1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29.09.2011 in der am 05.12.2011 ergänzten Fassung wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
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| Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung. |
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| Die Beigeladene ist Eigentümerin der Baugrundstücke Flst.Nr. 10677/1 in ... sowie einer Teilfläche des östlich angrenzenden Grundstücks Flst.Nr. 10677. Die Grundstücke wurden ihr aufgrund notariellen Kaufvertrags vom 30.03.2009 von der Antragsgegnerin zur Errichtung und zum Betrieb eines Krematoriums veräußert. Der Antragsteller ist Eigentümer des zu Wohnzwecken und gewerblich genutzten Grundstücks Flst.Nr. 10679 in ... Er stellt dort seit dem Jahr 2008 Honigwein (Met) her und füllt Schnaps ab. Inzwischen wurde die Produktion zur Apfelsaftherstellung erweitert. Im Rahmen des Produktionsprozesses werden u.a. Früchte angeliefert, gebrannt, abgepresst, pasteurisiert und abgefüllt. Das Grundstück Flst.Nr. 10679 liegt westlich des Baugrundstücks. Zwischen den Baugrundstücken und dem Grundstück des Antragstellers verläuft eine Straße, die u.a. auch zum südlich gelegenen ca. 60 m entfernten Friedhof von ... führt. Das östlich an die Baugrundstücke angrenzende Grundstück ist noch unbebaut. Die genannten Grundstücke liegen sämtlich im Geltungsbereich des am 03.05.2002 in Kraft getretenen Bebauungsplans „...“, der das ca. 16 ha große Plangebiet als eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) ausweist. Nach seinen schriftlichen Festsetzungen unter Ziffer 1.1 sind im gesamten Plangebiet Lagerhäuser, Lagerplätze, Speditionsbetriebe aller Art, Tankstellen, Anlagen für sportliche, kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sowie Vergnügungsstätten und Handelsbetriebe jeglicher Art nicht zulässig. Das Plangebiet liegt nördlich des Friedhofs des Ortsteils ..., östlich der L ... und südlich der Autobahn BAB ... bzw. der Autobahnanschlussstelle ... für die Bundesstraße B ... und der Landesstraße L ... Die Baugrundstücke liegen an der südlichen Grenze des Plangebiets. Aus der Begründung des Bebauungsplans ergibt sich, dass die Ausweisung eines eingeschränkten Gewerbegebiets aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse erfolgte. |
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| Am 28.11.2006 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Umsiedlungs- und Erweiterungswunsch des Betreibers ... eines Speditionsbetriebs den ursprünglich auf den südwestlichen Teil des Plangebiets bezogenen Aufstellungsbeschluss zur 1. Änderung des Bebauungsplans „...“, der sich noch jetzt im Verfahren befindet. Danach sollen etwa 9,8 ha des Plangebiets als Gewerbegebiet und etwa 1,2 ha als eingeschränktes Gewerbegebiet insbesondere dort festgesetzt werden, wo die Deckschichtenmächtigkeit geringer als 2 m ist. Speditionen und Anlagen für kirchliche, soziale und kulturelle Zwecke sollen nicht mehr ausgeschlossen sein. |
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| Mit Bescheid vom 18.03.2009 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen, die seit Mitte 2008 Interesse an der Ansiedlung eines Krematoriums im Baugebiet „...“ bekundet hatte, eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums auf den oben genannten Baugrundstücken unter Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von der Art der baulichen Nutzung zur Errichtung einer Anlage für kulturelle Zwecke. Gleichzeitig erteilte sie auch die Genehmigung zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage nach § 17 Bestattungsgesetz. Unter dem 18.12.2008 hatte die Antragsgegnerin der Beigeladenen ihre Bedenken im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens schriftlich mitgeteilt und auf die Notwendigkeit einer Änderung der planungsrechtlichen Festsetzungen hingewiesen. Auf den Aktenvermerk des Bauverwaltungsamts der Antragsgegnerin vom 20.01.2009 sowie die verwaltungsinterne Stellungnahme des Bauverwaltungsamts vom 18.03.2009 zur Erteilung der Befreiung wird ergänzend Bezug genommen. Danach sollte zunächst „im Zuge der wegen der Spedition ... eingeleiteten Bebauungsplanänderung ... 1. Änderung ein Krematorium ebenfalls zugelassen werden“. Die Beigeladene hat im Jahr 2009 nach Baufreigabe durch die Antragsgegnerin mit dem Bau des Krematoriums auf dem oben genannten Baugrundstück begonnen und den Rohbau errichtet. Am 23.06.2009 wurde der Beigeladenen von der Antragsgegnerin eine Änderungs-/Nachtragsbaugenehmigung erteilt, nach der der bis dahin zur Nutzung als Abschiedsraum genehmigte Raum als Besprechungsraum genehmigt wurde. Mit rechtskräftigem Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23.06.2009 (1 K 1111/09) wurde die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers angeordnet. Das Regierungspräsidium Karlsruhe forderte daraufhin die Antragsgegnerin unter dem 03.07.2009 auf, die Baugenehmigung wegen der Verletzung nachbarschützender Vorschriften des Bauplanungsrechts aufzuheben. Mit Abhilfebescheid vom 22.09.2009 hob die Antragsgegnerin die Baugenehmigung vom 18.03.2009 einschließlich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23.06.2009 auf. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage der Beigeladenen wurde durch seit 01.07.2011 rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2011 (5 K 2976/09) abgewiesen. |
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| Am 03.11.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung (Änderung) des Bebauungsplans für den Bereich .../Teilflächen - 2. Änderung des Bebauungsplans. Ziel ist im Wesentlichen die Änderung der Ausweisung des Teilbereichs, der lediglich die Baugrundstücke umfasst, als bislang eingeschränktes Gewerbegebiet in ein sonstiges Sondergebiet (Feuerbestattungsanlage). Am 24.01.2011 unterzeichnete die Beigeladene einen städtebaulichen Vertrag mit der Antragsgegnerin, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Danach soll neben immissionsschutzrechtlichen Regelungen u.a. die Beigeladene auf dem Baugrundstück eine blickdichte Einfriedigung in einer Höhe von mindestens 2 m errichten. An Sonn- und Feiertagen sowie nach 21.00 Uhr und vor 6.00 Uhr sollen keine Kremierungen vorgenommen werden. Die Beigeladene erklärt sich u.a. mit der Aufnahme entsprechender Nebenbestimmungen in der dazu erteilten Baugenehmigung einverstanden. Außerdem verpflichtet sie sich zur Bewilligung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Antragsgegnerin, um die in § 1 des städtebaulichen Vertrags genannten Voraussetzungen beim Betrieb eines Krematoriums einzuhalten. |
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| Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 12.04.2011 den Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ und die Satzung über örtliche Bauvorschriften für den Bereich „..., 2. Änderung“. Dieser Bebauungsplan und die Satzung über die örtlichen Bauvorschriften traten am 01.09.2011 in Kraft. Der Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ beschränkt sich auf die Ausweisung des Grundstücks Flst.Nr. 10677/1 sowie eines Teilbereichs des Grundstücks Flst.Nr. 10677 als sonstiges Sondergebiet (SO) Feuerbestattungsanlage (Krematorium) nebst Festsetzung der Grundflächenzahl 0,6 und der Geschossflächenzahl 1,2. Die maximale Gebäudehöhe darf durch den Kamin der Anlage bis zu einer maximalen Höhe von 214,4 m ü. NN (19 m ü. EGFH) überschritten werden. Weiter heißt es in dem Bebauungsplan: Alle Festsetzungen des rechtsgültigen Bebauungsplans „...“ gelten auch im Bereich der Teiländerung „..., 2. Änderung“ fort, wenn sie nicht durch die nachfolgenden Festsetzungen (etwa Festsetzung einer Baugrenze sowie Pflanzgebot) geändert werden. Insoweit wird auf den Bebauungsplan Bezug genommen. Nach der Satzung über örtliche Bauvorschriften, hinsichtlich deren Inhalts im Übrigen auf die Akten Bezug genommen wird, sind im sonstigen Sondergebiet Einfriedigungen bis zu einer Höhe von 2,50 m zulässig. Auf dem Grundstück ist eine blickdichte Einfriedigung in einer Höhe von mindestens 2 m zu errichten, die gewährleistet, dass Sichtbeziehungen von und zu solchen Teilen des Betriebsgrundstücks nicht möglich sind, die Freiflächen oder solche, durch Fenster einsehbare Räume beinhalten, in denen die Kremierung selbst oder die Andienung stattfindet oder die zum Aufenthalt von Angehörigen der Verstorbenen zu dienen bestimmt sind. (….) |
