Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (6. Kammer) - 6 A 4856/02
Tenor
Das Verwaltungsgericht Hannover erklärt den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig und verweist den Rechtsstreit an das Amtsgericht B.
Gründe
I.
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Die Kläger, der Herausgeber sowie der verantwortliche Redakteur der „X. Nachrichten Niedersachsen und Bremen“ (Beilage zur Mitgliederzeitschrift „Der Y.“), haben am 01.10.2002 Klage gegen die in der Rechtsform einer GmbH organisierten Stadtwerke H. erhoben. Sie begehren unter Hinweis auf das Niedersächsische Pressegesetz Auskunft über die Höhe der Sitzungsgelder für die Mitglieder des Aufsichtsrates der Stadtwerke, insbesondere über eine Anhebung der Sitzungsgelder zum 01.01.2002. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass für ihr Begehren der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei, weil die beklagte Stadtwerke GmbH Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wahrnehme und sie sich mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand befinde.
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Die Beklagte hält den Verwaltungsrechtsweg für nicht gegeben, weil sie in der Rechtsform einer GmbH und damit einer juristischen Person des Privatrechts organisiert sei. Sie sei auch nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. Bei der Wahrnehmung ihrer Versorgungsaufgabe – zum Gegenstand des Unternehmens gehöre die Versorgung der Bevölkerung mit Gas, Wasser und Strom – handele sie ausschließlich auf der Grundlage des Privatrechts.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
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Das Verfahren ist nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 2 GVG an das AG B. zu verweisen. Der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten ist für das Begehren der Kläger nicht gegeben.
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Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich – rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Eine derartige Streitigkeit liegt hier nicht vor. Vielmehr handelt es sich um eine bürgerlichrechtliche Streitigkeit, über die nach § 13 GVG die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben.
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Der Annahme einer öffentlich – rechtlichen Streitigkeit steht im vorliegenden Fall entgegen, dass an dem Rechtsstreit ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt sind. Der BGH hat dazu im Beschluss vom 07.12.1999 (DVBl 2000, 557) u.a. ausgeführt:
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„Sind an einem streitigen Rechtsverhältnis ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt, so scheidet die Zuordnung des Rechtsstreits zum öffentlichen Recht grundsätzlich aus, es sei denn, eine Partei wäre durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit öffentlich – rechtlichen Handlungs- oder Entscheidungsbefugnissen ausgestattet und gegenüber der anderen Partei als beliehenes Unternehmen tätig geworden......“
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Diese mit Beschluss des BGH vom 31.10.2002 (NVwZ 2003, 506) bestätigte Rechtsauffassung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerwG (Beschl. v. 29.05.1990, NVwZ 1991, 59; Beschl. v. 06.03.1990, NVwZ 1990, 754, ebenso Gundel, Zur Durchsetzung des presserechtlichen Auskunftsanspruches gegen staatliche Eigengesellschaften in Privatrechtsform: Bestimmt der presserechtliche Behördenbegriff auch den Rechtsweg?, AfP 2001, 194). Auch die Kammer hat in ihrem Beschluss vom 31.05.2000 (6 B 2437/00) bereits darauf hingewiesen, dass der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten regelmäßig nicht eröffnet ist, wenn sich der aus dem Pressegesetz abgeleitete Informationsanspruch gegen eine vom Staat beauftragte juristische Person des Privatrechts richtet. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn die juristische Person des Privatrechts durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu öffentlich –rechtlichem Handeln ermächtigt worden sei.
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Die beklagte Stadtwerke GmbH ist nach ihrem Vorbringen nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. Sie sei insbesondere nicht berechtigt, einen Anschluss- und Benutzungszwang anzuordnen oder hoheitliche Maßnahmen zu deren Durchsetzung zu ergreifen. Die Kläger sind diesem Vorbringen nicht entgegen getreten. Die Kammer hat auch ansonsten keine Anhaltspunkte dafür, dass die beklagte Stadtwerke GmbH mit Hoheitsaufgaben beliehen worden ist.
