Beschluss vom Verwaltungsgericht Köln - 4 L 2546/16.A
Tenor
Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Gründe
21. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung entgegen den Anforderungen von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
32. Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der Klage 4 K 9434/16.A gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. Oktober 2016 anzuordnen,
5hat keinen Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet.
6a. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat zu Recht unter Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids die Asylanträge der Antragsteller gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG als unzulässig abgelehnt und unter Ziffer 3 gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG die Abschiebung nach Schweden angeordnet.
7Es bestehen nach Aktenlage keine ernstlichen Zweifel daran, dass Schweden nach den Vorschriften der Dublin-III-Verordnung für die Durchführung der Asylverfahren zuständig ist. Die Antragsteller haben in ihren Anhörungen durch das Bundesamt am 29. und 30. August 2016 selbst angegeben, in Schweden bereits am 5. November 2013 Asylanträge gestellt zu haben, die inzwischen negativ beschieden worden seien. Auf das Wiederaufnahmegesuch Deutschlands vom 9. September 2016 hat Schweden sich unter dem 14. September 2016 bereit erklärt, die Antragsteller auf der Grundlage von Art. 18 Abs. 1 Buchst. d) Dublin-III-Verordnung wieder aufzunehmen.
8Gründe, die die Antragsgegnerin zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin-III-Verordnung verpflichten könnten, liegen nicht vor.
9Ferner weist das schwedische Asylsystem entgegen dem Vorbringen der Antragsteller keine so genannten systemischen Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-Verordnung auf, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich brächten. Zur Begründung nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG insoweit Bezug auf die entsprechenden Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid. Zu keinem anderen Ergebnis führt die Behauptung der Antragsteller, sie würden in Schweden als Armenier angesehen und sollten nach Armenien zurückgeschickt werden, was auf Mängel des schwedischen Asylsystems schließen lasse. Denn selbst wenn der Vortrag der Antragsteller zutreffen sollte, führte er nicht zur Annahme systemischer Schwachstellen. Ungeachtet weiterer Fragen setzt eine solche Annahme nämlich voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Ob unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen Defizite aufgetreten sind, ist hingegen nicht entscheidend.
10Vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 – 10 B 35.14 –, NVwZ 2014, 1677 = juris Rn. 5 f.
11Dafür, dass im schwedischen Asylsystem größere Funktionsstörungen in diesem Sinne bestünden, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
12Vor diesem Hintergrund besteht für das Gericht kein Anlass, die mit der Antragsbegründung angekündigte Vorlage von Übersetzungen bereits auf Schwedisch eingereichter Unterlagen abzuwarten.
13b. Ohne Erfolg bleibt der Eilrechtsschutzantrag ferner im Hinblick auf die unter Ziffer 2 des angegriffenen Bescheids getroffene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen.
14Eine solche, hier auf die Verhältnisse in Schweden bezogene Feststellung ist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der seit dem 6. August 2016 gültigen Fassung von Art. 6 Nr. 11 Buchst. c) des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge zu treffen. Im vorliegenden Fall kann dahinstehen, ob § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in sog. Dublin-Fällen möglicherweise unanwendbar ist.
15So VG Potsdam, Beschluss vom 19. Oktober 2016 – 6 L 977/16.A –, juris Leitsatz 2 und Rn. 8, weil bei Vorliegen der Voraussetzungen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG zugleich systemische Mängel des Asylsystems gegeben seien, weswegen der Asylantrag schon nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG unzulässig sei; siehe ferner VG Cottbus, Beschluss vom 11. Oktober 2016 – 5 L 387/16.A –, juris Rn. 42.
16Denn jedenfalls verletzt der angegriffene Bescheid die Antragsteller insoweit nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen im Hinblick auf Schweden nicht vor. Zur Begründung nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG erneut Bezug auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid.
17c. Die unter Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids verfügte Befristung des gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots auf zwölf Monate ab dem Tag der Abschiebung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 75 Nr. 12, § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG. Die Länge der Frist begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- § 77 Abs. 2 AsylG 2x (nicht zugeordnet)
- § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- 4 K 9434/16 1x (nicht zugeordnet)
- 6 L 977/16 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- 5 L 387/16 1x (nicht zugeordnet)
- § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG 1x (nicht zugeordnet)