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| Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin wegen der Gültigkeit des Bebauungsplans „... (Teilflächen) - 2. Änderung - Sondergebiet Feuerbestattungsanlage“ vom 29.08.2011 am 07.10.2011 beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einen Normenkontrollantrag gestellt (3 S 2749/11). Eine Entscheidung liegt noch nicht vor. |
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| Am 28.01.2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer Feuerbestattungsanlage auf dem Baugrundstück. In den Bauvorlagen wurde als gewerbliche Tätigkeit/Branche angegeben: „Einäscherungen im Verbrennungstrakt, Büro- und Aufenthaltsräume im Verwaltungstrakt“. Nach den beigefügten Bauvorlagen war u.a. im Erdgeschoss ein Besprechungsraum von 16,98 m² Fläche ausgewiesen. Ferner ist ein Stahlschornstein von 19 m ü. EFH vorgesehen. Die Antragsgegnerin leitete mit Schreiben vom 14.02.2011 gegenüber dem Antragsteller das Angrenzerbenachrichtigungsverfahren ein. Am 28.02.2011 wurde von der Beigeladenen ein geänderter Plan Erdgeschoss vorgelegt. Danach ist der bisherige Besprechungsraum als Abschiedsraum ausgewiesen. Mit Schreiben vom 16.03.2011 ließ der Antragsteller seine Einwendungen gegen das Bauvorhaben umfassend vortragen. Auf dieses Schreiben wird Bezug genommen. Unter dem 29.09.2011 wurde der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Krematoriums mit einem Abschiedsraum erteilt. Zugleich wurden die Einwendungen des Antragstellers zurückgewiesen. Dieser erhob am 21.10.2011 Widerspruch. Mit Bescheid vom 05.12.2011 ergänzte die Antragsgegnerin die Baugenehmigung vom 29.09.2011 um Nebenbestimmungen, deren Inhalte in dem zwischen diesen Beteiligten geschlossenen städtebaulichen Vertrag vom 05.04.2011 vorgesehen sind. Diese betreffen die zu errichtende Einfriedigung von mindestens 2 m, die Betriebszeiten der Feuerbestattungsanlage, die Vorlage von Messberichten über die kontinuierliche Emissionsmessung sowie den Austausch des Wärmetauschers jeweils nach 500 Einäscherungen. Im einzelnen wird auf den Inhalt des Bescheids vom 05.12.2011 Bezug genommen. Die Beigeladene verzichtete auf Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 05.12.2011. Der Antragsteller erhob hiergegen mit Schreiben vom 03.01.2012 Widerspruch. |
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| Am 11.11.2011 suchte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Karlsruhe um vorläufigen Rechtsschutz nach. |
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| Der Antragsteller beantragt, |
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| die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen unter dem 29.09.2011 erteilte und am 05.12.2011 ergänzte Baugenehmigung der Antragsgegnerin anzuordnen. |
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| Zur Begründung führt er aus: An der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung bestünden ernstliche Zweifel. Die Genehmigung des Krematoriums verstoße gegen Vorschriften, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt seien. Das genehmigte Krematorium verstoße aller Voraussicht nach gegen die für das Baugrundstück maßgebliche Art der baulichen Nutzung. Die Bebauungsplanänderung zur Art der baulichen Nutzung sei nämlich unwirksam. Sie sei bereits formell fehlerhaft. Die Bekanntmachung des Bebauungsplans sei vor dessen Ausfertigung erfolgt. Wesentliche Unterlagen für die Entscheidung, ob die Bebauungsplanänderung als Satzung beschlossen werde, seien erst in der Gemeinderatssitzung am 12.04.2011 den Gemeinderäten überreicht worden. Es lägen Fehler bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials vor. So sei etwa das Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des bestehenden Zustandes nicht ordnungsgemäß ermittelt und bewertet worden. Es fehle vor allem an einer ordnungsgemäßen Ermittlung und Bewertung der mit der Ansiedlung eines Krematoriums verbundenen Immissionen, u.a. der Verkehrsimmissionen und der sonstigen mit dem Verkehr verbundenen Nachteile. Zusätzlicher Verkehr entstünde nicht nur bei der An- und Ablieferung von Leichen und Urnen, sondern gerade auch durch die Angehörigen und sonstigen Besucher, welche der jeweiligen Verbrennung beiwohnen. Angeblich rechne die Betreiberin mit rd. 4.000 Verbrennungen pro Jahr. Der städtebauliche Vertrag lasse jedoch einen werktäglichen Betrieb mit jährlich 8.760 Betriebsstunden zu, was tatsächlich rund 7.000 Kremierungen ermögliche. Die vorstehend genannten Fehler seien nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB auch beachtlich. Darüber hinaus bestünden ernstliche Zweifel, ob die Änderung des Bebauungsplans für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung auf der Gemarkung der Antragsgegnerin überhaupt erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sei. Ein städtebaulicher Grund lasse sich der Bebauungsplanbegründung nicht entnehmen. Dort werde lediglich ausgeführt, dass sich ein Betreiber einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium), die aus dem Einzugsgebiet mit rd. 4.000 Verbrennungen pro Jahr rechne, für den Standort entschieden habe (Ordner VIII, Nr. 7, Begründung zum Bebauungsplan, Seite 1 und 2). Folglich seien rein private Interessen Grund für die Bebauungsplanänderung gewesen. Darüber hinaus dürfte die Durchführbarkeit der Planänderung aufgrund der bestattungsrechtlichen Vorgaben infrage gestellt sein. Auch deshalb fehle es an der Erforderlichkeit. Der Bebauungsplan verstoße weiter gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB. Das Baugrundstück sei zuvor von der Antragsgegnerin an die Beigeladene zweckgebunden zum Bau eines Krematorium veräußert worden. Dies habe zu einer unzulässigen Vorwegbindung der planerischen Abwägung geführt. Vorentscheidungen etwa durch Abschluss eines Kaufvertrags dürften nicht zu solchen Bindungen führen, die das Bauleitplanverfahren zu einer funktionslosen Förmlichkeit werden ließen. Der abschließende Abwägungsvorgang dürfe nicht sachwidrig verkürzt werden. Bereits der Verfahrensablauf spreche vorliegend für eine derart unzulässige Vorwegbindung. In eine Bebauungsplanänderung sei nämlich erst dann eingetreten worden, als eine Einzelbaugenehmigung für das beabsichtigte Krematorium gescheitert gewesen und der Rohbau auf Basis einer zunächst erteilten rechtswidrigen Baugenehmigung bereits errichtet worden sei. Die Antragsgegnerin habe bereits mit Kaufvertrag vom März 2009 das Baugrundstück an die Beigeladene zweckgebunden zur Errichtung und zum Betrieb eines Krematoriums verkauft. Die Antragsgegnerin habe in dem Kaufvertrag nur die Ansprüche wegen eines Sachmangels am Vertragsgegenstand, nicht auch wegen eines Rechtsmangels ausgeschlossen. Für diesen hafte sie nach dem Kaufvertrag. Auch Planungsalternativen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dies gelte auch für das so genannte ...