Beschluss vom Verwaltungsgericht Hannover (16. Kammer) - 16 A 1314/19

Tenor

Es wird festgestellt, dass eine Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zum Verzicht auf Stellenausschreibung unter solchen Umständen, wie sie anlässlich der Personalmaßnahme E. in 2018 vorgelegen haben, beachtlich ist.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller – der A. – begehrt die Feststellung der Beachtlichkeit einer verweigerten Zustimmung zu einem von der Beteiligten – der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Regionaldirektion – beabsichtigten Verzicht auf Ausschreibung.

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Die Beteiligte bat den Antragsteller am 9. Oktober 2018 unter Hinweis auf § 75 Abs. 1 Nr. 2 und § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG um Zustimmung zu einer Übertragung eines aus ihrer Sicht gleich bewerteten Dienstpostens einer Bereichsleiterin (Tätigkeitsebene II TV-BA; Hinzutritt der tätigkeitsabhängigen Funktionsstufe FS 1 für "Stärkung der Führungsfähigkeit") an die Beschäftigte E. mit Wirkung zum 1. April 2019 unter Verzicht auf eine Stellenausschreibung. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass der bisherige Dienstposteninhaber mit Ablauf des 31. März 2019 in den Ruhestand trete. Die Beschäftigte E. war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsstellenleiterin der Arbeitsagentur F. Die Maßnahme erfolgte im Rahmen der Entwicklungsplanung für die Beschäftigte E. "zur Erweiterung ihres operativen Erfahrungshorizontes".

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Die beantragte Zustimmung zum Ausschreibungsverzicht lehnte der Antragsteller unter dem 11. Oktober 2018 ab, nachdem er zuvor dem Personalrat der Arbeitsagentur F. Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte. Dieser positionierte sich dahingehend, dass es sich bei der Beschäftigten E. nicht um eine Statusbewerberin handele und einem Verzicht auf Stellenausschreibung nicht zugestimmt werden dürfe. Der Antragsteller vertrat zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung dieselbe Auffassung. Beide Tätigkeiten seien zwar nach der Tätigkeitsebene II bewertet, bei der Bereichsleiterin komme aber noch eine Funktionsstufe hinzu. Die Auffassung der Beteiligten zur Definition des Statusbewerbers treffe nur bei Beamten zu, denen die differenzierte Besoldung der durch Funktionsstufen unterschiedlich bewerteten Tätigkeiten nicht zugestanden werde. Die Annahme, dass es bei der Betrachtung der Wertigkeit von Tätigkeiten innerhalb einer Tätigkeitsebene auf Funktionsstufen nicht ankomme, sei bereits durch Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts widerlegt worden. Es handele sich deshalb um die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

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Die Beteiligte bat die Zentrale der D. unter dem 2. November 2018 um Zustimmung zur Umsetzung der geplanten Maßnahme. Die Zustimmungsverweigerung werde für unbeachtlich gehalten. Die Gründe des Antragstellers lägen offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes. Der Antragsteller akzeptiere nicht die von der Zentrale und dem Hauptpersonalrat vorgenommene Definition des Statusbewerberbegriffs, sondern nehme eine eigene Definition vor und verschließe sich damit offensichtlich besserer Erkenntnis. Eine sachwidrige Nutzung von Ermessensspielräumen sei nicht vorgetragen worden. Die Zentrale schloss sich dieser Auffassung unter dem 10. Dezember 2018 an und erteilte die erbetene Zustimmung zur Durchführung der Personalmaßnahme. Die Beschäftigte E. sei ohne Zweifel Statusbewerberin im Sinne des Abschnitts 1.2 des Handbuchs Personalrecht/Gremien. Auf die Funktionsstufe komme es nach der geltenden Weisungslage nicht an. Der Antragsteller nehme seinen Standpunkt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur zum Schein ein. Nur bei personalvertretungsrechtlicher Betrachtung stelle die Veränderung von Funktionsstufen die Übertragung einer höher oder niedriger bewerteten Tätigkeit dar. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2018 teilte die Beteiligte dem Antragsteller dies mit und kündigte die Umsetzung der geplanten Maßnahme an.

