Urteil vom Verwaltungsgericht Halle (6. Kammer) - 6 A 122/16
Tatbestand
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Die 1993 geborene Klägerin ist nach eigenen Angaben somalische Staatsangehörige islamischen Glaubens, Stammeszugehörige der Hawiye und reiste über Äthiopien, Sudan, Libyen und Italien, wo sie sich jeweils einige Monate aufhielt, im Januar 2015 in die Bundesrepublik ein.
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Dort stellte sie am 6. März 2015 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) in Halberstadt einen Asylantrag. Im Rahmen eines persönlichen Gespräches für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am gleichen Tag gab die Klägerin an, ihr Heimatland im Mai 2014 verlassen und auf ihrem Weg in die Bundesrepublik in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen und auch keine Fingerabdrücke abgegeben zu haben.
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Ein Datenabgleich ergab am 25. März 2015 einen EURODAC-Treffer bezüglich der Klägerin für Italien (IT2RG01179, IT1CT00UER). Daraufhin richtete das Bundesamt am 18. Mai 2015 ein Wiederaufnahmegesuch an die italienischen Behörden mit der Begründung, die EURODAC-Recherche zeige, dass die Klägerin am 19. August 2013 in Italien internationalen Schutz beantragt habe. Das Innenministerium lehnten das Übernahmeersuchen mit Schreiben vom 1. Juni 2015 ab, weil die Klägerin in Italien den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen habe und der Fall mit dem Abschluss des Asylverfahrens in Italien nicht mehr in ihren Zuständigkeitsbereich falle.
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Das Bundesamt leitete sodann das nationale Verfahren ein und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 2. September 2015 auf, binnen zwei Wochen schriftlich die Tatsachen vorzutragen, die bei einer Entscheidung zur Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots als schutzwürdige Belange zu berücksichtigen wären. In Beantwortung dessen schilderte die Klägerin in einem Schreiben vom 10. September 2015 die Gründe ihrer Flucht aus Somalia, aus denen sie dorthin auch nicht zurückkehren könne.
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Daraufhin lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Klägerin mit Bescheid vom 15. April 2016 als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheidtenors), forderte sie, auf die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. im Falle der Klageerhebung 30 Tage nach unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, und drohte ihr für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung nach Italien oder einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, wobei sie jedoch nicht nach Somalia abgeschoben werden dürfe (Ziffer 2). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde ausweislich des Bescheidtenors auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 3). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, die Klägerin könne aufgrund der Gewährung internationalen Schutzes im anderen Mitgliedstaat (Italien) keine weitere Schutzgewährung verlangen; ein erneutes Anerkennungsverfahren sei unzulässig, da § 60 Abs. 1 Satz 2 und 2 AufenthG die neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschließe. Der Asylantrag werde daher auch nicht materiell geprüft. Grundsätzlich ordne das Bundesamt gemäß § 34a AsylG die Abschiebung in den sicheren Drittstaat an; die Abschiebungsandrohung sei als demgegenüber milderes Mittel jedoch ebenfalls zulässig. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Vorliegend sei eine Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate angemessen, da Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung weder vorgetragen noch erkennbar seien.
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Die Klägerin hat nach Zustellung des Bescheides am 21. April 2016 am 25. April 2016 Klage erhoben und zugleich zum Aktenzeichen 6 B 121/16 HAL um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht, den sie am 10. Mai 2016 zurückgenommen hat, weil ihre Klage kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfaltet. Am 24. Juli 2016 wurde die Klägerin Mutter eines Sohnes, dessen Vater ebenfalls somalischer Staatsangehöriger ist und in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt hat, den das Bundesamt mit Bescheid vom 3. April 2017 unter Feststellung des Verbotes seiner Abschiebung nach Somalia abgelehnt hat.
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Die Klägerin trägt vor:
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Sie habe einen Anspruch auf Durchführung ihres Asylverfahrens in der Bundesrepublik, weil ein rechtsstaatliches Asylverfahren in Italien nicht gewährleistet sei. Das Schutzniveau, das die Qualifikationsrichtlinie, insbesondere deren Art. 28 und 31, festlege, könne dort ebenso wenig gewährleistet werden, wie ein richtlinienkonformes Asylverfahren nach der Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003. Ferner werde gegen die Aufnahmerichtlinie zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern verstoßen. Zudem habe das Bundesamt hinsichtlich des Vaters ihres Kindes ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AsylG festgestellt, so dass die familiäre Gemeinschaft nur im Bundesgebiet gelebt werden könne. Folglich sei zumindest die Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides aufzuheben.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
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den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. April 2016 aufzuheben,
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hilfsweise,
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die Beklagte zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot zu Ziffer 3 des Bescheides auf 0 Monate zu befristen.