-Areal, welches als Alternativstandort in Betracht zu ziehen gewesen wäre (Ordner VIII, Nr. 7, Seite 6 des Sitzungsprotokolls vom 12.04.2011). Außerdem sei der durch die Ansiedlung eines Krematoriums entstehende Konflikt mit der angrenzenden gewerblichen Nutzung, insbesondere seines Lebensmittel produzierenden Gewerbes, nicht bewältigt worden. Die Einzäunung löste diesen Konflikt nicht. Der Schornstein sei weithin sichtbar. Auch eine Einzäunung ändere nichts an der Tatsache, dass mehrere 1.000 Leichen auf dem Nachbargrundstück verbrannt würden. Die Planänderung sei schließlich auch deshalb abwägungsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht nur die Festsetzungen des Bebauungsplanes, sondern gerade auch den Inhalt des städtebaulichen Vertrages ihrem Satzungsbeschluss zugrundegelegt habe. So seien für die Abwägung durch die Antragsgegnerin ausweislich der Auswertung der erneuten Offenlage vom 11.02.2011 bis zum 10.03.2011 die Beschränkung der Betriebsstunden und die vertraglichen Regelungen zum Bypassbetrieb von Bedeutung gewesen. Sein privates Interesse an der Beibehaltung des bestehenden Zustands sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Unwirksamkeit der Bebauungsplanänderung ergebe sich im Übrigen bereits daraus, dass ein Krematorium an diesem Standort die Vorgaben des Bestattungsgesetzes nicht erfüllen könne. Damit stünden zwingende höherrangige Regelungen der Umsetzung entgegen. Das Krematorium habe nach § 17 Bestattungsgesetz zwingend einen ausreichenden Abstand zu störenden Betrieben im Sinne des Bestattungsgesetzes zu wahren und eine würdige Umgebung zu gewährleisten. Ein Krematorium sei in einem Gewerbegebiet grundsätzlich gebietsunverträglich. Dies gelte auch bei einer Betrachtung nach § 34 BauGB. Die Errichtung eines Krematoriums in unmittelbarer Nachbarschaft zu den umliegenden Gewerbebetrieben, insbesondere des Gewerbebetriebs des Antragstellers, sei rücksichtslos im baurechtlichen Sinne. Er sei durch das Vorhaben auch konkret nachteilig betroffen. Es liege eine konkrete Konfliktsituation zwischen dem Krematorium und dem auf eine ungestörte gewerbliche Nutzung ausgerichteten Betrieb des Antragstellers vor. Er habe neben einer Grundstückswertminderung mit gravierenden wirtschaftlichen Einbußen zu rechnen. Ergänzend verweise er auf sein Einwendungsschreiben vom 10.03.2011 sowie sein Schreiben vom 08.10.2011. |
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| Die Antragsgegnerin beantragt, |
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| Zur Begründung führt sie aus: Es lägen keine Verfahrensfehler vor. Es komme darauf an, ob und inwieweit der Gemeinderat bereits mit den wesentlichen Umständen des Verhandlungsgegenstandes vertraut gewesen sei. Der Gemeinderat sei über die Inhalte der monierten Unterlagen bereits umfassend und ausreichend informiert gewesen. Eine erneute Offenlage sei auch nicht erforderlich gewesen. Das Interesse des Antragstellers an der Verschonung von Immissionen und sonstigen Beeinträchtigungen jeder Art sei zentraler Gegenstand der gesamten Beratung und Beschlussfassung, daneben aber auch Gegenstand der Regelungen in städtebaulichen Vertrag gewesen. Beides habe zum Ziel gehabt, die Interessen der Nachbarschaft und insbesondere diejenigen des Antragstellers möglichst weit unter Berücksichtigung der sonstigen städtebaulichen Ziele der Antragsgegnerin und weiterer öffentlicher und privater Belange zu berücksichtigen. Es gebe keinen abstrakten Anspruch auf Beibehaltung des bestehenden Zustandes. Der Antragsteller betreibe ein Unternehmen im Geltungsbereich eines Gewerbegebiets. Damit habe er mit all jenen Immissionen zu rechnen, die durch ein Gewerbegebiet hervorgerufen würden. Ein Krematorium rufe diesbezüglich keine anderen, insbesondere keine stärkeren Immissionen hervor als solche, die auch nach dem bisherigen Bebauungsplan möglich gewesen seien. Auch im eingeschränkten Gewerbegebiet seien Belästigungen durch Verkehr von Mitarbeitern, Lieferanten, aber auch Kunden jederzeit hinzunehmen. Der Antragsteller rechne selbst mit einem erheblichen Kundenaufkommen durch seinen Betrieb. Es gebe keine Hinweise, dass der Bebauungsplan zu einem größeren Verkehrsaufkommen führe, als dies bei Beibehaltung der bisherigen Planungssituation der Fall gewesen wäre. Zu keinem Abwägungsfehler führe, dass der Gemeinderat bei der Beschlussfassung - zulässigerweise - die Regelungen im städtebaulichen Vertrag, der auch eine Verdinglichung seiner Regelungen vorsehe, mit berücksichtigt habe. Die Ansiedlung eines Krematoriums in der Nähe des Friedhofs entspreche den städtebaulichen Vorstellungen der Antragsgegnerin. Nachdem sie zur Kenntnis habe nehmen müssen, dass die aus ihrer Sicht wünschenswerte Ansiedlung des Krematoriums in dem durch Bebauungsplan festgesetzten herkömmlichen Gewerbegebiet auf rechtliche Zweifel gestoßen sei, habe sie sich für die Aufstellung eines Bebauungsplans unter Ausweisung eines Sondergebiets entschieden. Damit werde berücksichtigt, dass die Einordnung eines Krematorium hinsichtlich der Nutzungsart in der Rechtsprechung noch nicht abschließend entschieden sei. Dass der Ansiedlungswunsch eines Bauwilligen und die städtebaulichen Vorstellungen des Plangebers insoweit übereinstimmen, sei nicht ungewöhnlich und stelle insbesondere nicht die städtebauliche Rechtfertigung infrage. Für diese gelte beim herkömmlichen Angebotsbebauungsplan nichts anderes als bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Es sei nicht erkennbar, weshalb der Kaufvertrag die Abwägungsentscheidung beeinflusst oder eine Vorwegbindung geschaffen haben solle. Städte und Gemeinden würden ihren Grund und Boden in aller Regel unter Aufnahme einer entsprechenden Bauverpflichtung verkaufen. Dabei würden die vorher besprochenen und vom Käufer geäußerten Bauabsichten zum Gegenstand der Bauverpflichtung gemacht. Wenn die Kommune durch ihre eigenen planerischen Entscheidungen sodann die Umsetzung dieser Verpflichtung verunmögliche, sei der jeweilige Käufer von seiner Verpflichtung befreit, weil er zu nichts verpflichtet sein könne, was er rechtlich nicht dürfe. Eine Beeinflussung des Gemeinderats dahingehend, dass dem Käufer nun die Erfüllung seiner Verpflichtung durch entsprechende planungsrechtliche Schritte ermöglicht werden müsse, gebe es in einer solchen Konstellation nicht. Die Antragsgegnerin sei bei Abschluss des Kaufvertrags davon ausgegangen, dass es weiterer planungsrechtlicher Schritte zur Errichtung des Krematorium nicht bedürfe. Erst aufgrund der gerichtlichen Entscheidung sei sie eines Besseren belehrt worden und habe die planerisch gewollte Ansiedlung ermöglichen wollen. Ein Rechtsmangel des Grundstücks liege nicht vor. Die Antragsgegnerin habe sich ausreichend mit Alternativstandorten befasst. Von den geeigneten Standorten sei aus ihrer Sicht nur ein Standort noch etwas besser geeignet gewesen. Hier sei jedoch eine verkehrliche Anbindung nicht zu erreichen gewesen. Die schließlich getroffene Abwägung bewege sich in dem gerichtlich nicht überprüfbaren Rahmen. Worin der angeblich nicht bewältigte Abwägungsmangel hinsichtlich des Konflikts zwischen dem Krematorium auf der einen und dem Lebensmittel produzierenden Gewerbe des Antragstellers auf der anderen Seite liegen solle, könne auch der Antragsteller nicht vortragen. Wahrnehmbare Immissionen seien ausgeschlossen. Die Lebensmittelerzeugung auf dem Grundstück des Antragstellers werde nicht beeinträchtigt. Im Übrigen dürften durch einen Bebauungsplan hervorgerufene Konflikte auch in einem anderen Verfahren, etwa durch einen städtebaulichen Vertrag, gelöst werden. Dies sei angezeigt, wenn jenes andere Verfahren zur Lösung der Konflikte besser geeignet sei. So verhalte es sich hier, wie die Betriebsstundenbeschränkung exemplarisch zeige. Im Übrigen sei das Bauvorhaben auch nicht rücksichtslos. |
