Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (7. Kammer) - 7 A 1471/19

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Die Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte zu je 1/2. Seine eigenen außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 119,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Mit dem streitgegenständlichen Regelbescheid vom 10. Dezember 2018 setzte die Beklagte gegen den Kläger den Mitgliedsbeitrag in Höhe von 140,00 € fest. Nach Nr. 2) der Entscheidungsformel des Bescheides entfällt die Pflicht zur Leistung des festgesetzten Betrages, wenn innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Regelbescheides bei der Beklagten eine Selbsteinstufung des Klägers nach § 3 Abs. 2 der Beitragsordnung der Beklagten vom 20.6.2018 (Nds. MBl. S. 677) – BeitrO – eingeht. Diese Regelung ist ausdrücklich als „auflösende Bedingung“ gekennzeichnet. Der Bescheid ging dem Kläger nach seinen eigenen Angaben am 24. Dezember 2018 zu.

2

Der Kläger erhob einerseits fristgerecht Klage gegen den Regelbescheid. Andererseits gab er unter dem 22. Januar 2019 eine Selbsteinstufung ab, aufgrund derer die Beklagte den Mitgliedsbeitrag 2018 des Klägers mit einem Bescheid vom 13. Mai 2019 neu auf 21,00 € festsetzte.

3

Hierauf erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend mit schriftsätzlichen Erklärungen vom 15. und 27. Juni 2019 in der Hauptsache für erledigt

II.

4

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; zugleich entscheidet das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten.

5

Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens wie aus dem Entscheidungstenor ersichtlich aufzuteilen.

6

Zutreffend ist die Auffassung der Beklagten, dass es der Klageerhebung gegen den Regelbescheid nicht bedurft hätte, weil der Kläger parallel zur Klageerhebung die Selbsteinstufung über seine Einkünfte aus der Berufsausübung abgegeben und damit die auflösende Bedingung aus Nr. 2) der Entscheidungsformel des Regelbescheides vom 10. Dezember 2018 erfüllt hat, die zur antragsgemäßen Ermäßigung seines Mitgliedsbeitrages 2018 führte.

7

Fraglich ist jedoch andererseits, ob das System der von der Beklagten in ihrer Beitragsordnung geregelten Beitragsfestsetzung mit geltendem Recht vereinbar ist. Denn die Beklagte setzt gemäß § 2 Abs. 2 und 3 BeitrO durch Verwaltungsakt auflösend bedingt stets erst den Höchstbetrag fest, den das Kammermitglied dann in einem zweiten Schritt gemäß § 2 Abs. 4 BeitrO nach einer Selbsteinstufung auf der Grundlage seiner Einkünfte aus dem Pflegeberuf und einem in § 3 Abs. 4 BeitrO geregelten Hebesatz von 0,4 v.H. (für 2018 gilt die Übergangsregelung in § 10 Abs. 1 Satz 1 BeitrO) auf einen ermäßigten Beitrag oder durch Befreiung nach § 3 Abs. 3 BeitrO auf 0,00 € reduzieren kann. Es erfolgt quasi eine Beitragsfestsetzung auf Verdacht, die das Kammermitglied erst mit eigenem Tätigwerden mindern oder abwenden kann. Zugleich verzichtet die Kammer auf eine eigene Amtsermittlung im Vorfeld der zunächst erfolgenden Höchstbeitragsfestsetzung.

8

Die Beifügung einer auflösenden Bedingung zu einem Mitgliedsbeitragsbescheid der Beklagten findet im Fachrecht keine Rechtsgrundlage, weil das Kammergesetz für die Heilberufe in der Pflege vom 1.12.2016 (Nds. GVBl. S. 261) – PflegeKG – über die allgemeine Ermächtigung zum Erlass einer Beitragsordnung in den §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 15 Satz 1 Nr. 1 lit. d) PflegeKG hinaus für das konkrete Vorgehen der Höchstbeitragsfestsetzung mit auflösender Bedingung eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage nicht enthält. Die auflösende Bedingung zu einem belastenden Verwaltungsakt – wie vorliegend der Festsetzung einer jährlichen Beitragsleistung – ist zudem von § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 36 VwVfG nicht gedeckt. § 36 Abs. 1 VwVfG gilt nur für begünstigende Verwaltungsakte und § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nur für Ermessensverwaltungsakte, zu denen die Beitragsfestsetzung nicht gehört. Es spricht deshalb Einiges dafür, dass die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung nicht so vorgehen durfte, wie sie durch ihre Beitragsordnung geregelt hat, sondern erst gemäß § 24 VwVfG im Rahmen der Amtsermittlung zu einer Selbsteinstufung aufrufen muss, bevor sie erstmals den Mitgliedsbeitrag festsetzt.

9

Diese Frage kann jedoch nicht abschließend in einem Beschlussverfahren nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO geklärt werden. Vielmehr bedürfte es hierzu einer Kammerentscheidung im Hauptsacheverfahren, zu der es jedoch nicht kommen kann, weil das Verfahren vorliegend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist. Das Verfahren nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO dient nicht der Klärung schwieriger Rechtsfragen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 161 Rdnr. 15 mwN).

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Deshalb ist die Kostenentscheidung so zu treffen wie geschehen.

11

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Angefochten war lediglich die Differenz zwischen dem Regelbeitrag und dem aus der Selbsteinstufung resultierenden Mitgliedsbeitrag (140,00 € abzüglich 21,00 € = 119,00 €).

 


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