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Der Antragsteller hat auf der Grundlage eines Beschlusses vom 15./16. Januar 2019 am 11. März 2019 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Das Argument der Beteiligten, dass der Antragsteller dem Begriff des Statusbewerbers eine andere Bedeutung gebe, als von der Bundesagentur und dem Hauptpersonalrat festgelegt, greife zu kurz. Die Übertragung von Tätigkeiten, die zur Zahlung oder zum Fortfall von Funktionsstufen führten, sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter dem Gesichtspunkt der Übertragung einer höher bzw. niedriger zu bewertenden Tätigkeit oder der Eingruppierung mitbestimmungspflichtig. Diese Rechtsprechung werde durch die interne Definition des Begriffs des Statusbewerbers ignoriert bzw. konterkariert. Daran vermöge eine Übereinkunft zwischen Bundesagentur und Hauptpersonalrat nichts zu ändern. Es sei der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG einschlägig; es werde ein Verstoß gegen gerichtliche Entscheidungen geltend gemacht. Die Beteiligte übersehe, dass es ihr verwehrt sei, die Begründung einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen und die einzelnen Gründe auf ihre Richtigkeit zu untersuchen.

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Der Antragsteller, der ursprünglich eine konkrete Feststellung der Beachtlichkeit seiner Zustimmungsverweigerung begehrt hat, beantragt nunmehr,

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festzustellen, dass eine Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zum Verzicht auf Stellenausschreibung unter solchen Umständen, wie sie anlässlich der Personalmaßnahme E. in 2018 vorgelegen haben, beachtlich ist.

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Die Beteiligte beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Die Mitbestimmung des Personalrats sei darauf gerichtet, über die Einhaltung der von der Dienststellenseite selbst gesetzten Regeln zu wachen sowie darauf zu achten, dass verbleibende Ermessensspielräumen sachgerecht genutzt würden. Die Mitbestimmung des Antragstellers sei auf eine Richtigkeitskontrolle und auf eine sachgerechte Nutzung von Ermessensspielräumen beschränkt gewesen. Der Begriff des Statusbewerbers sei in Abschnitt 1.2 des Handbuchs Personalrecht/Gremien eindeutig definiert; gewährte Funktionsstufen hätten in diesem Zusammenhang außer Betracht zu bleiben. Der Antragsteller verschließe sich dieser Regelung und deren Anwendung sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung; er wolle die Ausnahmeregelung durch eigene engere Formulierungen ersetzen und damit eine weitreichendere Ausschreibungspflicht herbeiführen. Damit überschreite er die ihm zustehende Richtigkeitskontrolle. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Mitbestimmungspflicht i. S. d. § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG (a. F.) sei offensichtlich nicht relevant für den arbeits- bzw. tarifrechtlichen Begriff des Statusbewerbers i. S. v. Abschnitt 1.2 des Handbuchs Personalrecht/Gremien. Die gesamte Begründung des Antragstellers erschöpfe sich in der Erklärung, dass er davon ausgehe, dass es sich beim Hinzutreten einer Funktionsstufe um eine höher bewertete Tätigkeit i. S. d. § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG (a. F.) handele.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens des Antragstellers und der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

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Der Antrag hat Erfolg.

1.