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| Die Beigeladene trägt vor: Der Antrag sei bereits unzulässig. Der Antragsteller hätte zunächst einen Aussetzungsantrag bei der Behörde stellen müssen. Es sei unzutreffend, dass sie jährlich rund 7.000 Kremierungen durchführen dürfe. Eine Kremierung dauere je nach Beschaffenheit des Leichnams zwischen 1 ¼ bis 1 ½ Stunden. Aus der durch den städtebaulichen Vertrag festgelegten Betriebszeit von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr resultiere eine technisch maximal mögliche Zahl an Einäscherungen von 10 Leichen pro Tag pro Verbrennungsofen. Im Bestattungsunternehmerbereich sei ein Transport von mindestens zwei Verstorbenen branchenüblich. Dies führe zu einem Verkehrsaufkommen von durchschnittlich fünf Fahrzeugen pro Tag, solange nur ein Verbrennungsofen eingebaut und betrieben werde. Im Falle der grundsätzlich genehmigten und irgendwann geplanten Erweiterung um den zweiten Verbrennungsofen werde hieraus ein durchschnittliches Verkehrsaufkommen von 10 Fahrzeugen pro Tag resultieren. Dies führe zu einer maximal möglichen Anzahl von jährlichen Einäscherungen in Höhe von 3.000 bei einem Ofen bzw. 6.000 bei zukünftig eventuell zwei Öfen. Diese Werte seien allerdings nicht erreichbar, da weder Reinigungs- und Wartungsausfallzeiten noch sonstige Stillstandszeiten und gesetzliche Feiertage berücksichtigt seien. Es sei also maximal mit einem Verkehrsaufkommen von vier bzw. acht Fahrzeugen der Bestattungsunternehmen pro Tag zu rechnen. Die Anwesenheit von Angehörigen während der Einäscherung stelle die absolute Ausnahme dar. Es werde höchstens mit 5-10 Besuchern pro Jahr gerechnet. Der eigentliche Abschied finde entweder bereits in einer vorherigen Trauerfeierlichkeit statt oder folge am Ort der Bestattung nach. Dass sich die Antragsgegnerin mit alternativen Standorten auseinandergesetzt habe, ergebe sich auch aus der Sammlung der Beschlussvorschläge zu den Stellungnahmen nach der Offenlage (Ordner VIII ..., 2. Änderung). Mängel im Abwägungsergebnis seien nicht ersichtlich. Es entspreche gängiger Verwaltungspraxis, dass Planungen durch Bauwünsche und Anfragen ausgelöst würden. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten (Baugenehmigungsakten, Akten Bebauungsplan ... 2. Änderung, Ordner I bis VIII sowie die Akten ... 1. Änderung, 1 Ordner) Bezug genommen. Die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe 1 K 1111/09 und 5 K 2976/09 waren Gegenstand des Verfahrens. |
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| Der - ohne Durchführung eines behördlichen Vorverfahrens i. S. d. § 80 Abs. 6 VwGO - zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 21.10.2011 und vom 03.01.2012 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29.09.2011 in der am 05.12.2011 ergänzten Fassung anzuordnen, hat in der Sache Erfolg. |
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| Nach § 212a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung einen der genannten Rechtsbehelfe ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des jeweiligen Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung, ob die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen höher zu bewerten sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage 2011, § 80 RdNr. 146; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 RdNr. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 80 RdNr. 73 f.). |
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| Dritte können eine Baugenehmigung dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind. |
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| Ob die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 29.09.2011 in der am 05.12.2011 um Nebenbestimmungen ergänzten Fassung gegen drittschützende Vorschriften verstößt, kann nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Überprüfung nicht abschließend beurteilt werden. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs sind jedenfalls als offen anzusehen (1.). Nach der damit vom Gericht anzustellenden Interessenabwägung überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Beigeladenen (2.). |
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| 1. Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs sind offen. |
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| Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung. Am 01.09.2011 war der Bebauungsplan "..., 2. Änderung“ in Kraft getreten. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde der Beigeladenen am 29.09.2011 erteilt und am 05.12.2011 ergänzt. Damit ist das Bauvorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich unter Berücksichtigung des qualifizierten Bebauungsplans "..., 2. Änderung“ gemäß § 29 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 30 BauGB zu beurteilen. Der insoweit maßgebliche Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur Art (Sondergebiet Feuerbestattungsanlage, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 3, § 11 BauNVO), zum Maß der baulichen Nutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB i.V.m. § 16 Abs. 3, § 18 Abs. 1 BauNVO) sowie der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 23 BauNVO). |
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| a. Sollte der Bebauungsplan "..., 2. Änderung“, der sich im Kern auf die Änderung der Baugebietsfestsetzung für die Baugrundstücke als sonstiges Sondergebiet (Feuerbestattungsanlage) unter Aufrechterhaltung der sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans "...“ beschränkt, nichtig sein, wäre das Bauvorhaben nach den Festsetzungen des Bebauungsplans "...“ in der am 03.05.2002 in Kraft getretenen Fassung, wonach die Baugrundstücke und das Grundstück des Antragstellers als eingeschränktes Gewerbegebiet ausgewiesen sind, zu beurteilen. Nach dem - den Beteiligten bekannten - rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2011 - 5 K 2976/09 - würde das Bauvorhaben gegen den drittschützenden Gebietswahrungsanspruch des Antragstellers unabhängig vom Vorliegen konkreter unzumutbarer Beeinträchtigungen verstoßen. Dieser Anspruch berechtigt den Nachbarn, sich gegen ein hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Baugebiet nicht zulässiges Vorhaben selbst dann zur Wehr zu setzen, wenn es an einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn fehlt. Die festgesetzte Gebietsart eines eingeschränkten Gewerbegebiets wird durch die Genehmigung des Krematoriums nicht gewahrt. Insoweit wird auf die Ausführungen des den Beteiligten bekannten Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 04.05.2011 Bezug genommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 02.02.2012 - 4 C 14.10 -, Pressemitteilung vom 02.02.2012; BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, juris). |
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| b. Die Kammer sieht nach dem Inhalt der Akten und dem Vorbringen des Antragstellers zwar keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der gerügten Verfahrensfehler, jedoch für materielle Mängel des Bebauungsplans "..., 2. Änderung“, die zu seiner Nichtigkeit führen können. |
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| aa. Es spricht viel dafür, dass der Bebauungsplan nicht an den gerügten formellen Mängeln leidet. |
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| Entgegen der Annahme des Antragstellers wurde der Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ ausweislich des Ausfertigungsvermerks am 26.08.2011 ausgefertigt und erst danach, nämlich am 01.09.2011 ortsüblich bekanntgemacht. Ausfertigung und Bekanntmachung des Bebauungsplans sind damit nicht in fehlerhafter Reihenfolge erfolgt. |
