wobei die "heimische Rohstoffversorgung" auch vom Bundesverwaltungsgericht nicht als bloße regionale Versorgung des Marktes verstanden werde. Im Übrigen seien die "Ermittlungen" des Beklagten zu umliegenden Lagerstätten mehr als oberflächlich. Die näher bezeichneten Lagerstätten seien nicht mit der Qualität des Vorkommens des Bergfeldfeldes S./N. vergleichbar. Diese blieben hinsichtlich des relevanten Kiesgehalts weit hinter der Lagerstätte S./N. zurück, die mindestens 30 % Kiesgehalt aufweise, während die anderen Lagerstätten nur bis 20 % Kiesgehalt nachweisen könnten. Zudem habe der Betreiber der Lagerstätte M. unterdessen Insolvenz angemeldet. Für die Frage der Rohstoffsicherung könne nicht die bloße Existenz von Lagerstätten im Umkreis des geplanten Vorhabens entscheidend sein, sondern die Versorgungssituation könne allein anhand von auch vergleichbaren Vorkommen bemessen werden.

30

Soweit der Beklagte die Versagung des Vorhabens auch auf die LSG-VO vom 25. Oktober 1995 stütze, gehe auch diese über eine Inhalts- und Schrankenbestimmung hinaus. Das Landschaftsschutzgebiet erstrecke sich über das gesamte Bergwerksfeld S./N., letzteres mache aber nur 0,1 % der Gesamtfläche des Landschaftsschutzgebietes aus. Die Anwendung der LSG-VO durch den Beklagten führe zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Substanzentziehung des Eigentums, weil in der konkreten Anwendungsform jegliche Gewinnung ausgeschlossen werde, ohne dass sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in der Verordnung oder dem Landesnaturschutzgesetz für solche Fälle Regelungen über eine Entschädigung finden ließen oder der Beklagte als Rechtsanwender im Einzelfall durch verfassungskonforme Auslegung, insbesondere auch über Ausnahme- und Befreiungsvorschriften, die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit vermeide.

31

Auch im Hinblick auf die vom Beklagten zu treffende Befreiungsentscheidung nach § 8 LSG-VO verkenne dieser das Gewicht des Belangs der Rohstoffsicherung. Die Abwägung sei mit Priorität für den Bergbau durchzuführen, wie sich bereits aus der A.-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe (BVerwGE 74, 315, 318). Danach schränke die Rohstoffsicherungsklausel bei der Anwendung von Befreiungsvorschriften das Ermessen der Behörde wesentlich ein. Sie räume dem Interesse an der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen einen Vorrang ein. Würden die Aufsuchung und Gewinnung bei Anwendung der anderen Rechtsvorschrift scheitern und sei das hinter der anderen Rechtsvorschrift stehende öffentliche Schutzinteresse nicht zumindest ebenso gewichtig, wie das an der Rohstoffsicherung, dann sei das behördliche Ermessen auf Null reduziert. Im Hinblick auf die Größe des Landschaftsschutzgebietes habe sich der Beklagte für die Erteilung einer Ausnahme i. S. d. § 7 Abs. 1 LSG-VO nicht die Mühe gemacht, zu untersuchen, inwieweit eine Ausnahmeerteilung dem Schutzzweck des § 3 LSGVO entgegenstehen könnte, oder inwieweit über Auflagen, Bedingungen und Befristungen nachteilige Wirkungen vermieden werden könnten.

32

Die Klägerin beantragt,

33

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung seines Planfeststellungsbeschlusses vom 08. Mai 2000 auf den Antrag vom 20. Februar 1995 in der Fassung der Ergänzung vom April 1997 den Rahmenbetriebsplan für die Errichtung und den Betrieb eines Kiessandtagebaus einschließlich der hierfür erforderlichen Einrichtungen im Bergwerksfeld S./N. zuzulassen,

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hilfsweise,

35

den Beklagten zu verpflichten, sie unter Aufhebung seines Planfeststellungsbeschlusses vom 08. Mai 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

36

Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

38

Er hält an dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss fest und macht im Wesentlichen geltend:

39

Auch die Ziele der Raumordnung und Landesplanung gehörten zu den bei der Zulassung von Betriebsplänen nach § 48 Abs. 2 BBergG zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen. Diese stellten dann überwiegende öffentliche Interessen dar, wenn sie in einem rechtswirksam zustandegekommenen, für verbindlich erklärten Raumordnungsprogramm ausgewiesen seien und durch einen Plan Vorrang gegenüber dem Bergbau erhalten hätten (VG Karlsruhe, ZfB 1990, S. 336 ff.; VG Weimar, ZfB 1995, S. 225, 231). Die im Hinblick auf den Bodenschatzabbau in Tourismusschwerpunkträumen, im Wald und in Vorsorgeräumen Naturschutz und Landschaftspflege gegenüber den Bestimmungen in Nr. 7.2.1, 4.2.4 und 4.4 Abs. 2 RROP enthaltenen spezielleren Regelungen der Nr. 6.3.2 Abs. 3 und 4 RROP begründeten, wenn auch keinen absoluten, den Bergbau ausnahmslos ausschließenden Vorrang, so doch zumindest einen generellen Vorrang dieser Belange gegenüber der Gewinnung von Bodenschätzen.

40

In Tourismusschwerpunkträumen und im Wald "solle" ein Abbau von Bodenschätzen nicht erfolgen, in Vorsorgeräumen Naturschutz und Landschaftspflege seien Abbauvorhaben "möglichst zu vermeiden oder auf die Vereinbarkeit mit den Funktionen dieser Räume auszurichten". Danach sei für das bergbauliche Vorhaben eine Abwägung dieser Belange unter Berücksichtigung des ihnen eingeräumten Vorrangs mit den Belangen des Rohstoffabbaus unter Einbeziehung der Rohstoffsicherungsklausel und des privaten Interesses des Inhabers der Bergbauberechtigung erforderlich. Auch wenn den Regelungen keine abschließende Verbindlichkeit im Sinne der gesetzlichen Definition der "Ziele" in § 3 Abs. 2 ROG n. F. zukomme, handele es sich doch um Ziele i. S. v. § 2 ROG a. F., der hier gemäß § 23 Abs. 1 ROG n. F. wegen der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens vor dem 01.01.1998 noch anzuwenden sei. Die derart formulierten Ziele seien gemäß § 48 Abs. 2 BBergG als öffentliche Interessen zu berücksichtigen. Die danach vorzunehmende Abwägung führe dazu, dass sich der durch das RROP den Belangen des Tourismus, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Waldes eingeräumte Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Versorgung mit einheimischen Rohstoffen im Sinne der Rohstoffsicherungsklausel und dem privaten Interesse an der Ausnutzung der Bergbauberechtigung durchsetze.

