Beschluss vom Verwaltungsgericht Hamburg (25. Kammer) - 25 FL 53/21

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Antragsteller ist der Personalrat bei der vom Beteiligten geleiteten Dienststelle ... der Freien und Hansestadt Hamburg.

2

In Streit steht eine Mitbestimmung bei einem Unterlassen von Ausschreibungen im Zuge eines Ringtauschs wertgleicher Dienstposten.

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Zum 15. Januar 2021 wurde innerhalb A die B. vom Dienstposten C auf den seit 1. Oktober 2020 freien Dienstposten D umgesetzt. Die E, die vor ihrer Elternzeit den Dienstposten F bekleidet hatte, wurde zum 15. Januar 2021 auf den Dienstposten C gesetzt. Alle drei genannten Dienstposten sind nach der Besoldungsgruppe A 11 bewertet, der die beiden Beamtinnen zugeordnet sind. Die Beamtinnen haben jeweils ihr Einverständnis mit der Besetzung der Dienstposten erklärt und weiter damit, dass der Antragsteller lediglich informiert werde.

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Der Beteiligte informierte den Antragsteller über die Besetzung der Dienstposten, ohne ihn jedoch um Zustimmung zu ersuchen. Daraufhin wandte der Antragsteller sich mit anwaltlichem Schreiben seiner nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 5. Februar 2021 an den Beteiligten und machte ein Mitbestimmungsrecht nach § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG geltend.

5

Der Antragsteller beschloss am 31. März 2021 die Einleitung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass der Beteiligte die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers dadurch verletzt habe, dass er unter Rücknahme von Frau E. bei gleichzeitiger Umsetzung von Frau B. unter Verzicht auf die Ausschreibung beider Stellen durchgeführt habe, ohne dass der Antragsteller zuvor dem Verzicht auf die Ausschreibung zugestimmt habe, und dass der Verzicht auf die Ausschreibung in einem solchen Fall der Mitbestimmung des Antragstellers unterliege.

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Im Namen des Antragstellers haben die als Prozessbevollmächtigten auftretenden Rechtsanwälte am 27. Mai 2021 das Verwaltungsgericht Hamburg angerufen.

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Für den Antragsteller tragen sie vor, dessen Mitbestimmungsrecht habe der Beteiligte dadurch verletzt, dass er die gegenständlichen Stellen unter Verzicht auf deren vorherige Ausschreibung besetzt habe, ohne den Antragsteller bei diesem Verzicht zu beteiligen. Aus der Anordnung über Stellenmitteilungen und Stellenausschreibungen für die Beschäftigten der hamburgischen Verwaltung vom 16. August 2016 ergebe sich, dass alle freien und frei werdenden Stellen ausgeschrieben würden. Selbst aber, wenn man davon ausginge, dass ein Ausnahmetatbestand vorliege, der die Ausschreibung erübrige, sei dadurch das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht ausgeschlossen und bliebe in Gestalt einer Richtigkeitskontrolle. Fußnote 4 der älteren Fassung der Stellenanordnung vom 6. Januar 2009 stelle dies „klar“. Es handelt sich in der vorliegenden Fallkonstellation trotz der jeweiligen Bewertung mit A 11 nicht um eine Stellenbesetzung durch wertgleiche Umsetzung. Auslösendes Moment sei die Rückkehr aus der Elternzeit, die nicht auf die ursprünglich innegehabte Stelle erfolgt sei. Die fehlende Ausschreibungspflicht müsse als Ausschreibungsverzicht der Richtigkeitskontrolle unterworfen werden, damit die Ausnahme von der grundsätzlichen Ausschreibungspflicht nicht selbst zur Regel werde.

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Der Antragsteller beantragt durch seinen Vorsitzenden,

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festzustellen, dass der Beteiligte die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers dadurch verletzt hat, dass er, ohne die Stellen vorher auszuschreiben, die Beamtin E. nach Beendigung derer Elternzeit auf die Stelle C unterbrachte und zugleich die Beamtin B. von der Stelle C auf die Stelle D umsetzte, ohne zuvor die Zustimmung des Antragstellers zum Verzicht auf die Ausschreibungen einzuholen.