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| Auch die rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist des § 4 Abs. 4 GemO in Bezug auf die Anforderungen nach § 34 Abs. 1 S. 1 GemO erhobene Verfahrensrüge des Antragstellers dürfte nicht durchgreifen. Die von ihm angeführte Stellungnahme der LUBW zur Immissionsprognose vom 07.04.2011, ein Papier zur Beantwortung dieser Fragen durch die Firma ... sowie die abschließende Stellungnahme der LUBW sind den Gemeinderäten zwar erst in der Sitzung vom 12.04.2011 überreicht worden. Stadtrat ... hat deshalb auch die Vertagung des Tagesordnungspunktes beantragt, „um wenigstens die Unterlagen lesen“ zu können (vgl. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderats vom 12.04.2011, S. 3). Der Antragsteller kann jedoch nach dem Satzungsbeschluss schon deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, die Informationen über den Verhandlungsgegenstand seien unvollständig gewesen, weil § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO, der die rechtzeitige Mitteilung des Verhandlungsgegenstandes und die Beifügung der für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen vorschreibt, nur den Interessen der Mitglieder des Gemeinderates dient (VGH Bad.-Württ., Urt. vom 16.04.1999 - 8 S 5/99 -, NuR 2000, 153; Urt. v. 09.02.2010 - 3 S 3064/07 -, juris; st. Rspr.). Zwar hat Stadtrat S. die Rechtzeitigkeit der den Gemeinderäten zugeleiteten Informationen in der Sitzung des Gemeinderats beanstandet und deshalb die Vertagung des Tagesordnungspunktes beantragt. Der Vertagungsantrag wurde aber daraufhin im Gemeinderat diskutiert und sodann durch Beschluss des Gemeinderats mehrheitlich abgelehnt. Damit hat das Gremium vor dem Satzungsbeschluss zu erkennen gegeben, dass es der Rüge nicht rechtzeitiger Information mehrheitlich nicht folgt, weil es die Informationsbasis für ausreichend hält und die durch § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO geschützten Interessen des Gemeinderats als gewahrt ansieht. Damit dürfte es auf die Frage, ob die sachlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Einberufung des Gemeinderats nach § 34 Abs. 1 Satz 1 GemO erfüllt waren, nicht mehr ankommen. Indes dürften auch diese Voraussetzungen zu bejahen sein. Die Rüge des Stadtrats S. bezog sich zum einen auf die Stellungnahme der LUBW vom 07.04.2011 zur Immissionsprognose. Diese ergänzte lediglich als abschließende Stellungnahme zu den Anmerkungen der ... das - bereits vorliegende und bekannte - Immissionsgutachten für ein geplantes Krematorium. Die weiter monierte dem Ortschaftsrat ... vorliegende Chronologie des Verfahrens seit dem Jahr 2008 lag dem Gemeinderat bereits vor, wie schon in der Sitzung vom 12.04.2011 ohne Widerspruch klargestellt wurde. Es spricht damit einiges für die Annahme, dass der Gemeinderat auch in Bezug auf die gerügten fehlenden Unterlagen mit den wesentlichen Umständen des Verhandlungsgegenstandes seit längerem vertraut war. |
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| bb. Es erscheint der Kammer fraglich, ob der Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ frei von materiell-rechtlichen Fehlern ist. |
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| Die Kammer sieht Anhaltspunkte, die auf eine unzulässige Vorwegbindung der Antragsgegnerin bei der Beschlussfassung über die Satzung hindeuten. |
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| Dem Gebot der gerechten Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) widerspricht es, wenn der abschließende Abwägungsvorgang durch vorherige Bindungen der Gemeinde sachwidrig verkürzt wird. |
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| Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 45, 309, 316 ff.) hat sich zur Bindung der Abwägung durch Vorentscheidungen wie folgt geäußert: Der einen Bauleitplan tragende Abwägungsvorgang findet zwar nicht „auf sozusagen planerisch freiem Feld“ statt. Der für den Abwägungsvorgang entscheidende Zeitpunkt, der erst am Ende des Planungsverfahrens liegt, wird vielmehr „sehr häufig mehr von Bindung als von Freiheit beherrscht“. Bereits die auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Einleitung des Planverfahrens und sein Ablauf, insbesondere die Einbeziehung der Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange (§ 4) und der Öffentlichkeit (§ 3), führen „durchweg zu einer mehr oder weniger starken Präjudizierung des Verfahrensergebnisses“. Besonders bei Projekten einer bestimmten Größenordnung können nicht alle Entscheidungen bis zur abschließenden Abwägung zurückgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hebt ausdrücklich hervor, dass es zu einer notwendigen Wechselwirkung zwischen der planerischen Festsetzung und ihrer konkreten Verwirklichung kommt, je umfangreicher und je komplizierter ein planerischen Vorhaben ist. Das führe zu mehr oder weniger endgültigen Festlegungen, die eine entsprechende Schmälerung des abschließenden Abwägungsvorganges bewirken und auch bewirken sollen: „Dem Planverfahren vorgeschaltete Besprechungen, Abstimmungen, Zusagen, Verträge und anderes mehr können geradezu unerlässlich sein, um überhaupt sachgerecht planen und eine angemessene effektive Realisierung dieser Planung gewährleisten zu können“. Den sich hieraus ergebenden Konflikt zwischen der Effektivität einer Planung mithilfe von Vorentscheidungen und dem nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen umfassenden und ungebundenen Abwägungsvorgang hat das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich zu Gunsten des Grundsatzes einer von Bindungen freien Abwägungsentscheidung entschieden. Eine sachliche Verkürzung des abschließenden Abwägungsvorganges bedarf danach einer besonderen Rechtfertigung. Diese ergibt sich zunächst für die erwähnten verfahrensimmanenten Präjudizierungen der Abwägungsentscheidung (Einleitung des Planverfahrens, Berücksichtigung von Stellungnahmen der zu Beteiligenden u. a.). Demgegenüber ist eine Abwägung grundsätzlich unvollständig („Abwägungsdefizit“), wenn ihr sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bindend auswirkende Festlegungen vorangegangen sind. Ein auf diese Weise entstehendes Abwägungsdefizit kann jedoch unter folgenden kumulativen Voraussetzungen ausgeglichen werden: 1. Die Vorwegnahme der Entscheidung muss sachlich gerechtfertigt sein. 2. Bei der Vorwegnahme muss die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung gewahrt bleiben, d.h., es muss, soweit die Planung dem Gemeinderat obliegt, dessen Mitwirkung an den Vorentscheidungen in einer Weise gesichert sein, die es gestattet, die Vorentscheidung (auch) dem Gemeinderat zuzurechnen. 3. muss die vorgezogene Entscheidung inhaltlich den Anforderungen genügen, die an sie zu richten wären, wenn sie als Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorgangs getroffen würde. Unter diesen Voraussetzungen kann auch der auf der Grundlage eines vom künftigen Bauherrn vorgelegten Projektentwurfs aufgestellte Bebauungsplan unbedenklich sein (vgl. Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 1 Rd.Nr. 113). Zwar kann es das sachgerechte Ziel eines Bebauungsplans sein, für das, was ohne förmliche Planung entstanden und nunmehr vorhanden ist, nachträglich eine Rechtsgrundlage zu schaffen. Das Abwägungsgebot wird durch eine solche nachträgliche Planung nur verletzt, wenn gebotene planerische Erwägungen und Entscheidungen im Hinblick auf den bereits vorhandenen Bestand unterlassen werden. Wirkt eine Gemeinde in rechtlich bedenklicher Weise an der „Schaffung vollendeter Tatsachen“ mit, die die planerische Gestaltungsfreiheit einschränken, so kann die im nachfolgenden Planaufstellungsverfahren vorzunehmende Abwägung fehlerhaft sein; sie ist es jedenfalls dann, wenn andere Möglichkeiten zur Konfliktlösung nicht erwogen worden sind (Krautzberger in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., § 1 Rd.Nr. 114 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). |
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| Nach diesem Maßstab sieht die beschließende Kammer Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Verkürzung des abschließenden Abwägungsvorgangs, die nicht hinreichend gerechtfertigt ist. |