41

Die Rohstoffsicherungsklausel verleihe dem öffentlichen Interesse an der Versorgung mit einheimischen Rohstoffen ein besonderes Gewicht, das jedoch nicht als absoluter Vorrang der Rohstoffsicherung vor anderen Belangen zu verstehen sei, vielmehr sei die Sicherung der Rohstoffversorgung bei der Abwägung angemessen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall bestehe im Hinblick auf die bereits bestehenden Tagebaue lediglich ein geringeres öffentliches Interesse am Aufschluss der Lagerstätte S./N.. Die Versorgung der Wirtschaft mit einheimischen Rohstoffen – hier Kies und Kiessand – sei entsprechend den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss auch ohne deren Aufschluss als gesichert anzusehen. Dabei begegne der gewählte Umkreis von 50 km um die Lagerstätte, um die Bedarfssicherung zu belegen, keinen Bedenken. Eine wirtschaftliche Verwertung der gewonnenen Kiese und Kiessande sei bei längeren Transportwegen in der Regel nicht gewährleistet. Kies als Massenrohstoff sei regelmäßig ein regional bedeutsamer Rohstoff. Es sei in diesem Zusammenhang nochmals darauf hinzuweisen, dass allein die Sicherstellung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit den strengen Anforderungen der Rohstoffsicherungsklausel nicht genüge (BVerwG 4 A 1.98).

42

Mit Blick auf das private Interesse des Unternehmers an der Ausnutzung seines Bergwerkseigentums ergebe sich keine andere Bewertung. Die Ausnutzung der Bergbauberechtigung stehe unter dem Vorbehalt der Zulassung eines entsprechenden Betriebsplanes, bei der auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zu beachten seien. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Bergwerkseigentum sei weder mit den Regelungen im RROP noch mit der von ihm – dem Beklagten – vorgenommenen Auslegungen verbunden. Vielmehr handele es sich um zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Mit dem Bergwerkseigentum erwerbe der Unternehmer ein Dritte ausschließendes Gewinnungs- und Aneignungsrecht. Damit sei noch nicht die Erlaubnis verbunden, auch tatsächlich zu gewinnen. Die Ausübung der mit der Bergbauberechtigung verbundenen Rechte sei durch die bergrechtlichen Vorschriften vielfach eingeschränkt. Diese Einschränkungen führten dazu, dass der Bergwerkseigentümer von vornherein nicht darauf vertrauen könne, dass er die von seiner Gewinnungsberechtigung erfassten Bodenschätze im gesamten zugeteilten Feld oder auch überhaupt nur gewinnen könne. Mit dem Planfeststellungsbeschluss werde demnach eine Grenze konkretisiert, die dem Bergwerkseigentum aufgrund seiner gesetzlichen Ausgestaltung innewohne (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.03.1998 – 4 A 2.97 – sowie BVerwG, Gerichtsbescheid vom 30.07.1998 – 4 A 1.98 – ZfB 1998, S. 134 ff. und 140 ff.).

43

Die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 7 LSG-VO sei nicht möglich. Mit dem Vorhaben komme es zu einer Beeinträchtigung des Schutzzwecks der LSG-VO i. S. v. § 3 Abs. 2. Die glazial geprägte Oberfläche werde durch den Kiesabbau auf einer Fläche von 38 ha zerstört. Die gewerbliche Nutzung für den Kiesabbau laufe der Sicherung und Wiederherstellung natürlicher und naturnaher Landschaftsteile zuwider. Die bestehende forstwirtschaftliche Nutzung des Abbaufeldes entspreche zudem dem Zweck der Erhaltung des auch durch forstwirtschaftliche Nutzung geprägten Landschaftsbildes. Eine Vermeidung der mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigung des Schutzzwecks durch Auflagen, Befristungen oder Bedingungen sei nicht möglich.

44

Eine Befreiung gemäß § 8 LSG-VO komme ebenfalls nicht in Betracht. Es seien keine Gründe dafür ersichtlich, dass die Durchführung des Verbotes zu einer nicht beabsichtigten Härte führe. Anliegen des Verbots sei es gerade, den großflächigen Abbau von Bodenschätzen (über 300 m²) zu verhindern. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hier um einen bei der Regelung so nicht beabsichtigten Einzelfall handele, lägen nicht vor. Sie ergäben sich jedenfalls nicht daraus, dass nur 0,1 % der Gesamtfläche des Landschaftsschutzgebietes durch das Vorhaben in Anspruch genommen würden. Eine Befreiung aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls sei ebenfalls ausgeschlossen. Die Rohstoffsicherungsklausel streite angesichts der Bedarfsdeckung durch die bestehenden Tagebaue im Umkreis von 50 km um das Vorhaben nicht im erforderlichen Maße für das geplante Vorhaben. Sonstige Gründe des Gemeinwohls, die eine Befreiung forderten, seien nicht ersichtlich.

45

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache auch nicht geäußert.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

47

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der den Rahmenbetriebsplan der Klägerin nicht zulassende Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat weder den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch auf die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für die Errichtung und den Betrieb eines Kiessandtagebaus einschließlich der hierfür erforderlichen Einrichtungen im Bergwerksfeld S./N. noch den mit dem Hilfsantrag verfolgten Neubescheidungsanspruch.

48

Rechtsgrundlage für den nach § 52 Abs. 2 a Abs. 1 BBergG obligatorischen Rahmenbetriebsplan sind die §§ 57 a, 55, 48 Abs. 2 BBergG. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 BBergG ist der Rahmenbetriebsplan zu erteilen, wenn die unter Nr. 1 und 2 bis 13 aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Seit der sogenannten A.-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 04.07.1986 – 4 C 31.84 – BVerwGE 74, 315, 322 ff.) ist anerkannt, dass der Bergbehörde neben der Prüfung der genannten Versagungsgründe des § 55 Abs. 1 BBergG auch die Prüfung der Vorschrift des § 48 Abs. 2 BBergG obliegt. Nach dieser Bestimmung kann die für die Zulassung von Betriebsplänen zuständige Behörde eine Aufsuchung oder Gewinnung beschränken oder untersagen, soweit ihr überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Liegen bereits bei der Entscheidung über die Zulassung eines Betriebsplans Umstände vor, die der Bergbehörde Anlass geben, die Aufsuchung oder Gewinnung gemäß § 48 Abs. 2 BBergG zu beschränken oder zu untersagen, hat sie dies bei ihrer Entscheidung durch Beschränkung oder Versagung zu berücksichtigen (so zuletzt BVerwG, Urt. v. 15.12.2006 – 7 C 1.06 – Juris).

