Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (3. Kammer) - 3 A 252/14
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten wegen der Heranziehung zu Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes.
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Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G1 in Z. in einer Größe von 8.930 m². Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut und wird im Übrigen landwirtschaftlich genutzt. Ein Verfahren betreffend die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Ferienwohnungen ist gegenwärtig beim OVG Greifswald anhängig. Die Gemeinde Z. ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes „Rügen“.
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Mit Bescheid vom 30. Januar 2014 zog der Beklagte den Kläger für das Jahr 2014 zu einer Gebühr zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes (Umlagegebühr) i.H.v. 27,47 EUR heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2014 zurück.
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Am 31. März 2014 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Mit Beschluss vom 1. April 2014 (– 3 B 257/14 –) lehnte das VG Greifswald den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers wurde vom OVG Greifswald mit Beschluss vom 14. Juli 2014 (– 1 M –) zurückgewiesen.
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Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei fehlerhaft. Das Grundstück erlange durch die Tätigkeit des Wasser- und Bodenverbandes keinen Vorteil. Unter der Erdoberfläche befinde sich eine ca. 30 m starke Kiesschicht. Dies führe dazu, dass Oberflächenwasser vollständig versickere. Aus diesem Grunde sei das Grundstück weder an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen noch verliefen Gräben auf dem Grundstück. Der Sache nach handele es sich bei der Gebührenerhebung um eine verkappte Steuer. Zudem sei die Heranziehung unverhältnismäßig. Das OVG Greifswald habe ausdrücklich darauf hingewiesen, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Der Hinweis sei so zu verstehen, dass eine Heranziehung ausscheide, wenn – wie vorliegend – der Nachweis erbracht werde, dass von dem Grundstück aus kein Niederschlagswasser in die Vorflut gelange. Zudem verletze die Heranziehung das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Grundgesetz (GG).
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2014 – Kassenzeichen 90.00052.8 – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 7. März 2014 aufzuheben.
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Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Beschluss vom 23. März 2016 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Verfahrens VG Greifswald – 3 B 257/14 – (OVG Greifswald – 1 M –) vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der streitgegenständliche Umlagegebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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a. Er findet seine nach § 3 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Bildung von Gewässerunterhaltungsverbänden (GUVG) i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung über die Erhebung von Gebühren zur Deckung der Beiträge und Umlagen des Wasser- und Bodenverbandes „Rügen“ vom 6. Juni 2005 (Umlagegebührensatzung – UGS) i.d.F. der 5. Änderung vom 9. Januar 2012. Substantiierte Zweifel an der Wirksamkeit der Umlagegebührensatzung werden vom Kläger nicht geltend gemacht. Sie drängen sich auch nicht auf. Insbesondere die Maßstabsregelung für die allgemeine Gewässerunterhaltungsgebühr in § 3 Abs. 3 und 4 UGS begegnet keinen Bedenken. So ist die Gleichbehandlung von Waldflächen, landwirtschaftlichen Nutzflächen und Wasserflächen einerseits sowie von Bauland und sonstigen befestigten Flächen andererseits sowie die Differenzierung zwischen beiden Gruppen bei der Maßstabsregel (je angefangener halber bzw. ganzer Hektar) mit Blick auf den weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum der Gemeinde (OVG Greifswald, Urt. v. 18.03.2014 – 1 L 190/10 –, juris Rn. 31) ebenso wenig zu beanstanden wie die Regelung über die Berücksichtigung von Grundstücken mit unterschiedlichen Nutzungsarten (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 08.07.2009 – 3 A 521/07 –, S. 4 ff. des Entscheidungsumdrucks [n.v.]).
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b. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Rechtsanwendung durch den Beklagten ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit er meint, er sei wegen der 30 m starken Kiesschicht auf seinem Grundstück, die das anfallende Oberflächenwasser vollständig aufnehme, nicht bevorteilt, trifft dies nicht zu. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger bevorteilt i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 UGS ist. Nach dieser Bestimmung sind u.a. die Eigentümer grundsteuerpflichtiger Grundstücke im Gebiet der Gemeinde Z. bevorteilt, die im Einzugsbereich des Wasser- und Bodenverbandes „Rügen“ liegen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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Der Vorteil durch die Verbandstätigkeit liegt darin, dass den Eigentümern der Flächen, die im Verbandsgebiet der Grundsteuer unterliegen, bzw. den Gemeinden eine an sich ihnen selbst obliegende Unterhaltungspflicht abgenommen wird. Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) obliegt die Unterhaltung oberirdischer Gewässer den Eigentümern der Gewässer, soweit sie nicht nach landesrechtlichen Vorschriften Aufgabe von Gebietskörperschaften, Wasser- und Bodenverbänden gemeindlichen Zweckverbänden oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts ist. Satz 2 bestimmt weiter, dass wenn der Gewässereigentümer Träger der Unterhaltungslast ist, die Anlieger sowie diejenigen Eigentümer von Grundstücken und Anlagen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren verpflichtet sind, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen. Ist eine Körperschaft nach Satz 1 unterhaltungspflichtig, können die Länder nach § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG bestimmen, inwieweit die Gewässereigentümer, die in Satz 2 genannten Personen, andere Personen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben, oder sonstige Eigentümer von Grundstücken im Einzugsgebiet verpflichtet sind, sich an den Kosten der Unterhaltung zu beteiligen.