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Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Gründe des angegriffenen Bescheides,
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die Klage abzuweisen.
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Er führt ergänzend aus:
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Dass die Klägerin zwischenzeitlich Mutter eines Kleinkindes ist, nehme keinen Einfluss auf die Entscheidung. In Italien existierten mehrere Unterbringungseinrichtungen. U.a. gebe es die staatlich finanzierte SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati), bei der die Unterbringung von Asylbewerbern und Schutzberechtigten für eine Dauer von etwa sechs bis zwölf Monaten überwiegend in Wohnungen und begleitet von Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen erfolge. Die Betroffenen erhielten ein regional variierendes Taschengeld von 1,50 € bis 2,50 € pro Tag. Die Unterbringungskapazität belaufe sich auf etwa 20.572 Plätze. Weiterhin gebe es Aufnahmezentren für Asylbewerber, deren Identität überprüft werden müsse (CARA). Dort könnten auch andere Asylbewerber untergebracht werden, die in den Zentren der SPRAR aus Kapazitätsgründen keine Unterkunft erhalten hätten. Eine Überstellung in Einrichtungen der SPRAR könne unter Berücksichtigung der Dringlichkeit – etwa für vulnerable Personen und Familien – und vorhandener Kapazität jederzeit erfolgen. Zudem gebe es weitere Notfallzentren und temporäre Unterbringungsmöglichkeiten für Bootsflüchtlinge sowie Identifikations- und Abschiebezentren für abgelehnte Asylbewerber, in denen Minderjährige und Familien mit Kindern in der Regel jedoch nicht untergebracht würden. Ferner gebe es kommunale und caritative Einrichtungen. Nach den italienischen Gesetzen sei bei der Unterbringung auf die spezifischen Bedürfnisse von vulnerablen Personen wie z.B. Kinder Rücksicht zu nehmen. Wenn ein Asylverfahren nach sechs Monaten nicht abgeschlossen sei, hätten Asylbewerber das Recht zu arbeiten und müssten im Fall der Erwerbstätigkeit zu den Kosten der Unterbringung beitragen. Sie müssten sich im jeweiligen lokalen Büro beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst anmelden und hätten dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsangehörige. Das Recht auf medizinische Versorgung bestehe ab der Registrierung des Asylantrages. Der Antragsteller erhalte eine Gesundheitskarte, mit der er kostenlose Arzt-, Hausbesuche, Rezepte und Familienbetreuung in Anspruch nehmen könne; auch seien kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäuser abgedeckt. Während der ersten sechs Monate des Aufenthaltes müssten die Antragsteller keine Praxisgebühr leisten; danach werde diese von denjenigen erhoben, die sich nicht offiziell arbeitslos meldeten. Erforderlich sei grundsätzlich eine Wohnsitzmeldung, anderenfalls bleibe der Zugang zum Gesundheitsdienst verwehrt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Kammer kann durch den Einzelrichter ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben, vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -.
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Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben und hinsichtlich des Hauptantrages auch als Anfechtungsklage statthaft. Denn soweit die Klägerin die Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik erreichen will, hat sie ihr Begehren zutreffend nicht mit einem auf Zuerkennung eines entsprechenden Schutzstatus gerichteten Verpflichtungsantrag verknüpft. Denn die Trennung der Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung und zur materiellen Prüfung des Asylbegehrens darf nicht dadurch umgangen werden, dass das Verwaltungsgericht im Fall der Aufhebung der Zuständigkeitsentscheidung sogleich im Rahmen einer Verpflichtungsklage über die Begründetheit des Asylantrags entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 – 1 C 24/15 -, zit. nach juris Rdn. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. März 2016 – 13 A 1657/15.A -, zit. nach juris Rdn. 22; VG Aachen, Urteil vom 23. November 2016 - 8 K 1929/15.A -, zit. nach juris Rdn. 19f.). Auch hinsichtlich des erstrebten Unterbleibens einer Abschiebung nach Italien stellt die Klägerin zu Recht einen Anfechtungsantrag. Denn auch dieses Klageziel würde bereits durch die Aufhebung der Italien betreffenden Abschiebungsandrohung erreicht, ohne dass eine Verpflichtung der Beklagten zur ausdrücklichen Feststellung von Abschiebungshindernissen hinsichtlich dieses Zielstaats erforderlich wäre.