49

Allerdings ändert weder der Umstand der Planfeststellungsbedürftigkeit noch die Einbeziehung des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG (vgl. auch § 57 a Abs. 5 Halbsatz 2 BBergG) in den Prüfungsrahmen des Zulassungsverfahrens daran etwas, dass es sich bei der Zulassung eines Rahmenbetriebsplans um eine gebundene Entscheidung ohne planerischen Gestaltungsspielraum handelt (BVerwG, Urt. v. 15.12.2006, a. a. O.). In diesem Rahmen setzt die Anwendung des § 48 Abs. 2 BBergG die "dort gebotene abwägende Entscheidung" voraus (BVerwGE 74, 315, 326). Diese ist allerdings gerichtlich voll überprüfbar (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 09. Juni 1988 – 6 S 2972/84 – ZfB 1989, 57, 67).

50

Der Beklagte hat danach den Rahmenbetriebsplan zu Recht nicht zugelassen. Der Zulassung stehen überwiegende öffentliche Interessen entgegen.

51

1. Zu den öffentlichen Interessen i. S. v. § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG zählen die von dem Beklagten der angefochtenen Entscheidung zugrundegelegten Belange der Raumordnung und Landesplanung. Das hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in dem Normenkontrollverfahren betreffend die Rechtmäßigkeit von Teilen des RROP Mecklenburgische Seenplatte entschieden (Urt. v. 07.09.2000 – 4 K 28/99 – ZfB 2001, S. 194, 199). Nach dieser Entscheidung muss die zuständige Bergbehörde bei der Entscheidung über die Zulassung eines Aufsuchens- und Gewinnungsbetriebs die Grundsätze der Raumordnung bei ihrer Entscheidung über die Zulassung berücksichtigen. Vorliegend führt (bereits) die Berücksichtigung der Grundsätze der Raumordnung dazu, dass der Beklagte die Zulassung des Rahmenbetriebsplans der Klägerin zu Recht verweigert hat.

52

Das für verbindlich erklärte RROP enthält zwar einerseits – anders als es in dem Planfeststellungsbeschluss missverständlich formuliert ist – kein das beantragte Vorhaben ausschließendes verbindliches Ziel der Raumordnung im Sinne der Festlegung eines Vorrangs einer anderweitigen Nutzung (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ROG 1998). Auf der anderen Seite enthält es aber für das in Rede stehende Bergwerksfeld S./N. ebenfalls keine Festlegung als Vorranggebiet im Sinne der Gebietsdefinition des ROG 1998. Vielmehr sind in der Tabelle 18 zu Nr. 6.3.1 RROP die Vorranggebiete Rohstoffsicherung im einzelnen aufgeführt, ohne dass das Bergwerksfeld S./N. dort verzeichnet wäre. Ebensowenig ist dieses als Vorsorgegebiet Rohstoffsicherung festgelegt, bei dem in der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsansprüchen der Sicherung von Rohstoffen eine besondere Bedeutung beigemessen wird (vgl. Begründung und Tabelle 19 zu Nr. 6.3.1 RROP). Im Gegenteil heißt es zur Tabelle 19 "Vorsorgegebiete Rohstoffsicherung", dass unter anderem die Bewilligungsfelder "S./N. und S./Westfeld" nicht als Vorrang- oder Vorsorgegebiete Rohstoffsicherung ausgewiesen wurden, da anderen raumordnerischen Belangen, die einer Gewinnung in diesen Feldern entgegenstehen, "auf Dauer ein eindeutiger Vorrang eingeräumt wird". Aus der Begründung zu Nr. 6.3.1 Abs. 2 und 3 RROP ergibt sich, dass die Unterscheidung von "Vorranggebiet Rohstoffsicherung" und "Vorsorgegebiet Rohstoffsicherung" in Bezug auf die raumordnerische Abwägung der verschiedenen Belange vorgenommen wurde (vgl. auch OVG M-V, Urt. v. 24.11.1999 – 2 L 30/98 – ZfB 2000, 32, 40). Während bei den ausgewiesenen "Vorranggebieten" bereits eine raumordnerische Abwägung zu Gunsten der Rohstoffsicherung stattgefunden hat, ist dies bei den Vorsorgegebieten nicht der Fall. Diesen kommt lediglich bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungsansprüchen eine besondere Bedeutung zu, wobei nach der genannten Begründung raumordnerische Überprüfungen für Abbauvorhaben in "Vorsorgegebieten Rohstoffsicherung" noch erforderlich sind.

53

Ist mithin das Bergwerksfeld S./N. weder als Vorrang- noch als Vorsorgegebiet Rohstoffsicherung ausgewiesen, so ist demgegenüber der hier in Rede stehende Bereich als Landschaftsschutzgebiet nach Nr. 4.4 Abs. 2 RROP als Vorsorgeraum für Naturschutz und Landschaftspflege festgelegt. In diesen Gebieten sind raumbedeutsame Vorhaben – wie das streitgegenständliche Tagebauvorhaben – unter besonderer Berücksichtigung von Naturschutz und Landschaftspflege abzuwägen und abzustimmen. Aus der Begründung zu Nr. 4.4 Abs. 1 (Vorranggebiete Naturschutz und Landschaftspflege) und Abs. 2 (Vorsorgeräume) ergibt sich, dass durch die Festsetzung sichergestellt werden soll, dass die Räume und Gebiete langfristig ihren Funktionen für den Naturhaushalt, für das Ökosystem und für den Artenschutz, zur Erhaltung des Landschaftsbildes sowie für die Tourismusentwicklung erfüllen können. Demgemäß sieht Nr. 6.3.2 Abs. 4 RROP vor, dass ein Abbau von Bodenschätzen unter anderem innerhalb der Vorsorgeräume für Naturschutz und Landschaftspflege möglichst zu vermeiden oder auf die Vereinbarkeit mit den Funktionen dieser Räume auszurichten ist.

