Urteil vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 13 K 6294/18

Tenor

Die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe vom 6. Juni 2018 werden für ungültig erklärt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin ficht die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe vom 6. Juni 2018 an.
Mit Wahlausschreiben vom 4. April 2018 schrieb der zur Durchführung der Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe bestellte Wahlvorstand die Wahlen aus und gab bekannt, dass Bewerbungen für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit und/oder ihrer Stellvertreterin bis zum 18. April 2018 gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind. Hierauf bewarben sich unter anderem die Klägerin sowohl für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit als auch für das Amt ihrer Stellvertreterin, die Beigeladene zu 1 für das Amt der Stellvertreterin und die Beigeladene zu 2 für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit. Am 19. April 2018 gab der Wahlvorstand die gültigen Bewerbungen für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin bekannt und gab den Bewerberinnen Gelegenheit, sich im Intranet des Polizeipräsidiums Karlsruhe unter Beifügung eines Lichtbilds vorzustellen und für ihre Person zu werben. Die Klägerin und die Beigeladenen wurden entsprechend ihrer Bewerbungen auf der Bewerberinnenliste geführt.
Am 30. April 2018 versandte der Bezirksgruppenvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (im Folgenden: GdP) an alle Beschäftigten des Polizeipräsidiums Karlsruhe eine E-Mail mit folgendem Wortlaut:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
anbei eine GdP-Aktuell mit der Vorstellung unseres GdP Mitglieds ... als Bewerberin zum Amt der Beauftragten für Chancengleichheit bzw. Stellvertreterin. Ich habe ... als engagierte Kämpferin für alle Kolleginnen und Kollegen, insbesondere im Bereich der Verbesserung der Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf kennengelernt und möchte sie euch deshalb hier vorstellen und als Kandidatin ans Herz legen.
In der dieser E-Mail angehängten PDF-Datei befand sich unter der Überschrift „GdP-Aktuell – GdP-Bezirksgruppe Karlsruhe“ und dem Logo der GdP ein Lichtbild der Klägerin sowie folgender Text:
Vorstellung unseres GdP-Mitglieds ... als Bewerberin zum Amt der Beauftragten für Chancengleichheit/Stellvertreterin
Liebe Kolleginnen,
da ich mich für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit und für das Amt der Stellvertreterin beworben habe, möchte ich mich kurz bei Euch vorstellen und Euch einen kleinen Einblick in meine bisherige polizeiliche Laufbahn geben.
Vor meiner Elternzeit begleitete ich das Amt der Stellvertreterin der Beauftragten für Chancengleichheit. Aus familiären Gründen musste ich nach der Geburt meines Sohnes 2006 mein Amt leider vorzeitig niederlegen, da ich alleinerziehend wurde und nicht wie geplant zeitnah in den Dienst zurückkehren konnte.
Es war und ist mir ein Anliegen, dass die Möglichkeiten zur Vereinbarung von Familie und Beruf und im Allgemeinen die Chancengleichheit weiter verbessert und ausgebaut werden, weshalb ich mich gerne wieder in diesem Bereich für Euch einbringen und für Eure Belange und Anliegen stehen würde.
Gerne bin ich zu persönlichen Gesprächen bereit und würde mich freuen, wenn Ihr mir Euer Vertrauen entgegenbringt.
Es grüßt Euch
...
Daraufhin wandte sich die Beigeladene zu 1 an den Wahlvorstand und bat um Prüfung, ob sich eine Gewerkschaft in dieser Form in die Wahlen einmischen dürfe. Unter dem 7. Mai 2018 fertigte ein Mitglied des Wahlvorstands einen schriftlichen Vermerk, in dem es den Ausschluss der Klägerin von der Wahl vorschlug. Auf diesem Vermerk ist handschriftlich notiert:
Beschluss Wahlvorstand:
- Ausschluss ...
- milderes Mittel nicht möglich (verwirkt durch Versand E-Mail)
Unter der handschriftlich beigefügten Notiz befinden sich keine Unterschriften.
10 
Am selben Tag gab der Wahlvorstand erneut die gültigen Bewerbungen für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit sowie ihrer Stellvertreterin bekannt. Auf dieser Liste wurde die Klägerin nicht mehr geführt. Mit Schreiben vom folgenden Tag teilte der Wahlvorstand der Klägerin mit, dass sie von der Bewerberliste ausgeschlossen werde, da die in Rede stehende E-Mail gegen das „parteiliche sowie gewerbliche Wahlverbot“ (sic!) verstoße. Die Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit sei persönlichkeitsbezogen, weshalb sich partei- oder gewerkschaftspolitische Werbung im Zusammenhang mit der Kandidatur verbiete. Hiergegen wandte die Klägerin ein, die in Rede stehende E-Mail habe keine gewerkschaftspolitische Werbung enthalten, sondern sich ausschließlich auf die Vorstellung ihrer Person und ihrer Hauptanliegen konzentriert. Dem hielt der Wahlvorstand entgegen, die versandte E-Mail stelle eindeutig Wahlwerbung dar. Sie sei vom Account der GdP versandt worden und die Vorstellung sei auf dem Briefbogen der GdP-Aktuell mit deutlich erkennbarem Logo erfolgt, weshalb das Schreiben eindeutig der GdP zuordenbar gewesen sei. Der Ausschluss sei daher aufgrund verbotener gewerkschaftlicher Wahlwerbung erfolgt. Dem entgegnete die Klägerin, sie habe ausschließlich für ihre Person geworben. Inhalte zu gewerkschaftlichen Betätigungen oder gewerkschaftlichen Zielen seien nicht geäußert worden. Die Nutzung des Accounts der GdP sei für sie bequem gewesen. Eine partei- oder gewerkschaftspolitische Werbung sei ihrer Bewerbung nicht zu entnehmen und sei auch nicht beabsichtigt gewesen. Es existiere auch keine Rechtsgrundlage für ihren Ausschluss von der Bewerberliste.
