Urteil vom Verwaltungsgericht Koblenz (5. Kammer) - 5 K 1247/14.KO

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verurteilung des Beklagten, das Stellenbesetzungsverfahren zur Einstellung des Leiters des Arbeitsbereichs Verwaltung im Institut für ... mit dem Ziel seiner Ernennung im Wege der Abordnung/Versetzung fortzusetzen.

2

Der Kläger ist als Oberinspektor (A 10) beim ... Hessen/ Regionalverband Wiesbaden tätig. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50 %.

3

Im ersten Halbjahr 2014 schrieb der Beklagte die vorgenannte Stelle öffentlich aus. Die Bewerbung des Klägers um diese Stelle war zunächst erfolgreich. Mit Schreiben des Beklagten vom 17. August 2014 wurde ihm mitgeteilt, es sei beabsichtigt, ihn zum nächstmöglichen Zeitpunkt nach Rheinland-Pfalz abzuordnen, mit dem Ziel einer anschließenden Versetzung nach drei Monaten. Des Weiteren wurde die Anforderung der Personalakte des Klägers zum Zwecke der Einsichtnahme angekündigt.

4

Mit Schreiben vom 9. September 2014 übersandte der ... Hessen die Personalakten des Klägers an den Beklagten, verbunden mit dem Hinweis, aus dortiger Sicht komme nur eine Versetzung des Klägers zum 1. Januar 2015 ohne vorherige Abordnung in Frage.

5

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 9. Oktober 2014 entschloss der Beklagte sich zum Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens. Zur Begründung wurde unter anderem angeführt, eine direkte Versetzung des Klägers ohne vorherige Abordnung sei nicht akzeptabel. Dies würde eine nicht ohne weiteres lösbare Bindung an einen Bewerber bedeuten, ohne die Möglichkeit einer Probezeit. Darüber hinaus wurden weitere Gründe für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens geltend gemacht. Dieses Ergebnis wurde dem Kläger mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 mitgeteilt, verbunden mit dem Hinweis, eine Einstellung des Klägers finde nicht statt.

6

Dagegen legte der Kläger am 28. Oktober 2014 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2014 als unzulässig zurückgewiesen wurde. Mit einem gesonderten Schreiben vom 17. November 2014 wurden ihm die Gründe für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens mitgeteilt.

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Am 23. Dezember 2014 hat der Kläger Klage erhoben.

8

Er trägt vor, seine Klage sei auch mit Blick auf die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Rechtsschutz für das auf Fortführung eines abgebrochenen Auswahlverfahrens gerichtete Begehren zulässig. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers sich bereits zu einem Besetzungsanspruch verdichtet habe. Im Zeitpunkt des Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens sei die Bestenauslese zu seinen Gunsten abgeschlossen gewesen und nur der sachwidrige Abbruch des Besetzungsverfahrens verhindere seine Einstellung. Der Abbruch sei rechtswidrig, weil es an einem sachlichen Grund hierfür gefehlt habe. Die vom Beklagten angegebenen Gründe für den Abbruch seien durchweg vorgeschoben.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2014 zu verurteilen, das Stellenbesetzungsverfahren zur Einstellung einer Verwaltungsleitung im Institut für ... mit dem Ziel der Ernennung des Klägers im Wege der Abordnung/Versetzung fortzusetzen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Er hält die Klage für unzulässig. Ungeachtet dessen habe ein sachlicher Grund für den Abbruch des Verfahrens vorgelegen, nachdem der bisherige Dienstherr des Klägers sich geweigert habe, einer Abordnung mit dem Ziel der Versetzung zuzustimmen.

14

Die in Rede stehende Stelle wurde im ersten Quartal 2015 erneut ausgeschrieben. Der Kläger hat sich am 28. März 2015 auch auf diese Stelle beworben.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten (zwei Hefte) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage erweist sich bereits als unzulässig.

17

Der Leistungsklage des Klägers fehlt es an der Sachurteilsvoraussetzung der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog). Denn er kann eine mögliche Verletzung seines aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG – herzuleitenden Bewerbungsverfahrensanspruchs im Rahmen der vorliegenden Klage nicht mehr wirksam geltend machen.

18

Der Antrag des Klägers, der auf Fortführung des abgebrochenen Stellenbesetzungsverfahrens mit dem Ziel seiner Ernennung im Wege der Abordnung/Versetzung gerichtet ist, kann zwar grundsätzlich auf eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs gestützt werden. Dieser Anspruch ist allerdings auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren gerichtet und besteht grundsätzlich nur, wenn eine Ernennung oder diese vorherbestimmende Dienstpostenvergabe vorgenommen werden soll. Dementsprechend kann der Bewerbungsverfahrensanspruch unter anderem dadurch untergehen, dass der Dienstherr das Bewerbungsverfahren durch einen wirksamen, das heißt rechtmäßigen Abbruch beendet. Ein rechtswidriger Abbruch des Auswahlverfahrens hingegen verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch. Die Bewerber können daher bereits diese Maßnahme, trotz ihres nur vorbereitenden Charakters, einer gerichtlichen Kontrolle zuführen. Effektiver Rechtsschutz gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens kann indes nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden. Das Erfordernis einer zeitnahen Klärung folgt in diesem Falle unter anderem aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Sowohl der Dienstherr als auch die Bewerber brauchen Klarheit darüber, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird. Der zeitliche Parallellauf mehrerer auf dieselbe Planstelle bezogener Verfahren mit unterschiedlichen Bewerbern würde zu schwierigen Vergabe- und Rückabwicklungsproblemen führen. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs muss daher geklärt sein, bevor in einem weiteren Auswahlverfahren eine Entscheidung getroffen und das Amt vergeben wird. Stellt ein Bewerber nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Abbruchmitteilung einen Antrag nach § 123 VwGO, darf der Dienstherr darauf vertrauen, dass der Bewerber den Abbruch des Auswahlverfahrens nicht angreift, sondern sein Begehren im Rahmen einer neuen Ausschreibung weiter verfolgt. Nach Ablauf der Monatsfrist ist die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des Auswahlverfahrens mit einer Hauptsacheklage überprüfen zu lassen, verwirkt (vgl. hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 – 2 A 3.13 –, juris, m. w. N.).

