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| Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und - hilfsweise - des subsidiären Schutzstatus sowie - weiter hilfsweise - Abschiebungsschutz. |
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| Der Kläger wurde am XXX1977 geboren. Nach der mittleren Reife arbeitete er 18 Jahre als Schweißer und erzog mit seiner erwerbstätigen Ehefrau ein gemeinsames Kind. Er beantragte am XXX, am XXX, am XXX, am XXX sowie am XXX die Ausstellung eines Visums zur Einreise in die Bundesrepublik. Nach Ausstellung eines chinesischen Reisepasses am XXX sowie der aufgrund seines Antrags vom XXX erfolgten Ausstellung eines touristischen Schengen-Visums am XXX reiste er am XXX 2016 über den Flughafen Shanghai aus der Volksrepublik China aus und nach Zwischenstopp in Moskau am XXX 2016 am Flughafen Frankfurt (Main) in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 27.07.2016 beantragte er bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) Asyl. |
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| Am 01.08.2016 wurde er zu den Gründen seines Asylantrages angehört. Er gab an, dass es in China keine Religionsfreiheit gebe. Er sei in seinem Herkunftsland als Angehöriger der Kirche des Allmächtigen Gottes (nachfolgend: KdAG) von den chinesischen Behörden verfolgt worden. Mit den Lehren der KdAG hätte er sich während der Heilung von einer schweren Erkrankung von 2013 bis 2015 beschäftigt; sie hätten ihm Kraft gegeben. |
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| Am 20.06.2015 habe er sich einer Verhaftung entziehen können, als er sich mit anderen Mitgliedern getroffen und frühzeitig erfahren habe, dass die Polizei kommen werde. |
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| Am 20.12.2015 habe er sich mit 3 weiteren Mitgliedern in einem Zimmer, das der Sekte gehöre, getroffen. Plötzlich sei die örtliche Polizei gekommen und habe alle verhaftet. Sie seien zur örtlichen Polizeistation gebracht worden. Hier sei er gefoltert worden. Seine Frau habe 10.000 Yuan für seine Freilassung bezahlt. Am 22.12.2015 sei er freigelassen worden. |
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| Er habe nach der Freilassung noch zwei Monate bei seiner Frau gelebt. Währenddessen habe die Polizei öfter nach ihm gefragt und ihn auch beobachtet. Er habe Angst bekommen und sei dann abends zu 15 Kilometer entfernt wohnenden Verwandten gezogen. Hier habe er das Haus nur zwei Mal verlassen. Sein Verwandter sei nicht Mitglied der KdAG. Seine Verwandten hätten befürchtet, dass seine Anwesenheit ihnen schaden könne. Anlässlich des Gipfeltreffens der G-20-Staaten seien alle Personen im Umkreis seines Wohnortes genauestens überprüft worden. Da es überall Überwachungskameras gegeben habe, habe er noch mehr Angst bekommen. Seine Cousine habe seine Ausreise vorgeschlagen und mithilfe eines Reisebüros organisiert, was 86.000 Yuan gekostet habe. Er wisse nicht, wieso er in Deutschland gelandet sei. Er möchte hier die deutsche Sprache lernen, seine Religion vertiefen und anderen Menschen von ihr erzählen. |
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| Mit Bescheid vom 10. Oktober 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge des Klägers auf Asylanerkennung (Ziffer 2) und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) sowie des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4) und drohte dem Kläger für den Fall, dass er der Ausreiseaufforderung nicht binnen 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens nachkomme, seine Abschiebung nach China an (Ziffer 5). Ferner befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). |
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| Schutz wegen einer Verfolgung als Mitglied der KdAG könne der Kläger nicht beanspruchen, da allein der pauschale Verweis auf Diskriminierungen im Herkunftsland nicht ausreichend sei, um einen Schutzbedarf zu belegen. Es müsse im Einzelfall dargelegt werden, mit welchen konkreten Maßnahmen ein Asylantragsteller persönlich konfrontiert war. Aus den Schilderungen des Antragstellers lasse sich nicht herleiten, dass bei seiner Rückkehr nach China mit einer schwerwiegenden Verletzung der grundlegenden Menschenrechte zu rechnen wäre. |
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| Der Antragsteller habe nur sehr vage vorgetragen, er sei während seiner zweitägigen Haft gefoltert worden. Konkrete Handlungen habe er nicht geschildert. Auch habe er im Anschluss an die behauptete Verhaftung unverfolgt zuhause leben können. Es sei zu unterstellen, dass er weiterhin seinen Glauben ausgeübt habe, da er nichts Gegenteiliges vorgetragen habe. Die Treffen mit den anderen Mitgliedern der Sekte hätten in kleinen Gruppen stattgefunden. Von Missionierungshandlungen für die Sekte habe der Antragsteller nicht berichtet. Auch seine Schilderungen, dass die Personenkontrollen aufgrund des bevorstehenden G-20-Gipfels verschärft worden seien, stünden nicht im Zusammenhang mit seiner behaupteten Furcht vor Verfolgung. Im Gegensatz dazu sei er in der Lage gewesen, ein Touristenvisum zu beantragen. Falls die Sicherheitsbehörden gegen ihn vorgehen gewollt hätten, hätte er ein solches Visum nicht erhalten. Er habe aber unverfolgt ausreisen gekonnt. |
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| Gegen den am 21.10.2016 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 30.10.2016 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und vorgebracht, er sei bereits zwei Mal aufgrund seines Glaubens festgenommen worden. Zur weiteren Begründung hat er zur Glaubhaftmachung der Repressalien der chinesischen Regierungen gegenüber den Anhängern der KdAG auf diverse Berichte verwiesen bzw. daraus zitiert. Wegen deren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. Ferner hat er ein Bestätigungsschreiben der Vorsitzenden der KdAG (Der Deutsche Zweig) e.V. vom 27.08.2017 über seine Anhängerschaft und seine Glaubensbetätigungen vorgelegt. Schließlich hat er seine Schilderungen zu den fluchtauslösenden Umständen aus dem Verwaltungsverfahren sowohl im schriftlichen Verfahren als auch im Rahmen seiner Anhörung während der fünfstündigen mündlichen Verhandlung nochmals vertieft. Wegen der bei der Anhörung gemachten Angaben wird auf die Niederschrift bzw. deren Anlage 1 verwiesen. |
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| Der Kläger beantragt - sachgerecht gefasst -, |
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| Nr. 1 und Nrn. 3 bis 5 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10. Oktober 2016, Az: - XXX -, aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, |
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| und hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, |
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| Sie hat sich zur Klageerwiderung auf die angefochtene Entscheidung bezogen. |
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| Das Gericht hat mit Beschluss vom 10.10.2017 den Rechtsstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen und zum Beweis der Tatsache, dass und wie der Kläger seinen Glauben an die KdAG in der Bundesrepublik Deutschland betätigt, die von dem Kläger als Mitglied seiner Kirchengruppe benannte und nach eigenen Angaben durch das Bundesamt bereits wegen ihrer Verfolgung als Mitglied der KdAG als Asylberechtigte anerkannte Zeugin vernommen. |
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| Wegen der Angaben der Zeugin wird auf die Anlage 2 zur Niederschrift zur mündlichen Verhandlung und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf den der beigezogenen Akte des Bundesamts Bezug genommen. Diese waren ebenso wie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel Gegenstand der mündlichen Verhandlung. |