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Der Beteiligte beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Der Beteiligte bringt vor, die Stellenanordnung vom 8. Dezember 2020 sehe vom Grundsatz der Ausschreibung freier oder absehbar freiwerdender Stelle generelle Ausnahmen vor. Die in Frage stehenden Umsetzungen auf wertgleiche Stellen innerhalb der Dienststelle seien von vornherein nicht ausschreibungspflichtig.

II.

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Der Antrag ist zulässig (hierzu unter 1.), aber unbegründet (hierzu unter 2.).

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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er statthaft (hierzu unter a)) und von einem Personalratsbeschluss getragen (hierzu unter b)).

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a) Der Feststellungsantrag ist nach § 188 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 99 Abs. 2 HmbPersVG i.V.m. §§ 80 Abs. 2 Satz 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 459, 256 Abs. 1 ZPO statthaft. Das Feststellungsinteresse besteht fort. Die antragsgegenständlichen Besetzungen der Dienstposten D und C im A ohne Ausschreibung sind noch nicht erledigt und könnten rückgängig gemacht werden.

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b) Der Anrufung des Gerichts fehlt letztlich nicht ein zugrundeliegender Beschluss des Antragstellers. Zwar erfordert die Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens durch Prozessbevollmächtigte einen wirksamen Beschluss der Personalvertretung, der nur bis zum Abschluss der Instanz nachgeholt werden kann (BVerwG, Beschl. v. 19.12.1996, 6 P 10.94, PersR 1997, 309, juris Rn. 18, 23; OVG Hamburg, Beschl. v. 7.1.2021, 14 Bs 249/20.PVL, PersV 2021, 233, juris Rn. 16, 18). Doch hat der Antragsteller am 31. März 2021 die Einleitung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beschlossen. Eine Vertretung durch die Rechtsanwälte ist von diesem Beschluss allerdings zumindest nicht ausdrücklich erfasst, obgleich deren vorprozessuales Tätigwerden in der Personalvertretungsrechtssache es möglich erscheinen lässt, dass der Antragsteller eine solche Vertretung gewollt haben könnte. Indessen kann dies dahinstehen. Der Antragsteller ist wenigstens durch seinen Vorsitzenden, der in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt hat, wirksam vertreten worden.

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2. Der Antrag ist unbegründet. Die vom Antragsteller erstrebte Feststellung hat das Gericht nicht zu treffen. Der Beteiligte hat die Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nicht dadurch verletzt, dass er, ohne die Stellen vorher auszuschreiben, die Beamtin E. nach Beendigung derer Elternzeit auf die Stelle C unterbrachte und zugleich die Beamtin B. von der Stelle C auf die Stelle D umsetzte, ohne zuvor die Zustimmung des Antragstellers zum Verzicht auf die Ausschreibungen einzuholen.

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Ein Mitbestimmungsrecht müsste sich aus dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz ergeben. Der Mitbestimmung unterliegen nur die vom Gesetzgeber bestimmten Gegenstände (BVerwG, Beschl. v. 28.8.2008, 6 PB 19/08, Buchholz 251.92 § 66 SAPersVG Nr. 1, juris Rn. 21 m.w.N.). Eine abweichende Regelung ist nach § 3 HmbPersVG auch durch Tarifvertrag oder Dienstvereinbarung nicht möglich. Das Hamburgische Personalvertretungsrecht kennt zum einen die in den Katalogen der §§ 87 f. HmbPersVG enthaltenen besonderen Mitbestimmungstatstände, die hier jedoch weder hinsichtlich einer Umsetzung (hierzu unter a)) noch eines Verzichts auf Ausschreibung (hierzu unter b)) erfüllt sind. Ebenso wenig unterfällt der verfahrensgegenständliche Vorgang dem als modifizierte Allzuständigkeit umschriebenen allgemeinen gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand des § 80 Abs. 1 Satz 1 HmbPersVG (hierzu unter c)).