11 
Die Wahlen wurden am 6. Juni 2018 durchgeführt. Am darauffolgenden Tag gab der Wahlvorstand die Wahl der Beigeladenen zu 2 zur Beauftragten für Chancengleichheit und die Wahl der Beigeladenen zu 1 zu ihrer Stellvertreterin bekannt, die beide jeweils die Wahl annahmen.
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Mit ihrer am 15. Juli 2018 erhobenen Klage ficht die Klägerin die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe vom 6. Juni 2018 an. Sie macht geltend, ihr Ausschluss von den Wahlen verstoße gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit und das Wahlverfahren. Er sei bereits formell rechtswidrig, da weder ein Protokoll über eine Sitzung des Wahlvorstandes noch ein Beschluss desselben, der von mindestens zwei Mitgliedern unterzeichnet sei, vorlägen. Das Schreiben der GdP habe keine partei- oder gewerkschaftspolitische Werbung enthalten. Es sei lediglich ihr Vorstellungstext versandt worden, wie er nahezu wortgleich auch im Intranet des Polizeipräsidiums Karlsruhe zu lesen gewesen sei. Nur durch die Überschrift sei ein Bezug zur GdP hergestellt worden. Daher handle es sich lediglich um eine sachliche Mitteilung ihrer Kandidatur ohne Bezug zu gewerkschaftlichen Zielen oder Werten. Selbst wenn es sich um gewerkschaftliche Werbung gehandelt hätte, hätte sie nicht von der Wahl ausgeschlossen werden dürfen, da ein Verbot gewerkschaftlicher Werbung nicht geboten sei, um den Sinn und Zweck der Wahl, die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und die Ordnung der Dienststelle oder das Wohl der Bediensteten zu gewährleisten. Die Persönlichkeitsbezogenheit der Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit schließe lediglich aus, dass Gewerkschaften Wahllisten erstellten. Schließlich sei ihr Ausschluss unverhältnismäßig. Ein milderes Mittel wäre gewesen, auch den anderen Kandidatinnen Gelegenheit zu geben, sich über die Plattform der GdP vorzustellen. Hierzu wäre die GdP auch bereit gewesen. Man hätte die GdP auch auffordern können, klarzustellen, dass es sich bei der Vorstellung lediglich um eine informatorische und nicht gewerkschaftspolitisch motivierte Mitteilung gehandelt habe.
13 
Die Klägerin beantragt,
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die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe vom 6. Juni 2018 für ungültig zu erklären.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Ausschluss der Klägerin sei rechtmäßig gewesen. Die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin seien persönlichkeitsbezogen. Die Beauftragte für Chancengleichheit sei unmittelbar der Dienststellenleitung zugeordnet, habe ein unmittelbares Vortragsrecht und sei in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht an Weisungen gebunden. Aufgrund dieser Rechtsstellung verbiete sich jede gewerkschaftliche Einmischung. Die E-Mail vom 30. April 2018 sei eindeutig als gewerkschaftliche Wahlwerbung zu klassifizieren. Sie beinhalte neben der Vorstellung der Klägerin auch den Hinweis, sie sei eine engagierte Kämpferin für alle Kolleginnen und Kollegen. Des Weiteren werde die Klägerin als Kandidatin den Beschäftigten ausdrücklich ans Herz gelegt. Auch sei ein Hinweis auf die Gewerkschaftszugehörigkeit erfolgt. Die Vorstellung der Klägerin sei somit mit ihrem Hauptanliegen und dem Hinweis der Gewerkschaft verbunden gewesen. Das Dokument sei als GdP-Aktuell betitelt und auf dem Briefkopf der GdP mit deutlich erkennbarem Logo verfasst worden. Der Versand sei vom Account der GdP an alle Beschäftigten erfolgt. Daher sei die E-Mail für den Durchschnittsleser sowie für geneigte Wahlberechtigte als gewerkschaftliche Wahlwerbung zu erkennen. Da die E-Mail mit Wissen der Klägerin versandt worden sei, sei sie ihr zuzurechnen.
18 
Der Kammer hat die Akte des Polizeipräsidiums Karlsruhe zur Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit 2018 vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese, die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Die als Wahlanfechtungsklage gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg (Chancengleichheitsgesetz - ChancenG) statthafte Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als Bewerberin sowohl um das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit als auch um jenes ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe gemäß § 16 Abs. 5 Satz 2 ChancenG berechtigt, die Wahlen dieser Ämter vom 6. Juni 2018 anzufechten.
21 
2. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe vom 6. Juni 2018 innerhalb der Frist des § 16 Abs. 5 Satz 3 ChancenG angefochten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 23 unter Verweis auf seinen Beschluss vom 23. Oktober 2003 - 6 P 10.03 -, juris). Ihr Ausschluss von diesen Wahlen verstößt gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit im Sinne von § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG (a) und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch diesen Verstoß das Wahlergebnis gemäß dem letzten Halbsatz dieser Norm geändert oder beeinträchtigt werden konnte (b). Daher kann die Frage, ob der Beschluss des Wahlvorstands über den Ausschluss der Klägerin gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstößt, mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen (c).