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| Folgende Umstände dürften nach Aktenlage zu vorangegangenen Festlegungen geführt und den Abwägungsvorgang verkürzt haben: So erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung des Krematoriums am 18.03.2009 in der Erkenntnis, dass auf der Grundlage der gültigen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen sowie der bis dahin bekannten Rechtsprechung die Zulassung des Bauvorhabens der Errichtung eines Krematorium in dem Gewerbegebiet „...“ voraussichtlich rechtswidrig ist und auch eine Befreiung nicht in Betracht kommt. Zugleich wurde der Beigeladenen deutlich gemacht, erforderlichenfalls die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Bauvorhabens durch eine entsprechende Bebauungsplanänderung, die zunächst im Rahmen der bereits am 28.11.2006 eingeleiteten 1. Änderung des Bebauungsplans „...“ vorgesehen war, zu schaffen. Beides ergibt sich aus einem Aktenvermerk vom 20.01.2009, einer verwaltungsinternen Stellungnahme des Bauverwaltungsamts vom 18.03.2009 zur Erteilung der Befreiung sowie dem Schreiben der Antragsgegnerin an die Beigeladene vom 18.12.2008. Auch die Beigeladene wusste auf der Grundlage der ihr bekannten bauplanungsrechtlichen Situation, der einschlägigen Rechtsprechung sowie der ihr bekannt gegebenen Einschätzung der Rechtslage durch die Antragsgegnerin ihrerseits um die voraussichtlich anzunehmende Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung für das von ihr beabsichtigte Bauvorhaben. Der - gleichwohl - nachfolgend am 30.03.2009 abgeschlossene notarielle Grundstückskaufvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, der die Errichtung eines Krematoriums zum Zwecke hat, ferner die Baufreigabe durch die Antragsgegnerin sowie die Errichtung des Bauvorhabens bis zum Rohbaustadium erfolgten im Wissen um das Risiko, das in der Einschätzung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bauvorhabens lag. Deshalb dürfte es auch - entgegen ihrem Vortrag in diesem Verfahren - unzutreffend sein, dass die Antragsgegnerin bei Abschluss des Kaufvertrags davon ausgegangen sein will, dass es weiterer planungsrechtlicher Schritte zur legalen Errichtung des Krematoriums nicht bedürfe. Schon damit spricht mehr dafür als dagegen, dass unter Mitwirkung der Antragsgegnerin vollendete Tatsachen geschaffen wurden, die geeignet gewesen sein dürften, die planerische Gestaltungsfreiheit für eine nachträglich erforderlich werdende Änderung des bestehenden Bebauungsplans einzuschränken. Diese Einschätzung wird verstärkt durch Anhaltspunkte, dass die Erwägungen des Gemeinderats der Antragsgegnerin bei der am 12.04.2011 erfolgten Beschlussfassung über den Bebauungsplan „..., 2. Änderung“, der sich im Übrigen lediglich auf die Baugrundstücke bezog, dadurch geleitet gewesen sein dürften, dass eine - befürchtete - Inanspruchnahme der Antragsgegnerin auf Schadenersatz wegen Amtspflichtverletzung durch die Beigeladene mit Blick auf die voraussichtlich rechtswidrig erteilte Baugenehmigung vom 18.03.2009 vermieden werden sollte. In diesem Zusammenhang ist u.a. auch auf die Anfrage der das Bauvorhaben der Beigeladenen finanzierenden Bank vom 01.04.2010 an die Antragsgegnerin hinzuweisen, die auf den Zeitplan für die Wiedererlangung der Baugenehmigung für das bereits errichtete Bauvorhaben und damit auf die erwartete Legalisierung des Bauvorhabens gerichtet war. Der von der Beigeladenen am 24.01.2011 unterzeichnete städtebauliche Vertrag mit der Antragsgegnerin dürfte das bereits vorher durch Investitionen getätigte Engagement der Beigeladenen schließlich noch abgerundet haben. |
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| Der Kammer erscheint nach dem dargestellten höchstrichterlichen Maßstab fraglich, ob ein solchermaßen entstandenes Abwägungsdefizit hinreichend ausgeglichen wurde. Selbst wenn die Vorwegnahme der Entscheidung, ein Krematorium zuzulassen, sachlich gerechtfertigt gewesen sein sollte, erscheint es jedoch zweifelhaft, ob bei der Vorwegnahme die planungsrechtliche Zuständigkeitsordnung gewahrt blieb. Es ist weder von der Antragsgegnerin aufgezeigt worden noch ansatzweise ersichtlich, wie die Mitwirkung des Gemeinderats an der Vorentscheidung, das Krematorium auf den Baugrundstücken durch die Baugenehmigung vom 18.03.2009 zuzulassen, gesichert wurde. Dementsprechend bemängelte ausweislich des Protokolls des Gemeinderats aus der Sitzung vom 03.11.2009, in der der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans für den Bereich .../Teilflächen 2. Änderung gefasst wurde, etwa Stadtrat ..., dass das Gremium (gemeint: der Gemeinderat) nicht früher eingeschaltet worden sei und auch der Verlauf der Hauptausschusssitzung beim Verkauf so nicht abgelaufen sei. Es wäre besser gewesen, die Standortalternativen vorher zu klären. Weiter erscheint der Kammer auch fraglich, ob die damals durch Erteilung der Baugenehmigung vorgezogene Entscheidung inhaltlich den Anforderungen genügte, die an sie zu richten gewesen wären, wenn sie als Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorgangs getroffen worden wäre. So dürften damals insbesondere bei der Standortfindung für das Krematorium keine Planungsalternativen einbezogen worden sein. Auch war der Gemeinderat bei der Zulassung des Bauvorhabens nicht mit der Frage der angemessenen Auflösung des Nutzungskonflikts, der durch die nachträgliche Schaffung einer Gemengelage zwischen der bereits vorhandenen - bauplanungsrechtlichen zulässigen - gewerblichen Nutzung durch den Antragsteller mit der neu anzusiedelnden Nutzung durch ein Krematorium ausgelöst wurde, befasst worden. Ebenso wenig ist für die beschließende Kammer ersichtlich, dass in Anbetracht der sich - schon zum Zeitpunkt der Erteilung der rechtswidrigen Baugenehmigung - abzeichnenden Notwendigkeit der Änderung der Festsetzungen des gültigen Bebauungsplans zum Zwecke der Legalisierung des Bauvorhabens der Beigeladenen das private Interesse des planbetroffenen Antragstellers an der Beibehaltung des bisherigen planungsrechtlichen Zustands hinreichend sorgfältig mit dem öffentlichen Interesse an einer beabsichtigten städtebaulichen Neuordnung abgewogen worden wäre. Insbesondere das Bundesverfassungsgericht hat die Bedeutung des Eigentums in der Abwägung - auch im Zusammenhang mit der Änderung des bisherigen bauplanungsrechtlichen Zustands - wiederholt betont (BVerfG, Beschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01, NVwZ 2003, 727; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.2011 - 5 S 1670/09 -, juris). |
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| Schließlich könnte die planerische Gestaltungsfreiheit des Gemeinderats der Antragsgegnerin wegen der bereits erfolgten Errichtung des Krematoriums bis zum Rohbaustadium aufgrund rechtswidrig erteilter Baugenehmigung deshalb eingeschränkt gewesen sein, weil die Antragsgegnerin nicht verlässlich ausschließen kann, von der Beigeladenen wegen der rechtswidrig erteilten Baugenehmigung vom 18.03.2009 auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, obwohl dieser die voraussichtlich anzunehmende Rechtswidrigkeit der zunächst erteilten Baugenehmigung nach Aktenlage bekannt war. Auch bei objektiver Betrachtung sind Ansprüche aus sog. Amtspflichtverletzung nicht offensichtlich auszuschließen. Die Pflicht, eine nach der Rechtsprechung den einschlägigen - bauplanungsrechtlichen - Vorschriften widersprechende Baugenehmigung nicht zu erteilen, obliegt den Baugenehmigungsbehörden nach ständiger Rechtsprechung auch dem Bauherrn gegenüber (BGHZ 60, 112-119). Ein Erfolg einer solchen Inanspruchnahme kann hier auch nicht trotz mitwirkenden Verschuldens der Beigeladenen von vornherein und offensichtlich gänzlich ausgeschlossen werden (BGHZ 149, 50-57). Die sachgemäße Handhabung der Vorschriften des Bauplanungsrechts fällt nämlich in erster Linie in den Verantwortungsbereich der Baugenehmigungsbehörde. Die Baugenehmigung ist das Ergebnis eines Prüfungsprozesses, der das Ziel hat zu klären, ob das Bauvorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und