Beschluss vom Verwaltungsgericht Greifswald (2. Kammer) - 2 B 1179/17 HGW

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die mit Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 23. Mai 2017 erfolgte Untersagung des gewerbsmäßigen Betreibens eines Reitbetriebes und einer Pferdepension wird wiederhergestellt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens haben der Antragsgegner zu 2/3 und die Antragstellerin zu 1/3 zu tragen.

2. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um den Sofortvollzug einer tierschutzrechtlichen Untersagungsverfügung.

2

Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 10. Juni 2010 die Erteilung einer Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 Tierschutzgesetz [TierSchG] für die Unterhaltung eines gewerbsmäßigen Reit- und Fahrbetriebs sowie einer Pferdepension. Der Antragsgegner führte deswegen durch eine Amtstierärztin am 14. September 2010 einen Vororttermin durch, bei dem die Amtstierärztin in einer Aktennotiz einen sehr guten Zustand der überwiegend eigenen Pferde der Antragstellerin und beanstandungslose räumliche Voraussetzungen für die Pferdehaltung feststellte. In der Aktennotiz ist weiterhin festgehalten, dass als Sachkundenachweis der Trainerlehrgang C und Berittführer besprochen worden sei, da Fähigkeiten im Ausbildungsbereich von Personen und Pferden nachgewiesen werden müssten und die eigene reiterlicher Ausbildung der Antragstellerin nicht anerkannt werde. Die Erlaubnis werde, nachdem das Führungszeugnis eingegangen sei, befristet unter Auflagen (Sachkundenachweis) für 12 Monate erteilt. Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin durch den nunmehr mit der Bearbeitung befassten Amtstierarzt auf, fehlende Unterlagen für den Nachweis der Sachkunde zur Ausstellung der Genehmigung nach dem Tierschutzgesetz zu übersenden. Bis zum heutigen Tage seien keine Unterlagen eingegangen, die die Ausstellung der Erlaubnis zum Betrieb eines Reitbetriebes auf Dauer rechtfertigen würde. Die im Jahr 2010 ausgestellte befristete Genehmigung sei abgelaufen. Es erfolgte weiterer Schriftverkehr bezüglich des Sachkundenachweises und zuletzt ein persönliches Gespräch der Antragstellerin deswegen beim Antragsgegner am 28. September 2012. Nach dem Aktenvermerk über dieses Gespräch, in dem die Antragstellerin eine Reitlehrerausbildung bei der Vereinigung der Freizeitreiter und –fahrer in Deutschland e.V. in Aussicht stellte, fand das Erlaubnisverfahren zunächst keinen weiteren Fortgang.

3

Anlässlich eines baurechtlichen Verfahrens nahm der Antragsgegner Im März 2017 eine Überprüfung vor, bei der er feststellte, dass die Antragstellerin Leistungen gegen Entgelt ihres „Pferdehof t.-b.-h.“ anbietet und diesen seit dem 11. September 2013 bei der Stadt A-Stadt als Gewerbebetrieb angemeldet hat.

4

Mit der hier streitgegenständlichen Ordnungsverfügung vom 23. Mai 2017 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin das gewerbsmäßige Betreiben des Reit- und Fahrbetriebs und der Pferdepension (Ziffer 1) und ordnete die sofortige Vollziehung der Untersagung an (Ziffer 2).

5

In der Begründung der unter Ziffer 1 erfolgten Untersagung ist ausgeführt, dass die Antragstellerin die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a und 8 c TierSchG erforderlichen Erlaubnisse für das gewerbsmäßige Halten von Wirbeltieren und das gewerbsmäßige Unterhalten eines Reit- und Fahrbetriebes nicht besitze. Da die Antragstellerin das Antragsverfahren spätestens ab Oktober 2012 nicht mehr betreibe, habe nicht geklärt werden können, ob die Antragstellerin die Erlaubnisvoraussetzungen erfülle, was näher ausgeführt wird. Es sei auch nicht mit der Erteilung einer solchen Erlaubnis zu rechnen, da die Antragstellerin offenbar nicht die Voraussetzungen erfülle.