22 
a) Der Ausschluss der Klägerin von den in Rede stehenden Wahlen verstößt gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit im Sinne von § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG, da der Wahlvorstand zu einer solchen Maßnahme nicht ermächtigt ist (aa) und ein derartiger Eingriff in das passive Wahlrecht der Klägerin zudem nicht gerechtfertigt wäre (bb).
23 
aa) Der Ausschluss einer Bewerberin um das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit oder ihrer Stellvertreterin durch den Wahlvorstand während des laufenden Wahlverfahrens bedarf einer Ermächtigungsgrundlage. Weder das Chancengleichheitsgesetz noch die Verordnung über die Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit (Wahlverordnung - WV) ermächtigen jedoch den Wahlvorstand zu einer solchen Maßnahme, weshalb der Ausschluss der Klägerin eine Verletzung ihres in § 16 Abs. 2 und 3 Satz 2 ChancenG verbürgten passiven Wahlrechts darstellt.
24 
(a) Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verlangt, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Der Vorbehalt des Gesetzes und die Maßgaben der Wesentlichkeitstheorie gelten auch für das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG, das jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährleistet, und für das daraus abgeleitete Prinzip der Bestenauslese. Einer normativen Grundlage bedarf es danach stets, wenn dieses Recht eingeschränkt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2018 - 1 WB 8.17 -, juris, Rn. 20). Die Ämter der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin sind öffentliche Ämter im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG. Dem steht nicht entgegen, dass die Anforderungen des Prinzips der Bestenauslese nicht einschränkungslos gelten, weil die Bestellung in das jeweilige Amt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 ChancenG aufgrund einer vorherigen Wahl erfolgt. Insoweit liegt eine gesetzlich zulässige Abweichung vom Bestenausleseprinzip vor, deren Rechtfertigung sich verfassungsrechtlich aus dem Gestaltungsspielraum des Staates bei der tatsächlichen Verwirklichung der Gleichberechtigung gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergibt (vgl. zum Amt der Gleichstellungsbeauftragten v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 19 Rn. 131, m.w.N.). Der Vorbehalt des Gesetzes gilt hiernach auch für wesentliche Entscheidungen bei der Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin.
25 
(b) Nach diesen Maßgaben hätte der Ausschluss der Klägerin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin durch den Wahlvorstand einer gesetzlichen Ermächtigung bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Wählbarkeit für die in Rede stehenden Ämter ist in § 16 Abs. 2 ChancenG abschließend geregelt. Nach Satz 1 dieser Norm sind die weiblichen Beschäftigten der Dienststelle wählbar, bei der die Ämter zu bestellen sind. Einen Ausschluss von der Wählbarkeit enthält nur § 16 Abs. 2 Satz 2 ChancenG für diejenigen weiblichen Beschäftigten, die zu einer anderen Dienststelle abgeordnet sind, wobei dieser Ausschluss gemäß Satz 3 dieser Norm nicht für Abordnungen zur Teilnahme an Lehrgängen gilt. Weitere Vorschriften über die Wählbarkeit enthält das Landesrecht nicht. Insbesondere hat der Landesgesetzgeber keine Tatbestände normiert, die den Wahlvorstand zum Ausschluss einer Bewerberin trotz Vorliegens der Wählbarkeitsvoraussetzungen ermächtigen.
26 
Zudem spricht die Systematik des Chancengleichheitsgesetzes und der Wahlverordnung gegen die Annahme einer Ermächtigung des Wahlvorstands zum Ausschluss einer Bewerberin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 WV hat der Wahlvorstand die Aufgabe, die Wahlen vorzubereiten und durchzuführen. Eine engmaschige Wahlkampfüberwachung obliegt ihm hingegen nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 38). Insbesondere kommt ihm kein Mandat zur Sanktionierung etwaiger Wahlrechtsverstöße durch Bewerberinnen während des laufenden Wahlkampfs zu. Denn § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG gewährt insofern nur nachgelagerten Rechtsschutz im Wege der Wahlanfechtung vor den Verwaltungsgerichten.
27 
bb) Ungeachtet einer fehlenden Rechtsgrundlage zum Ausschluss der Klägerin von den in Rede stehenden Wahlen verstößt dieser auch deshalb gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit, weil dieser Eingriff in ihr passives Wahlrecht nicht gerechtfertigt wäre.
28 
(a) Wie bereits dargelegt, sind gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 ChancenG die weiblichen Beschäftigten der betreffenden Dienststelle für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin wählbar. Ihnen steht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 WV ein Bewerbungsrecht zu. Dieses passive Wahlrecht wird durch den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 ChancenG geschützt, wonach jedem weiblichen Beschäftigten der betreffenden Dienststelle das aktive und passive Wahlrecht zustehen muss und dessen jeweilige Ausübung ermöglicht wird (vgl. zum Bundesrecht v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 19 Rn. 152). Allen weiblichen Beschäftigten einer Dienststelle muss das passive Wahlrecht somit in gleicher Weise zustehen. Eine unterschiedliche Ausgestaltung des passiven Wahlrechts bedarf hingegen der Rechtfertigung durch einen zwingenden Grund (vgl. v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 1 GleibWV Rn. 12, m.w.N.; vgl. zur Rechtfertigung eines Eingriffs in den Grundsatz der Chancengleichheit der Bewerberinnen um das Amt der Bundesgleichstellungsbeauftragten durch einen zwingenden Grund BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 26).