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Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die zu unterhaltenden Gewässer das auf alle Flächen eines Einzugsgebietes gleichmäßig fallende Niederschlagswasser abzuführen haben, jedes Grundstück also schon allein infolge seiner Lage im Einzugsgebiet Zubringer von Wasser zu der zu unterhaltenden Gewässerstrecke ist und dadurch die Gewässerunterhaltung erschwert. Ist der Landesgesetzgeber ermächtigt, Unterhaltung von Gewässern Wasser- und Bodenverbänden aufzugeben und besteht außerdem die Regelungsmöglichkeit, neben den in Satz 1 genannten eigentlich Unterhaltungspflichtigen auch den anderen Grundstückseigentümern im Einzugsgebiet die Unterhaltungslast aufzuerlegen, so darf er auch die Aufgabe der Gewässerunterhaltung allein Verbänden übertragen und neben den in § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG genannten Pflichtigen die anderen in Satz 2 der Vorschrift genannten Grundstückseigentümer an den Verbandslasten beteiligen. Von dieser Möglichkeit hat der Landesgesetzgeber Gebrauch gemacht: Er hat nach den Bestimmungen der §§ 1 GUVG, 63 Abs. 1 Nr. 2 Landeswassergesetz (LWaG) die Gewässerunterhaltungspflicht den Verbänden übertragen und letztlich allen Grundstückseigentümern des Einzugsgebietes zugleich die finanzielle Last der Aufgabenwahrnehmung durch den Verband auferlegt (eingehend: OVG Greifswald, Urt. v. 23.06.2000 – 1 L 200/05 –, juris Rn. 32 zu § 29 Abs. 1 WHG a.F.). Als Folge dieser gesetzlichen Regelung wird jedem Eigentümer einer Fläche im Gewässereinzugsgebiet durch die Tätigkeit des Wasser- und Bodenverbandes ein Vorteil geboten (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 18.12.2013 – 1 L 18/08 –, juris Rn. 59). Damit ist es gerechtfertigt – und auch geboten – das klägerische Grundstück in den Vorteilsausgleich einzubeziehen, ohne dass es darauf ankommt, ob und in welchem Umfang das Grundstück Niederschlagswasser in die Vorflut abführt.
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Soweit das OVG Greifswald in dem Beschluss vom 17. Juli 2014 – 1 M – ausgeführt hat, es sei zu erwägen, das Grundstück des Klägers aus Verhältnismäßigkeitsgründen von der Gebührenpflicht auszunehmen, soweit es sich um Kiesabbauland handele, beruht dies zunächst auf der unzutreffenden Annahme, dass das Grundstück tatsächlich als Abbauland genutzt wird. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage bestätigt, dass das Grundstück, soweit es nicht bebaut sei, landwirtschaftlich (als Grünland) genutzt werde. Überdies ist nicht zu erkennen, warum bei einer Nutzung als Kiesabbauland eine Ausnahme von dem vom OVG Greifswald entwickelten Grundsatz der lückenlosen Heranziehung aller Grundstücke im Gewässereinzugsgebiet gemacht werden muss.
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Zu dem Einwand des Klägers, in seiner Heranziehung liege eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG, ist zu bemerken, dass der Schutzbereich dieses Grundrechts bei der Erhebung einer öffentlichen Abgabe nur dann verletzt ist, wenn ihr eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Dies ist mit Blick auf die Höhe der streitgegenständlichen Festsetzung vorliegend auszuschließen.
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Die Gebührenberechnung entspricht den Maßgaben des § 3 Abs. 3 und Abs. 4 UGS. Der Kläger geht trotz des Leerstandes des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes davon aus, dass das Grundstück mit einer Teilfläche baulich genutzt wird und damit Baulandqualität hat.
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Sollte dem Kläger ein Anspruch auf einen Billigkeitserlass nach § 227 Abgabenordnung (AO) zustehen – was nach Lage der Dinge allerdings auszuschließen sein dürfte –, so ist dieser Anspruch in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen und berührt den vorliegenden Streitgegenstand nicht.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.
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Referenzen
- §§ 1 GUVG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
- § 40 Abs. 1 Satz 3 WHG 1x (nicht zugeordnet)
- § 40 Abs. 1 Satz 1 WHG 1x (nicht zugeordnet)
- § 29 Abs. 1 WHG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 3 B 257/14 2x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 L 190/10 1x
- 3 A 521/07 1x (nicht zugeordnet)
- 1 L 200/05 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (1. Senat) - 1 L 18/08 1x