54

Weiterhin ist das Bergwerksfeld S./N. Teil eines in Nr. 7.2.1 RROP festgelegten Tourismusschwerpunktraumes. In diesen Räumen kommt nach Nr. 7.2.1 Abs. 1 RROP der Tourismusentwicklung besondere wirtschaftliche Bedeutung zu; in diesen Räumen haben Belange des Tourismus gegenüber Belangen anderer Wirtschaftszweige besonderes Gewicht. Nach Nr. 7.2.1 Abs. 2 RROP sollen unter anderem in B. S. Formen des Gesundheitstourismus entwickelt werden. Nach der Begründung zu Nr. 7.2.1 Abs. 1 RROP stellen die Tourismusschwerpunkträume die landschaftlich attraktivsten und dadurch tourismuswirtschaftlich bedeutendsten Bereiche in Nähe der Seen dar. Kongruent dazu heißt es in Nr. 6.3.2 Abs. 3 RROP, dass ein Abbau von Bodenschätzen innerhalb der Tourismusschwerpunkträume nicht erfolgen soll. In der Begründung dazu wird ebenfalls auf das besondere Gewicht der Belange des Tourismus gegenüber den Belangen anderer Wirtschaftszweige hingewiesen sowie darauf, dass ein Abbau von Bodenschätzen in diesen Teilräumen entwicklungshemmend auf das Fremdenverkehrsgewerbe wirken, die Eignung als Tourismusgebiet mindern und die besondere tourismuswirtschaftliche Bedeutung dieser Teilräume gefährden würde.

55

Im Blick darauf, dass es sich bei dem überwiegenden Teil des Bergwerksfeldes S./N. um Wald handelt, ist weiterhin der Belang Wald nach dem RROP von Bedeutung. Nach Nr. 4.2.4 Abs. 4 RROP sind Gefährdungen, Beeinträchtigungen und Eingriffe in vorhandene Waldbestände zu vermeiden bzw. zu minimieren. Für eine Umnutzung sollen Waldflächen nur dann und in unbedingt notwendigem Umfang in Anspruch genommen werden, wenn andere geeignete Flächen nicht vorhanden sind. Auch hierzu kongruent legt Nr. 6.3.2 Abs. 3 RROP fest, dass ein Abbau von Bodenschätzen im Wald nicht erfolgen soll.

56

Zwar sah das durch Verordnung vom 16. Juli 1993 (GVOBl. S. 733) für verbindlich erklärte (inzwischen ersetzte) Erste Landesraumordnungsprogramm (LROP) das Bergwerksfeld S./N. noch als Vorsorgeraum Rohstoffsicherung vor (vgl. Karte 6 LROP). In Ziffer 5.3 Abs. 1 LROP hieß es dazu, dass im Rahmen eines Abwägungsprozesses mit konkurrierenden Flächennutzungen eine abbauverhindernde Nutzung in der Regel ausgeschlossen werden soll. In der Begründung dazu heißt es (indes), dass einem Teil der ausgewiesenen Vorsorgeräume Rohstoffsicherung noch keine Abwägung mit anderen Flächennutzungen zugrunde liege, sondern dass diese den derzeitigen Arbeitsstand darstellten. Diese raumordnerische Abwägung ist sodann im Rahmen der Aufstellung des RROP mit den dargelegten Inhalten und dem Ergebnis der Nichtausweisung des Bergwerksfeldes S./N. als Vorsorgegebiet Rohstoffsicherung erfolgt. Daran hat LEP 2005 nichts geändert.

57

Angesichts dessen ist die Nichtzulassung des Rahmenplans durch den Beklagten nicht rechtswidrig. Der Klägerin steht ein Zulassungsanspruch nicht zu. Die raumordnerischen Belange "überwiegen" das mit dem Bergbauvorhaben verfolgte Aufsuchungs- und Gewinnungsinteresse. Sie stehen diesem auch entgegen, da durch das Abbauvorhaben die Verwirklichung der "fachlichen Ziele" des RROP in erheblichem Maße gefährdet und – hinsichtlich des Belangs der Walderhaltung – auf Jahrzehnte weitgehend ausgeschlossen wäre.

58

Ausgangspunkt dabei ist zunächst, dass es das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern in dem Normenkontrollverfahren betreffend die Rechtmäßigkeit von Teilen des RROP abgelehnt hat, die sogenannten fachlichen Ziele Nr. 6.3 Rohstoffsicherung und -gewinnung, 4.4 Vorranggebiete und Vorsorgeräume Naturschutz und Landschaftspflege und 7.2 Räume für Tourismus und Naherholung für nichtig zu erklären und dazu ausgeführt hat, dass diese an keinem offensichtlichen Abwägungsmangel leiden, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (Urt. v. 07.09.2000 – 4 K 28/99 – ZfB 2001, 194, 200 ff.). Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Dabei ist maßgeblich, dass es sich bei den im RROP, das nach § 23 Abs. 1 ROG 1998 in Anwendung des ROG a. F. zustandegekommen ist, enthaltenen "fachlichen Zielen" (Teil II Nr. 4 bis 11 RROP) nicht generell um solche mit abschließender Verbindlichkeit i. S. v. § 3 Nr. 2 ROG 1998 handelt (OVG M-V, a. a. O.). Vielmehr ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob eine Festlegung im RROP verbindlichen im Sinne von zwingend bindenden Charakter hat (vgl. OVG M-V, a. a. O., S. 201). Das ist hier für die oben näher dargestellten "fachlichen Ziele" indes nicht der Fall.

59

Das ist von dem Beklagten bei seiner Entscheidung auch erkannt worden, indem er ausdrücklich ausführt, dass der Vorrang der Belange Tourismus, Naturschutz und Landschaftspflege und Wald nicht absolut zu verstehen sei und diese dem raumordnerischen Belang Rohstoffabbau und der Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG sowie den Eigentümerinteressen an der Zulassung des Vorhabens gegenüberzustellen seien.

60

Die von dem Beklagten in Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 1 BBergG getroffene "abwägende Entscheidung" (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.1989 – 4 C 25.86 –, DVBl. 1989, 672, 673) ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die relevanten raumordnerischen Belange einschließlich des Belangs der Rohstoffsicherung und des Rohstoffabbaus ebenso eingestellt wie die Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG und die Eigentümerinteressen der Klägerin als Bergwerkseigentümerin. Bei der Überprüfung dieser Entscheidung gelangt das Gericht zu keinem anderen Ergebnis.