29 
(b) Ein zwingender Grund zur Rechtfertigung des Ausschlusses der Klägerin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin liegt nicht vor. Die E-Mail des Bezirksgruppenvorsitzenden der GdP vom 30. April 2018 und der damit versandte Anhang erfüllen nicht den Tatbestand unzulässiger Wahlwerbung, weshalb die Klägerin nicht zum Schutz des Rechts der übrigen Bewerberinnen auf Chancengleichheit (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 26) von den Wahlen hätte ausgeschlossen werden dürfen.
30 
(aa) Den Bewerberinnen um die Ämter der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin steht ein Recht auf Wahlwerbung zu. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob der Wahlvorstand den Bewerberinnen bestimmte Möglichkeiten zur Verbreitung ihrer Wahlwerbung zur Verfügung stellt (vgl. zur Wahl der Gleichstellungsbeauftragten nach dem Bundesgleichstellungsgesetz BVerwG, Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 42). Der Wettkampfcharakter der Wahlen erlaubt es den Kandidatinnen, sich durch Umfang und Inhalt ihrer Wahlwerbung Vorteile gegenüber ihren Mitbewerberinnen zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 35). Die Vielgestaltigkeit der mit den Ämtern verbundenen Aufgaben gestattet den Bewerberinnen eine eigene Schwerpunktsetzung bei der Werbung für ihre Kandidatur. Dabei ist die Einhaltung eines absoluten Sachlichkeitsgebots rechtlich nicht geboten. Vielmehr obliegt die Beurteilung von Wahlwerbung zuvörderst den Wählerinnen. Auf diese Weise vollzieht sich die Wahl nach den auch sonst im demokratischen Rechtsstaat üblichen Regeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 29 ff.). Das Recht zur Wahlwerbung findet seine Grenzen allerdings in den personalvertretungsrechtlichen Verboten der Behinderung der Wahl und der sittenwidrigen Wahlbeeinflussung (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, § 20 Abs. 1 Satz 1 LPVG) sowie im Verbot partei- oder gewerkschaftspolitischer Werbung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 27; Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 35). Zudem darf sich die Wahlwerbung nicht von der spezifischen Aufgabenstellung der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin lösen und unterliegt neben dem Verbot strafbarer Ehrverletzung auch dem dienstrechtlichen achtungs- und vertrauenswahrenden Mäßigungs- und Zurückhaltungsgebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 28, 33, 36 f.).
31 
(bb) Diesen Maßgaben folgend hält sich der Inhalt der in Rede stehenden E-Mail und des mitversandten Anhangs im Rahmen zulässiger Wahlwerbung, weshalb er den Ausschluss der Klägerin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe nicht zu rechtfertigen vermag. Insbesondere erfüllt er entgegen der Auffassung des Beklagten nicht den Tatbestand gewerkschaftspolitischer Wahlwerbung.
32 
(1) Im Gegensatz zur Wahl des Personalrats nach dem Landespersonalvertretungsgesetz sind die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin persönlichkeitsbezogen (so BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 27 zur Wahl der Bundesgleichstellungsbeauftragten). Gewerkschaften haben bei diesen Wahlen kein Vorschlagsrecht, wie es ihnen gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 LPVG bei der Wahl des Personalrats zusteht. Daher ist es einer Gewerkschaft nicht nur untersagt, eine bestimmte Bewerberin für die zu wählenden Ämter vorzuschlagen. Die Persönlichkeitsbezogenheit der Wahlen verbietet es auch, die Kandidatur einer bestimmten Bewerberin gerade in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer Gewerkschaft zur Durchsetzung gewerkschaftlicher Ziele zu bewerben. Gleiches gilt für die Bewerberin selbst. Auch sie hat ihre Wahlwerbung an ihrer Person und an den mit den Ämtern verbundenen Aufgaben zu orientieren. Bewirbt sie sich aber gerade in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer bestimmten Gewerkschaft um die Bestellung in eines der Ämter, um gewerkschaftlicher Programmatik zur Durchsetzung zu verhelfen, verlässt sie den Boden zulässiger Wahlwerbung. Der bloße Hinweis auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft stellt hingegen lediglich die Hervorhebung eines potentiellen Alleinstellungsmerkmals dar und erfüllt noch nicht den Tatbestand gewerkschaftspolitischer Werbung.
33 
(2) Dies vorausgestellt ist der Inhalt der in Rede stehenden E-Mail nicht zu beanstanden.
34 
Die Klägerin nimmt in ihrem eigentlichen Vorstellungstext keinen Bezug auf ihre Mitgliedschaft in der GdP oder deren programmatische Ziele. Ihre Vorstellung beginnt zunächst mit einer kurzen Skizzierung ihrer beruflichen Laufbahn, der sich eine Schilderung ihrer Ziele, sollte sie in eines der Ämter gewählt werden, anschließt. Sie legt dar, dass ihr die Vereinbarung von Familie und Beruf ein besonderes Anliegen ist und möchte sich in diesem Bereich für alle Mitarbeiterinnen einsetzen. Die Mitwirkung bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine der Aufgaben, die die Beauftragte für Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin gemäß in § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 4 ChancenG wahrnehmen. Die Klägerin konzentriert sich somit auf eine rein personen- und aufgabenbezogene Vorstellung, die sich jeder Identifikation mit den programmatischen Zielen der GdP enthält.