6

Die Begründung zu der mit Ziffer 2 der Ordnungsverfügung angeordneten sofortigen Vollziehung lautet wie folgt:

7

„… Es besteht ein grundsätzliches Interesse daran, dass die Bestimmungen des TierSchG eingehalten werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass sie sich über diese Bestimmungen hinwegsetzen und ihre Pensionspferdehaltung sowie den Reit- und Fahrbetrieb ohne die erforderliche Erlaubnis betreiben. Die Erlaubnispflicht soll aus tierschutzrechtlichen Gründen sicherstellen, dass bei diesen Unternehmen die dafür erforderliche Sachkunde, Zuverlässigkeit und haltungsangemessene Räumlichkeiten gegeben sind. Ob diese Voraussetzungen von ihnen überhaupt erfüllt werden, konnte bisher nicht überprüft werden. Es gilt, mögliche Verstöße gegen den Tierschutz zu verhüten. Dadurch, dass der Tierschutz gemäß Artikel 20a Grundgesetz ein Staatsziel darstellt, war für die Anordnung der sofortigen Vollziehung das öffentliche Interesse über das persönliche bzw. geschäftliches Interesse zu stellen.“

8

Die Antragstellerin hat gegen die Ordnungsverfügung vom 23. Mai 2017 mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29. Juni 2017 Widerspruch eingelegt. Mit am 01. Juni 2017 eingegangenen Schriftsatz vom 31. Mai 2017 hat die Antragstellerin den hier zu entscheidenden gerichtlichen Eilrechtsschutzantrag gestellt, mit dem sie beantragt,

9

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 29.05.2017 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 23.05.2017 über die Untersagung des gewerbsmäßigen Reit- und Fahrbetriebs und der gewerbsmäßigen Pferdepension, Az. ## wiederherzustellen.

10

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegen getreten.

II.

11

Der nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO] statthafte und zulässige Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; insoweit ist er begründet, im Übrigen unbegründet.

12

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO] kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn, wie hier, die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO entfällt, weil die Behörde die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.

13

Entspricht die Anordnung nicht dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO, hebt das Verwaltungsgericht stattdessen die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit der Folge auf, dass dadurch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder auflebt (VG Greifswald, Beschl. v. 11.08.2017 – 2 B 1456/17 HGW m.w.Nw.).

14

Die Voraussetzungen einer gerichtlichen Aufhebung des Sofortvollzugs sind vorliegend nicht gegeben. Die in der Ordnungsverfügung vom 23. Mai.2017 erfolgte Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs der Untersagungsverfügung entspricht (noch) dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

15

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO - wenn also die Behörde die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat - das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Es ist dabei das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung zu benennen, also ein solches, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt bereits im Sinne eines allgemeinen öffentlichen Interesses am Gesetzesvollzug rechtfertigt. Abstrakte Erwägungen sind deshalb regelmäßig unzureichend; erforderlich ist grundsätzlich die Benennung konkreter Umstände des Einzelfalles, auf die sich die Erwägungen beziehen können (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.08.2005 – 1 M 74/05 – Juris Rn. 9 ff. m.w.Nw.; BVerwG, Beschl. v. 18.09.2001 – 1 DB 26/01 – Juris Rn. 6). Bei der Bewertung, ob eine Begründung der behördlichen Vollziehungsanordnung diesen Anforderungen genügt, ist diese nicht losgelöst von der Begründung des Bescheides, sondern im Zusammenhang mit ihr zu betrachten. Das besondere öffentliche Interesse kann durch das allgemeine, den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigende Interesse - bis hin zur Identität - vorgeprägt sein. Weisen beispielsweise die Gründe für den Erlass eines Verwaltungsaktes im Einzelfall einen so hohen Dringlichkeitsgrad und ein solches Gewicht auf, dass sie gleichzeitig das besondere Vollzugsinteresse einschließen bzw. mit diesem deckungsgleich sind, kann eine solche Identität angenommen werden (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 10.08.2005 a.a.O. Rn. 11).