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| I. Gemäß § 76 Abs. 1 AsylG entscheidet das Gericht den Rechtsstreit aufgrund des Kammerbeschlusses vom 10.10.2017 durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Dieser konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO). |
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| II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Denn der Kläger hat weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (nachfolgend 1.) oder des subsidiären Schutzstatus, noch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Der Bescheid des Bundesamts vom 10. Oktober 2016 ist nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung insoweit und auch hinsichtlich der Ausreiseanforderung unter Abschiebungsandrohung (nachfolgend 2.) nämlich jeweils rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| 1. Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. |
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| Gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG AufenthG wird einem Ausländer, der Flüchtling ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Flüchtling ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG - vorbehaltlich der Ausnahmen des § 3 Abs. 2 und 3 AsylG - ein Ausländer, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Prüfung der Verfolgungsgründe erfolgt nach näherer Maßgabe der §§ 3a bis 3e AsylG. |
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| Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die geltend gemachten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2013 - A 11 S 689/13 -, juris). Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU vom 20.12.2011 - Qualifikationsrichtlinie (QRL) - ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprächen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung ist bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des Merkmals „begründete Furcht“ weiterhin zu beachten, auch wenn auf sie - anders als nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in der bis zum 30.11.2013 gültigen Fassung - in §§ 3 ff. AsylG oder § 60 AufenthG nicht ausdrücklich Bezug genommen wird (Zeitler, HTK-AuslR, Stand 04/2016, § 3 AsylG, zu Abs. 1 Nr. 3.2). |
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| Bei alledem obliegt es dem Asylbewerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (§ 25 AsylG), die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt darlegen, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm für den Fall der Rückkehr in den Heimatstaat Verfolgung mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit und aus den behaupteten Verfolgungsgründen droht. Das Gericht muss auch in Asyl- und Flüchtlingsstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit des von einem Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor Verfolgung herleitet. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 26.10.1989 - 9 B 405/89 - InfAuslR 1990, 38 f.). Detailliert vorzutragen sind dabei insbesondere Verhaftungen, Überwachungsmaßnahmen, Verhöre, Befragungen, Hausdurchsuchungen und ähnliche Maßnahmen. Erhebliche, nicht überzeugend aufgelöste Widersprüche berechtigen regelmäßig zum Schluss auf die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.1988 - 9 C 32.87 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 79). An der erforderlichen Glaubhaftmachung von Fluchtgründen fehlt es ferner in der Regel auch, wenn der Asylbewerber sein Vorbringen im Lauf des Verfahrens in einer ins Gewicht fallenden Weise steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich betrachtet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Verfahren einführt, sowie auch dann, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder im Blick auf vergleichbare bekannte Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen. |
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| In Asylfällen ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Asylantragsteller ihre angeblich erlittenen Verfolgungen nicht selbst erlebt haben und diese nur aus asyltaktischen Gründen vorbringen. Anhand öffentlich zugänglicher Quellen zur Lage der Mitglieder der KdAG in China ist es möglich, sich eingehend mit den Verfolgungen der Angehörigen dieser Gruppe vertraut zu machen, ein Verfolgungsschicksal eines echten Anhängers nach Bedarf entsprechend den individuellen Gegebenheiten auf die eigene Person umzumünzen und es sich so anzueignen. Als Informationsquelle ist hierfür unter anderem die Selbstdarstellung der KdAG in ihrem Jahresbericht 2017 im Internet frei zugänglich. Sie enthält neben allgemeinen Ausführungen zu ihrer Verfolgung in China auch viele detaillierte Schilderungen einzelner Anhänger (The Church of Almighty God, 2017 Annual Report on the Chinese Communist Government’s Persecution of the Church of Almighty God, am 11.01.2017 verfügbar unter: https://www.eifrf-articles.org/attachment/930618/, Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch den Berichterstatter). Zudem zitiert der Kläger zur Klagebegründung selbst aus weiteren einschlägigen Quellen bzw. verweist auf diese. Mit einem ggfs. derartig erworbenen Wissen lassen sich auch Bestätigungsschreiben der KdAG erschleichen, ohne dass der attestierte Glauben tatsächlich identitätsbestimmend bzw. asyl- oder flüchtlingsschutzbegründend ist. |
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| Gemessen an diesen Beurteilungsmaßstäben kann der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hier nicht beanspruchen, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG i. V. m. §§ 3a bis 3d AsylG in Bezug auf ihn und sein Herkunftsland China nicht vorliegen. Er kann keine begründete Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland glaubhaft machen. Der Einzelrichter vermag nicht die volle Überzeugung von der Wahrheit der Verfolgungsgeschichte des Klägers erlangen. Entsprechend der Beweislastverteilung liegt dieser tatrichterlichen Würdigung die Hypothese zugrunde, dass die Verfolgungsgeschichte zunächst als unwahr anzusehen ist, es sei denn, dass sie durch positive Glaubhaftigkeitsmerkmale belegt werden kann. Vorliegend verbleiben jedoch erhebliche Zweifel, dass der Kläger in China als Mitglied der KdAG selbst Verfolgungen erlitten hat. |
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| Die erheblichen Zweifel an der Erlebnisbasiertheit des vom Kläger geschilderten Verfolgungsschicksals beruhen auf Unstimmigkeiten auch in solchen Punkten, die für die behauptete Verfolgungsfurcht von zentraler Bedeutung sind. Sein Vorbringen ist in erheblichem Umfang widersprüchlich bzw. unschlüssig und damit unglaubhaft [nachfolgend a)]. Auch das vorgelegte Bestätigungsschreiben vermag die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit nicht zu beseitigen [b)]. Im Übrigen dürfte das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags im vorliegenden Einzelfall zurecht auch maßgeblich darauf gestützt haben, dass der Kläger vermochte, unter eigenem Namen einen Reisepass und ein Reisevisum zu beantragen und über den Flughafen aus China auszureisen [c)]. |
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| a) Das Vorbringen des Klägers ist in erheblichem Umfang widersprüchlich bzw. unschlüssig und damit unglaubhaft geblieben. |
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| Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Behauptung, er hätte als Mitglied der KdAG China aus Furcht vor weiterer Verfolgung verlassen, spricht bereits, dass er sich seinen Angaben zufolge erst ab 2013 mit diesem Glauben beschäftigt hätte. Nach der VISA-Gesamtauskunft (Bl. 7 Bundesamtsakte) hatte er aber bereits zwei Mal zuvor seinen Ausreisewillen in die Tat umzusetzen versucht, indem er am XXX und am XXX jeweils die Ausstellung eines Visums zur Einreise in die Bundesrepublik beantragte. |