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Die Klage ist aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Maßgeblich ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes – AsylG - die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
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Soweit sie sich gegen den Ausspruch zu Ziffer 1 des Bescheides richtet, ist die Klage unbegründet. Denn insoweit erweist sich der angefochtene Bescheid vom 15. April 2016 als rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Bundesamt hat ihren in der Bundesrepublik gestellten Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt.
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Diese Entscheidung entspricht den Vorgaben des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung vom 31. Juli 2016 (BGBl. I 1939), wonach ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Dies ist vorliegend der Fall. Denn wie sich dem für die Klägerin erzielten EURODAC-Treffer folgern lässt und auch von den italienischen Behörden ausdrücklich im Schreiben vom 1. Juni 2015 bestätigt wurde, ist der Klägerin vor ihrer Einreise in die Bundesrepublik in Italien internationaler Schutz gewährt worden. Die Frage, ob nach der Zuerkennung in einem anderen Mitgliedstaat in zulässiger Weise ein Antrag auf Gewährung eines umfassenderen Schutzstatus im Wege der "Aufstockung" beantragt werden könnte, stellt sich vorliegend nicht (vgl. dazu VG Lüneburg, Urteil vom 8. Februar 2017 – 8 A 137/16 -, zit. nach juris mwN.). Denn der Klägerin ist in Italien nicht nur subsidiärer Schutz gewährt, sondern die Flüchtlingseigenschaft ("refugee status" bzw. "l´etat de réfugié") zuerkannt worden.
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Die Klage ist jedoch begründet, soweit sich die Klägerin gegen die in Ziffer 2 des Bescheidtenors verfügte Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Italien wendet.
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Als Rechtsgrundlage der Abschiebungsandrohung kommt allein § 35 AsylG, ebenfalls in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung, in Betracht. Danach droht das Bundesamt in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war. Der von der Beklagtenseite in der Bescheidbegründung herangezogene § 34a AsylG (a.F.) scheidet insoweit aus, da dieser unter bestimmten Voraussetzungen die Abschiebungsanordnung vorsieht und kein Ermessen dahingehend einräumt, eine Abschiebungsandrohung als demgegenüber vermeintlich milderes Mittel auszusprechen. Die Abschiebungsandrohung stellt überdies weder ein Minus noch ein milderes Mittel gegenüber der Abschiebungsanordnung dar (vgl. dazu VG Halle, Urteil vom 18. Mai 2016 – 5 A 109/16 HAL -, Bl. 7ff. d.UA mwN., und vom 13. März 2017 – 6 A 130/16 HAL -). Infolge der nach Erlass des angegriffenen Bescheides erfolgten Änderung des § 35 AsylG bedarf die Frage, ob die Abschiebungsandrohung aufgrund dessen nach der vor dem 6. August 2016 geltenden Rechtslage aufzuheben gewesen wäre, keiner abschließenden Entscheidung. Denn maßgeblich ist – wie dargelegt – allein das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht.
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Gleichwohl erweist sich die Abschiebungsandrohung als rechtswidrig, weil im konkreten Fall – jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt - das Bestehen eines Abschiebungsverbotes in Bezug auf den in der Verfügung zu Ziffer 2. des Bescheides benannten Staat Italien anzunehmen ist. Das Bundesamt selbst hat in seiner Entscheidung keine Feststellungen über das (Nicht-)Vorliegen zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote getroffen (vgl. dazu auch § 31 Abs. 3, Satz 1, Alt. 2 AsylG). Die Beklagte hat sich aber im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens anlässlich der Mitteilung über die Geburt des Sohnes der Klägerin am 24. Juli 2016 dahingehend geäußert, dass sich daraus im Hinblick auf die in Italien "grundsätzlich existierenden" Unterbringungseinrichtungen keine abweichende Entscheidung ergebe.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sich die Klägerin zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch auf das Bestehen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG berufen. Denn ihr und ihrem Kind droht im Fall der Rückführung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK (§ 60 Abs. 5 AufenthG) bzw. eine sonstige konkrete Gefahr für Leib und Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG.