16

Die Begründung des Sofortvollzugs genügt vorliegend unter Einbeziehung der Gründe der Untersagungsverfügung den Anforderungen an eine einzelfallbezogene Begründung. Die in der Ordnungsverfügung in den Gründen zu 2. erfolgten Ausführungen, wonach nicht hinnehmbar sei, dass die Antragstellerin sich über das tierschutzrechtliche Erlaubniserfordernis hinwegsetze und die Pensionspferdehaltung sowie den Reit- und Fahrbetrieb ohne erforderliche Erlaubnis betreibe, beziehen sich auf den in der Ordnungsverfügung geschilderten Sachverhalt, wonach die Antragstellerin das Betreiben eines Erlaubnisverfahrens im Oktober 2012 eingestellt habe und die erlaubnispflichtige Tätigkeit statt dessen bereits seit dem 11. September 2013 ohne erforderliche Erlaubnis ausübe. Sie legen damit einen aufgrund seiner Zeitdauer besonders schwerwiegenden Verstoß der Antragstellerin gegen das Erlaubniserfordernis und damit einen einzelfallbezogenen Grund für den Sofortvollzug der Untersagung zugrunde. Die so begründete Anordnung des Sofortvollzugs erweist sich vorliegend auch nicht deshalb als unschlüssig, weil der Antragsgegner nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Untersagungsverfügung gegenüber der Antragstellerin erlassen hat (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 11.08.2017 – 2 B 1456/17), denn der Antragsgegner hat insoweit in seiner Ordnungsverfügung ausgeführt, dass er erst im März 2017 von dem der bereits seit Jahren ohne Erlaubnis ausgeübten Tätigkeit der Antragstellerin erfahren habe.

17

Es liegen aber die Voraussetzungen einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in dem aus dem Tenor ersichtlich Umfang vor.

18

Das Gericht stellt gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung wieder her, wenn im Einzelfall eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt.

19

Bei dieser Abwägung kommt der summarischen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids wesentliche Bedeutung zu. Ist die angegriffene Verfügung rechtmäßig, fehlt dem Antragsteller grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse, vom Vollzug dieser Verfügung einstweilen verschont zu werden. Andererseits besteht kein öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug, wenn die summarische Prüfung ergibt, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist.

20

Die Untersagung erweist sich nach summarischer Prüfung insoweit als rechtswidrig, als sie sich auf das gewerbsmäßige Betreiben eines Reitbetriebs und einer Pferdepension bezieht und als rechtmäßig, soweit sie die Untersagung des gewerbsmäßigen Betreibens eines Fahrbetriebs zum Inhalt hat.

21

Die Rechtmäßigkeit der mit der Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 23. Mai 2017 erfolgten Untersagungen richtet sich nach § 11 Abs. 5 und Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a und 8 c Tierschutzgesetz [TierSchG] in der ab dem 05.04.2017 geltenden Fassung.

22

Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a TierSchG bedarf derjenige der tierschutzrechtlichen Erlaubnis, der, außer den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen der Nr. 1 der Vorschrift, gewerbsmäßig Wirbeltiere, außer landwirtschaftliche Nutztiere und Gehegewild, züchten oder halten will. Einer solchen Erlaubnis bedarf weiterhin nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 c TierSchG derjenige, der einen Reit- oder Fahrbetrieb unterhalten will. Nach § 11 Abs. 5 Satz 1 TierSchG darf mit der Ausübung einer Tätigkeit nach Abs. 1 erst nach Erteilung der Erlaubnis begonnen werden.

23

Nach der die Rechtsgrundlage einer Untersagungsverfügung bildenden Vorschrift des § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG schließlich soll die zuständige Behörde demjenigen die Ausübung der Tätigkeit untersagen, der die Erlaubnis nicht hat.

24

Die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Untersagungsverfügung nach § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG sind vorliegend nur teilweise gegeben.

25

Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift vor. Die Untersagung bezieht sich insgesamt auf die Ausübung von nach § 11 Abs. 1 TierSchG erlaubnispflichtige Tätigkeiten, für die die Antragstellerin die Erlaubnis nicht hat. Das gewerbsmäßige Betreiben einer Pferdepension ist eine nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 a TierSchG, das gewerbsmäßige Betreiben eines Reit- und Fahrbetriebs eine nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 c TierSchG erlaubnispflichtige Tätigkeit.

26

Die Antragstellerin hat keine Erlaubnis für die genannten Tätigkeiten. Es ist keine anderweitige schriftliche Bescheidung des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin erfolgt. Insbesondere ist die durch die Antragstellerin angeführte Mitteilung der Registrierung der Equidenhaltung keine Erlaubniserteilung der Tätigkeiten nach § 11 Abs. 1 TierSchG. Darauf, ob der Antragstellerin im Jahr 2010 die Erlaubnis vorläufig mündlich durch die den Antrag der Antragstellerin damals bearbeitende Amtstierärztin erteilt worden ist, wie die Antragstellerin meint, kommt es nicht an, weil eine solche damalige vorläufige Erlaubnis entweder als auf ein Jahr befristet im Jahr 2011 erloschen oder andernfalls mit dem Schreiben des Antragsgegners an die Antragstellerin vom 12. Juli 2012 mit Wirkung für die Zukunft widerrufen worden wäre. Des Weiteren kann auch nicht schon in die Nichtablehnung eines Erlaubnisantrags bei verständiger Würdigung als konkludente Erteilung der beantragten Erlaubnis verstanden werden. Darauf, ob die Antragstellerin aufgrund der Gesamtumstände unverschuldet irrtümlich von einer erteilten und fortbestehenden Erlaubnis ausgehen konnte, kommt es im vorliegenden Verfahren, in dem die zwischen den Parteien streitigen Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nicht zu klären sind, nicht an.