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| Sein diesbezügliches Vorbringen begründet auch massive Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit. Denn die Frage des Gerichts, ob er oder ein anderer jemals zuvor für ihn ein Visum beantragt habe, bevor dies im Sommer 2016 geschehen sei, verneint der Kläger wahrheitswidrig. Er gibt stattdessen an, der Gedanke, ins Ausland zu gehen, wäre ihm zuvor niemals gekommen. Selbst auf den diesbezüglichen Vorhalt des Akteninhalts und nach gemeinsamer Inaugenscheinnahme der VISA-Gesamtauskunft mitsamt Übersetzung der dortigen Eintragungen durch die Dolmetscherin streitet er ab, vor dem XXX jemals ein Visum beantragt zu haben. Dass er alle vorherigen Visaanträge vergessen haben könnte, kann dabei ausgeschlossen werden, weil er ein Visum auch schon am XXX, am XXX sowie am XXX - d.h.: insgesamt also bereits fünf Mal zuvor - beantragt hatte. |
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| Ferner lässt das Vorbringen des Klägers zu den Umständen seiner Konversion den zu erwartenden Detailreichtum auch auf Nachfrage vermissen. Sein angeblich wichtiges religiöses Erlebnis vermag er auch auf Nachfragen des Gerichts nur floskelhaft und oberflächlich zu schildern. Lebensfern mutet an, dass er sein angebliches religiöses Erweckungserlebnis der von ihm benannten Zeugin niemals berichtet hätte, obgleich sie beide als Mitglieder der KdAG in Mannheim ihren Glauben gemeinsam betätigt hätten. Diese Einlassung widerspricht erstens der allgemeinen Lebenserfahrung und zweitens dem vom Kläger vorgelegten Bestätigungsschreiben der KdAG vom 27.08.2017, demzufolge er oft seine religiösen Erfahrungen bei Mitgliedertreffen teilen würde. Drittens widerspricht diese Einlassung seiner Antwort auf die Frage des Gerichts, welche Sicherheitsvorkehrungen es bei Versammlungen der Kirche des Allmächtigen Gottes - Deutscher Zweig - gebe, damit Agenten der chinesischen Regierung diese nicht unterwandern können. Der Kläger erklärte hierzu wörtlich: „Wir tauschen uns bei unserem Treffen nur über unsere Erfahrungen aus.“ Viertens widerspricht diese Einlassung seiner Antwort auf die Frage des Gerichts, was bei einem Online-Gottesdienst geschehe, der zufolge das „Erzählen von unseren Erlebnissen“ zum ständigen Ritus der kollektiven Glaubensbetätigung während der Gruppentreffen gehöre. Aus eben diesen Gründen mutet es auch unglaubhaft an, dass die Zeugin dem Kläger nach dessen Angaben nicht von ihren religiösen Erlebnissen erzählt haben soll. |
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| Ungereimtheiten sind auch hinsichtlich der vom Kläger geschilderten Festnahme am 20.12.2015 festzustellen. Gegenüber dem Bundesamt hatte er erklärt, dies sei in einem Zimmer geschehen, welches der Sekte gehöre. Im Widerspruch hierzu gibt er bei Gericht an, er selbst hätte das Haus, in dem die Razzia stattgefunden hätte, angemietet. |
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| Widersprüchlich sind ferner die Aussagen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Frage, wer die 10.000 Yuan für seine Freilassung aus der Haft am 22.12.2015 bezahlt hätte: Nachdem er diese Zahlung erst seiner Mutter und später seiner Ehefrau zugeschrieben hatte, steigerte er sein Vorbringen auf einen entsprechenden Vorhalt dahingehend, dass beide Frauen zugegen gewesen wären. Gleichermaßen inkonstant ist sein Vorbringen, soweit er während seiner Anhörungen durch Bundesamt und Gericht jeweils angegeben hat, er wäre kein weiteres Mal festgenommen worden, im Widerspruch hierzu seine Prozessbevollmächtigte jedoch (sowohl zur schriftlichen Klagebegründung als auch nach Prüfung ihrer Notizen während der mündlichen Verhandlung) berichtet, der Kläger sei im Mandantengespräch dahingehend übersetzt worden, dass er von zwei Festnahmen gesprochen habe. |
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| Weitere Unstimmigkeiten betreffen die Schilderungen zum Untertauchen nach seiner Freilassung am 22.12.2015: Während es einmal heißt, er habe zuvor noch zwei Monate zuhause bei seiner Ehefrau gelebt, gibt er ein anderes Mal an, er wäre bereits am 20.01.2016 untergetaucht. Obwohl er gegenüber dem Bundesamt angegeben hatte, er sei hierzu zu (mehreren) Verwandten gegangen, die Angst gehabt hätten, dass seine Anwesenheit ihnen schaden könnte, gibt er gegenüber dem Gericht an, nur er und sein Cousin hätten damals in dessen Haus gewohnt. Einerseits hieß es gegenüber dem Bundesamt, an seinem Zufluchtsort wäre kein Verwandter ein Mitglied der KdAG gewesen; andererseits behauptet der Kläger gegenüber dem Gericht zunächst spontan, er persönlich hätte den Cousin zum Glauben an die KdAG bekehrt und später die Frage, welche Verwandten er jemals habe bekehren können, insoweit widersprüchlich mit den Worten: „Zwei Schwestern mütterlicherseits.“ Schließlich hatte er beim Bundesamt im Zusammenhang mit der Ausreiseidee und den Reisevorbereitungen wiederholt von einer „Cousine“ (weiblichen Geschlechts) berichtet. Gegenüber dem Gericht bemüht er jedoch insofern jeweils seinen „Cousin“ (männlichen Geschlechts). |
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| Auch vermag der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht alle Umstände hinsichtlich seiner geglückten Flucht vor dem polizeilichen Festnahmeversucht am 20.06.2015 nachvollziehbar darzulegen. Insbesondere leuchtet nicht ein, wie er die Polizisten durch das zur Straßenseite gerichtete Küchenfenster des Hauses von Chun Hua aus hätte beobachten können sollen, während diese ihn angeblich in der Umgebung des Hauses von Chun Lan suchten. Denn seinen weiteren Beschreibungen der Örtlichkeiten zufolge hätte er diesen Bereich vom Küchenfenster aus unmöglich einsehen können. Er gibt nämlich an, die Straße verliefe dort in einem Bogen, auf dessen kürzerer, innerer Seite sich beide Häuser befänden; das Haus Chun Lans läge weiter hinten als das Haus Chun Huas. Demzufolge hätte der Kläger durch das Küchenfenster im ersten Stockwerk zur Straßenseite um oder durch die Hauswand des Gebäudes, in dem er sich befand, schauen können müssen, um die Umgebung des anderen Hauses einsehen zu können. Wie er das bewerkstelligt haben sollte, erschließt sich nicht, zumal sich angeblich noch zwei Wohnhäuser mit zweieinhalb bzw. drei Stockwerken zwischen den Häusern der beiden Schwestern befänden. Der Glaubhaftigkeit dieser Schilderungen ist auch abträglich, dass der Kläger im Widerspruch zu seinen mündlichen Angaben bei der handschriftlichen Skizzierung der Örtlichkeiten eine kerzengerade - d. h.: keine gebogene - Straße zeichnete (vgl. Anlage 3 zur Niederschrift). Das Gericht bezweifelt auch deswegen, dass die diesbezüglichen Angaben des Klägers auf tatsächlichen Erlebnissen beruhen. Die genannten Ungereimtheiten deuten nämlich insgesamt auf eine missglückte spontane Weiterentwicklung einer angeeigneten Verfolgungsgeschichte hin. |
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| b) Auch das vorgelegte Bestätigungsschreiben der Vorsitzenden der KdAG (Der Deutsche Zweig) e.V. mit Sitz in Regensburg vom 27.08.2017 über die Anhängerschaft und die Glaubensbetätigungen des Klägers in der Bundesrepublik vermögen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers bzw. der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens nicht hinreichend zu beseitigen. |