13

Der Antrag ist in der abstrahierten Form zulässig. Hat sich ein konkretes Feststellungsbegehren erledigt, kann der Antragsteller einen vom konkreten Fall losgelösten abstrakten Feststellungsantrag zu den Rechtsfragen stellen, die hinter dem anlassgebenden Vorgang stehen, dem konkreten Vorgang zugrunde liegen oder durch den konkreten Anlass als entscheidungserheblich aufgeworfen werden; der abstrakte Feststellungsantrag muss sich auf künftige Sachverhalte beziehen, die in ihren Grundzügen dem Sachverhalt des anlassgebenden konkreten Vorgangs entsprechen und im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.11.2018 - 5 P 8/16 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 15.12.2016 - 5 P 9/15 -, juris Rn. 12; Beschl. v. 07.07.2008 - 6 P 13/07 -, juris Rn. 11). Es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Feststellung begehrt wird, dass an einer bestimmten, bereits abgeschlossenen Maßnahme ein Beteiligungsrecht bestanden hat, falls die Maßnahme im Zeitpunkt der Entscheidung keine Rechtswirkung mehr entfaltet. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen konkreten, anlassbezogenen Feststellungsantrag ist dagegen zu bejahen, wenn die fragliche Maßnahme zwar vollzogen wurde, aber fortwirkt und für die Zukunft rückgängig gemacht oder abgeändert werden kann; dies muss tatsächlich möglich und rechtlich zulässig sein (BVerwG, Beschl. v. 17.02.2010 - 6 PB 43/09 -, juris Rn. 8). Es kann dahinstehen, ob sich das in der ursprünglichen Antragstellung formulierte konkrete Feststellungsbegehren zwischenzeitlich erledigt hat. Der im Anhörungstermin formulierte abstrahierte Antrag ist jedenfalls hinreichend mit dem anlassgebenden Fall verknüpft und trägt zudem dem Umstand der bereits erfolgten Umsetzung der personellen Maßnahme Rechnung.

2.

14

Der Antrag ist auch begründet. Die Beteiligte hat die Zustimmungsverweigerung in dem Anlass gebenden Fall zu Unrecht als unbeachtlich zurückgewiesen, so dass sie auch in künftigen gleichgelagerten Fällen nicht in entsprechender Weise verfahren und eine Billigungsfiktion nach § 70 Abs. 3 Satz 4 BPersVG annehmen dürfte.

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a) Bei dem von der Beteiligten in der Personalangelegenheiten

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b) beabsichtigten Verzicht auf Stellenausschreibung, wie er der Zustimmungsbitte vom 9. Oktober 2018 zugrundelag, handelte es sich um ein mitbestimmungspflichtige Maßnahmen nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a. F. (jetzt § 78 Abs. 1 Nr. 12 BPersVG). Die Mitbestimmung beim Absehen von der Ausschreibung von Dienstposten setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass zu besetzende Stellen üblicherweise ausgeschrieben werden. Eine solche Übung kann einer grundsätzlichen Verpflichtung folgen, die sich aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften ergibt, oder auf ständiger Verwaltungspraxis beruhen. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausschreibung ist allerdings – entgegen früherer Rechtsprechung – nicht bereits aus § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a. F. selbst zu entnehmen (BVerwG, Beschl. v. 14.01.2010 - 6 P 10/09 -, juris Rn. 12 ff.) Die Kammer geht von einer solchen Üblichkeit aus, die sich bereits aus den verwaltungsinternen Regelungen der D. ergibt. Im "Handbuch Personalrecht/Gremien" (nachfolgend: HPG) ist eine grundsätzliche Ausschreibung aller bei der D. zu besetzenden Dienstposten vorgesehen (Nr. 1.2 "Ausschreibungsgrundsätze in der BA"). Abweichend davon kann nach Nr. 1.3 auf eine Dienstpostenausschreibung u. a. "bei Besetzung mit einer Statusbewerberin/einem Statusbewerber" verzichtet werden. Die Kammer hat in früheren Entscheidungen bereits angenommen, dass dieses Regel-Ausnahmeverhältnis den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a. F. eröffnet (Beschl. v. 04.04.2018 - 16 A 6318/16 -, n. v., Beschl. v. 13.02.2020 - 16 A 6255/17 -, n. v., unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 14.01.2010 - 6 P 10/09 -, juris). Dies entspricht auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung; das Bundesverwaltungsgericht führt zu seiner geänderten Rechtsprechung Folgendes aus (Beschl. v. 04.02.2014 - 6 PB 36/13 -, juris Rn. 5 - 8):

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"Die neuere, aktuelle Rechtsprechung ist einerseits enger, weil die Ausschreibungspflicht nunmehr eine im Ansatz offene Frage ist, welche anhand rechtserheblicher Vorgänge außerhalb des Personalvertretungsrechts zu beantworten ist. Sie ist andererseits weiter, weil bei festzustellender grundsätzlicher Ausschreibungspflicht bzw. Ausschreibungspraxis die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens unvermeidlich ist. […] Die Mitbestimmung greift unabhängig davon ein, ob die Nichtvornahme der Ausschreibung nach dem zugrunde zu legenden speziellen Regelwerk auf einer zwingenden Ausnahme beruht oder ins Ermessen des Dienststellenleiters gestellt ist."