27

Die damit in den Tatbestandsvoraussetzungen erfüllte Untersagungsverfügung ist aber in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ermessensfehlerhaft und deshalb insoweit rechtswidrig. § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG, wonach die Untersagung bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen erfolgen „soll“, räumt in seiner Rechtsfolge der Behörde ein (intendiertes) Ermessen sein. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

28

Durch die gesetzliche Ausgestaltung des § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG als „Soll“-Vorschrift ist das der Behörde damit eingeräumte Ermessen zwar dahingehend intendiert, dass die durch die Vorschrift ermöglichte Rechtsanwendung in der Regel zu erfolgen hat, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 114 Rn. 21). Die Annahme des Vorliegens eines Ausnahmefalls und eine dem ermessensfehlerfreien Erlass der Untersagung entgegen stehende Ermessensgrenze kann sich bei auf Untersagungen von nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 TierSchG erlaubnispflichtigen gewerblichen Tätigkeiten insbesondere daraus ergeben, dass sich die mit der Untersagungsverfügung erfolgende Einschränkung der mit Art. 12 Grundgesetz [GG] geschützten Berufsfreiheit nach den Umstanden des Einzelfalls als unverhältnismäßig erweist.

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Besondere Umstände, deren Relevanz für das Vorliegen der Unverhältnismäßigkeit der Untersagungsverfügung sodann im Einzelnen näher zu untersuchen ist, sind vorliegend insoweit gegeben, als die Antragstellerin bereits mit schriftlichen Antrag vom 10. Juni 2010 beim Antragsgegner die Erteilung der tierschutzrechtlichen Erlaubnis für die Tätigkeiten beantragt und der Antragsgegner über diesen Antrag bisher trotz des seit Antragstellung eingetretenen erheblichen Zeitablaufs bisher noch nicht entschieden hat. § 11 Abs. 5 Satz 2 TierSchG in der seit dem 05.04.2017 geltenden Gesetzesfassung sieht eine Entscheidungspflicht von vier Monaten ab Eingang des Antrags vor, die nach § 11 Abs. 5 Satz 3 und 4 TierSchG mit entsprechender Unterrichtung des Antragstellers um bis zu zwei Monate verlängert werden kann, soweit der Umfang und die Schwierigkeit der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen der Erlaubnis dies rechtfertigen. Ungeachtet der bereits vor Inkrafttreten dieser gesetzlichen Regelung zum 05.04.2017 eingetretenen erheblichen Verzögerung in der Verfahrensbearbeitung ist auch die seit dem 05.04.2017 geltende regelmäßige Bearbeitungsfrist von vier Monaten zwischenzeitlich abgelaufen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bearbeitungsfrist anschließend durch den Antragsgegner mit einer Verwaltungsentscheidung nach § 11 Abs. 5 Satz 3 und 4 TierSchG vorgesehene Weise verlängert worden wäre, bestehen nicht.

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Daraus ergibt sich zwar weder ein Recht der Antragstellerin darauf, die erlaubnispflichtigen Tätigkeiten entgegen § 11 Abs. 5 Satz 1 TierSchG auch ohne erteilte Erlaubnis auszuüben zu dürfen, noch ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass ihr die Fortsetzung der ohne Erlaubnis aufgenommenen oder von ihr angebotenen Tätigkeiten nach Kenntniserlangung des Antragsgegners nicht durch diesen nach § 11 Abs. 5 Satz 6 TierSchG untersagt werden würde.

31

Allerdings löst die Erlaubnisbeantragung Bearbeitungspflichten des Antragsgegners im Erlaubnisantragsverfahren aus, denen der Antragsgegner bisher nicht in gebotener Weise nachgekommen ist und die den Erlass der Untersagungsverfügung insoweit unverhältnismäßig erscheinen lassen, als es nach gegenwärtigem Erkenntnisstand möglich und geboten erscheint, die Unterbindung der Illegalität der Tätigkeiten der Antragstellerin durch alsbaldige Erlaubniserteilung zu beseitigen.