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| Nach gefestigter Rechtsprechung ist es die Aufgabe des Gerichts, sich von der Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels ein eigenes Bild zu machen. Daraus folgt, dass eine beweisrechtliche Bindung des Gerichts an die Ausstellung einer Einschätzung der Glaubensüberzeugung eines Konvertiten durch eine Kirchgemeinde für die Ernsthaftigkeit der Konversion abgelehnt wird. Kirchliche Bescheinigungen sind deswegen zwar nicht völlig unbeachtlich. Ihr Gewicht hängt aber davon ab, in welchem Umfange sie detailliert und differenziert Auskunft über die Teilnahme des Asylbewerbers an Aktivitäten durch den Ausstellenden erkennen lassen (Uwe Berlit, Harald Döring, Hugo Storey, Glaubhaftigkeitsprüfung bei Asylklagen aufgrund religiöser Konversion oder Homosexualität: Ein Ansatz von Praktikern (Teil 1), ZAR 2016, 281-288, Gliederungspunkt 3.8.2, m.w.N.). |
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| Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt dem Bestätigungsschreiben vom 27.08.2017 kein entscheidungserhebliches Gewicht für diesen Rechtsstreit zu. Ihm ist schon nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage die bundesweit verantwortliche Vorsitzende die Frömmigkeit oder die Glaubensbetätigungen des Klägers wahrheitsgemäß zu beschreiben bzw. zutreffend zu beurteilen vermag. Der Kläger lebt(e) in der Bundesrepublik nämlich nach Aktenlage zu keiner Zeit weniger als 250 Kilometer entfernt von den Büroräumen der Verantwortlichen in Regensburg. Während seiner Anhörung hat er von der Verantwortlichen unentwegt fälschlich als einer Person männlichen Geschlechts gesprochen und überdies eingeräumt, sie (bzw. „ihn“) noch nie persönlich getroffen und ihr (bzw. „ihm“) seinen echten Namen nur mittels Hotline der KdAG, die sich auf deren Webseite befinde, zur Ausstellung der Bestätigung mitgeteilt zu haben. Außerdem ist die Bestätigung pauschal und detailarm. Sie erschöpft sich in den Behauptungen, der Kläger sei ein frommer und aktiver Christ, der die Liebe Gottes begreife, nach einem tieferen Verständnis dessen Worte strebe, dieses Verständnis sowie seine Erfahrungen damit bei regelmäßigen Teilnahmen am Online-Gottesdienst mit Glaubensgeschwistern teile, seine Glaubensgeschwister mit Liebe behandele und mit ihnen göttliche Hilfe und Unterstützung erfahre. |
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| Unter Berücksichtigung der oben dargelegten fehlenden Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers zu seinen angeblich glaubensbedingt in China erlittenen Vorverfolgungen beseitigt das vorliegende Bestätigungsschreiben damit nicht die tatrichterlichen Zweifel, dass sich der Kläger im Internet und in den Online-Foren der KdAG ausgiebig über Verfolgungsschicksale echter Mitglieder der KdAG aus asyltaktischen Gründen informiert und sich ein solches zu eigen gemacht haben könnte. |
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| Entsprechend verhält es sich mit dem Ergebnis der Vernehmung der Zeugin. Auch diese konnte - schon, weil sie den Kläger erst nach dessen Einreise nach Deutschland in der gemeinsamen Flüchtlingsunterkunft in Mannheim kennengelernt hat - aus eigener Wahrnehmung nichts über die fluchtauslösenden Umstände berichten. Hinsichtlich der Glaubensbetätigung des Klägers in der Bundesrepublik konnte sie lediglich oberflächliche Angaben machen: Sie hätten zusammen Kirchenlieder gesungen, Gottes Wort gelesen und Erfahrungen ausgetauscht. Zudem ist das von dem Kläger und der Zeugin in der mündlichen Verhandlung gemeinsam text- und melodiesicher vorgetragene Lied mit religiösen Texten einer asyltaktischen Aneignung nicht weniger zugänglich als sonstige auswendig erlernbare Glaubensinhalte. Gemessen an der oben dargelegten fehlenden persönlichen Glaubwürdigkeit des Klägers und den erheblichen Zweifeln an der Erlebnisbasiertheit seiner Angaben zu den angeblich in China erlittenen Vorverfolgungen, beseitigen diese pauschalen Angaben selbst unter Berücksichtigung der kirchlichen Bestätigungsschreiben nach allem nicht die richterlichen Zweifel, dass sich der Kläger das Verfolgungsschicksal echter Mitglieder der KdAG aus asyltaktischen Gründen zu eigen gemacht und sich hierzu auch auf den Webseiten und in den Online-Foren der KdAG ausgiebig informiert und haben könnte. |
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| c) Unter Berücksichtigung der Ausführungen kann offenbleiben, ob das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags zurecht auch maßgeblich darauf stützen durfte, dass der Kläger trotz angeblicher polizeilicher Fahndung unter eigenem Namen unter seinem echten Namen einen Reisepass sowie ein Reisevisum beantragen und über den Flughafen aus China auszureisen vermochte. |
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| Dafür spricht zwar, dass ein chinesischer Staatsangehöriger zur Ausreise aus China nach den einschlägigen Informationen im Regelfall einen gültigen Reisepass, welchen das jeweilige Bezirksamt für öffentliche Sicherheit am Meldewohnort nach Vorlage des Personalausweises und des Haushaltsregisters („Hukou“) sowie nach Zahlung einer Gebühr von ca. 25,- EUR erteilt, und, sofern er für den Zielstaat visumpflichtig ist, auch das entsprechende Visum des Zielstaates benötigt. Dabei darf nicht der Versagungsgrund des polizeilichen Ermittlungsverfahrens, des laufenden Strafverfahrens, des Strafvollzugs oder des vorherigen Aufenthalts in einer Besserungsanstalt und auch nicht der Verdacht vorliegen, die Person werde bei Reisen ins Ausland die Sicherheit bzw. Interessen des Staates verraten bzw. sabotieren. Am Flughafen laufen die Passkontrollen in der Regel zügig ab, wobei während der Ein- und Ausreise eine entsprechende Datenerfassung im System der chinesischen Immigrationsbehörden erfolgt und die Daten mit dem aktuellen Fahndungsbestand abgeglichen werden, sodass eine zur Fahndung ausgeschriebene oder politisch unliebsame Person am Grenzübertritt gehindert wird (Auswärtiges Amt, Lagebericht China, 23.12.2017, S. 29). In verschiedenen Fällen haben Grenzbeamte in der Vergangenheit gegenüber chinesischen Bürgerinnen und Bürgern die «Gefährdung der nationalen Sicherheit» als Grund für das Verweigern der Ausreise genannt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Sicherheitsdienste der Flughäfen Zugang zur Onlinedatenbank des Chinesischen Büros für Öffentliche Sicherheit bzw. Zugriff auf Informationen zu gerichtlich verurteilten oder polizeilich gesuchten Personen haben. Sofern eine Person in der entsprechenden Datenbank erfasst ist, kann sie daher von den Sicherheitsdiensten beim Versuch der Ausreise identifiziert werden (Schweizerische Flüchtlingshilfe -, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse zu China: Eastern Lightning/Church of Almighty God - „Schnellrecherche“ -, 20.01.2017,, S. 19 bis 20). |
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| Gegen das Argument der legalen Ausreise spricht jedoch, dass die Herstellung oder Beschaffung gefälschter oder formal echter, aber inhaltlich unwahrer Dokumente verschiedenster Art seit langem ohne besondere Schwierigkeiten in ganz China möglich ist. Die überwiegende Anzahl der bislang der Deutschen Botschaft in Peking von deutschen Behörden oder Gerichten im Zusammenhang mit Asylverfahren vorgelegten amtlichen Dokumente sind gefälscht. Immer wieder tauchen verfälschte chinesische Reisepässe auf, die mit gefälschten oder rechtswidrig erlangten Visa sowie gefälschten Ein- und Ausreisestempeln versehen sind (vgl. AA, Lagebericht China, 23.12.2017, S. 28 f.). |
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| Der Kläger bringt insoweit in der mündlichen Verhandlung vor, er habe zur Ausreise die Dienste eines „Reisebüros“ zum Preis von 86.000 Yuan in Anspruch genommen, nachdem sein als Polizist tätiger Onkel vorab geprüft habe, ob die Sicherheitsbehörden im Internet nach ihm fahndeten. |
