Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (6. Kammer) - 6 A 1042/16 HGW

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehalts bis zum Eintritt der Regelaltersgrenze.

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Der am 10.04.1956 geborene Kläger war bei der Stadt A-Stadt im feuerwehrtechnischen Dienst tätig und wurde mit Ablauf des 30.04.2016 wegen Inanspruchnahme der Antragsaltersgrenze für Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes gemäß § 108 Abs. 5 i.V.m. § 114 LBG M-V in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 15.03.2016 setzte der Beklagte auf den Antrag der Stadt A-Stadt die dem Kläger ab dem 01.05.2016 zu gewährenden Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlages von 2,41 v.H. nach § 14 Abs. 3 Nr. 4 LBeamtVG M-V fest. Den Antrag des Klägers auf vorübergehende Erhöhung seines Ruhegehaltssatzes nach § 14a LBeamtVG M-V lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.04.2016 ab. Hiergegen legte der Kläger am 19.04.2016 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2016 zurückwies. Zur Begründung heißt es, Voraussetzung der Anwendung des § 14a BeamtVG sei, dass der Beamte wegen Erreichens der für ihn geltenden besonderen Altersgrenze kraft Gesetzes in den Ruhestand trete und nicht aus sonstigen Gründen. Der Kläger sei aufgrund seines Antrags vorzeitig und damit aus sonstigen Gründen in den Ruhestand getreten.

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Am 03.06.2016 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, § 14a LBG M-V greife ein, da der Kläger vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand getreten sei, er die Wartezeit von 60 Kalendermonaten für eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt habe, er wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten sei, er keinen Ruhegehaltssatz von 66,97 % erreicht habe und er keine Einkünfte i.S.d. § 53 Abs. 7 LBeamtVG M-V beziehe. Er habe die Regelaltersgrenze nach § 108 Abs. 2 LBG M-V von 60 Jahren und 8 Monaten am 09.12.2016 und die besondere Altersgrenze des § 108 Abs. 5 LBG am 09.04.2016 erreicht. Die in § 108 Abs. 5 LBG M-V genannte Altersgrenze stelle eine besondere Altersgrenze i.S.d. § 14a Abs. 1 Nr. 2 b) LBeamtVG dar. Hierbei handele es sich auch nicht um Altersteilzeit. Für den Einsatzdienst der Feuerwehr gebe es besondere Altersgrenzen. Es entspreche dem gesetzgeberischen Willen sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die darauf abziele, Versorgungslücken zu schließen, die aufgrund der besonderen Situation in den neuen Bundesländern für Beamte entstehen könnten, die einen Teil ihres Dienstes im Staat der DDR und damit außerhalb der bundesdeutschen Versorgungsanwartschaften verrichtet hätten. Dies bedeute, dass die Altersgrenze von 60 Jahren in § 108 Abs. 5 LBG M-V selbst dann, wenn sie nicht als besondere Altersgrenze zu qualifizieren sei, mit einer solchen zumindest gleichzustellen sei.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 13.4.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2016 zu verpflichten, das Ruhegehalt des Klägers vom 1.5.2016 bis zum 9.2.2022 vorrübergehend in Anwendung von § 14 a Beamtenversorgungsübergangsgesetz M-V zu erhöhen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er trägt vor, der Kläger hätte aufgrund seines Geburtsjahres die für ihn geltende Regelaltersgrenze mit 60 Jahren und 8 Monaten erreicht. Nach § 114 LBG M-V i.V.m. § 108 Abs. 4 LBG M-V hätte für ihn die Möglichkeit der Herabsetzung der gesetzlichen Altersgrenze auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bestanden, weil sich die jeweils maßgebende Regelaltersgrenze um einen Monat für jeweils zwei vollständig erbrachte Jahre im (Wechsel-)Schichtdienst verringert hätte. Der Kläger hätte jedoch von der Möglichkeit nach § 108 Abs. 4 Satz 6 LBG M-V, die Erfüllung der Voraussetzungen spätestens fünf Jahre vor Erreichen der für ihn gültigen Regelaltersgrenze anzuzeigen, keinen Gebrauch gemacht, sondern einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 108 Abs. 5 i.V.m. § 114 LBG M-V gestellt. Bei der Regelung des § 108 Abs. 5 LBG M-V handele es sich um die Möglichkeit, entsprechend der Regelung nach § 36 Abs. 1 LBG vor Erreichen der geltenden Regelaltersgrenze auf eigenen Antrag in den Ruhestand zu treten und daher nicht um eine besondere Altersgrenze nach § 14 a LBeamtVG M-V. Auch der Wortlaut spreche dafür, dass der Personenkreis, der nach § 108 Abs. 5 LBG in den Ruhestand versetzt worden sei, nicht unter diese Anwendung falle. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 a LBeamtVG sei es, versorgungsrechtliche Nachteile auszugleichen, die wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen von Ansprüchen aus der Rentenversicherung und aus der Beamtenversorgung für die Zeit eintreten könnten, während der ein Besoldungsanspruch noch nicht bestehe und andererseits die für Invalidität und Alter vorgesehenen Leistungen entsprechend den erworbenen Anwartschaften nicht in vollem Umfange ausgeschöpft werden könnten. Ein solches Schutzbedürfnis entfalle, wenn sich der Beamte aus eigenem Entschluss für den früheren Ruhestand entscheide. Dementsprechend sei der Kläger aus sonstigen Gründen in den Ruhestand getreten.

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Für die weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakte und den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14.09.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Ablehnung bzw. Unterlassung des begehrten Verwaltungsakts ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Entscheidung.