32

Dies ergibt sich unabhängig von dem durch den Gesetzgeber mit dem durch § 11 Abs. 5 Satz 2 TierSchG in der seit dem 05.04.2017 geltenden Gesetzesfassung zum Ausdruck gebrachten Beschleunigungsgebot auch bereits aus dem Regelungszweck und -inhalt der bereits zuvor gegoltenen Rechtsvorschriften. Der Gesetzgeber hat die gewerblichen Tätigkeiten des § 11 Abs. 1 Nr. 8 TierSchG unter ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gestellt. Daraus folgt zum einen, dass die Aufnahme der betreffenden gewerblichen Berufstätigkeit gesetzlich bis zum Erhalt einer Erlaubnis untersagt ist, zum anderen aber, dass die Einschränkung der Berufsfreiheit nur insoweit erfolgen soll, als die für die Tätigkeitsausübung erforderliche Erlaubnis auf Antrag nicht erteilt werden kann. Dementsprechend ist die mit der Bearbeitung des Erlaubnisantrags befasste Behörde unter Beachtung des Grundrechts des Antragstellers aus Art. 12 GG gehalten, das Erlaubnisverfahren mit rechtsverbindlicher Entscheidung durch Erlaubnis oder rechtsmittelfähige Ablehnung zum Abschluss zu bringen. Eine fehlende Mitwirkung des Antragstellers, welche der Antragsgegner vorliegend für die im Jahre 2012 ausgesetzte Bearbeitung des Antrags angeführt hat, kann einer verfahrensabschließenden behördlichen Entscheidung insoweit nicht entgegenstehen, als die fehlende Mitwirkung die Behörde allenfalls veranlassen kann, dem Antragsteller eine Frist zur Erbringung der geforderten Nachweise zu setzen und im Fall der Nichterbringung binnen der Frist daraus die gebotenen Schlüsse in der weiteren Verfahrensbearbeitung zu ziehen. Eine – zudem ohne Mitteilung an den Antragsteller – faktische Beendigung der behördlichen Bearbeitung durch „Liegenlassen“ der Sache bewirkt hingegen wegen des damit fortwirkenden gesetzlichen Verbots der Aufnahme der Tätigkeit einen Ausschluss des Antragstellers von der beantragten Tätigkeit, der in dieser Weise gesetzlich nicht vorgesehen ist und damit der verfassungsrechtlichen Wertung der Berufsfreiheit in Art. 12 GG zuwiderläuft.

33

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen erweist sich die Untersagungsverfügung insoweit als unverhältnismäßig, als sie die Untersagung des Betriebs einer Pferdepension (1.) und eines Reitbetriebes betrifft (2.). Insoweit liegen nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch unter Berücksichtigung der jeweils teilweise durch den Antragsgegner noch zu erfolgenden abschließenden Sachverhaltsaufklärung keine Gründe vor, die einer alsbaldigen Erteilung der Erlaubnisse an die Antragstellerin entgegen stehen. Hinsichtlich der Untersagung des Kutschbetriebs liegen solche Gründe hingegen vor und erweist sich die Untersagung damit ungeachtet der verzögerten Bearbeitung des Erlaubnisantrags als rechtmäßig (3.).

1.

34

Die Antragstellerin erfüllt nach gegenwärtigem Erkenntnisstand die Voraussetzungen für die Erteilung der dafür nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 a TierSchG erforderlichen Erlaubnis für das Betreiben einer Pferdepension. Die Erlaubnisvoraussetzungen ergeben sich nach § 21 Abs. 5 TierSchG aus § 11 Abs. 2 TierSchG in der bis zum 12.07.2013 gegoltenen Fassung. Danach darf die nach § 11 Abs. 1 TierSchG erforderliche Erlaubnis nur erteilt werden, wenn

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1. … die für die Tätigkeit verantwortliche Person aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat: der Nachweis hierüber ist auf verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen,
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2. die für die Tätigkeit verantwortliche Person die erforderliche Zuverlässigkeit hat,
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3. die der Tätigkeit dienenden Räume und Einrichtungen eine den Anforderungen des § 2 entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen.
38

Die Antragstellerin hat den vom Antragsgegner geforderten und als ausreichend erachteten Nachweis ihrer Sachkunde im vorliegenden Verfahren nachgereicht. Die Antragstellerin hat damit ihre Sachkunde für den Betrieb einer Pensionspferdehaltung nachgewiesen (§ 11 Abs. 2 Ziff. 1 TierSchG in der bis zum 12.07.2013 gegoltenen Fassung). Dies steht zwischen den Parteien nicht in Streit und bedarf damit keiner weiteren Ausführungen.