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a) Eine Umsetzung ist zwar begrifflich gegeben, aber keine die der Mitbestimmung unterliegt. Ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats an einer nach näherer Maßgabe des § 88 Abs. 1 Nr. 11 HmbPersVG unterfallenden Umsetzung setzt nach § 88 Abs. 4 Satz 3 HmbPersVG einen Antrag des Angehörigen des öffentlichen Dienstes voraus. Dessen ermangelt es, da die betroffenen Beamtinnen mit einer bloßen informatorischen Beteiligung des Antragstellers einverstanden gewesen sind.

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b) Ein Ausschreibungsverzicht, an den eine Mitbestimmung anknüpfen könnte, liegt bereits begrifflich nicht vor. Der Personalrat hat gemäß § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG mitzubestimmen bei einem Verzicht auf Ausschreibung von Stellen, die besetzt werden sollen. Dieser Mitbestimmungstatbestand ist nicht verwirklicht. Im Einzelnen.

21

Unter einer Ausschreibung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Beschl. v. 14.1.2010, 6 P 10/09, BVerwGE 136, 29, juris Rn. 12) die allgemeine Aufforderung zu verstehen, sich um eine freie Stelle zu bewerben. Sie richtet sich – wie im Falle der öffentlichen oder externen Ausschreibung – an einen unbestimmten Personenkreis oder – wie im Fall der dienststelleninternen Ausschreibung – an alle Beschäftigten der Dienststelle oder eine bestimmte Gruppe von ihnen. Nach den Mitbestimmungstatbeständen ist nicht jedes Unterlassen einer Ausschreibung oder teilweise Unterlassen durch Einschränkung des Adressatenkreises (BVerwG, Beschl. v. 29.9.2020, 5 P 7/19, juris Rn. 22) mitbestimmungsbedürftig, sondern nur ein Absehen von einer Ausschreibung bzw. ein Verzicht auf Ausschreibung. Dies setzt voraus, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden, wobei eine solche Übung einer grundsätzlichen Verpflichtung folgen kann, die sich aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ergibt, oder auf ständiger Verwaltungspraxis beruhen kann (für das Bundesrecht: BVerwG, Beschl. v. 14.1.2010, 6 P 10/09, BVerwGE 136, 29, juris Rn. 12 ff., vgl. auch Beschl. v. 29.9.2020, a.a.O., Rn. 22; für das Landesrecht: VG Hamburg, Beschl. v. 22.1.2021, 25 FL 47/17, juris Rn. 56; Beschl. v. 12.12.2018, 25 FL 216/18, juris Rn. 50).

22

Mit der obergerichtlichen Rechtsprechung sind dabei Sinn und Zweck der Mitbestimmung des Personalrats bei einem Verzicht auf Stellenausschreibung (OVG Hamburg, Beschl. v. 24.11.2020, 8 Bf 13/19.PVL, n.v. BA S. 23 f.) wie folgt zu fassen:

23

„Die Beteiligung des Personalrats im Zusammenhang mit der Stellenausschreibung und dem Verzicht hierauf rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass die Auswahl der Person, mit der eine freie Stelle besetzt wird, in der Regel das berufliche Fortkommen oder sonstige berufsbezogene Belange und Vorstellungen anderer in der Dienststelle Beschäftigter berührt und deswegen ein schutzwürdiges kollektives Interesse daran besteht, sicherzustellen, dass sich nach Möglichkeit jeder interessierte Beschäftigte an der Bewerberkonkurrenz beteiligen kann. Dieses Interesse ist besonders stark, wenn sich die Stellenbesetzung innerhalb der Dienststelle vollzieht. Die Frage, ob die zu besetzende Stelle dienststellenintern ausgeschrieben wird oder nicht, hat Gewicht. Denn darin, ob das geschieht, liegt die Entscheidung darüber, ob innerhalb der Dienststelle eine offene Bewerberkonkurrenz ermöglicht wird oder ob die Stelle auf andere Weise besetzt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.1.2010, 6 P 10.09, BVerwGE 136, 29, juris Rn. 23; Beschl. v. 9.1.2007, 6 P 6.06, PersR 2007, 213, juris Rn. 32).“