61

a) Dabei ist im Blick auf die raumordnerischen Belange nach Maßgabe des RROP von vornherein nicht erkennbar, inwiefern dem klägerischen Abbauvorhaben ein Vorrang gegenüber den anderen relevanten Belangen zukommt. Dass in einem – wie hier für das Landschaftsschutzgebiet Mecklenburger Großseenland – nach Nr. 4.4 Abs. 2 RROP festgelegten Vorsorgeraum für Naturschutz und Landschaftspflege und zugleich nach Nr. 7.2.1 RROP festgelegten Tourismusschwerpunktraum ein Tagebau, der zudem für Jahrzehnte der Festlegung in Nr. 4.2.4 Abs. 4 RROP zuwider, wonach Gefährdungen des Waldes zu vermeiden bzw. zu minimieren sind, zur großflächigen Rodung von Wald – wenn auch die spätere Wiederaufforstung vorgesehen ist – führt, mit den raumordnerischen Belangen "kaum in Übereinstimmung gebracht werden kann, liegt auf der Hand" (OVG M-V, a. a. O., S. 202). Das von dem Beklagten gefundene Abwägungsergebnis entspricht hinsichtlich des Belangs "Wald" zudem der Berücksichtigungspflicht der Nr. 4.2.4 Abs. 2 RROP, wonach die besondere Bedeutung der großen, geschlossenen Waldgebiete im Seen- und Sandbereich für den Klima- und Wasserhaushalt bei allen Planungen, Vorhaben und Maßnahmen zu berücksichtigen ist. Diese Berücksichtigungspflicht erhält in Bezug speziell für Abbauvorhaben ein besonderes, verstärktes Gewicht dadurch, dass Nr. 6.3.2 Abs. 3 RROP formuliert, dass ein Abbau von Bodenschätzen im Wald nicht erfolgen "soll". Die bergbauliche Nutzung erfährt dadurch Ausnahmecharakter und bedürfte (bereits) deshalb einer besonderen Begründung. Hinzu kommt die gleiche Planaussage ("soll nicht erfolgen") in der genannten Nr. des RROP für die Tourismusschwerpunkträume.

62

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die Rohstoffsicherungsklausel nicht zu einem Vorrang des streitgegenständlichen Vorhabens. Diese setzt sich (bereits) gegenüber den raumordnerischen Belangen nicht durch.

63

Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG ist bei der Anwendung der von den nach Satz 1 der Vorschrift unberührt bleibenden Bestimmungen dafür Sorge zu tragen, dass die Aufsuchung und Gewinnung so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Daraus ergibt sich zwar grundsätzlich eine weitgehende Vorrangstellung für das Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen gegenüber anderen Interessen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.07.1986 – 4 C 31.84 – BVerwGE 74, 315, 318; Urt. v. 16.03.1989 – 4 C 25.86 – DVBl. 1989, 672, 673), wenn auch der Anwendungsbereich der Rohstoffsicherungsklausel aufgrund der Anknüpfung an § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG nicht unmittelbar auf die Vorschriften des Raumordnungsrechts bezogen ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 09.06.1988 – 6 S 2972/84 – ZfB 1989, S. 57, 76). Indessen folgt aus der Rohstoffsicherungsklausel lediglich, dass dem Abbauvorhaben der Vorrang einzuräumen ist, wenn nicht die anderen öffentlichen Belange und Schutzinteressen zumindest ebenso gewichtig sind, wie dasjenige an der Rohstoffsicherung (vgl. BVerwGE 74, 315, 318 f.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 26.05.2006 – 1 B 10405/06.OVG – ZfB 2006, 170, 172). Die Belange der Rohstoffversorgung sind somit im Rahmen der Abwägung mit den anderen Belangen angemessen zu berücksichtigen (vgl. OVG M-V, Urt. v. 24.11.1999 – 2 L 30/98 – ZfB 2000, S. 32, 37 f.).

64

Vorliegend ist nicht erkennbar, dass die im RROP festgelegten anderweitigen raumordnerischen Belange in Bezug auf das Bergwerksfeld S./N. geringeres Gewicht als der Belang der Rohstoffsicherung besitzen. Vielmehr kommt ihnen nicht nur ein gleich großes, sondern – insbesondere hinsichtlich der Belange Wald, Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege sowie Tourismusschwerpunktraum – prinzipiell ein größeres Gewicht zu, dem der Beklagte bei der von ihm zu treffenden "abwägenden Entscheidung" Rechnung tragen durfte. Das wird unterstützt dadurch, dass der Beklagte im einzelnen unter Bezugnahme auf eine vom Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegebene Bedarfsanalyse – bezogen auf das Jahr 1999 – dargelegt hat, dass die Förderrate in den Planungsregionen Westmecklenburg und Mecklenburgische Seenplatte den regionalen Bedarf übersteigt, sowie, dass der Bedarf aus bereits bestehenden Tagebauaufschlüssen gedeckt werden kann. Danach wird bei einem regionalen Bedarf für die (gesamten) Planungsregionen Mecklenburgische Seenplatte von 5 Mio t/a und Westmecklenburg von 7,5 Mio t/a Sand mit einem Kiesgehalt von 20 bis 30 % allein im Umkreis von 50 km von dem streitgegenständlichen Vorhaben eine Fördermenge von 3 Mio t/a gefördert, zusätzlich zu 0,2 Mio t/a aus nahegelegenen Tagebauen in B. bei einem Kiesgehalt von 5 bis 20 %. Dabei ist hinsichtlich des zugrundegelegten Radius von 50 km von Bedeutung, dass Kies regelmäßig ein regional bedeutsamer Rohstoff ist.

65

Dass ohne die Zulassung des beantragten Tagebaus die (regionale) Versorgung mit Kiesen und Kiessanden in der im Bergwerksfeld S./N. vorhandenen Qualität gefährdet wäre, ist demnach nicht ersichtlich. Das bestätigen auch die Angaben der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2007. Danach hat sich seit 1999 die im Planfeststellungsbeschluss angenommene Förderrate von 3 Mio t/a in den in Bezug genommenen Tagebauen auf 2,3 bis 1,5 Mio t/a reduziert. Bei einem Kiesgehalt von 15,8 bis 38 % sind diese Tagebaue auch mit dem hier in Rede stehenden vergleichbar, selbst wenn dieser "bei 30 % und aufwärts" liegt, wie seitens der Klägerin vorgetragen wurde, und nicht lediglich bei 22,5 %, wie es die Beklagtenvertreter unter Hinweis auf die Karte oberflächennaher Rohstoffe angegeben haben. Dass der Absatzmarkt der qualitätsmäßig S. überlegenen Lagerstätte L. bei K. am See nach den Angaben der Klägerin tatsächlich nach Norden ausgerichtet ist, ändert nichts daran, dass sie zu den im 50 km – Umkreis von S. gelegenen Tagebauen zählt und daher auch nach Süden den Markt bedienen könnte. Das gilt auch hinsichtlich des Betonsteinwerks bei W., das gesellschaftsrechtlich zur Klägerin gehört. Letztlich bestätigt die dargestellte Versorgungssituation auch die Angabe der Klägerin, der ihr gehörende Tagebau Hohen Wangelin, der sich noch südlich der Lagerstätte L. befindet, werde derzeit "auf Sparflamme" betrieben, weil der (nach Norden gerichtete) Markt derzeit von L. bedient werde. Das gilt umso mehr, als der gewinnbare Vorrat der Lagerstätte Hohen Wangelin 90 Mio t (bei einem Kiesgehalt von 21, 6 %) und damit mehr als 38 % der insgesamt in den in Bezug genommenen Tagebauen (ohne B.) gewinnbaren Vorräte von 223, 7 Mio t beträgt. Es leuchtet zwar ein, dass es für die Klägerin wirtschaftlich attraktiver wäre, das Betonsteinwerk bei W. von S. aus zu beliefern; das allein reicht indes nicht aus, um bei der dargestellten Sachlage eine Gefährdung oder auch nur beachtliche Beeinträchtigung der (regionalen) Rohstoffversorgung anzunehmen.