19

So verhält es sich im Falle des Klägers. Dieser hat nämlich den ihm mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 mitgeteilten Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens nicht innerhalb eines Monats im Wege der einstweiligen Anordnung angegriffen, sondern dagegen nach erfolglosem Widerspruch erst am 23. Dezember 2014, mithin zirka zwei Monate später, Klage erhoben. Infolgedessen wurde eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des Verfahrens bislang nicht herbeigeführt. Da der Beklagte gleichwohl die in Rede stehende Stelle neu ausgeschrieben und der Kläger sich auch darauf beworben hat, ohne vorher zeitnah im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des vorherigen Verfahrens klären zu lassen, ist die Möglichkeit, diese Frage im vorliegenden gerichtlichen Hauptsacheverfahren zu klären, verwirkt. Denn andernfalls wäre damit die nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu vermeidende Situation des zeitlichen Parallellaufs zweier auf dieselbe Planstelle bezogener Verfahren eingetreten.

20

Dagegen kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil das Auswahlverfahren bereits zu seinen Gunsten beendet gewesen sei und sich damit sein Anspruch auf die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle verdichtet habe. Dem steht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, das Stellenbesetzungsverfahren und damit auch das ihm zugrundeliegende Auswahlverfahren erst abgeschlossen sind, wenn einer der Bewerber rechtsbeständig ernannt worden ist. Erst dann geht auch der damit verbundene Bewerbungsverfahrensanspruch unter. Er erlischt ferner, wenn sich das Auswahlverfahren erledigt, weil die Ämtervergabe nicht mehr stattfindet oder das Verfahren wirksam abgebrochen wurde (BVerwG, a. a. O.). Demnach ist das Auswahlverfahren entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht schon mit dem Zeitpunkt beendet gewesen, in dem der Beklagte sich – intern – für den Kläger entschieden hatte. Über dieses Stadium ist das Verfahren im vorliegenden Fall aber nicht hinausgegangen. Daran ändert auch der Inhalt des Schreibens des Beklagten an den Kläger vom 27. August 2014 nichts. Denn darin wird dem Kläger lediglich mitgeteilt, es sei beabsichtigt, ihn zum Landesuntersuchungsamt abzuordnen mit dem Ziel einer anschließenden Versetzung nach drei Monaten. Dies beinhaltet weder eine Zusicherung im Rechtssinne in Bezug auf die angekündigte Abordnung mit dem Ziel der Versetzung, geschweige denn eine vorbehaltslose Zusicherung auf Übertragung der in Rede stehenden Stelle im Wege der unmittelbaren Versetzung. Vielmehr lässt diese in der Praxis nicht unübliche Vorgehensweise des Beklagten erkennen, dass die endgültige Übernahme des Klägers unter dem Vorbehalt der Einsichtnahme in dessen Personalakte und einer entsprechenden Bewährung während der dreimonatigen Abordnungszeit stand. Schließlich ist auch der in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis des Klägers auf angebliche anders lautende mündliche Zusagen einzelner Bediensteter der Personalabteilung des Beklagten nicht zielführend. Denn hierin kann schon mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses eine Zusicherung im Rechtssinne nicht gesehen werden. Dementsprechend war die weitere Aufklärung des Inhalts dieser Gespräche aus Sicht der Kammer entbehrlich.

21

Ungeachtet dessen findet die Rechtsauffassung des Klägers aber auch keine Stütze in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Insbesondere aus den oben dargelegten rechtlichen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich nichts für die Annahme herleiten, die darin entwickelten Grundsätze könnten nur eingeschränkt in bestimmten Fällen des Abbruchs von Auswahlverfahren Anwendung finden. Insbesondere das vom Bundesverwaltungsgericht (a. a. O.) herausgehobene Bedürfnis nach Rechtsklarheit besteht uneingeschränkt in jedem Stadium des Stellenbesetzungsverfahrens, bis zu seinem bestandskräftigen Abschluss oder anderweitiger Erledigung. Zwar mag es sein, dass sich aus materiell-rechtlicher Sicht je nach Verfahrensfortschritt die Anforderungen an das Vorliegen eines sachlichen Grundes für einen Verfahrensabbruch zu Gunsten eines bestimmten Bewerbers verschärfen können. Dies hat aber auf die Frage, auf welchem Weg dies gerichtlich geltend zu machen ist, keinen Einfluss. Auch in einer solchen Situation ist effektiver Rechtsschutz allein im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens zu erlangen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

23

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO.

24

Gründe, die Berufung zuzulassen (§§ 124, 124 a VwGO), liegen nicht vor.

25

Beschluss

26

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 40.763,40 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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