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Die grundsätzliche Verpflichtung zur Ausschreibung ergibt sich vorliegend aus der internen Vorschrift Abschnitt 1.2 HPG, was zwischen Antragsteller und Beteiligter auch nicht streitig ist. Jede Entscheidung der Beteiligten, von der grundsätzlichen Ausschreibungspflicht abzuweichen, löst die Mitbestimmung des Antragstellers nach § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG aus. Gegenstand der Mitbestimmung ist jeweils die Frage, ob die Beteiligte sich auf einen Ausnahmetatbestand nach Abschnitt 1.3 HPG berufen kann. Die Mitbestimmung des Personalrats – welche die Personal- und Organisationshoheit des Dienstherrn nicht in verfassungsrechtlich bedenklicher Weise einschränkt – ist dabei darauf gerichtet, über die Einhaltung der von der Dienststellenseite selbst gesetzten Regeln zu wachen sowie darauf zu achten, dass verbleibende Ermessensspielräume sachgerecht genutzt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.01.2010 - 6 P 10/09 -, juris Rn. 25 f. zur Vorgängervorschrift Nr. 3 Abs. 2 HDA Abschnitt A 120).

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b) Die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers zu dem von der Beteiligten beabsichtigten Verzicht auf Ausschreibung stellt sich nicht als unbeachtlich dar, so dass die Maßnahme nicht nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. als gebilligt galt.

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aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist in Situationen, in denen der Personalrat bei einer Verweigerung der Zustimmung an den Versagungskatalog des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. (jetzt § 78 Abs. 5 BPersVG) gebunden ist, das gänzliche Fehlen einer Begründung mit einer solchen gleichzusetzen, aus der sich ersichtlich keiner der Verweigerungsgründe des Versagungskatalogs ergibt. Das Vorbringen des Personalrats muss es aus der Sicht eines sachkundigen Dritten zumindest als möglich erscheinen lassen, dass einer der dafür zugelassenen und in § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Eine Begründung, die offensichtlich auf keinen dieser Versagungsgründe gestützt ist, vermag hingegen nicht die Verpflichtung der Dienststelle auszulösen, das Beteiligungsverfahren durch Einleitung des Stufenverfahrens bzw. des Einigungsverfahrens fortzusetzen. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Äußerungsfrist als gebilligt. Die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen seitens des Personalrats kann dann, wenn sich daraus ersichtlich, d. h. von vorneherein und eindeutig, keiner der gesetzlich zugelassenen Verweigerungsgründe ergeben kann, deren Vorliegen also nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint, nicht anders behandelt werden als das gänzliche Fehlen einer Begründung. Mangels möglicher Zuordnung zu einem gesetzlichen Verweigerungsgrund ist nämlich auch in diesem Fall offensichtlich, dass sich der Personalrat auf die ihm gesetzlich zugebilligten Gründe nicht stützen kann. Dabei kann der Personalrat seine Zustimmungsverweigerung nicht nur mit dem Vortrag von Tatsachen, sondern auch mit der Darlegung einer Rechtsauffassung begründen. Es ist in beiden Fällen zu unterscheiden zwischen einer Zustimmungsverweigerung, die unbegründet ist, und einer solchen, die unbeachtlich ist, weil sie entweder (objektiv) das Vorliegen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes als nicht möglich erscheinen lässt ("Möglichkeitstheorie") oder aber aus sonstigen (subjektiven) Gründen rechtsmissbräuchlich ist, etwa weil der Personalrat sich von vorneherein besserer Erkenntnis verschließt oder aber seinen Standpunkt nur zum Schein einnimmt (vgl. grundlegend: BVerwG, Beschl. v. 07.12.1994 - 6 P 35/92 -, juris Rn. 27 ff.; aus der jüngeren Rechtsprechung etwa: BVerwG, Beschl. v. 31.01.2017 - 5 P 10/15 -, juris Rn. 32; Beschl. v. 03.03.2016 - 5 PB 31/15 -, juris Rn. 5). Es ist daher nicht möglich, bei der Frage des Eintritts der Zustimmungsfiktion schon eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen, ob Einwände des Personalrats gegen eine beabsichtigte Maßnahme letztlich inhaltlich überzeugen, oder nicht. Diese Entscheidung ist nämlich nach der Konzeption des Gesetzgebers dem Stufen- bzw. Einigungsverfahren vorbehalten.