ob dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Bestimmungsgemäß begründet die Erteilung einer Baugenehmigung ein schutzwürdiges Vertrauen (Verlässlichkeitsgrundlage). Ob ein Schadenersatzanspruch der Beigeladenen angesichts von deren Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung von vornherein mit der Folge eines Totalverlustes eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsanspruchs bereits auf der Tatbestandsebene ausgeschlossen werden kann (vgl. BGHZ 149, 50-57 mit dem Hinweis auf eine die entschädigungslose Rücknahme der - hier am 22.09.2009 ohnehin aufgehobenen - Baugenehmigung rechtfertigende grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 48 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 S. 3 Nr. 3 LVwVfG), bedürfte gegebenenfalls erst näherer Aufklärung sämtlicher tatsächlicher Umstände des Einzelfalls durch die zuständigen Gerichte. Anhaltspunkte dafür, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei seiner Beschlussfassung über den Bebauungsplan „..., 2. Änderung“ von einem totalen Anspruchsverlust der Beigeladenen ausgegangen wäre, liegen jedenfalls im Rahmen der Erkenntnismöglichkeiten eines auf summarische Prüfung angelegten Eilverfahrens nicht offensichtlich auf der Hand. Aus den Protokollen über die Sitzung des Gemeinderats vom 03.11.2009 und vorausgehend des Ausschusses für Technik und Umwelt vom 13.10.2009 geht vielmehr hervor, dass durch die Bebauungsplanänderung „..., 2. Änderung“ der Schaden für die Antragsgegnerin so gering wie möglich gehalten werden sollte und deshalb die kostengünstigere Lösung favorisiert wurde. Da „Kosten“ im Zusammenhang mit der Standortfrage in keinerlei sonstiger sachlicher Hinsicht thematisiert wurden, liegt die Annahme nicht fern, dass damit jedenfalls auch eine eventuelle Inanspruchnahme auf Schadenersatz durch die Beigeladene angesprochen wurde. Im Übrigen ergibt sich umgekehrt aus den angesprochenen Protokollen keinerlei Hinweis darauf, dass der Gemeinderat für seine Beschlussfassung die Frage eventueller Amtshaftungsansprüche der Beigeladenen ausdrücklich als abwägungsirrelevant gestellt hätte. |
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| Ob die vom Antragsteller weiter gerügten Mängel des Bebauungsplans „..., 2. Änderung“, die sich im Wesentlichen auf ein Ermittlungsdefizit in Bezug auf den durch die Zulassung des Krematoriums sowie seines geplanten Nutzungsumfangs ausgelösten Verkehrslärm, die Frage der Erforderlichkeit der Bauleitplanung i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB, die Standortalternativen für das Bauvorhaben, die Frage der angemessenen Lösung des Nutzungskonflikts in der nachträglich geschaffenen Gemengelage von unverträglichen Nutzungen und den städtebaulichen Vertrag beziehen, durchgreifen könnten, lässt die Kammer im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens dahin gestellt. Ebenso lässt die Kammer die Frage offen, ob die Abwägung deshalb an einem Mangel leidet, weil bei Satzungsbeschluss dem Gemeinderat die weiter bestehende Überplanungsabsicht im Zusammenhang mit dem - zur schnelleren Durchführung des Verfahrens „..., 2. Änderung“ nicht weiter betriebenen - Bebauungsplanänderungsverfahren „..., 1. Änderung“ bekannt war. Danach sollen sämtliche Grundstücke in der unmittelbaren Umgebung des Bauvorhabens als Gewerbegebiet ausgewiesen werden und die bisherige Festsetzung als eingeschränktes Gewerbegebiet entfallen. Dadurch könnte sich das hier in Rede stehende Nutzungskonfliktpotential eher noch erhöhen. |
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| c. Auch wenn der Bebauungsplan "..., 2. Änderung“ Bestand hat, könnte die angefochtene Baugenehmigung zum Nachteil des Antragstellers gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Der Antragsteller kann keinen von konkreten Beeinträchtigungen unabhängigen baugebietsübergreifenden Anspruch auf Schutz vor gebietsfremden Nutzungen im angrenzenden Plangebiet geltend machen. Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets gelegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich bundesrechtlich vielmehr (nur) nach dem in § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme (BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55/07 -, NVwZ 2008,427). Grundstücke, für die innerhalb eines Bebauungsplangebiets unterschiedliche Nutzungsarten festgelegt sind, liegen nicht innerhalb eines Baugebiets, sondern in unterschiedlichen Baugebieten (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.11.2002 - 10 B 1618/02 -, juris). |
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| Nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO sind in einem Baugebiet grundsätzlich zulässige bauliche Anlagen auch dann unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Danach ist ein Vorhaben zum einen dann unzulässig, wenn von ihm für die Umgebung unzumutbare Belästigungen oder Störungen ausgehen (Störeignung des Vorhabens), zum anderen aber auch dann, wenn es seinerseits solchen Belastungen oder Störungen ausgesetzt wird (Störanfälligkeit des Vorhabens). |
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| Ob durch die Zulassung des Krematoriums ein Nutzungskonflikt entsteht, der sich dem Antragsteller gegenüber konkret als rücksichtslos erweist, kann jedenfalls im Eilverfahren nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es gibt ernst zu nehmende Anhaltspunkte für eine solche Möglichkeit. |
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| Um rücksichtslos zu sein, müsste das Krematorium nach Nutzungsart, Größe, Lage und Umfang die Nutzung des Grundstücks des Antragstellers zu gewerblichen und Wohnzwecken unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere der Schutzbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit der Beteiligten und der Intensität der Nachteile unzumutbar in städtebaulichen erheblichen Belangen beeinträchtigen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.02.1992 – 3 S 309/92 –, juris). Das Rücksichtnahmegebot soll gewährleisten, dass Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zugeordnet werden, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird. Dabei können Spannungen und Störungen nicht nur durch Umwelteinwirkungen wie Lärm oder Gase hervorgerufen werden. Der bauplanungsrechtliche Nachbarschutz ist nicht auf den Schutz vor schädlichen Immissionen beschränkt, sondern auch von anderen Maßstäben der städtebaulichen Ordnung bestimmt (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71/05 -, juris). Zu berücksichtigen sind daher auch sonstige nachteilige Auswirkungen auf städtebaulich erhebliche, schutzwürdige Interessen der benachbarten Umgebung. Hierzu gehören auch durch ein Bauvorhaben bedingte Nutzungseinschränkungen benachbarter Grundstücke, die sich als Folge dessen ergeben, dass die Nachbarn allgemein anerkannte Wertvorstellungen beachten, die auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben geschützt sind. Städtebaulich ist deshalb auch zu beachten, dass den Verstorbenen hinsichtlich der Art und Weise ihrer Bestattung ein nachwirkender Rest an Menschenwürde verbleibt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.05.2011 - 8 S 507/11 -, juris; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. §§ 2- 9, 12 - 14 Rd.Nr. 13.1 mit Hinweis auf BVerfGE 30, 173). Ungeachtet der Immissionsträchtigkeit der Verbrennungsanlagen stellt ein Krematorium mit Abschiedsraum ähnlich wie ein Friedhof einen Ort der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen dar (BVerwG, Pressemitteilung vom 02.02.2012 zum Urt. vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 -). Ausgehend von der herkömmlichen Anschauung und Erwartungshaltung, dass der traditionelle Standort eines Krematoriums das Friedhofsgelände ist (BVerwG, Beschl. v. 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, juris), könnte die Kommerzialisierung der Feuerbestattung trotz zunehmenden Interesses an der Privatisierung kommunaler Aufgaben auch auf städtebauliche Grenzen stoßen (vgl. etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., Vorbem. §§ 2- 9, 12 - 14 Rd.Nr. 13.1). |