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Soweit nach der Verwaltungspraxis allgemein oder in einer bestimmten Fallgruppe ohnehin keine Ausschreibung stattfindet, fehlt es an einer positiven Entscheidung der Dienststelle gegen eine Ausschreibung. Das Fehlen einer Entscheidung der Dienststelle, abweichend von der keine Ausschreibung vorsehenden Verwaltungspraxis eine Ausschreibung vorzunehmen, ist als bloßes Unterlassen keine der Mitbestimmung unterliegende Maßnahme. Der Gesetzgeber hat gerade nicht jedwedes Unterlassen einer Ausschreibung der Mitbestimmung durch den Personalrat unterworfen, sondern nur die Abweichung von einer anderweitigen üblichen oder vorgeschriebenen Verwaltungspraxis.

25

Eine allgemeine Rechtspflicht zur Ausschreibung besteht nicht und kann auch nicht aus den personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungstatbeständen abgeleitet werden (BVerwG, Beschl. v. 14.1.2010, a.a.O., Rn. 12; VG Hamburg, Beschl. v. 22.1.2021, a.a.O., juris Rn. 56; Beschl. v. 12.12.2018, a.a.O., Rn. 52).

26

Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich die gegenwärtige Verwaltungsübung in der Dienststelle nicht an der aktuellen Stellenordnung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg vom 8. Dezember 2020 (Anordnung über Stellenmitteilungen und Stellenausschreibungen für die Beschäftigten der hamburgischen Verwaltung, Drs. 2020/2594) ausrichten würde. Als Innenrechtsakt vermag diese Verwaltungsvorschrift keine Rechtspflichten zu begründen, kann und muss aber mangels entgegenstehender Anhaltspunkte als Ausdruck der üblichen Praxis gesehen werden.

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Auszugsweise lautet die Stellenanordnung vom 8. Dezember 2020:

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„5. Stellenausschreibungen

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5.1. Freie oder absehbar freiwerdende Stellen sind grundsätzlich auszuschreiben (vgl. § 10 HmbBG). Keine Ausschreibungspflicht besteht für freie Stellen, die durch FHH-interne Umsetzung, Abordnung, Versetzung, Zuweisung oder andere personalrechtliche Maßnahmen jeweils wertgleich besetzt werden sollen.

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5.2 Über Ausschreibungsverzichte in Organisationen und für Funktionen die nicht in der Anlage 1 ‚Generelle Ausnahmen‘ enthalten sind, entscheidet [...].“

31

Die unter 5.1 zum Ausdruck gelangende Verwaltungspraxis differenziert nach Fallgruppen, in denen üblicherweise ausgeschrieben wird und solchen, in denen dies üblicherweise unterlassen wird. Grundregel ist zunächst (Satz 1), dass freie oder absehbar freiwerdende Stellen ausgeschrieben werden. Ausnahmeregel ist sodann (Satz 2), dass freie Stellen, die durch (bezogen auf die Freie und Hansestadt Hamburg) interne personalrechtliche Maßnahmen jeweils wertgleich besetzt werden sollen, nicht ausgeschrieben werden. Eine weitere Ausnahmeregel gilt für die „Generellen Ausnahmen“ nach Anlage 1.

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Die Möglichkeit von Ausnahmen im Einzelfall liegt außerhalb der in 5.1 angelegten Systematik von Grundregel und Ausnahmeregel. Für Ausnahmen im Einzelfall bestimmt 5.2 lediglich die Zuständigkeit, enthält aber keine differenzierenden inhaltlichen Maßgaben. Nur diese durch Einzelfallentscheidung zu treffenden „Ausnahmen von der Ausschreibungspflicht“ beschreiben einen der Mitbestimmung unterliegenden „Ausschreibungsverzicht“. Dieses Verständnis liegt ausweislich ihres Wortlauts auch 5.2 der aktuellen Stellenanordnung vom 8. Dezember 2020 zugrunde.