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| Kosten in der genannten Höhe dürften ungefähr das zehnfache der normalen Aufwendungen für Hin- und Rückflug nebst Gebühren für Pass- und Visumbeschaffung darstellen und daher auf eine illegale Ausreise mit teuer erschlichenen Papieren hindeuten. Dem Gericht leuchtet insofern nicht ein, wieso die Reisevorbereitungen im Einzelfall des Klägers außergewöhnlich teuer gewesen sein sollten, wenngleich es - ob der familiären Unterstützung - gerade keiner teuren Bestechung eines korrupten Mitarbeiters der Sicherheitsbehörden zur Prüfung bzw. Löschung etwaiger Eintragungen aus deren Fahndungslisten bedurft hätte. |
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| Dies braucht hier jedoch nicht abschließend gewürdigt zu werden. Denn es bestehen in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalls auch ungeachtet der Problematik der (ggfs. legalen) Ausreise erhebliche Zweifel an der zur Begründung des Asylantrags vorgetragenen Verfolgungsgeschichte. Unter Berücksichtigung der unter a) und b) dargelegten Ungereimtheiten hinsichtlich des geschilderten Verfolgungsschicksals kann der Kläger ohnehin nicht glaubhaft machen, dass ihm vor seiner Ausreise aus China aufgrund seines Glaubens asylerhebliche Repressalien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohten. |
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| Es ist auch nicht ersichtlich, dass ihm aufgrund von berücksichtigungsfähigen Nachfluchttatbeständen bei seiner Rückkehr in sein Heimatland (nunmehr) Verfolgung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit droht. Schon weil sich das Gericht nicht davon überzeugen kann, dass der Glauben an die KdAG für den Kläger (jemals) identitätsstiftende Bedeutung hat(te), vermag der Kläger nicht glaubhaft zu machen, dass ihm im Falle seiner Rückkehr Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Anhängerschaft bei dieser Religionsgemeinschaft drohten. Da sich seine Religionsausübung in der Bundesrepublik Deutschland auch nicht als herausgehoben darstellt, ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er ihretwegen in das Blickfeld der chinesischen Behörden geraten und mit ihr bei oder nach der Einreise in sein Heimatland konfrontiert werden könnte. Nach alldem steht dem Kläger kein Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG zu. |
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| 2. Er kann auch die Zuerkennung internationalen subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG oder die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, nicht verlangen, da ihm in China kein „ernsthafter Schaden“ im Sinne des § 4 AsylG droht und auch keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes ersichtlich sind. Insbesondere wird es ihm auch nach seiner Rückkehr möglich sein, als 40 Jahre junger, erwerbsfähiger Schweißer mit 18 Jahren handwerklicher Berufserfahrung und gutem Schulbildungsniveau gemeinsam mit seiner ebenfalls erwerbstätigen Ehefrau den Lebensunterhalt für sich und seine Angehörigen zu sichern, zumal er nach eigenen Angaben unter keinen Krankheiten mehr leidet und imstande gewesen sei, für die Ausreise mittels Vermittler bzw. Flug 86.000 Yuan aufzuwenden. |
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| Der Bescheid des Bundesamts vom 10. Oktober 2016 ist schließlich auch wegen der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht vom Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, da sie jeweils rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Insofern und auch im Übrigen sieht der Einzelrichter von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da er den Feststellungen und Begründungen des angefochtenen Bescheides des Bundesamts vom 10. Oktober 2016 folgt. Gemäß § 77 Abs. 2 AsylG wird auf den Bescheid insoweit verwiesen, weil der Kläger den dortigen Ausführungen nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten ist. |
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| Der Einzelrichter hat keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
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| I. Gemäß § 76 Abs. 1 AsylG entscheidet das Gericht den Rechtsstreit aufgrund des Kammerbeschlusses vom 10.10.2017 durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Dieser konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO). |
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| II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Denn der Kläger hat weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (nachfolgend 1.) oder des subsidiären Schutzstatus, noch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Der Bescheid des Bundesamts vom 10. Oktober 2016 ist nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung insoweit und auch hinsichtlich der Ausreiseanforderung unter Abschiebungsandrohung (nachfolgend 2.) nämlich jeweils rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| 1. Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und 4 AsylG. |
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| Gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG AufenthG wird einem Ausländer, der Flüchtling ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Flüchtling ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG - vorbehaltlich der Ausnahmen des § 3 Abs. 2 und 3 AsylG - ein Ausländer, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Prüfung der Verfolgungsgründe erfolgt nach näherer Maßgabe der §§ 3a bis 3e AsylG. |
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| Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die geltend gemachten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d. h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2013 - A 11 S 689/13 -, juris). Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU vom 20.12.2011 - Qualifikationsrichtlinie (QRL) - ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprächen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung ist bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des Merkmals „begründete Furcht“ weiterhin zu beachten, auch wenn auf sie - anders als nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in der bis zum 30.11.2013 gültigen Fassung - in §§ 3 ff. AsylG oder § 60 AufenthG nicht ausdrücklich Bezug genommen wird (Zeitler, HTK-AuslR, Stand 04/2016, § 3 AsylG, zu Abs. 1 Nr. 3.2). |
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| Bei alledem obliegt es dem Asylbewerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (§ 25 AsylG), die Gründe für seine Furcht vor Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt darlegen, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm für den Fall der Rückkehr in den Heimatstaat Verfolgung mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit und aus den behaupteten Verfolgungsgründen droht. Das Gericht muss auch in Asyl- und Flüchtlingsstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit des von einem Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor Verfolgung herleitet. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 26.10.1989 - 9 B 405/89 - InfAuslR 1990, 38 f.). Detailliert vorzutragen sind dabei insbesondere Verhaftungen, Überwachungsmaßnahmen, Verhöre, Befragungen, Hausdurchsuchungen und ähnliche Maßnahmen. Erhebliche, nicht überzeugend aufgelöste Widersprüche berechtigen regelmäßig zum Schluss auf die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.02.1988 - 9 C 32.87 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 79). An der erforderlichen Glaubhaftmachung von Fluchtgründen fehlt es ferner in der Regel auch, wenn der Asylbewerber sein Vorbringen im Lauf des Verfahrens in einer ins Gewicht fallenden Weise steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich betrachtet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Verfahren einführt, sowie auch dann, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder im Blick auf vergleichbare bekannte Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen. |