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| Danach ist in einem Hauptsacheverfahren die Frage zu beantworten, ob der nach baugebietsbezogener typisierender Betrachtungsweise anzunehmende Widerspruch zwischen Totengedenken und gewerblicher Aktivität sich hier auch in konkreten gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden Beeinträchtigungen niederschlägt. Die Kammer bezweifelt, dass das in den unterschiedlichen Nutzungen angelegte Konfliktpotential bereits durch die nachträgliche Einfügung eines als Insel im Gewerbegebiet angelegten Sondergebiets überwunden wurde. Die Kammer bezweifelt weiter, dass der erforderliche Schutz gegenüber der unmittelbaren Nachbarschaft eines mit Abschiedsraum genehmigten Krematoriums, um mit Blick auf die Würde der Toten, der Erfordernisse des Totengedenkens und das Pietätsgefühl der Hinterbliebenen einen würdevollen Rahmen für die Verbrennung zu gewährleisten, durch die konkret geplanten Maßnahmen hinreichend geboten wird. Die durch den städtebaulichen Vertrag und den ergänzenden Bescheid vom 05.12.2011 konkret festgelegten Verpflichtungen der beigeladenen Bauherrin und Betreiberin des Krematoriums dürften diesen Schutz nicht hinreichend sicherstellen. Eine besondere Rolle spielt dabei der vorgesehene - bezogen auf die Einwohnerzahl der Antragsgegnerin und deren Bedarf an Einäscherungen - hohe überregional angelegte Nutzungsumfang des kommerziell betriebenen Krematoriums bei Betriebszeiten zwischen 6.00 Uhr und 21.00 Uhr außer Sonn- und Feiertagen, der dazu führt, dass in der geplanten Feuerbestattungsanlage jährlich bei Auslastung von (zukünftig) zwei - genehmigten - Öfen selbst nach Angaben der Beigeladenen bis zu 6.000 Leichen verbrannt werden können, wenngleich diese Zahl möglicherweise wegen verschiedener Stillstands- und Ruhezeiten nicht ganz erreicht werden mag. Die damit verbundenen Fragen können in einem lediglich auf summarische Überprüfung angelegten Eilverfahren nicht abschließend geklärt werden. |
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| Zwar dürfte die passive Belästigung und Beeinträchtigung des Grundstücks des Antragstellers durch die von der Beigeladenen in dem städtebaulichen Vertrag übernommenen Verpflichtungen in Bezug auf Immissionen noch weiter reduziert worden sein. Viel spricht wohl dafür, dass der Antragsteller, der in einem Gewerbegebiet einen Gewerbebetrieb betreibt und wohnt, den durch den Betrieb des Krematoriums ausgelösten Verkehrslärm hinnehmen muss. Auch tragen die 2 m hohe Einfriedigung und das Pflanzgebot sichtmäßig zu einer Entlastung bei, indem der Blick auf die Vorgänge auf dem Bauvorhabengrundstück jedenfalls teilweise verstellt wird. Allerdings bleiben - insbesondere unter Berücksichtigung der Betriebszeiten zwischen 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr und des geplanten intensiven Nutzungsumfangs - der belastende Anblick des (außer Sonn- und Feiertagen) täglichen Andienungsverkehrs durch die Leichenwagen, trauernder Angehöriger und des alles überragenden, auch nach Einschränkung der Betriebszeiten noch 15 Stunden werktäglich genutzten 19 m hohen Kamins des Krematoriums sowie die - bedingt durch die pure Existenz des Krematoriums in der Nachbarschaft - für die Entfaltung von gewerblicher Aktivität ungünstige hemmende Wirkung, die ihre Wurzeln in der überlieferten das subjektive Empfinden spiegelnden Bestattungskultur haben dürfte. Die Kammer bezweifelt, ob die - aktive - Rücksichtnahmepflicht des Antragstellers als Gewerbe treibendem Nachbarn in Anbetracht der Störanfälligkeit des Vorhabens (zu den städtebaulich relevanten bestattungsrechtlichen Anforderungen, wodurch sein Betrieb in seiner typischen Nutzung eingeschränkt würde: VG Karlsruhe, Urt. vom 4.5.2011 - 5 K 2976/09 -, juris) schon deshalb entfällt, weil das Krematorium nunmehr in einem Sondergebiet liegt. Die - aktive Rücksichtnahme fordernden - Auswirkungen einer solchen Bestattungseinrichtung auf die es umgebenden Grundstücke, die sämtlich als Gewerbegebiet ausgewiesen sind, dürften für den Betrieb des Antragsteller unzumutbar sein, wenn sie wegen ihrer Unverträglichkeit mit der in Gewerbegebieten üblichen und auf seinem Grundstück zugelassenen werktäglichen Geschäftigkeit zu Einschränkungen in der Betriebsweise führen, in deren Folge etwa wegen - noch zu klärender - abnehmender oder ausbleibender Kundschaft Betriebsabläufe geändert werden müssten. Solchen Einschränkungen dürfte bislang durch die der Baugenehmigung angefügten Auflagen in Verbindung mit den von der Beigeladenen im städtebaulichen Vertrag eingegangenen Verpflichtungen nicht hinreichend Rechnung getragen worden sein. Die vorgenommene Reduzierung der Betriebszeiten erfasst lediglich neun Nachtstunden sowie Sonn- und Feiertage und bezieht sich damit auf einen Zeitraum, der der aktiven Entfaltung der werktäglichen Geschäftigkeit in einem Gewerbegebiet von vornherein überhaupt nicht nützen kann. Auch der Sichtschutz in Form einer Einfriedigung von 2 m Höhe vermag die Störanfälligkeit der benachbarten Feuerbestattungsanlage angesichts der dargestellten Umstände lediglich begrenzt in ihrer optischen Wahrnehmbarkeit zu reduzieren. Dadurch dürfte der sich in der aktiven Rücksichtnahmepflicht des ein Gewerbe betreibenden Nachbarn widerspiegelnde Aspekt des Nutzungskonflikts noch nicht hinreichend konkret aufgelöst worden sein. |
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| 2. Das Gericht räumt bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Vollzugsinteresse der Beigeladenen und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers dem letzteren den Vorrang ein. Das Interesse des Antragstellers, vorläufig vom Vollzug der Baugenehmigung verschont zu bleiben, überwiegt das gegenläufige private Interesse der beigeladenen Bauherrin an der Ausnutzung der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Baugenehmigung (§ 212a Abs. 1 BauGB). § 212a Abs. 1 BauGB gebietet keine andere Betrachtung. Trotz des danach gewährten Vorrangs des Vollziehungsinteresses für baurechtliche Genehmigungen ist dem Nachbarn nicht nur bei überwiegenden Erfolgsaussichten, sondern auch bei unsicherer oder offener Prognose über den Erfolg des eingelegten Rechtsbehelfs in Ansehung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG in sachgerechter Weise Rechtsschutz zu gewähren, der ihn davor bewahrt, dass vor Unanfechtbarkeit der ihn belastenden Baugenehmigung unwiederbringlich vollendete Tatsachen geschaffen werden (ständige Rechtsprechung: VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 19.05.2011 – 8 S 507/11 –, Rd.Nr. 8, juris). |
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| Im vorliegenden Fall würde die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung dazu führen, dass zulasten des Antragstellers durch Fertigstellung des - bislang als Rohbau errichteten - Bauvorhabens Tatsachen geschaffen werden, deren nachträgliche Rückgängigmachung bei einem Erfolg im Hauptsacheverfahren realistisch betrachtet jedenfalls nicht sichergestellt wäre. Hingegen sind irreparable Nachteile, die das Aufschubinteresse des Antragstellers bei offenen Erfolgsaussichten überwiegen könnten, weder geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. |
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| Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (Nrn 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2004 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei die Kammer die Grundstückswertminderung mit 15.000 EUR ansetzt). |
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