33

Die aktuelle Stellenanordnung vom 8. Dezember 2020 unterscheidet damit zwischen Ausnahmen als Regel für bestimmte Fallgruppen und Ausnahmen im Einzelfall ohne eine Bindung an bestimmte Fallgruppen. Diese Konzeption ist eine andere als die in der Stellenanordnung vom 6. Januar 2009, die unter Abschnitt IV Abs. 3 Fallgruppen von einer Ausschreibungspflicht ausgenommen und gleichwohl unter Fußnote 4 unter Bezugnahme auf die Vorgängerregelung zu § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG angenommen hat:

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„Diese Maßnahme unterliegt als Verzicht auf die Ausschreibung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG.“

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Die in der Fußnote geäußerte Rechtsauffassung dürfte der damaligen Rechtsprechung (BVerwG, Beschl. v. 8.3.1988, 6 P 32/85, BVerwGE 79, 101) folgen, dass die Verpflichtung der Dienststelle zur dienststelleninternen Ausschreibung von zu besetzenden Stellen ist im Grundsatz aus den entsprechenden Mitbestimmungstatbeständen der Personalvertretungsgesetze abzuleiten sei. Diese Rechtsprechung konnte jedoch, wie bereits ausgeführt, nicht länger aufrechterhalten werden (BVerwG, Beschl. v. 14.1.2010, a.a.O., Rn. 12). Ausgehend davon zu Recht verwendet die aktuelle Stellenanordnung vom 8. Dezember 2020 – ebenso wie bereits die vom Antragsteller in Bezug genommene Stellenanordnung vom 16. August 2016 unter Abschnitt VI – den Begriff des Ausschreibungsverzichts nur für eine Abweichung im Einzelfall von einer sonst der Verwaltungsübung entsprechenden Ausschreibung.

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Ausgehend davon ist der Mitbestimmungstatbestand des § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG nicht verwirklicht. Ein Verzicht auf Ausschreibung liegt nicht vor. Zwar hat es der Beteiligte unterlassen, die Dienstposten C und D auszuschreiben, bevor er sie zum 15. Januar 2021 besetzt hat. Doch beruht dieses Unterlassen nicht auf einem Verzicht auf Ausschreibung. Der Beteiligte ist nicht von einer vorgeschriebenen oder üblichen Verwaltungspraxis abgewichen.

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Der verfahrensgegenständliche Vorgang ist einer Fallgruppe der Verwaltungsübung zuzuordnen, die in der Ausnahmeregel unter 5.1 Satz 2 der Stellenanordnung vom 8. Dezember 2020 zum Ausdruck kommt. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregel sind erfüllt. Die beiden betroffenen Stellen wurden innerhalb des Personalstamms der Freie und Hansestadt Hamburg, mithin „FHH-intern“ besetzt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die aus der Elternzeit zurückkehrende Frau E., deren Dienstherrin die Freie und Hansestadt Hamburg ist. Die Stellen wurden im Fall der Frau B. durch Umsetzung, im Fall der aus der Elternzeit zurückkehrenden Frau E. durch beamtenrechtliche Verfügung als andere „personalrechtliche Maßnahme“ besetzt. Die Besetzung erfolgte entgegen den für den Antragsteller geäußerten Zweifeln auch „wertgleich“. Eine Wertgleichheit ist durch einen Vergleich der in der Vergangenheit eingenommenen mit den in der Zukunft einzunehmenden Dienstposten (bei Beamten) oder Arbeitsplätzen (bei Arbeitnehmern) festzustellen. Wertgleich sind Dienstposten oder Arbeitsplätze, wenn sie gleich bewertet werden, d.h. der gleichen Besoldungs- oder Entgeltgruppe zugeordnet werden. Eine fachliche Identität der Tätigkeiten wird nicht vorausgesetzt. Sinn und Zweck des Kriteriums der Wertgleichheit für die Ausnahmeregel unter 5.1 Satz 2 ist es, dass der Zuordnung einer höherwertigen als des bisher innegehabten Dienstpostens oder Arbeitsplatzes zumal wegen ihrer etwaigen Vorwirkungen für einen beruflichen Aufstieg eine Ausschreibung vorausgehen soll.