66

2. Dem Abbauvorhaben der Klägerin steht unabhängig von den entgegenstehenden überwiegenden raumordnerischen Belangen auch die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 BBergG in Verbindung mit den Vorschriften der LSG-VO "Mecklenburger Großseenland" vom 25. Oktober 1995 (GVOBl. M-V S. 611) entgegen. Das Vorhaben der Klägerin wird von den genannten Bestimmungen erfasst und unterfällt dem Verbotstatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 3 LSG-VO (dazu unter a). Ein Anspruch auf Ausnahme oder Befreiungen nach §§ 7 und 8 LSG-VO hat die Klägerin nicht (dazu unter b).

67

a) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG bleiben Vorschriften unberührt, die auf Grundstücken solche Tätigkeiten verbieten oder beschränken, die ihrer Art nach der Aufsuchung oder Gewinnung dienen können, wenn die Grundstücke durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes einem öffentlichen Zweck gewidmet oder im Interesse eines öffentlichen Zwecks geschützt sind. Nach Satz 2 der Bestimmung ist bei der Anwendung dieser Vorschriften dafür Sorge zu tragen, dass die Aufsuchung und Gewinnung sowenig wie möglich beeinträchtigt werden.

68

Die hier in Rede stehenden Grundstücke des Bergwerksfeldes S./N. sind mit der LSG-VO "Mecklenburger Großseenland" im Interesse eines öffentlichen Zwecks – Landschaftsschutz – geschützt. Die LSG-VO verbietet in § 5 Abs. 2 Nr. 3, Bodenbestandteile abzubauen oder die Bodengestalt von mehr als 2 m Höhe oder Tiefe oder mit einer Grundfläche von mehr als 300 m² durch Abgrabungen, Auf- und Abspülungen, Auffüllungen oder auf andere Art zu verändern oder Bodenschätze zu suchen, zu gewinnen oder sich anzueignen. Demnach ist der von der Klägerin zur Zulassung beantragte Tagebaubetrieb zur Aufsuchung und Gewinnung von Kiesen und Kiessanden ohne weiteres verboten.

69

Die Klägerin kann sich nicht auf die Nichtanwendbarkeitsnorm des § 6 Nr. 11 LSG-VO berufen, wonach von den Vorschriften des § 5 bergbauliche Aktivitäten unberührt bleiben, soweit sie im Rahmen der berggesetzlichen Vorschriften ausgeübt werden und für die beim Inkrafttreten der LSG-VO ein durch besonderen Rechtsakt begründeter Rechtsanspruch besteht. Ein derartiger Rechtsanspruch stand der Klägerin am Tage des Inkrafttretens der LSG-VO nicht zu.

70

Die LSG-VO wurde am 13. Dezember 1995 verkündet (GVOBl. M-V S. 611) und trat nach ihrem § 12 Abs. 1 am Tage nach der Verkündung, mithin am 14. Dezember 1995, in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt fehlte es an einem besonderen Rechtsakt, der einen Rechtsanspruch der Klägerin zur Errichtung und zum Betrieb eines Tagebaus im Bergwerksfeld S./N. begründet hätte.

71

Das Bergwerkseigentum der Klägerin, das von dem Beklagten bestätigt wurde, stellt keinen solchen Rechtsakt dar. Zwar gewährt es nach § 151 Nr. 1 BBergG das nicht befristete ausschließliche Recht, nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes die in der Verleihungsurkunde bezeichneten Bodenschätze in dem Bergwerksfeld aufzusuchen, zu gewinnen und Eigentum daran zu erwerben. Mit dem damit verbundenen Aufsuchungs- und Gewinnungsrecht ist indessen nicht zugleich der Anspruch verbunden, die Aufsuchung und Gewinnung auch tatsächlich vornehmen zu können. Vielmehr beurteilt sich letzteres ausweislich des Wortlauts von § 115 Abs. 1 BBergG nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes, wozu auch die Bestimmungen über die Zulassung des (Rahmen) Betriebsplans zählen. Erst die Zulassung des Betriebsplans erlaubt nach § 51 BBergG die Errichtung und Führung von Aufsuchungs- und Gewinnungsbetrieben (§ 151 Abs. 1 Satz 1 BBergG). Maßgeblicher Rechtsakt, der das nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 LSG-VO an sich bestehende Verbot des "Suchens" und Gewinnens von Bodenschätzen nach § 6 Nr. 11 LSG-VO unberührt lässt, ist mithin (erst) die Zulassung des Betriebsplans. Eine solche liegt jedoch nicht vor. Vielmehr geht es im vorliegenden Rechtsstreit gerade um die Frage, ob die Klägerin einen entsprechenden Zulassungsanspruch hat.

72

b) Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von dem Verbot des § 5 Abs. 2 Nr. 3 LSG-VO, noch einen solchen auf eine Befreiung.

73

Nach § 7 Abs. 1 LSG-VO sind von den Verboten des § 5 auf Antrag Ausnahmen möglich, wenn nachteilige Wirkungen, insbesondere Beeinträchtigungen des Schutzzwecks, nicht zu erwarten oder durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen zu vermeiden sind. In diesem Rahmen gewinnt die sogenannte Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG Bedeutung, wonach bei Anwendung anderweitiger Verbots- oder Beschränkungsbestimmungen dafür Sorge zu tragen ist, dass die Aufsuchung und Gewinnung sowenig wie möglich beeinträchtigt werden. Gleichwohl steht der Klägerin weder ein voll umfassender noch ein Ausnahmeanspruch unter Nebenbestimmungen zu.