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Ist der Personalrat an den Versagungskatalog des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. nicht gebunden – was hier der Fall war, weil es nicht um eine Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 oder § 76 Abs. 1 BPersVG a. F. ging –, kann der Personalrat die Zustimmung auch aus Gründen verweigern, die nicht im Versagungskatalog des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. genannt sind. Er ist aber dann bei seiner Argumentation keineswegs in der Weise völlig frei, dass eine beliebig begründete Zustimmungsverweigerung stets beachtlich wäre. Vielmehr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme unbeachtlich, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen. Lassen sich die von ihr angeführten Gründe offensichtlich keinem Mitbestimmungstatbestand zuordnen, so gibt die Personalvertretung zu erkennen, dass sie keine Regelung auf der Grundlage eines Mitbestimmungsrechts anstrebt, sondern die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Im Fall einer derart unbeachtlichen Zustimmungsverweigerung gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Stellungnahmefrist als gebilligt, und die Maßnahme kann durchgeführt werden. Der Dienststelle ist aber es verwehrt, die angegebene Begründung einer Schlüssigkeitsprüfung zu unterziehen und die einzelnen Gründe auf ihre Richtigkeit zu untersuchen (BVerwG, Beschl. vom 03.03.2016 - 5 PB 31/15 -, juris Rn. 5).

22

bb) Gemessen an diesen Maßstäben stellt sich die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers als beachtlich dar. Der Antragsteller bezog sich zur Zustimmungsverweigerung auf einen Verstoß gegen die geltenden Verwaltungsvorschriften, weil es sich nach seiner Auffassung schon nicht um die Besetzung eines Dienstpostens mit einer Statusbewerberin i. S. v. Abschnitt 1.3 Abs. 2 HPG handelt. Diese Rechtsauffassung wird unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausführlich begründet, nach welcher die Tätigkeitsübertragung an einen Arbeitnehmer bei der D., welche zur Zahlung einer erstmaligen, weiteren oder höher dotierten Funktionsstufe führt, der Mitbestimmung des Personalrats "bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit" gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG a. F. unterliegt. Zwar negiert die Begründung des Antragstellers zur Zustimmungsverweigerung der Sache nach die in einer Fußnote skizzierte Definition eines Statusbewerbers im Zusammenhang mit der Ausschreibung, denn dort heißt es (Fußnote 1 zu Abschnitt 1.3 Absatz 2 Unterpunkt 5 HPG):

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"Ein/e Statusbewerber/in ist eine Person, die bereits mindestens über das statusmäßige Amt hinsichtlich des vakanten Dienstpostens verfügt bzw. der bereits eine Tätigkeit der entsprechenden Tätigkeitsebene auf Dauer übertragen wurde. Gewährte Funktionsstufen bleiben in diesem Zusammenhang außer Betracht."