38

c) Das hamburgische Personalvertretungsrecht kennt ferner den eine modifizierte Allzuständigkeit begründenden allgemeinen Mitbestimmungstatbestand des § 80 Abs. 1 Satz 1 HmbPersVG, der hier aber ebenso wenig erfüllt ist.

39

Nach dieser Vorschrift bestimmt der Personalrat mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Angehörigen des öffentlichen Dienstes der Dienststelle insgesamt, Gruppen oder Einzelne von ihnen betreffen oder sich auf sie auswirken. Eine Maßnahme ist dabei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 HmbPersVG eine Handlung oder Entscheidung, durch die die Dienststelle in eigener Zuständigkeit eine Regelung trifft, die die Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht nur geringfügig berührt oder innerdienstliche Verhältnisse nicht nur unwesentlich und nicht nur kurzfristig verändert. Keine Maßnahme ist insbesondere in den in § 80 Abs. 2 Satz 2 HmbPersVG aufgezählten Fällen gegeben.

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Zur Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme vorliegt, ist wegen des Anwendungsvorrangs der spezielleren Norm zunächst zu prüfen, ob ein besonderer gesetzlicher Mitbestimmungstatbestand nach den Katalogen der §§ 87 f. HmbPersVG erfüllt ist. Ist – wie vorliegend (s.o. a) und b)) – kein Katalogtatbestand erfüllt, so konkurrieren zwei Regeln miteinander: Zum einen ist nach § 80 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 HmbPersVG zu prüfen, ob eine Maßnahme von ähnlichem Gewicht wie eine in den Katalogen genannte mitbestimmungspflichtige Maßnahme in Rede steht. Hier wird wie beim Analogieschluss oder bei der Regel eiusdem generis über den Wortlaut des Katalogtatbestands hinaus eine Mitbestimmungspflicht angenommen. Zum anderen ist eine etwaige Sperrwirkung nach § 80 Abs. 3 Satz 2 HmbPersVG zu prüfen. Danach sind die in §§ 87 f. HmbPersVG aufgeführten Sachverhalte abschließend geregelt. Der aufgeführte Sachverhalt i.S.d. § 80 Abs. 3 Satz 2 HmbPersVG muss weiter gezogen sein als der Katalogtatbestand. Denn in dem Fall, dass der Katalogtatbestand voll erfüllt ist, besteht bereits deshalb Mitbestimmungspflicht, so dass die Sperrwirkung nur im Vorfeld des Volltatbestands eingreifen kann. Darin kann ein Umkehrschluss oder eine Anwendung der Regel expressio unius est exclusio alterius gesehen werden. In der Gesetzesbegründung ist hierzu dargelegt, es sei „nicht ausschließlich der Wortlaut maßgeblich, sondern der Sinn und Zweck der Aufnahme in den Mitbestimmungskatalog“ (Bü.-Drs. 20/10838, S. 62).

41

Hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Vorgangs des Unterlassens einer Ausschreibung ermangelt es bereits einer Maßnahme, an die eine Mitbestimmung anknüpfen könnte.