74

Voraussetzung für die Bewilligung einer Ausnahme ist, dass nachteilige Wirkungen, insbesondere Beeinträchtigungen des Schutzzwecks, nicht zu erwarten sind. Diese Voraussetzung ist für den hier in Rede stehenden Tagebaubetrieb nicht erfüllt. Den Schutzzweck der LSG-VO beschreibt deren § 3. Nach dessen Abs. 1 dient das Landschaftsschutzgebiet dem Schutz der Mecklenburgischen Großseenlandschaft vom P. See bis zur M.. Wesentlich dabei sind die Erhaltung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit dieser Landschaft sowie die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes. In dem Landschaftsschutzgebiet liegen große zusammenhängende wasser- und waldbestandene Endmoränen-, Sander- und Niederungslandschaften mit mannigfaltiger häufig noch ursprünglicher Naturausstattung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 bis 3 LSG-VO). Nach § 3 Abs. 2 1. Spiegelstrich ist der Schutz der Landschaft insbesondere erforderlich unter anderem zur Erhaltung der glazial geprägten Oberflächenformen. Bereits letzteres, die Erhaltung der glazial (eiszeitlich) geprägten Oberflächenformen steht in unauflösbarem Gegensatz zu dem beantragten Tagebauvorhaben. Nach § 3 Abs. 2 2. Spiegelstrich ist der Schutz der Landschaft insbesondere auch erforderlich zur Sicherung und Wiederherstellung von naturnahen und natürlichen Landschaftsteilen. Zu diesen zählt auch der auf den hier in Rede stehenden Grundstücken vorhandene Wald. Diesen zu sichern ist Schutzzweck der LSG-VO. Die mit dem Tagebaubetrieb verbundene Rodung des Waldes steht – trotz späterer Wiederaufforstung – ebenfalls im Gegensatz zum Schutzzweck der LSG-VO. Nachteilige Wirkungen, nämlich Beeinträchtigungen des Schutzzwecks der LSG-VO – im Sinne von § 7 Abs. 1 LSG-VO sind daher zu erwarten. Es ist nicht erkennbar, dass die mit dem Tagebaubetrieb verbundenen nachteiligen Wirkungen im Blick auf den Schutzzweck der LSG-VO durch Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vermieden werden können.

75

Auch eine Befreiung nach § 8 LSG-VO kommt nicht in Betracht. Der allein infrage kommende Befreiungstatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) LSG-VO setzt eine nicht beabsichtigte Härte voraus, sowie, dass die Abweichung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vereinbaren ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere stellt es keine unbeabsichtigte Härte dar, dass der Klägerin ohne die Zulassung des Rahmenbetriebsplans die Ausübung der mit dem Bergwerkseigentum verbundenen Aufsuchungs- und Gewinnungsrechte unmöglich ist. Der Bergwerkseigentümer kann infolge der besonderen Ausgestaltung des Bergrechts von vornherein nicht darauf vertrauen, dass er die von seiner Gewinnungsberechtigung erfassten Bodenschätze im gesamten zugeteilten Feld oder auch überhaupt gewinnen kann (BVerwG, Urt. v. 26.03.1998 – 4 A 2.97 – BVerwGE 106, 290, 293).

76

3. Der Rahmenbetriebsplan für das Abbauvorhaben der Klägerin ist von dem Beklagten zu Recht auch mit dem Argument nicht zugelassen worden, dass die Waldumwandlungsgenehmigung nicht erteilt werden kann.

77

Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwVfG M-V wird durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind nach Halbsatz 2 der Bestimmung andere behördliche Entscheidungen nach Bundes- oder Landesrecht nicht erforderlich. Die (zulassende) Planfeststellungsentscheidung ersetzt vielmehr grundsätzlich sämtliche anderweitige öffentlich-rechtlichen Genehmigungen. Der Beklagte hatte daher mit seiner Entscheidung über die Zulassung des beantragten Rahmenbetriebsplans auch zu prüfen, ob das Vorhaben den Vorschriften des Waldrechts entspricht. Das ist nicht der Fall.

78

Dass vorliegend der auf den Bergwerksgrundstücken aufstehende Wald bei Realisierung des Vorhabens zu roden ist, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit; das entspricht vielmehr den Angaben in dem bei dem Beklagten zur Zulassung eingereichten Rahmenbetriebsplan. Nach § 15 Abs. 3 LWaldG sind bei der Entscheidung über die Zulassung einer Waldumwandlung die Belange der Allgemeinheit sowie die Rechte, Pflichten und wirtschaftlichen Interessen des Waldbesitzers gegeneinander und untereinander abzuwägen (Satz 1). Die Erfordernisse der forstlichen Rahmenplanung sowie der Raumordnung und Landesplanung sind zu berücksichtigen (Satz 2). Zwingende Versagungsgründe enthält § 15 Abs. 4 LWaldG. Danach ist die Genehmigung zu versagen, wenn die Erhaltung des Waldes überwiegend im öffentlichen Interesse liegt. Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass einer der in § 15 Abs. 4 Nr. 1 bis 6 LWaldG katalogartig aufgezählten zwingenden Versagungsgründe nicht vorliegt. Allerdings stellt sich die vorgenannte Aufzählung nur als beispielhaft für die Fälle dar, in denen die Erhaltung des Waldes kraft Gesetzes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Jenseits dieser Fälle ist die Waldumwandlungsgenehmigung nach der allgemeinen Regel des § 15 Abs. 4 LWaldG zu versagen, wenn die Walderhaltung im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das ist hier nach Maßgabe der Abwägung gemäß § 15 Abs. 3 LWaldG der Fall. Dabei stehen sich hier insbesondere das öffentliche Interesse an der Walderhaltung und das ebenfalls öffentliche Interesse an der Rohstoffversorgung gegenüber. Diese Abwägung führt zu einem Überwiegen des Interesses an der Walderhaltung.

79

Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 LWaldG besteht bei der Abwägung die Pflicht zur Berücksichtigung der Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung. Zu den Erfordernissen der Raumordnung zählen unter anderem jedenfalls solche Aussagen der Raumordnung, die zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums aufgestellt werden und Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- und Ermessensentscheidungen enthalten (vgl. etwa die Definitionen in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Nr. 3 ROG 1998). Das trifft hier auf die Planaussagen des RROP zu. Hiervon ausgehend ist maßgeblich für das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Waldes, dass nach Nr. 6.3.2 Abs. 3 RROP ein Abbau von Bodenschätzen nicht erfolgen "soll", was dem Belang der Walderhaltung ein besonderes Gewicht verleiht.