35 
Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die in Rede stehende Wahlwerbung über den Account der GdP versandt wurde und mit dem Logo der GdP versehen ist. Diese Elemente der Wahlwerbung geben zwar die Mitgliedschaft der Klägerin in der GdP zu erkennen, was nach den dargelegten Maßgaben allerdings nicht zu beanstanden ist. Sie vermögen den rein personen- und aufgabenbezogenen Vorstellungstext nicht dahingehend zu überlagern, das für die geneigte Wählerin der Eindruck entstehen würde, die Klägerin verfolge mit ihrer Kandidatur gewerkschaftspolitische Ziele.
36 
Auch im Zusammenhang mit dem Anschreiben des Bezirksgruppenvorsitzenden erfüllt die E-Mail nicht den Tatbestand gewerkschaftspolitischer Werbung. Der Bezirksgruppenvorsitzende stellt in diesem Text eine seiner Ansicht nach bemerkenswerte Charaktereigenschaft der Klägerin heraus und betont ihr Engagement für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gewerkschaftliche Ziele werden auch hier nicht ansatzweise erwähnt.
37 
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sich die Klägerin durch den Versand der in Rede stehenden E-Mail auch keinen ungerechtfertigten Wahlvorteil verschafft. Denn es ist nicht ersichtlich, dass den übrigen Bewerberinnen nicht auch die Möglichkeit offen gestanden hätte, ihre Werbung per E-Mail an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Polizeipräsidiums zu versenden.
38 
b) Der Ausschluss der Klägerin von den Wahlen stellt einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit dar, von dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt hat.
39 
aa) Gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG a. E. führt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann zum Erfolg der Wahlanfechtungsklage, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte. Danach genügt für den Erfolg der Wahlanfechtung schon die Möglichkeit einer Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses, ohne dass es der Feststellung einer tatsächlich erfolgten Änderung oder Beeinflussung bedarf. Ob diese Möglichkeit bestand, das heißt ob der Verstoß geeignet war, eine Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses herbeizuführen, beantwortet sich in der Regel aus der Art des Verstoßes unter Berücksichtigung des konkreten Sachverhalts. Dabei wird allerdings eine nur denkbare Möglichkeit dann nicht genügen, die Anfechtung zu begründen, wenn sie nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 45, m.w.N.). Im Zweifel ist bei Wahlrechtsverstößen jedoch von dem Grundsatz auszugehen, dass sie sich auch auf das Ergebnis haben auswirken können (vgl. v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 21 Rn. 76). Für eine erfolgreiche Anfechtung genügt es stets, wenn Verstöße gegen das passive Wahlrecht vorliegen, weil jemand zur Unrecht nicht als Bewerberin zur Abstimmung gestellt wurde (vgl. v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 21 Rn. 77).
40 
bb) Nach diesen Maßgaben konnte sich der Ausschluss der Klägerin von den Wahlen auf deren Ergebnis auswirken. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie in eines der in Rede stehenden Ämter gewählt worden wäre, wäre sie zur Wahl zugelassen worden.
41 
c) Da der rechtswidrige Ausschluss der Klägerin von den Wahlen der Klage bereits vollumfänglich zum Erfolg verhilft, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob der Wahlvorstand den Ausschluss der Klägerin formell rechtmäßig beschlossen hat. Hieran bestehen Zweifel, weil entgegen § 7 Abs. 2 Satz 3 WV keine Niederschrift über die betreffende Sitzung des Wahlvorstands erstellt wurde, die den Wortlaut des gefassten Beschlusses enthält und von mindestens zwei Mitgliedern unterzeichnet ist. Allerdings führt ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht zur Nichtigkeit des jeweiligen Beschlusses. Vielmehr kann eine ordnungsgemäße Beschlussfassung auch auf andere Weise nachgewiesen werden (vgl. zum entsprechenden Bundesrecht v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 7 GleibWV Rn. 25). Da die Klage aber bereits aus anderen Gründen begründet ist, bedarf es insofern keiner gerichtlichen Aufklärung des Sachverhalts.
42 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
4. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Fragen, ob der Wahlvorstand während des laufenden Wahlverfahrens eine Bewerberin um das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit oder ihrer Stellvertreterin von der Wahl ausschließen darf und welche Maßstäbe für einen solchen Ausschluss gelten, grundsätzliche Bedeutung haben.
44 
BESCHLUSS
45 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG, § 39 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
46 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
19 
Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).
20 
1. Die als Wahlanfechtungsklage gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg (Chancengleichheitsgesetz - ChancenG) statthafte Klage ist zulässig. Die Klägerin ist als Bewerberin sowohl um das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit als auch um jenes ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe gemäß § 16 Abs. 5 Satz 2 ChancenG berechtigt, die Wahlen dieser Ämter vom 6. Juni 2018 anzufechten.