39

Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand hat die Antragstellerin als für die Pensionspferdehaltung verantwortliche Person auch die für einer Erlaubniserteilung erforderliche Zuverlässigkeit (§ 11 Abs. 2 Ziff. 1 TierSchG in der bis zum 12.07.2013 gegoltenen Fassung). Von der Zuverlässigkeit der für die Tätigkeit verantwortlichen Person ist auszugehen, wenn sie der Behörde bekannt ist und keine Tatsachen vorliegen, die zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit dieser Person im Hinblick auf den Tierschutz Anlass geben (Ziff. 12.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum TierSchG). Die Antragstellerin ist dem Antragsgegner aus ihrem Antragsverfahren aus dem Jahr 2010 bekannt. Tatsachen, die zu Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Antragstellerin im Hinblick auf den Tierschutz Anlass geben, liegen unabhängig von den mit sich mit der unerlaubten Tätigkeitsaufnahme diesbezüglich stellenden Fragen nicht vor. Wegen der unerlaubten Aufnahme der erlaubnispflichtigen Tätigkeiten bestehende Zweifel, die der Antragsgegner im Untersagungsverfahren geltend gemacht hat, wären nach Ziff. 12.2.3.2 der durch den Antragsgegner anzuwendenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum TierSchG durch ein eintragungsloses polizeiliches Führungszeugnis, welches durch die Antragstellerin bereits vorgelegt ist, und die gewerberechtliche Zuverlässigkeit belegenden Gewerberegisterauszug, der durch den Antragsgegner im Erlaubnisverfahren unter Fristsetzung von der Antragstellerin noch anzufordern wäre, beseitigt.

40

Unter Zugrundelegung der damaligen Einschätzung der mit dem Antragsverfahren der Antragstellerin im Jahr 2010 befassten Amtstierärztin des Antragsgegners bestehen schließlich derzeit auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die der Pensionspferdehaltung dienenden Räume und Einrichtungen der Antragstellerin eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere nicht ermöglichen würden (§ 11 Abs. 2 Ziff. 3 TierSchG in der bis zum 12.07.2013 gegoltenen Fassung). Die vor einer Erlaubniserteilung gebotene aktuelle Prüfung der räumlichen Gegebenheiten kann durch den Antragsgegner vor Ort durchgeführt werden. Auf eine der Bauaufsicht übertragene Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit der Nutzung der Räume und Einrichtungen kommt insoweit nicht an. Die tierschutzrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob die der Tätigkeit dienenden Räume dem § 2 TierSchG entsprechen (vgl. Ziff. 12.2.4.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum TierSchG).

2.

41

Die Antragstellerin erfüllt nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 c TierSchG für den von ihr geführten Reitbetrieb.

42

Eine Rechtsverordnung, mit der die Voraussetzungen der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TierSchG geregelt worden wären, besteht auch für die nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 c TierSchG erforderliche Erlaubnis für die durch einen gewerblichen Reitbetrieb ausgeübten Tätigkeiten nicht. Insbesondere handelt es sich bei der durch den Antragsgegner in Bezug genommenen Ausbildungsprüfungsordnung [APO] der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. nicht um eine Rechtsverordnung, sondern um eine verbandsinterne Regelung eines privatrechtlich in Form eines Vereins organisierten Fachverbands.

43

Gemäß § 21 Abs. 5 TierSchG ist damit auch für diese Erlaubniserteilung § 11 Abs. 2 TierSchG in der bis zum 13.07.2013 gegoltenen Fassung anzuwenden.

44

Nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG in der bis zum 13.07.2013 gegoltenen Fassung ist erforderlich, dass die für die Tätigkeit verantwortliche Person „auf Grund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren“ die für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat; der Nachweis hierüber ist auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen.