80

Dem steht für das hier in Rede stehende Feld der Belang der Rohstoffsicherung nicht mit dem gleichen Gewicht gegenüber. Vielmehr ist das Bergwerksfeld S./N. im RROP explizit nicht als Vorsorgeraum Rohstoffsicherung bestimmt worden, zudem mit dem begründenden Hinweis, dass anderen raumordnerischen Belangen auf Dauer ein eindeutiger Vorrang eingeräumt werde (vgl. Begründung zu Nr. 6.3.1 und Tabelle 19). Das verdeutlicht in Bezug auf den Belang Wald die Begründung zu Nr. 6.3.2 Abs. 3 RROP. Darin heißt es:

81

"Durch den Abbau von oberflächennahen Bodenschätzen im Wald werden Waldbestände gerodet. Sie werden auch im Falle der Wiederaufforstung oder der Aufforstung auf Ersatzflächen zumindest der gegenwärtigen Generation nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Planungsregion verfügt – ebenso wie das Land Mecklenburg-Vorpommern insgesamt – nur über einen geringen Anteil an Wald, so dass dessen Erhalt und Mehrung ein besonderes öffentliches Interesse darstellt (siehe Programm Satz 6.2.2 (3)). Da in der Planungsregion ausreichend Vorräte von Kiesen, Sanden und Tonen außerhalb von Wald zur Rohstoffsicherung und Rohstoffversorgung zur Verfügung stehen (siehe Programm Satz 6.3.1), ist die Notwendigkeit einer Umwandlung der für den Abbau vorgesehenen Waldfläche gemäß § 15 Abs. 4 LWaldG i. d. F. vom 08. Februar 1993 ... nur in dem abzuwägenden Ausnahmefall gerechtfertigt, wenn es sich bei dem Bodenschatz um einen in der Region selten vorkommenden, wirtschaftlich bedeutenden Rohstoff handelt und der Eingriff entsprechend § 15 Abs. 5 Landeswaldgesetz ausgeglichen werden kann.".

82

Dass es sich bei den hier in Rede stehenden Kiesen und Kiessanden um einen in der Region selten vorkommenden, wirtschaftlich bedeutenden Rohstoff handelt, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Zwar mag es sich um hochwertige, für die Herstellung von Beton und Betonzuschlagstoffen geeignete Kiese und Kiessande handeln. Der Beklagte hat jedoch hinreichend dargelegt, dass die regionale Versorgung mit derartigen Kiesen und Kiessanden in nächster Zukunft auch ohne den beantragten Abbau gesichert ist (vgl. oben).

83

An dem damit verbundenen Ergebnis, dass im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Walderhaltung das ebenfalls öffentliche Interesse an der Rohstoffsicherung überwiegt, ändert auch die Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG nichts. Zwar handelt es sich bei der Vorschrift des § 15 LWaldG als einer Bestimmung, die die Umwandlung des Waldes unter ein präventives Verbot mit dem Vorbehalt einer administrativen Unbedenklichkeitserklärung versieht, um eine Vorschrift, die eine Tätigkeit – nämlich die Rodung – verbietet, die ihrer Art nach der Aufsuchung oder Gewinnung dienen kann (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG) (vgl. OVG M-V, Urt. v. 24.11.1999 – 2 L 30/98, ZfB 2000, 32, 36, 37). Indessen verleiht die Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG, die an die Bestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 BBergG anknüpft, dem öffentlichen Interesse des Bergbaus zwar ein bestimmtes Gewicht, jedoch keinen absoluten Vorrang gegenüber anderen öffentlichen Interessen (vgl. OVG M-V, a. a. O., S. 37 f.).

84

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt sich das von dem Beklagten gefundene Ergebnis nicht als Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Eigentumsgrundrecht dar. Ein solcher Eingriff ist weder mit den Regelungen des RROP noch mit der von dem Beklagten vorgenommenen Auslegung verbunden.

85

Das Bergwerkseigentum ist zwar grundsätzlich eine der Enteignung zugängliche subjektive Rechtsposition i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss sieht jedoch nicht vor, der Klägerin diese Rechtsposition (teilweise) zu entziehen. Die Verweigerung der Zulassung des Betriebsplans verändert nicht die Inhaberschaft am Bergwerkseigentum und damit des ausschließlichen Rechts, nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes die Bodenschätze zu gewinnen. Allerdings trifft zu, dass das Aufsuchungs- und Gewinnungsrecht infolge der Verweigerung der Zulassung des Betriebsplans nicht ausgeübt werden kann. Diese Einschränkung muss die Klägerin jedoch entschädigungslos hinnehmen, weil das der gesetzlichen Regelung von Inhalt und Grenzen des Bergwerkseigentums durch das Bundesberggesetz entspricht.

86

Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt:

87

"Das Bergwerkseigentum beruht auf staatlicher Verleihung und gewährt die mit ihm verbundenen Rechte von vornherein nur nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes ... Danach gewährt das Bergwerkseigentum zwar insbesondere das Dritte ausschließende Gewinnungsrecht; die Ausübung dieser lediglich privatrechtlichen Rechtsmacht ist aber durch die bergrechtlichen Vorschriften in vielfacher Hinsicht eingeschränkt. Diese Einschränkungen führen dazu, dass der Bergwerkseigentümer von vornherein nicht darauf vertrauen kann, dass er die von seiner Gewinnungsberechtigung erfassten Bodenschätze im gesamten zugeteilten Feld oder auch überhaupt gewinnen kann. Dementsprechend findet bei der Erteilung des Bergwerkseigentums keine umfassende Prüfung öffentlich-rechtlicher Vorschriften statt, die dem Abbau der betreffenden Bodenschätze entgegenstehen könnten; denn der Abbau selbst wird mit der Erteilung der Bergbauberechtigung gerade noch nicht gestattet." (Urt. v. 26.03.1998 – 4 A 2.97 – BVerwGE 106, 290, 293).

88

Dem schließt sich das erkennende Gericht an, wobei das hier in Rede stehende Bergwerkseigentum nach § 151 BBergG unbefristet ist mit der Folge, dass bei veränderten Verhältnissen der Bodenschatzabbau vorgenommen werden könnte.

89

Hat der Beklagte danach die Zulassung des beantragten Rahmenbetriebsplans zu Recht abgelehnt, so steht der Klägerin auch nicht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung des ablehnenden Planfeststellungsbeschlusses und Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung des Zulassungsantrags zu.

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

91

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

92

Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

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