21 
2. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe vom 6. Juni 2018 innerhalb der Frist des § 16 Abs. 5 Satz 3 ChancenG angefochten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 23 unter Verweis auf seinen Beschluss vom 23. Oktober 2003 - 6 P 10.03 -, juris). Ihr Ausschluss von diesen Wahlen verstößt gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit im Sinne von § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG (a) und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch diesen Verstoß das Wahlergebnis gemäß dem letzten Halbsatz dieser Norm geändert oder beeinträchtigt werden konnte (b). Daher kann die Frage, ob der Beschluss des Wahlvorstands über den Ausschluss der Klägerin gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstößt, mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen (c).
22 
a) Der Ausschluss der Klägerin von den in Rede stehenden Wahlen verstößt gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit im Sinne von § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG, da der Wahlvorstand zu einer solchen Maßnahme nicht ermächtigt ist (aa) und ein derartiger Eingriff in das passive Wahlrecht der Klägerin zudem nicht gerechtfertigt wäre (bb).
23 
aa) Der Ausschluss einer Bewerberin um das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit oder ihrer Stellvertreterin durch den Wahlvorstand während des laufenden Wahlverfahrens bedarf einer Ermächtigungsgrundlage. Weder das Chancengleichheitsgesetz noch die Verordnung über die Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit (Wahlverordnung - WV) ermächtigen jedoch den Wahlvorstand zu einer solchen Maßnahme, weshalb der Ausschluss der Klägerin eine Verletzung ihres in § 16 Abs. 2 und 3 Satz 2 ChancenG verbürgten passiven Wahlrechts darstellt.
24 
(a) Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes verlangt, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Der Vorbehalt des Gesetzes und die Maßgaben der Wesentlichkeitstheorie gelten auch für das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG, das jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährleistet, und für das daraus abgeleitete Prinzip der Bestenauslese. Einer normativen Grundlage bedarf es danach stets, wenn dieses Recht eingeschränkt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2018 - 1 WB 8.17 -, juris, Rn. 20). Die Ämter der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin sind öffentliche Ämter im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG. Dem steht nicht entgegen, dass die Anforderungen des Prinzips der Bestenauslese nicht einschränkungslos gelten, weil die Bestellung in das jeweilige Amt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 ChancenG aufgrund einer vorherigen Wahl erfolgt. Insoweit liegt eine gesetzlich zulässige Abweichung vom Bestenausleseprinzip vor, deren Rechtfertigung sich verfassungsrechtlich aus dem Gestaltungsspielraum des Staates bei der tatsächlichen Verwirklichung der Gleichberechtigung gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ergibt (vgl. zum Amt der Gleichstellungsbeauftragten v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 19 Rn. 131, m.w.N.). Der Vorbehalt des Gesetzes gilt hiernach auch für wesentliche Entscheidungen bei der Wahl der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin.
25 
(b) Nach diesen Maßgaben hätte der Ausschluss der Klägerin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin durch den Wahlvorstand einer gesetzlichen Ermächtigung bedurft, an der es vorliegend fehlt. Die Wählbarkeit für die in Rede stehenden Ämter ist in § 16 Abs. 2 ChancenG abschließend geregelt. Nach Satz 1 dieser Norm sind die weiblichen Beschäftigten der Dienststelle wählbar, bei der die Ämter zu bestellen sind. Einen Ausschluss von der Wählbarkeit enthält nur § 16 Abs. 2 Satz 2 ChancenG für diejenigen weiblichen Beschäftigten, die zu einer anderen Dienststelle abgeordnet sind, wobei dieser Ausschluss gemäß Satz 3 dieser Norm nicht für Abordnungen zur Teilnahme an Lehrgängen gilt. Weitere Vorschriften über die Wählbarkeit enthält das Landesrecht nicht. Insbesondere hat der Landesgesetzgeber keine Tatbestände normiert, die den Wahlvorstand zum Ausschluss einer Bewerberin trotz Vorliegens der Wählbarkeitsvoraussetzungen ermächtigen.
26 
Zudem spricht die Systematik des Chancengleichheitsgesetzes und der Wahlverordnung gegen die Annahme einer Ermächtigung des Wahlvorstands zum Ausschluss einer Bewerberin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 WV hat der Wahlvorstand die Aufgabe, die Wahlen vorzubereiten und durchzuführen. Eine engmaschige Wahlkampfüberwachung obliegt ihm hingegen nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 38). Insbesondere kommt ihm kein Mandat zur Sanktionierung etwaiger Wahlrechtsverstöße durch Bewerberinnen während des laufenden Wahlkampfs zu. Denn § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG gewährt insofern nur nachgelagerten Rechtsschutz im Wege der Wahlanfechtung vor den Verwaltungsgerichten.
27 
bb) Ungeachtet einer fehlenden Rechtsgrundlage zum Ausschluss der Klägerin von den in Rede stehenden Wahlen verstößt dieser auch deshalb gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit, weil dieser Eingriff in ihr passives Wahlrecht nicht gerechtfertigt wäre.
28 
(a) Wie bereits dargelegt, sind gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 ChancenG die weiblichen Beschäftigten der betreffenden Dienststelle für das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin wählbar. Ihnen steht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 WV ein Bewerbungsrecht zu. Dieses passive Wahlrecht wird durch den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 ChancenG geschützt, wonach jedem weiblichen Beschäftigten der betreffenden Dienststelle das aktive und passive Wahlrecht zustehen muss und dessen jeweilige Ausübung ermöglicht wird (vgl. zum Bundesrecht v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 19 Rn. 152). Allen weiblichen Beschäftigten einer Dienststelle muss das passive Wahlrecht somit in gleicher Weise zustehen. Eine unterschiedliche Ausgestaltung des passiven Wahlrechts bedarf hingegen der Rechtfertigung durch einen zwingenden Grund (vgl. v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 1 GleibWV Rn. 12, m.w.N.; vgl. zur Rechtfertigung eines Eingriffs in den Grundsatz der Chancengleichheit der Bewerberinnen um das Amt der Bundesgleichstellungsbeauftragten durch einen zwingenden Grund BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 26).