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Anspruchsgrundlage ist § 14 a Abs. 1 a Landesbeamtenversorgungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (LBeamtVG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 2012. Gemäß dieser Norm erhöht sich der nach § 14 Absatz 1 Satz 1, § 36 Absatz 3 Satz 1, § 66 Absatz 2 und § 85 Absatz 4 berechnete Ruhegehaltssatz vorübergehend, wenn der Beamte vor Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 35 Absatz 1 und 2 des Landesbeamtengesetzes in den Ruhestand getreten ist und er 1. bis zum Beginn des Ruhestandes die Wartezeit von 60 Kalendermonaten für eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt hat, 2. a) wegen Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Absatz 1 des Beamtenstatusgesetzes in den Ruhestand versetzt worden ist oder b) wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist, 3. einen Ruhegehaltssatz von 66,97 Prozent noch nicht erreicht hat und 4. keine Einkünfte im Sinne des § 53 Absatz 7 bezieht; die Einkünfte bleiben außer Betracht, soweit sie durchschnittlich im Monat 400 Euro nicht überschreiten. Es fehlt an der Voraussetzung des § 14 a Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG M-V, dass der Kläger entweder wegen Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Absatz 1 des Beamtenstatusgesetzes in den Ruhestand versetzt worden oder er wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten sein muss. § 114 Beamtengesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (LBG M-V) bestimmt, dass für die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes der Berufsfeuerwehren und die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes des Landes an der Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz die §§ 108, 109, 111 Abs. 1 Satz 1, §§ 112 und 113 entsprechend gelten. § 108 Abs. 4 LBG M-V gilt mit der Maßgabe, dass neben dem Wechselschichtdienst auch Schichtdienst berücksichtigt wird.

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Von daher ergibt sich für den der Laufbahngruppe 1 angehörenden Kläger die von der allgemeinen Altersgrenze des § 35 Abs. 1 LBG M-V abweichende besondere Altersgrenze von 60 Jahren und 8 Monaten aus § 108 Abs. 1 bis 4 LBG M-V. Diese aber greift für den Kläger nicht ein, da er nicht zu diesem Zeitpunkt von Gesetzes wegen, sondern freiwillig auf seinen Antrag hin schon mit 60 Jahren und 0 Monaten nach § 108 Abs. 5 LBG M-V in den Ruhestand getreten ist. Solche Fälle erfasst der § 14 a LBeamtVG M-V indessen nicht. Diese Norm erfasst vielmehr nur solche Fälle, in denen bei Zusammentreffen von Versorgung und pensionsrechtlichen Ansprüchen eine Versorgungslücke gezwungenermaßen für den Beamten eintritt, die dieser nicht abwenden kann, weil er dienstunfähig geworden ist oder von Gesetzes wegen eine besondere Ruhestandsgrenze besteht, der er nicht ausweichen kann. Wenn aber wie im vorliegenden Fall ein vorgezogener Ruhestandszeitpunkt vor Realisierung von Pensionsansprüchen eintritt, weil der Beamte aus eigenem Entschluss vorzeitig in den Ruhestand tritt, so hat er die Versorgungslücke selbst herbeigeführt und ist deswegen nicht schutzbedürftig. Der § 108 Abs. 5 LBG M-V stellt keine besondere Altersgrenze dar, wegen dessen Erreichens der Kläger in den Ruhestand getreten ist. In den Ruhestand getreten ist er vielmehr wegen seines Antrags, für den die Altersgrenze lediglich eine Antrags- und materielle Anspruchsvoraussetzung darstellt. Besondere Altersgrenzen sind nur solche, bei denen abweichend von der allgemeinen Altersgrenze des § 35 LBG von Gesetzes wegen ein Eintritt in den Ruhestand erfolgt. An dieser Beurteilung ändert sich auch deswegen nichts, weil bei einem hypothetischen Kausalverlauf auch ohne selbst herbeigeführte Versorgungslücke später eine aufgezwungene Versorgungslücke eingetreten wäre. Die Berücksichtigung solcher hypothetischer Kausalverläufe verbietet sich angesichts der Gesetzlichkeit der zu zahlenden Besoldung (vgl. § 4 LBesG M-V) im Versorgungsrecht, da stets nur der tatsächlich eingetretene Versorgungsfall zu betrachten ist.

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Offen bleiben kann, ob sich die Regelaltersgrenze des Klägers nach § § 108 Abs. 4 Satz 1 LBG M-V auf 60 Jahre und null Monate verringert hat. Danach verringert sich die Regelaltersgrenze für Polizeivollzugsbeamte um einen Monat für jeweils zwei vollständig erbrachte Jahre im Wechselschichtdienst. Der Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens dieser Altersgrenze setzt nach § 108 Abs. 4 Satz 6 LBG M-V voraus, dass der Beamte spätestens fünf Jahre vor Erreichen der in Absatz 1 genannten Regelaltersgrenze angezeigt hat, inwieweit er die in Satz 1 genannte Voraussetzung erfüllt hat. Von dieser Anzeige hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht, sondern stattdessen einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 108 Abs. 5 i.V.m. § 114 LBG M-V gestellt.

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Ob dem Kläger die versorgungsrechtlichen Folgen seiner Antragstellung bekannt gewesen waren, ist ohne Bedeutung. Die Höhe des Versorgungsanspruchs setzt eine solche Kenntnis nicht voraus. Im Übrigen ist es die Obliegenheit eines jeden Beamten, sich über die versorgungsrechtlichen Auswirkungen einer Beantragung eines vorgezogenen Ruhestands zu informieren.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Die Zulassung der Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung auszusprechen (§ 124 VwGO).

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