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Zwar gilt nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, zit. nach juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, zit. nach juris) grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EUV entspricht. Diese ist auch nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An eine Widerlegung der Vermutung sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, zit. nach juris). Ausgehend von diesen Maßstäben, die für anerkannt Schutzberechtigte entsprechend gelten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Mai 2017 – 2 BvR 157/17 -, zit. nach juris), und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist gegenwärtig nicht davon auszugehen, dass Asylantragsteller ohne eine besondere Schutzbedürftigkeit in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. etwa VG Minden, Urteil vom 27. Januar 2016 – 10 K 1613/14.A –, zit. nach juris; OVG NW, Beschluss vom 26. Mai 2015 – 19 A 581/14.A – und Urteil vom 7. Juli 2016 – 13 A 2132/15A -, jew. Zit. nach juris; BayVGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 – juris; BW, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 –, zit. nach juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. November 2013 – 4 L 44/13 -, zit. nach juris). Die Kammer schließt sich dieser Auffassung unter Verweis auf die dortigen Erkenntnismittel an (vgl. auch VG Halle, Beschluss vom 30. Mai 2016 – 5 B 312/16 HAL -, Bl. 6 f. d.BA, und Beschlüsse der Kammer vom 21. März 2016 - 6 B 89/16 HAL -, Bl. 5 ff. d.BA und vom 19. Oktober 2016 – 6 A 109/16 HAL -, Bl. 6. f. dBA.).
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Allerdings besteht vorliegend ein solcher Sonderfall. Denn die Klägerin gehört mit ihrem Kleinkind zu den in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte vom 4. November 2014 – Tarakhel./.Schweiz, Nr. 292217/12 – angeführten Kreis besonders schutzbedürftiger Personen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 (veröffentlicht in juris) festgestellt, dass aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen und des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen in Italien bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer bestehen und gerade bei der Rückführung in sichere Drittstaaten betroffene Ausländer – anders als bei einer Rückführung in ihr Heimatland – regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen können, so dass die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen hat (Rdn. 13). Angesichts der bei der Rückführung von Familien und Alleinerziehenden in Rede stehenden hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG iVm. Art. 8 EMRK und der bei der Durchführung von Überstellungen vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls hat das Bundesamt jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörde Italiens sicherzustellen, dass die Familie bei der Überführung eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete soziale Gefahren oder Gefahren für die Gesundheit für die in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen. Diese Wertung der sog. Tarakhel-Rechtsprechung des EuGH betreffend Italien ist auch auf Personen anzuwenden, die mit einem Schutzstatus – wie hier der Flüchtlingsanerkennung – nach Italien rücküberstellt werden sollen (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 11. August 2017 – AN 14 S 17.50857 -, zit. nach juris Rdn. 30 mwN.).
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Es lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten, die die dementsprechend notwendige einzelfallbezogene Zusicherung der italienischen Behörden nicht eingeholt hat, auch nicht feststellen, dass sich die tatsächliche Situation anerkannter Flüchtlinge in Italien seitdem derart nachhaltig verändert hätte, dass eine Abschiebung von Mutter und Kleinkind ohne eine solche zulässig wäre. Dies kann schon ihren eigenen Ausführungen zu den in Italien vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende und Flüchtlinge nicht entnommen werden. Die Aufzählung von Unterbringungsmöglichkeiten für abgelehnte Asylbewerber, deren Abschiebung vorbereitet werden soll, sowie die temporäre Unterbringung von Bootsflüchtlingen und die Behandlung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge trägt der Situation der Klägerin und ihres Kindes von vornherein nicht Rechnung, während die Angaben zu den Kapazitätsproblemen in den SPRAR-Zentren und der Überstellung aus den CARA-Zentren und den zur Dauerlösung gewordenen Notfallzentren vielmehr belegen, dass eine Verbesserung der Situation – insbesondere für den hier in Rede stehenden Personenkreis - gerade nicht verzeichnet werden kann. Diese Auffassung wird auch durch den UN-Menschenrechtsausschuss geteilt, derzufolge eine Rückführung von Familien bzw. Elternteilen mit Kleinkindern ohne eine einzelfallbezogene Zusage zu sozialer Unterstützung und medizinischer Versorgung ausscheidet, weil dies eine Verletzung des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt, IPbpR), konkret