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(b) Ein zwingender Grund zur Rechtfertigung des Ausschlusses der Klägerin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin liegt nicht vor. Die E-Mail des Bezirksgruppenvorsitzenden der GdP vom 30. April 2018 und der damit versandte Anhang erfüllen nicht den Tatbestand unzulässiger Wahlwerbung, weshalb die Klägerin nicht zum Schutz des Rechts der übrigen Bewerberinnen auf Chancengleichheit (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 26) von den Wahlen hätte ausgeschlossen werden dürfen.
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(aa) Den Bewerberinnen um die Ämter der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin steht ein Recht auf Wahlwerbung zu. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob der Wahlvorstand den Bewerberinnen bestimmte Möglichkeiten zur Verbreitung ihrer Wahlwerbung zur Verfügung stellt (vgl. zur Wahl der Gleichstellungsbeauftragten nach dem Bundesgleichstellungsgesetz BVerwG, Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 42). Der Wettkampfcharakter der Wahlen erlaubt es den Kandidatinnen, sich durch Umfang und Inhalt ihrer Wahlwerbung Vorteile gegenüber ihren Mitbewerberinnen zu verschaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 35). Die Vielgestaltigkeit der mit den Ämtern verbundenen Aufgaben gestattet den Bewerberinnen eine eigene Schwerpunktsetzung bei der Werbung für ihre Kandidatur. Dabei ist die Einhaltung eines absoluten Sachlichkeitsgebots rechtlich nicht geboten. Vielmehr obliegt die Beurteilung von Wahlwerbung zuvörderst den Wählerinnen. Auf diese Weise vollzieht sich die Wahl nach den auch sonst im demokratischen Rechtsstaat üblichen Regeln (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 29 ff.). Das Recht zur Wahlwerbung findet seine Grenzen allerdings in den personalvertretungsrechtlichen Verboten der Behinderung der Wahl und der sittenwidrigen Wahlbeeinflussung (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, § 20 Abs. 1 Satz 1 LPVG) sowie im Verbot partei- oder gewerkschaftspolitischer Werbung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 27; Urteil vom 19. September 2012 - 6 A 7.11 -, juris, Rn. 35). Zudem darf sich die Wahlwerbung nicht von der spezifischen Aufgabenstellung der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin lösen und unterliegt neben dem Verbot strafbarer Ehrverletzung auch dem dienstrechtlichen achtungs- und vertrauenswahrenden Mäßigungs- und Zurückhaltungsgebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 28, 33, 36 f.).
31 
(bb) Diesen Maßgaben folgend hält sich der Inhalt der in Rede stehenden E-Mail und des mitversandten Anhangs im Rahmen zulässiger Wahlwerbung, weshalb er den Ausschluss der Klägerin von den Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin beim Polizeipräsidium Karlsruhe nicht zu rechtfertigen vermag. Insbesondere erfüllt er entgegen der Auffassung des Beklagten nicht den Tatbestand gewerkschaftspolitischer Wahlwerbung.
32 
(1) Im Gegensatz zur Wahl des Personalrats nach dem Landespersonalvertretungsgesetz sind die Wahlen der Beauftragten für Chancengleichheit und ihrer Stellvertreterin persönlichkeitsbezogen (so BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 27 zur Wahl der Bundesgleichstellungsbeauftragten). Gewerkschaften haben bei diesen Wahlen kein Vorschlagsrecht, wie es ihnen gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 LPVG bei der Wahl des Personalrats zusteht. Daher ist es einer Gewerkschaft nicht nur untersagt, eine bestimmte Bewerberin für die zu wählenden Ämter vorzuschlagen. Die Persönlichkeitsbezogenheit der Wahlen verbietet es auch, die Kandidatur einer bestimmten Bewerberin gerade in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer Gewerkschaft zur Durchsetzung gewerkschaftlicher Ziele zu bewerben. Gleiches gilt für die Bewerberin selbst. Auch sie hat ihre Wahlwerbung an ihrer Person und an den mit den Ämtern verbundenen Aufgaben zu orientieren. Bewirbt sie sich aber gerade in ihrer Eigenschaft als Mitglied einer bestimmten Gewerkschaft um die Bestellung in eines der Ämter, um gewerkschaftlicher Programmatik zur Durchsetzung zu verhelfen, verlässt sie den Boden zulässiger Wahlwerbung. Der bloße Hinweis auf die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft stellt hingegen lediglich die Hervorhebung eines potentiellen Alleinstellungsmerkmals dar und erfüllt noch nicht den Tatbestand gewerkschaftspolitischer Werbung.
33 
(2) Dies vorausgestellt ist der Inhalt der in Rede stehenden E-Mail nicht zu beanstanden.