45

Für den möglichen Erwerb der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten stellt die Vorschrift die in Betracht kommenden Sachverhalte „Ausbildung“, „bisherigen beruflichen Umgang“ und „bisherigen sonstigen Umgang“ gleichwertig nebeneinander und stellt ins Ermessen der Behörde, ob der zu mindestens einem dieser möglichen Erwerbsgründe durch den Antragsteller angezeigte Sachverhalt als Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten als ausreichend erachtet wird. Erachtet die Behörde die Nachweisführung nicht als ausreichend, sieht die Vorschrift als Rechtsfolge eine auf Verlangen der Behörde in einem Fachgespräch zu erfolgende Nachweisführung vor (vgl. dazu ebenso Ziff. 12.2.2.3 und 12.2.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum TierSchG).

46

Es bestehen keine Anhaltspunkte, die annehmen lassen könnten, dass die Antragstellerin die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die von ihr mit ihrem Reitbetrieb angebotenen Tätigkeiten nicht aufgrund ihres langjährigen Umgangs mit Pferden und der Inanspruchnahme privater Ausbildungsmaßnahmen erworben haben kann. Soweit der Antragsgegner diese durch die Antragstellerin als Gründe ihrer Sachkunde angeführten Sachverhalte als Nachweis für nicht ausreichend erachtet, obliegt es ihm, der Antragstellerin in einem Fachgespräch Gelegenheit zum Nachweis einzuräumen.

47

Soweit der Antragsgegner demgegenüber meint, die fehlende Sachkunde der Antragstellerin auch ohne Fachgespräch deshalb feststellen zu können, weil die Antragstellerin keine durch die Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. bescheinigte Qualifikation als Trainerin vorlegen kann, findet diese Rechtsauffassung keine Stütze in den bestehenden rechtlichen Vorschriften. Sie verkennt darüber hinaus auch die Reichweite seiner Entscheidungskompetenz, die eine Versagung der mit einem Reitbetrieb beabsichtigten beruflichen Tätigkeiten nur aus tierschutzrechtlichen Gründen erlaubt. Eine darüber hinaus gehende Regelung der Berufsfreiheit steht dem Antragsgegner im tierschutzrechtlichen Erlaubnisverfahren nicht zu. Ihm obliegt insbesondere nicht, berufliche Qualifikationsvoraussetzungen für eine gewerbliche Erteilung von Reitunterricht oder sonstige mit einem Reitbetrieb konkret beabsichtigte Tätigkeiten festzulegen.

48

Für die allein zur Überprüfung des Antragsgegners stehenden tierschutzrechtlich relevanten Kenntnisse und Fähigkeiten der Antragstellerin ist die erfolgreiche Absolvierung einer Reittrainerausbildung zudem auch inhaltlich nicht erforderlich. Die durch die Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. und den ihnen angeschlossenen Fachverbände erfolgenden Trainerausbildungen sind von den Verbänden für ihre Mitglieder angebotene Qualifikationsmaßnahmen, die auf eine Qualitätssicherung der Ausbildung von Pferd und Reiter nach den Regeln des jeweiligen Verbands abzielen. Die Trainerausbildungen vermitteln auch tierschutzrechtlich relevante Kenntnisse und Fähigkeiten, gehen aber insoweit deutlich darüber hinaus, als sie der Umsetzung der jeweils verbandsinternen Leitlinien für Ausbildung und Training von Pferd und Reiter durch dafür besonders qualifizierte Ausbilder dienen. Die durch einen Reiterverband verliehene Berechtigung, eine bestimmte Trainerbezeichnung des Verbands zu führen, bestätigt, dass die betreffende Person die Qualifikation für eine Ausbildung und Training von Pferd und Reiter nach den verbandsinternen Vorgaben für die von dem jeweiligen Verband vertretene Reitweise besitzt. Die durch den Stammverband der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. angebotene Qualifikation zum Trainer C, auf die sich der Antragsgegner bezieht, erfasst den Nachweis eigener reiterlicher Fähigkeiten sowie der Fähigkeiten in der Unterrichtung anderer Reiter nach den Maßgaben der Richtlinien für Reiten dieses Verbandes. Entsprechende Trainerqualifikationen nach ihren eigenen internen Verbandsregelungen bieten die Anschlussverbände der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. für die Reitweisen Westernreiten, Distanzreiten, Gangpferdereiten, Islandpferdereiten sowie klassisch barocken Reiten an (vgl. Ausbildungsprüfungsordnung – APO – 2010 der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V., S. 21).