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Die Kläger sind demgegenüber der Auffassung, die privatrechtliche Rechtsform der Beklagten sei unerheblich, weil sie mehrheitlich durch kommunale Körperschaften beherrscht werde. Auch das OVG Saarlouis hat in dem nicht veröffentlichten Beschluss vom 26.04.1996 (8 Y 5/96) entschieden, der Verwaltungsrechtsweg sei gegeben, wenn die Presse von einem in der Form einer GmbH organisiertem und sich mehrheitlich oder ausschließlich in öffentlichem Besitz befindlichem Unternehmen Auskunft begehrt. Das OVG hat zur Begründung ausgeführt, es werde der Sache nach um Inhalt und Ausmaß einer öffentlich – rechtlichen Verpflichtung gestritten (Wiedergabe der Beschlussbegründung bei Gundel, AfP 2001, 195). Die Kammer teilt diese Auffassung nicht.
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Das BVerwG (Beschl. v. 29.05.1990, NVwZ 1991, 59; Beschl. v. 06.03.1990, NVwZ 1990, 754) und der BGH (Beschl. vom 31.10.2002, NVwZ 2003, 506; Beschl. v. 07.12.1999, DVBl. 2000, 557) haben bereits übereinstimmend entschieden, dass für die Bestimmung des Rechtsweges nicht maßgebend ist, ob eine juristische Person des Privatrechts öffentliche Aufgaben wahrnimmt und ob sie von der öffentlichen Hand beherrscht wird. Ob und in welcher Form daraus öffentlich – rechtliche Bindungen abzuleiten sind, die die Rechtsmacht der juristischen Person des Privatrechts einschränken, ist von den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Zuständigkeit mitzuentscheiden. Daran ist schon aus Gründen einer eindeutigen und einfach handhabbaren Abgrenzung der Rechtswege festzuhalten. Ob an einem Rechtsstreit ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt sind und ob eines dieser Privatrechtssubjekte mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet ist, lässt sich relativ einfach feststellen. Ein Privatrechtssubjekt kann nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes mit hoheitlichen Befugnissen beliehen werden (BGH, Beschl. v. 07.12.1999, DVBl. 2000, 557; Brem.StGH, Urt. v. 15.01.2002, NVwZ 2003, 81). Demgegenüber lässt sich häufig nicht einfach feststellen, ob eine juristische Person des Privatrechts materiell öffentliche Aufgaben wahrnimmt und von Hoheitsträgern maßgeblich beherrscht wird. Da die beklagte Stadtwerke GmbH nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet ist, haben die ordentlichen Gerichte und nicht die Verwaltungsgerichte über das Auskunftsbegehren der Kläger zu entscheiden. Die ordentlichen Gerichte haben deshalb auch darüber zu entscheiden, ob die mehrheitlich von Hoheitsträgern beherrschte und der Daseinsvorsorge dienende beklagte Stadtwerke GmbH dem Auskunftsanspruch nach § 4 Abs. 1 Nds. Pressegesetz unterliegt (vgl. dazu OVG Saarlouis, Urt. v. 01.04.1998 – 8 R 27/96 – AfP 1998, 426; Gundel, AfP 2001, 194; Meier, Besteht ein Informationsrecht der Presse gemäß § 4 I PresseG NW auch gegenüber kommunalen Eigengesellschaften?, NZG 1999, 196).
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Die Kammer hat das AG I. für zuständig erachtet, weil die beklagte Gesellschaft ihren Sitz in B. hat (§ 17 Abs. 1 ZPO, § 2 des Gesellschaftsvertrages) und der Wert des Streitgegenstandes 5.000 Euro nicht überschreitet (§ 23 Nr. 1 GVG). Die Kammer hat mit Beschluss vom 26.02.1998 (6 A 4278/97) den Streit um einen presserechtlichen Auskunftsanspruch mit 8.000 DM (= 4090, 34 Euro) bewertet. Dass unter § 23 Nr. 1 GVG auch nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten fallen, ist allgemein anerkannt (Zöller, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 23 GVG Rn. 3; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., 2002, § 23 GVG Rn. 3)
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