34 
Die Klägerin nimmt in ihrem eigentlichen Vorstellungstext keinen Bezug auf ihre Mitgliedschaft in der GdP oder deren programmatische Ziele. Ihre Vorstellung beginnt zunächst mit einer kurzen Skizzierung ihrer beruflichen Laufbahn, der sich eine Schilderung ihrer Ziele, sollte sie in eines der Ämter gewählt werden, anschließt. Sie legt dar, dass ihr die Vereinbarung von Familie und Beruf ein besonderes Anliegen ist und möchte sich in diesem Bereich für alle Mitarbeiterinnen einsetzen. Die Mitwirkung bei der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine der Aufgaben, die die Beauftragte für Chancengleichheit und ihre Stellvertreterin gemäß in § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 4 ChancenG wahrnehmen. Die Klägerin konzentriert sich somit auf eine rein personen- und aufgabenbezogene Vorstellung, die sich jeder Identifikation mit den programmatischen Zielen der GdP enthält.
35 
Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass die in Rede stehende Wahlwerbung über den Account der GdP versandt wurde und mit dem Logo der GdP versehen ist. Diese Elemente der Wahlwerbung geben zwar die Mitgliedschaft der Klägerin in der GdP zu erkennen, was nach den dargelegten Maßgaben allerdings nicht zu beanstanden ist. Sie vermögen den rein personen- und aufgabenbezogenen Vorstellungstext nicht dahingehend zu überlagern, das für die geneigte Wählerin der Eindruck entstehen würde, die Klägerin verfolge mit ihrer Kandidatur gewerkschaftspolitische Ziele.
36 
Auch im Zusammenhang mit dem Anschreiben des Bezirksgruppenvorsitzenden erfüllt die E-Mail nicht den Tatbestand gewerkschaftspolitischer Werbung. Der Bezirksgruppenvorsitzende stellt in diesem Text eine seiner Ansicht nach bemerkenswerte Charaktereigenschaft der Klägerin heraus und betont ihr Engagement für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gewerkschaftliche Ziele werden auch hier nicht ansatzweise erwähnt.
37 
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat sich die Klägerin durch den Versand der in Rede stehenden E-Mail auch keinen ungerechtfertigten Wahlvorteil verschafft. Denn es ist nicht ersichtlich, dass den übrigen Bewerberinnen nicht auch die Möglichkeit offen gestanden hätte, ihre Werbung per E-Mail an alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Polizeipräsidiums zu versenden.
38 
b) Der Ausschluss der Klägerin von den Wahlen stellt einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit dar, von dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass er sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt hat.
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aa) Gemäß § 16 Abs. 5 Satz 1 ChancenG a. E. führt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann zum Erfolg der Wahlanfechtungsklage, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte. Danach genügt für den Erfolg der Wahlanfechtung schon die Möglichkeit einer Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses, ohne dass es der Feststellung einer tatsächlich erfolgten Änderung oder Beeinflussung bedarf. Ob diese Möglichkeit bestand, das heißt ob der Verstoß geeignet war, eine Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses herbeizuführen, beantwortet sich in der Regel aus der Art des Verstoßes unter Berücksichtigung des konkreten Sachverhalts. Dabei wird allerdings eine nur denkbare Möglichkeit dann nicht genügen, die Anfechtung zu begründen, wenn sie nach der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht in Betracht zu ziehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2007 - 6 A 1.06 -, juris, Rn. 45, m.w.N.). Im Zweifel ist bei Wahlrechtsverstößen jedoch von dem Grundsatz auszugehen, dass sie sich auch auf das Ergebnis haben auswirken können (vgl. v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 21 Rn. 76). Für eine erfolgreiche Anfechtung genügt es stets, wenn Verstöße gegen das passive Wahlrecht vorliegen, weil jemand zur Unrecht nicht als Bewerberin zur Abstimmung gestellt wurde (vgl. v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 21 Rn. 77).
40 
bb) Nach diesen Maßgaben konnte sich der Ausschluss der Klägerin von den Wahlen auf deren Ergebnis auswirken. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie in eines der in Rede stehenden Ämter gewählt worden wäre, wäre sie zur Wahl zugelassen worden.
41 
c) Da der rechtswidrige Ausschluss der Klägerin von den Wahlen der Klage bereits vollumfänglich zum Erfolg verhilft, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob der Wahlvorstand den Ausschluss der Klägerin formell rechtmäßig beschlossen hat. Hieran bestehen Zweifel, weil entgegen § 7 Abs. 2 Satz 3 WV keine Niederschrift über die betreffende Sitzung des Wahlvorstands erstellt wurde, die den Wortlaut des gefassten Beschlusses enthält und von mindestens zwei Mitgliedern unterzeichnet ist. Allerdings führt ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht zur Nichtigkeit des jeweiligen Beschlusses. Vielmehr kann eine ordnungsgemäße Beschlussfassung auch auf andere Weise nachgewiesen werden (vgl. zum entsprechenden Bundesrecht v. Roetteken, Bundesgleichstellungsgesetz , § 7 GleibWV Rn. 25). Da die Klage aber bereits aus anderen Gründen begründet ist, bedarf es insofern keiner gerichtlichen Aufklärung des Sachverhalts.
42 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Fragen, ob der Wahlvorstand während des laufenden Wahlverfahrens eine Bewerberin um das Amt der Beauftragten für Chancengleichheit oder ihrer Stellvertreterin von der Wahl ausschließen darf und welche Maßstäbe für einen solchen Ausschluss gelten, grundsätzliche Bedeutung haben.
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BESCHLUSS
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG, § 39 Abs. 1 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
46 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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