49

Auf das Vorliegen einer dieser oder einer anderen vergleichbaren Trainerqualifikation kommt es aber für die tierschutzrechtliche Erlaubnis für das Führen eines Reitbetriebs nicht an. Das mit § 11 Abs. 1 Nr. 8a TierSchG unter Erlaubnispflicht gestellte gewerbsmäßige Unterhalten eines „Reitbetriebs“ erfasst verschiedenste denkbare gewerbliche Tätigkeiten, denen allein gemeinsam ist, dass ihnen der gewerbsmäßige Einsatz von Reittieren zugrunde liegt. Erfasst sind jegliche gewerbliche Bereitstellungen von Reitpferden an andere, unabhängig davon, ob dies ohne nennenswerte Unterweisung des Reiters erfolgt (Kinderreiten auf geführten Reitponys; Bereitstellung von Mietpferden zur eigenständigen Nutzung des Reiters), welche Qualität einer dabei erfolgenden Unterrichtserteilung oder sonstigen Unterweisung für die Entwicklung des Reitkunden in seinen reiterlichen Fähigkeiten nach den Maßstäben der internen Richtlinien eines der Reiterverbände zukommt, oder ob die angebotene Tätigkeit den (für eine Trainerqualifikation nachzuweisenden) Einsatz eigener reiterlicher Fertigkeiten erfordert. Maßgeblich für die Erlaubnisfähigkeit aller dieser unter dem Oberbegriff „Reitbetrieb“ zusammengefassten Tätigkeiten sind allein die einen tierschutzgerechten Einsatz der Reittiere zum konkreten Zweck erwarten lassenden tierschutzrelevanten Kenntnisse und Fähigkeiten des Betriebsinhabers. Darüber hinaus gehende Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie mit den Trainerqualifikationen nachzuweisen sind, sind vom tierschutzrechtlichen Prüfgegenstand nicht erfasst.

50

Das gewerbliche Angebot der Antragstellerin bezieht sich auf eine Bereitstellung von Reitpferden mit Unterrichtserteilung in der Reitweise des Westernreitens. Dass die Antragstellerin in ihrem bisherigen langjährigen Umgangs mit Pferden und der in dieser Reitweise durchgeführten Fortbildung die für einen Einsatz der Pferde im gewerblichen Reitunterricht erforderlichen tierschutzrechtlich relevanten Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, wird sie auf Verlangen gegenüber dem Antragsgegner in einem Fachgespräch, unter Beteiligung des beamteten Tierarztes und erforderlichenfalls weiterer Sachverständiger und unter möglicher Verwendung von durch einen Fachverband erstellten Unterlagen nachzuweisen haben (Ziff. 12.2.2.3 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum TierSchG). Mit den tierschutzrechtlichen Anforderungen der durch die Antragstellerin angebotenen Reitweise des Westernreitens befasst sich beispielsweise der der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. angegliederte Fachverband der Ersten Westernreiter Union [EWU].

51

Wegen der Voraussetzungen der Erlaubniserteilung nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TierSchG in der bis zum 12.07.2013 gegoltenen Fassung wird auf die entsprechend geltenden Ausführungen zur Pensionspferdehaltung verwiesen.

3.

52

Die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis für den Betrieb eines Kutschbetriebes erfüllt die Antragstellerin hingegen mangels derzeitiger Sachkunde im Umgang mit Kutschpferden nicht. Da die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nichts anderes geltend macht, sieht das Gericht insoweit von weiteren Ausführungen ab. Liegen damit die Voraussetzungen für eine Erlaubniserteilung für den Kutschbetrieb derzeit offensichtlich nicht vor, so sind damit keine Gründe ersichtlich, wegen der die Untersagung dieses Betriebs ermessensfehlerhaft sein könnte. Insbesondere fehlt es nicht an einer Erforderlichkeit der Untersagung, weil die Antragstellerin derzeit nach eigenen Angaben keine Kutschfahrten durchführt oder durchführen lässt. Mit dem im Internet in der Vergangenheit durch die Antragstellerin erfolgten Angebot bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin die angebotene Tätigkeit bei entsprechender Kundennachfrage auch ausführen würde.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

54

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz [GKG] i.V.m. § 53 Abs. 2 GKG. Sie legt in Anlehnung an Ziffer 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Gewerbeerlaubnis) einen Streitwert in Höhe von 15.000,00 Euro für das Hauptsacheverfahren zugrunde, der für das vorliegende Eilrechtsschutzverfahren zu halbieren war.

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