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| In Asylfällen ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass Asylantragsteller ihre angeblich erlittenen Verfolgungen nicht selbst erlebt haben und diese nur aus asyltaktischen Gründen vorbringen. Anhand öffentlich zugänglicher Quellen zur Lage der Mitglieder der KdAG in China ist es möglich, sich eingehend mit den Verfolgungen der Angehörigen dieser Gruppe vertraut zu machen, ein Verfolgungsschicksal eines echten Anhängers nach Bedarf entsprechend den individuellen Gegebenheiten auf die eigene Person umzumünzen und es sich so anzueignen. Als Informationsquelle ist hierfür unter anderem die Selbstdarstellung der KdAG in ihrem Jahresbericht 2017 im Internet frei zugänglich. Sie enthält neben allgemeinen Ausführungen zu ihrer Verfolgung in China auch viele detaillierte Schilderungen einzelner Anhänger (The Church of Almighty God, 2017 Annual Report on the Chinese Communist Government’s Persecution of the Church of Almighty God, am 11.01.2017 verfügbar unter: https://www.eifrf-articles.org/attachment/930618/, Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch den Berichterstatter). Zudem zitiert der Kläger zur Klagebegründung selbst aus weiteren einschlägigen Quellen bzw. verweist auf diese. Mit einem ggfs. derartig erworbenen Wissen lassen sich auch Bestätigungsschreiben der KdAG erschleichen, ohne dass der attestierte Glauben tatsächlich identitätsbestimmend bzw. asyl- oder flüchtlingsschutzbegründend ist. |
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| Gemessen an diesen Beurteilungsmaßstäben kann der Kläger die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hier nicht beanspruchen, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG i. V. m. §§ 3a bis 3d AsylG in Bezug auf ihn und sein Herkunftsland China nicht vorliegen. Er kann keine begründete Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland glaubhaft machen. Der Einzelrichter vermag nicht die volle Überzeugung von der Wahrheit der Verfolgungsgeschichte des Klägers erlangen. Entsprechend der Beweislastverteilung liegt dieser tatrichterlichen Würdigung die Hypothese zugrunde, dass die Verfolgungsgeschichte zunächst als unwahr anzusehen ist, es sei denn, dass sie durch positive Glaubhaftigkeitsmerkmale belegt werden kann. Vorliegend verbleiben jedoch erhebliche Zweifel, dass der Kläger in China als Mitglied der KdAG selbst Verfolgungen erlitten hat. |
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| Die erheblichen Zweifel an der Erlebnisbasiertheit des vom Kläger geschilderten Verfolgungsschicksals beruhen auf Unstimmigkeiten auch in solchen Punkten, die für die behauptete Verfolgungsfurcht von zentraler Bedeutung sind. Sein Vorbringen ist in erheblichem Umfang widersprüchlich bzw. unschlüssig und damit unglaubhaft [nachfolgend a)]. Auch das vorgelegte Bestätigungsschreiben vermag die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit nicht zu beseitigen [b)]. Im Übrigen dürfte das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags im vorliegenden Einzelfall zurecht auch maßgeblich darauf gestützt haben, dass der Kläger vermochte, unter eigenem Namen einen Reisepass und ein Reisevisum zu beantragen und über den Flughafen aus China auszureisen [c)]. |
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| a) Das Vorbringen des Klägers ist in erheblichem Umfang widersprüchlich bzw. unschlüssig und damit unglaubhaft geblieben. |
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| Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Behauptung, er hätte als Mitglied der KdAG China aus Furcht vor weiterer Verfolgung verlassen, spricht bereits, dass er sich seinen Angaben zufolge erst ab 2013 mit diesem Glauben beschäftigt hätte. Nach der VISA-Gesamtauskunft (Bl. 7 Bundesamtsakte) hatte er aber bereits zwei Mal zuvor seinen Ausreisewillen in die Tat umzusetzen versucht, indem er am XXX und am XXX jeweils die Ausstellung eines Visums zur Einreise in die Bundesrepublik beantragte. |
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| Sein diesbezügliches Vorbringen begründet auch massive Zweifel an seiner persönlichen Glaubwürdigkeit. Denn die Frage des Gerichts, ob er oder ein anderer jemals zuvor für ihn ein Visum beantragt habe, bevor dies im Sommer 2016 geschehen sei, verneint der Kläger wahrheitswidrig. Er gibt stattdessen an, der Gedanke, ins Ausland zu gehen, wäre ihm zuvor niemals gekommen. Selbst auf den diesbezüglichen Vorhalt des Akteninhalts und nach gemeinsamer Inaugenscheinnahme der VISA-Gesamtauskunft mitsamt Übersetzung der dortigen Eintragungen durch die Dolmetscherin streitet er ab, vor dem XXX jemals ein Visum beantragt zu haben. Dass er alle vorherigen Visaanträge vergessen haben könnte, kann dabei ausgeschlossen werden, weil er ein Visum auch schon am XXX, am XXX sowie am XXX - d.h.: insgesamt also bereits fünf Mal zuvor - beantragt hatte. |
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| Ferner lässt das Vorbringen des Klägers zu den Umständen seiner Konversion den zu erwartenden Detailreichtum auch auf Nachfrage vermissen. Sein angeblich wichtiges religiöses Erlebnis vermag er auch auf Nachfragen des Gerichts nur floskelhaft und oberflächlich zu schildern. Lebensfern mutet an, dass er sein angebliches religiöses Erweckungserlebnis der von ihm benannten Zeugin niemals berichtet hätte, obgleich sie beide als Mitglieder der KdAG in Mannheim ihren Glauben gemeinsam betätigt hätten. Diese Einlassung widerspricht erstens der allgemeinen Lebenserfahrung und zweitens dem vom Kläger vorgelegten Bestätigungsschreiben der KdAG vom 27.08.2017, demzufolge er oft seine religiösen Erfahrungen bei Mitgliedertreffen teilen würde. Drittens widerspricht diese Einlassung seiner Antwort auf die Frage des Gerichts, welche Sicherheitsvorkehrungen es bei Versammlungen der Kirche des Allmächtigen Gottes - Deutscher Zweig - gebe, damit Agenten der chinesischen Regierung diese nicht unterwandern können. Der Kläger erklärte hierzu wörtlich: „Wir tauschen uns bei unserem Treffen nur über unsere Erfahrungen aus.“ Viertens widerspricht diese Einlassung seiner Antwort auf die Frage des Gerichts, was bei einem Online-Gottesdienst geschehe, der zufolge das „Erzählen von unseren Erlebnissen“ zum ständigen Ritus der kollektiven Glaubensbetätigung während der Gruppentreffen gehöre. Aus eben diesen Gründen mutet es auch unglaubhaft an, dass die Zeugin dem Kläger nach dessen Angaben nicht von ihren religiösen Erlebnissen erzählt haben soll. |
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| Ungereimtheiten sind auch hinsichtlich der vom Kläger geschilderten Festnahme am 20.12.2015 festzustellen. Gegenüber dem Bundesamt hatte er erklärt, dies sei in einem Zimmer geschehen, welches der Sekte gehöre. Im Widerspruch hierzu gibt er bei Gericht an, er selbst hätte das Haus, in dem die Razzia stattgefunden hätte, angemietet. |
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| Widersprüchlich sind ferner die Aussagen des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Frage, wer die 10.000 Yuan für seine Freilassung aus der Haft am 22.12.2015 bezahlt hätte: Nachdem er diese Zahlung erst seiner Mutter und später seiner Ehefrau zugeschrieben hatte, steigerte er sein Vorbringen auf einen entsprechenden Vorhalt dahingehend, dass beide Frauen zugegen gewesen wären. Gleichermaßen inkonstant ist sein Vorbringen, soweit er während seiner Anhörungen durch Bundesamt und Gericht jeweils angegeben hat, er wäre kein weiteres Mal festgenommen worden, im Widerspruch hierzu seine Prozessbevollmächtigte jedoch (sowohl zur schriftlichen Klagebegründung als auch nach Prüfung ihrer Notizen während der mündlichen Verhandlung) berichtet, der Kläger sei im Mandantengespräch dahingehend übersetzt worden, dass er von zwei Festnahmen gesprochen habe. |