des in seinem Art. 7 enthaltenen Verbots unmenschlicher und erniedrigender Behandlung, darstelle. Die Erkenntnislage bestätige einen in Italien herrschenden Mangel an Unterkünften nicht nur für Asylsuchende, sondern insbesondere auch für Rückkehrende; diese seien häufig obdachlos und ohne Zugang zu sozialer Unterstützung und medizinischer Versorgung. Die individuelle Situation der Betroffenen könne dazu führen, dass die Aufnahmebedingungen bei besonderer Vulnerabilität unzumutbar seien. Während sich die Situation einer Familie mit älteren Kindern nicht wesentlich von derjenigen anderer in Italien schutzberechtigter Familien unterscheide und damit keine Rechtsverletzung gegeben sei, könne eine Rückführung von Kleinkindern nur unter der Bedingung für zulässig erklärt werden, dass Italien zusichere, die Familie entsprechend der Bedürfnisse der Kinder unterzubringen und zu versorgen (vgl. Entscheidung vom 28. Juli 2017, Beschwerde Nr. 2470/2014, Asylmagazin 12/2017 S. 447). Auch die Organisation Ärzte ohne Grenzen weist in ihrem jüngsten Bericht vom 8. Februar 2018 ("Out of sight" – Second edition, abrufbar unter www.ecoi.net) darauf hin, dass weiterhin ein chronischer Mangel an geeigneten Unterbringungsplätzen und begleitender Hilfen für eine soziale Inklusion bestehe. Dies habe dazu geführt, dass viele Migranten, die die Aufnahmezentren zum Ende ihre Asylverfahrens verlassen, gezwungen seien, in informellen Unterkünften, wie verlassenen Häusern, aufgegebenen Fabriken oder Lagerräumen, zu leben, in bestimmten Gegenden ohne Wasser, Elektrizität und Gas, oft in rattenverseuchten Gebäuden. Es gebe wenigstens 10.000 Obdachlose unter Inhabern und Bewerbern international und humanitären Schutzes mit begrenztem oder gar keinem Zugang zu Mitteln der Grundversorgung und medizinischer Betreuung. Dies dürfte vor allem dem Umstand geschuldet sein, auf den auch die Beklagte selbst in ihrer Klageerwiderung hinweist, nämlich dass der Zugang zum Gesundheitssystem in Italien von einer Wohnsitzmeldung abhängig ist.
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Soweit die Klägerin darüberhinaus einwendet, ihrer Abschiebung – und der ihres Sohnes - nach Italien stehe dauerhaft der Umstand entgegen, dass das Bundesamt im Hinblick auf den Vater ihres Kindes das Bestehen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG festgestellt hat, vermag dies allerdings kein zusätzliches Abschiebungshindernis in ihrer Person zu begründen. Denn das Abschiebungsverbot bezüglich des Kindesvaters wurde hinsichtlich ihrer beider Herkunftsstaat Somalia angenommen. Für diesen hat das Bundesamt aber auch in dem hier streitigen Bescheid ausdrücklich ein Abschiebungsverbot zugunsten der Klägerin ausgesprochen (s. Ziffer 2 des Bescheidtenors, letzter Halbsatz). Mit der Beibehaltung einer familiären Lebensgemeinschaft, die nur im Bundesgebiet gelebt werden könne, macht die Klägerin dagegen kein zielstaatsbezogenes – d.h. Italien betreffendes - Abschiebungshindernis geltend, sondern ein Inlandsbezogenes, das nicht im Asylverfahren, sondern nur gegenüber der Ausländerbehörde vorzutragen wäre.
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Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG ist dementsprechend ebenfalls rechtswidrig und daher aufzuheben. Überdies erweist sich die Befristung auch ungeachtet dessen als rechtswidrig, weil Tenor und Begründung dieses Teils des Bescheides erheblich voneinander abweichen und damit ein Verstoß gegen das Gebot der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit iSv. § 37 Abs. 1 VwVfG vorliegt. Denn während die Frist in Ziffer 3 des Bescheidtenors auf 30 Tage festgelegt wurde, geht die Begründung von einer Befristung auf 30 Monate aus. Diese Diskrepanz stellt weder einen bloßen (unbeachtlichen) Schreibfehler dar, noch lässt sie sich unproblematisch im Wege der Auslegung des Bescheides auflösen. Hinsichtlich der Erkennbarkeit des Regelungsgehaltes eines Bescheides ist nicht auf die subjektive Vorstellung der erlassenden Behörde abzustellen, sondern auf den objektiven Erklärungswert und –inhalt, wie er sich für den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben verstanden werden darf und muss. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (vgl. Kopp/Ramsauer, 8. Aufl. 2017, VwVfG, §7 Rdn. 5 -7). Der Kammer ist aus anderen asylrechtlichen Verfahren zwar bekannt, dass das Bundesamt in Fällen der vorliegenden Art zumeist eine Befristung auf 30 Monate vornimmt, falls keine Besonderheiten des Einzelfalls ersichtlich sind. Es kann aber nicht unterstellt werden, dass der Klägerin als Bescheidadressatin oder auch einem anderen Antragsteller in vergleichbarer Lage diese Praxis ohne weiteres geläufig ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 VwGO.
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Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtkostenfrei.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO -.
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