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Dies ist dem Antragsteller aber nicht verwehrt. Bei der Definition des Statusbewerbers wird letztlich fingiert, dass das statusmäßige Amt durch die Gewährung einer Funktionsstufe unberührt bleibt. Stellt der Antragsteller die Tragfähigkeit dieser Fiktion in Frage, wird zugleich das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ausnahme in Frage gestellt. Der Antragsteller macht mit beachtlichen Argumenten die rechtliche Fehlerhaftigkeit der "Fußnotendefinition" des Statusbewerbers in Bezug auf Arbeitnehmer geltend. Sowohl die Tatbestandvoraussetzungen als auch die Ermessensebene eines Ausnahmetatbestandes für den Verzicht auf Ausschreibung sind im Rahmen des § 75 Abs. 3 Nr. 14 BPersVG a. F. Gegenstand der bei der Mitbestimmung dem Personalrat zustehenden Richtigkeitskontrolle (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.01.2010 - 6 P 10/09 -, juris Rn. 22-24; Beschl. v. 04.05.2012 - 6 PB 1/12 -, juris Rn. 6 f.; Beschl. v. 04.02.2014 - 6 PB 36/13 -, juris Rn. 8). Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des maßgeblichen Ausnahmetatbestandes vorliegen oder nicht, betrifft nach Auffassung der Kammer die Frage der Begründetheit der Zustimmungsverweigerung, die Gegenstand des Nichteinigungsverfahrens ist bzw. gewesen wäre, nicht aber die Ebene der Beachtlichkeit derselben. Die vom Antragsteller gegebene Begründung kann nicht mit einer solchen gleichgesetzt werden, die überhaupt keine Gründe enthält. Es kann nicht die Rede davon sein, dass sich der Antragsteller besserer Erkenntnis verschließt, wenn er mit umfangreicher Begründung die im Handbuch Personalrecht/Gremien niedergelegte Rechtsauffassung der Beteiligten zum Begriff des Statusbewerbers als unzutreffend erachtet. Der Antragsteller ist nicht etwa darauf beschränkt, unter Hinnahme der vorgegebenen Definition – welche der Sache nach ihrerseits die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Funktionsstufen im Zusammenhang mit Ausschreibungen negiert – mögliche Ermessensfehler zu rügen. Damit würde der Zweck der Mitbestimmung beim Verzicht auf Stellenausschreibung unzulässig eingeengt. Die Beteiligte muss sich vor Augen halten, dass auch schon die Rüge beachtlich ist, dass aus Sicht des Antragstellers ein Ausnahmetatbestand nicht vorliegt. Ob der Antragsteller dabei auf die streitige Auslegung des Tatbestandes abhebt oder lediglich auf die Subsumtion unter Zugrundelegung eines unstreitigen Tatbestandes, ist unerheblich. Ob die Rüge letztlich inhaltlich überzeugt, ist im Einigungsverfahren zu klären, kann aber nicht zum Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens unter Annahme einer eingetretenen Zustimmungsfiktion führen. Damit würden die Anforderungen an eine beachtliche Zustimmungsverweigerung überspannt. Dieser Sichtweise kann nicht entgegengehalten werden, dass sie dem Antragsteller ermöglicht, inhaltlich andere Ausschreibungsregelungen zu erzwingen, als im Handbuch Personalrecht/Gremien als Ergebnis der Verhandlungen der Zentrale der D. und dem Hauptpersonalrat vorgesehen. Es geht nämlich nicht darum, bisher nicht übliche Ausschreibungen bei Statusbewerbern nunmehr als üblich zu deklarieren. Auch die Zugrundelegung der Definition der Beteiligten führt bei Besetzung eines Dienstpostens durch einen Statusbewerber nicht dazu, dass insoweit von vornherein die Üblichkeit der Ausschreibung zu verneinen wäre. Das, was üblich ist, beschreiben nämlich allein die Ausschreibungsgrundsätze in Abschnitt 1.2 HPG; die mitbestimmungspflichtigen Ausnahmen sind hingegen in Abschnitt 1.3 HPG geregelt. Um diese geht es; werden vom Antragsteller die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ausnahme in Abrede oder die Ermessenserwägungen in Frage gestellt und stellt sich diese Sichtweise als möglicherweise richtig dar, ist eine beachtliche Zustimmungsverweigerung gegeben.

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Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Beschlussverfahren ist frei von Gebühren und Auslagen des Gerichts. Eine Erstattung von Aufwendungen ist nicht vorgesehen.

 


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