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| Weitere Unstimmigkeiten betreffen die Schilderungen zum Untertauchen nach seiner Freilassung am 22.12.2015: Während es einmal heißt, er habe zuvor noch zwei Monate zuhause bei seiner Ehefrau gelebt, gibt er ein anderes Mal an, er wäre bereits am 20.01.2016 untergetaucht. Obwohl er gegenüber dem Bundesamt angegeben hatte, er sei hierzu zu (mehreren) Verwandten gegangen, die Angst gehabt hätten, dass seine Anwesenheit ihnen schaden könnte, gibt er gegenüber dem Gericht an, nur er und sein Cousin hätten damals in dessen Haus gewohnt. Einerseits hieß es gegenüber dem Bundesamt, an seinem Zufluchtsort wäre kein Verwandter ein Mitglied der KdAG gewesen; andererseits behauptet der Kläger gegenüber dem Gericht zunächst spontan, er persönlich hätte den Cousin zum Glauben an die KdAG bekehrt und später die Frage, welche Verwandten er jemals habe bekehren können, insoweit widersprüchlich mit den Worten: „Zwei Schwestern mütterlicherseits.“ Schließlich hatte er beim Bundesamt im Zusammenhang mit der Ausreiseidee und den Reisevorbereitungen wiederholt von einer „Cousine“ (weiblichen Geschlechts) berichtet. Gegenüber dem Gericht bemüht er jedoch insofern jeweils seinen „Cousin“ (männlichen Geschlechts). |
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| Auch vermag der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht alle Umstände hinsichtlich seiner geglückten Flucht vor dem polizeilichen Festnahmeversucht am 20.06.2015 nachvollziehbar darzulegen. Insbesondere leuchtet nicht ein, wie er die Polizisten durch das zur Straßenseite gerichtete Küchenfenster des Hauses von Chun Hua aus hätte beobachten können sollen, während diese ihn angeblich in der Umgebung des Hauses von Chun Lan suchten. Denn seinen weiteren Beschreibungen der Örtlichkeiten zufolge hätte er diesen Bereich vom Küchenfenster aus unmöglich einsehen können. Er gibt nämlich an, die Straße verliefe dort in einem Bogen, auf dessen kürzerer, innerer Seite sich beide Häuser befänden; das Haus Chun Lans läge weiter hinten als das Haus Chun Huas. Demzufolge hätte der Kläger durch das Küchenfenster im ersten Stockwerk zur Straßenseite um oder durch die Hauswand des Gebäudes, in dem er sich befand, schauen können müssen, um die Umgebung des anderen Hauses einsehen zu können. Wie er das bewerkstelligt haben sollte, erschließt sich nicht, zumal sich angeblich noch zwei Wohnhäuser mit zweieinhalb bzw. drei Stockwerken zwischen den Häusern der beiden Schwestern befänden. Der Glaubhaftigkeit dieser Schilderungen ist auch abträglich, dass der Kläger im Widerspruch zu seinen mündlichen Angaben bei der handschriftlichen Skizzierung der Örtlichkeiten eine kerzengerade - d. h.: keine gebogene - Straße zeichnete (vgl. Anlage 3 zur Niederschrift). Das Gericht bezweifelt auch deswegen, dass die diesbezüglichen Angaben des Klägers auf tatsächlichen Erlebnissen beruhen. Die genannten Ungereimtheiten deuten nämlich insgesamt auf eine missglückte spontane Weiterentwicklung einer angeeigneten Verfolgungsgeschichte hin. |
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| b) Auch das vorgelegte Bestätigungsschreiben der Vorsitzenden der KdAG (Der Deutsche Zweig) e.V. mit Sitz in Regensburg vom 27.08.2017 über die Anhängerschaft und die Glaubensbetätigungen des Klägers in der Bundesrepublik vermögen die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers bzw. der Glaubhaftigkeit seines Vorbringens nicht hinreichend zu beseitigen. |
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| Nach gefestigter Rechtsprechung ist es die Aufgabe des Gerichts, sich von der Ernsthaftigkeit eines Glaubenswechsels ein eigenes Bild zu machen. Daraus folgt, dass eine beweisrechtliche Bindung des Gerichts an die Ausstellung einer Einschätzung der Glaubensüberzeugung eines Konvertiten durch eine Kirchgemeinde für die Ernsthaftigkeit der Konversion abgelehnt wird. Kirchliche Bescheinigungen sind deswegen zwar nicht völlig unbeachtlich. Ihr Gewicht hängt aber davon ab, in welchem Umfange sie detailliert und differenziert Auskunft über die Teilnahme des Asylbewerbers an Aktivitäten durch den Ausstellenden erkennen lassen (Uwe Berlit, Harald Döring, Hugo Storey, Glaubhaftigkeitsprüfung bei Asylklagen aufgrund religiöser Konversion oder Homosexualität: Ein Ansatz von Praktikern (Teil 1), ZAR 2016, 281-288, Gliederungspunkt 3.8.2, m.w.N.). |
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| Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt dem Bestätigungsschreiben vom 27.08.2017 kein entscheidungserhebliches Gewicht für diesen Rechtsstreit zu. Ihm ist schon nicht zu entnehmen, auf welcher Grundlage die bundesweit verantwortliche Vorsitzende die Frömmigkeit oder die Glaubensbetätigungen des Klägers wahrheitsgemäß zu beschreiben bzw. zutreffend zu beurteilen vermag. Der Kläger lebt(e) in der Bundesrepublik nämlich nach Aktenlage zu keiner Zeit weniger als 250 Kilometer entfernt von den Büroräumen der Verantwortlichen in Regensburg. Während seiner Anhörung hat er von der Verantwortlichen unentwegt fälschlich als einer Person männlichen Geschlechts gesprochen und überdies eingeräumt, sie (bzw. „ihn“) noch nie persönlich getroffen und ihr (bzw. „ihm“) seinen echten Namen nur mittels Hotline der KdAG, die sich auf deren Webseite befinde, zur Ausstellung der Bestätigung mitgeteilt zu haben. Außerdem ist die Bestätigung pauschal und detailarm. Sie erschöpft sich in den Behauptungen, der Kläger sei ein frommer und aktiver Christ, der die Liebe Gottes begreife, nach einem tieferen Verständnis dessen Worte strebe, dieses Verständnis sowie seine Erfahrungen damit bei regelmäßigen Teilnahmen am Online-Gottesdienst mit Glaubensgeschwistern teile, seine Glaubensgeschwister mit Liebe behandele und mit ihnen göttliche Hilfe und Unterstützung erfahre. |
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| Unter Berücksichtigung der oben dargelegten fehlenden Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers zu seinen angeblich glaubensbedingt in China erlittenen Vorverfolgungen beseitigt das vorliegende Bestätigungsschreiben damit nicht die tatrichterlichen Zweifel, dass sich der Kläger im Internet und in den Online-Foren der KdAG ausgiebig über Verfolgungsschicksale echter Mitglieder der KdAG aus asyltaktischen Gründen informiert und sich ein solches zu eigen gemacht haben könnte. |
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| Entsprechend verhält es sich mit dem Ergebnis der Vernehmung der Zeugin. Auch diese konnte - schon, weil sie den Kläger erst nach dessen Einreise nach Deutschland in der gemeinsamen Flüchtlingsunterkunft in Mannheim kennengelernt hat - aus eigener Wahrnehmung nichts über die fluchtauslösenden Umstände berichten. Hinsichtlich der Glaubensbetätigung des Klägers in der Bundesrepublik konnte sie lediglich oberflächliche Angaben machen: Sie hätten zusammen Kirchenlieder gesungen, Gottes Wort gelesen und Erfahrungen ausgetauscht. Zudem ist das von dem Kläger und der Zeugin in der mündlichen Verhandlung gemeinsam text- und melodiesicher vorgetragene Lied mit religiösen Texten einer asyltaktischen Aneignung nicht weniger zugänglich als sonstige auswendig erlernbare Glaubensinhalte. Gemessen an der oben dargelegten fehlenden persönlichen Glaubwürdigkeit des Klägers und den erheblichen Zweifeln an der Erlebnisbasiertheit seiner Angaben zu den angeblich in China erlittenen Vorverfolgungen, beseitigen diese pauschalen Angaben selbst unter Berücksichtigung der kirchlichen Bestätigungsschreiben nach allem nicht die richterlichen Zweifel, dass sich der Kläger das Verfolgungsschicksal echter Mitglieder der KdAG aus asyltaktischen Gründen zu eigen gemacht und sich hierzu auch auf den Webseiten und in den Online-Foren der KdAG ausgiebig informiert und haben könnte. |