42

Während bei einem Verzicht auf Ausschreibung i.S.d. § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG die Maßnahme der Dienststelle i.S.d. § 80 Abs. 2 Satz 1 HmbPersVG in der Einzelfallentscheidung zur Abweichung von der vorgeschriebenen oder üblichen Verwaltungspraxis gesehen werden kann, fehlt es an einer als Maßnahme zu qualifizierenden Entscheidung dann, wenn in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis die Ausschreibung unterlassen wird. In diesem Fall wird nicht nur die Ausschreibung unterlassen, sondern auch die Entscheidung zur Abweichung von der Verwaltungspraxis. Es fehlt bereits an einer Handlung oder Entscheidung der Dienststelle, wie sie der Maßnahmebegriff des § 80 Abs. 2 Satz 1 HmbPersVG aber voraussetzt. Es ist insbesondere keine Regelung durch die Dienststelle in eigener Zuständigkeit getroffen, die die Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht nur geringfügig berührt oder innerdienstliche Verhältnisse nicht nur unwesentlich und nicht nur kurzfristig verändert. Vielmehr hat der Beteiligte eine Handlung und Entscheidung gerade nicht vorgenommen und eben keine Änderung der Verhältnisse herbeigeführt, sondern schlicht keine Ausschreibung vorgenommen.

43

Im Hinblick auf das schlichte, in Übereinstimmung mit der Verwaltungsübung stehende Unterlassen einer Ausschreibung, greift auch kein durch einen besonderen Katalogtatbestand modifizierter Maßnahmebegriff wie bei der Eingruppierung von Tarifbeschäftigten. Bei dieser handelt es sich um die rechtliche Beurteilung der Dienststellenleitung, dass der Beschäftigte aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Vergütungsordnung zuzuordnen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.5.2012, 6 P 9/11, PersR 2012, 329, juris Rn. 11, m.w.N.). Der auf eine diesbezügliche Mitbeurteilung durch den Personalrat ausgerichtete Mitbestimmungstatbestand des § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG dient der nachvollziehenden Rechts- und Richtigkeitskontrolle durch den Personalrat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.3.2017, 5 PB 1/16, PersV 2017, 381, juris Rn. 5 m.w.N.; Beschl. v. 26.5.2015, 5 P 10/14, juris Rn. 17; OVG Hamburg, Beschl. v. 11.3.2021, 14 Bs 262/19.PVL, n.v.). Der Arbeitnehmer wird nicht eingruppiert, er ist eingruppiert („Tarifautomatik“). Die Entscheidung des Dienststellenleiters, den Arbeitnehmer einer bestimmter Entgeltgruppe zuzuordnen, ist daher nicht konstitutiver, sondern deklaratorischer Natur. Dennoch unterliegt die von der Dienststelle vorgenommenen Rechtsanwendung nach dem Willen des Gesetzgebers zumindest der Mitbeurteilung durch den Personalrat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.11.2011, 6 P 23/10, BVerwGE 141, 134, juris Rn. 13 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.11.2019, 18 LP 4/18, juris Rn. 30). Demgegenüber fehlt es im vorliegenden Zusammenhang an einem besonderen Mitbestimmungstatbestand, der nach dem Willen des Gesetzgebers einen Akt der Rechtsanwendung der Richtigkeitskontrolle des Personalrats unterwirft. Insbesondere wird in § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG nach dem Vorstehenden (s.o. b)) der positive, von einer anderweitigen Übung abweichende Verzicht auf Ausschreibung der Mitbestimmung durch Mitgestaltung unterworfen, nicht aber der bloße Vollzug einer nach der Verwaltungsübung ohnehin unterbleibenden Ausschreibung.

44

Überdies ist bei dem beschriebenen Vorgang keine durch Anwendung des allgemeinen Mitbestimmungstatbestands zu füllende Lücke erkennbar. Indem der hamburgische Gesetzgeber in § 88 Abs. 1 Nr. 25 HmbPersVG nicht jedes Unterlassen einer Ausschreibung, sondern nur eben den Verzicht auf Ausschreibung der Mitbestimmungspflicht unterworfen hat, hat er für den Sachverhalt Fehlen einer Ausschreibung eine abschließende Regelung getroffen. Ein bloßes Unterlassen ohne von der üblichen Praxis abweichende Einzelfallentscheidung zum Verzicht ist nach Wertung des Gesetzgebers mitbestimmungsfrei.

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