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| c) Unter Berücksichtigung der Ausführungen kann offenbleiben, ob das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags zurecht auch maßgeblich darauf stützen durfte, dass der Kläger trotz angeblicher polizeilicher Fahndung unter eigenem Namen unter seinem echten Namen einen Reisepass sowie ein Reisevisum beantragen und über den Flughafen aus China auszureisen vermochte. |
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| Dafür spricht zwar, dass ein chinesischer Staatsangehöriger zur Ausreise aus China nach den einschlägigen Informationen im Regelfall einen gültigen Reisepass, welchen das jeweilige Bezirksamt für öffentliche Sicherheit am Meldewohnort nach Vorlage des Personalausweises und des Haushaltsregisters („Hukou“) sowie nach Zahlung einer Gebühr von ca. 25,- EUR erteilt, und, sofern er für den Zielstaat visumpflichtig ist, auch das entsprechende Visum des Zielstaates benötigt. Dabei darf nicht der Versagungsgrund des polizeilichen Ermittlungsverfahrens, des laufenden Strafverfahrens, des Strafvollzugs oder des vorherigen Aufenthalts in einer Besserungsanstalt und auch nicht der Verdacht vorliegen, die Person werde bei Reisen ins Ausland die Sicherheit bzw. Interessen des Staates verraten bzw. sabotieren. Am Flughafen laufen die Passkontrollen in der Regel zügig ab, wobei während der Ein- und Ausreise eine entsprechende Datenerfassung im System der chinesischen Immigrationsbehörden erfolgt und die Daten mit dem aktuellen Fahndungsbestand abgeglichen werden, sodass eine zur Fahndung ausgeschriebene oder politisch unliebsame Person am Grenzübertritt gehindert wird (Auswärtiges Amt, Lagebericht China, 23.12.2017, S. 29). In verschiedenen Fällen haben Grenzbeamte in der Vergangenheit gegenüber chinesischen Bürgerinnen und Bürgern die «Gefährdung der nationalen Sicherheit» als Grund für das Verweigern der Ausreise genannt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Sicherheitsdienste der Flughäfen Zugang zur Onlinedatenbank des Chinesischen Büros für Öffentliche Sicherheit bzw. Zugriff auf Informationen zu gerichtlich verurteilten oder polizeilich gesuchten Personen haben. Sofern eine Person in der entsprechenden Datenbank erfasst ist, kann sie daher von den Sicherheitsdiensten beim Versuch der Ausreise identifiziert werden (Schweizerische Flüchtlingshilfe -, Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse zu China: Eastern Lightning/Church of Almighty God - „Schnellrecherche“ -, 20.01.2017,, S. 19 bis 20). |
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| Gegen das Argument der legalen Ausreise spricht jedoch, dass die Herstellung oder Beschaffung gefälschter oder formal echter, aber inhaltlich unwahrer Dokumente verschiedenster Art seit langem ohne besondere Schwierigkeiten in ganz China möglich ist. Die überwiegende Anzahl der bislang der Deutschen Botschaft in Peking von deutschen Behörden oder Gerichten im Zusammenhang mit Asylverfahren vorgelegten amtlichen Dokumente sind gefälscht. Immer wieder tauchen verfälschte chinesische Reisepässe auf, die mit gefälschten oder rechtswidrig erlangten Visa sowie gefälschten Ein- und Ausreisestempeln versehen sind (vgl. AA, Lagebericht China, 23.12.2017, S. 28 f.). |
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| Der Kläger bringt insoweit in der mündlichen Verhandlung vor, er habe zur Ausreise die Dienste eines „Reisebüros“ zum Preis von 86.000 Yuan in Anspruch genommen, nachdem sein als Polizist tätiger Onkel vorab geprüft habe, ob die Sicherheitsbehörden im Internet nach ihm fahndeten. |
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| Kosten in der genannten Höhe dürften ungefähr das zehnfache der normalen Aufwendungen für Hin- und Rückflug nebst Gebühren für Pass- und Visumbeschaffung darstellen und daher auf eine illegale Ausreise mit teuer erschlichenen Papieren hindeuten. Dem Gericht leuchtet insofern nicht ein, wieso die Reisevorbereitungen im Einzelfall des Klägers außergewöhnlich teuer gewesen sein sollten, wenngleich es - ob der familiären Unterstützung - gerade keiner teuren Bestechung eines korrupten Mitarbeiters der Sicherheitsbehörden zur Prüfung bzw. Löschung etwaiger Eintragungen aus deren Fahndungslisten bedurft hätte. |
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| Dies braucht hier jedoch nicht abschließend gewürdigt zu werden. Denn es bestehen in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalls auch ungeachtet der Problematik der (ggfs. legalen) Ausreise erhebliche Zweifel an der zur Begründung des Asylantrags vorgetragenen Verfolgungsgeschichte. Unter Berücksichtigung der unter a) und b) dargelegten Ungereimtheiten hinsichtlich des geschilderten Verfolgungsschicksals kann der Kläger ohnehin nicht glaubhaft machen, dass ihm vor seiner Ausreise aus China aufgrund seines Glaubens asylerhebliche Repressalien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohten. |
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| Es ist auch nicht ersichtlich, dass ihm aufgrund von berücksichtigungsfähigen Nachfluchttatbeständen bei seiner Rückkehr in sein Heimatland (nunmehr) Verfolgung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit droht. Schon weil sich das Gericht nicht davon überzeugen kann, dass der Glauben an die KdAG für den Kläger (jemals) identitätsstiftende Bedeutung hat(te), vermag der Kläger nicht glaubhaft zu machen, dass ihm im Falle seiner Rückkehr Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Anhängerschaft bei dieser Religionsgemeinschaft drohten. Da sich seine Religionsausübung in der Bundesrepublik Deutschland auch nicht als herausgehoben darstellt, ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er ihretwegen in das Blickfeld der chinesischen Behörden geraten und mit ihr bei oder nach der Einreise in sein Heimatland konfrontiert werden könnte. Nach alldem steht dem Kläger kein Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG zu. |
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| 2. Er kann auch die Zuerkennung internationalen subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG oder die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, nicht verlangen, da ihm in China kein „ernsthafter Schaden“ im Sinne des § 4 AsylG droht und auch keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes ersichtlich sind. Insbesondere wird es ihm auch nach seiner Rückkehr möglich sein, als 40 Jahre junger, erwerbsfähiger Schweißer mit 18 Jahren handwerklicher Berufserfahrung und gutem Schulbildungsniveau gemeinsam mit seiner ebenfalls erwerbstätigen Ehefrau den Lebensunterhalt für sich und seine Angehörigen zu sichern, zumal er nach eigenen Angaben unter keinen Krankheiten mehr leidet und imstande gewesen sei, für die Ausreise mittels Vermittler bzw. Flug 86.000 Yuan aufzuwenden. |
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| Der Bescheid des Bundesamts vom 10. Oktober 2016 ist schließlich auch wegen der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht vom Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, da sie jeweils rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Insofern und auch im Übrigen sieht der Einzelrichter von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da er den Feststellungen und Begründungen des angefochtenen Bescheides des Bundesamts vom 10. Oktober 2016 folgt. Gemäß § 77 Abs. 2 AsylG wird auf den Bescheid insoweit verwiesen, weil der Kläger den dortigen Ausführungen nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten ist. |
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| Der Einzelrichter hat keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). |
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