Gerichtsbescheid vom Verwaltungsgericht Köln - 22 K 2185/20
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts O. vom 0. Februar 2019 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn R. H. (im Folgenden: Schuldner) bestellt.
3Der Kläger beantragte am 15. August 2019 bei dem Hauptzollamt M. in seiner Funktion als Insolvenzverwalter, ihm eine Auflistung sämtlicher Zwangsvollstreckungsaufträge gegen den Schuldner sowie der erfolgten Zahlungen für den Zeitraum Januar 2016 bis Dezember 2018 zukommen zu lassen.
4Mit Schreiben vom 21. August 2019 teilte das Hauptzollamt M. mit, dass die allgemein gehaltene Anfrage nicht beantwortet werden könne.
5Nach einem Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (7 B 43/10) bat das Hauptzollamt M. den Kläger mit Schreiben vom 28. August 2019, mitzuteilen, ob er sich auf das IFG stütze, und die Kostenübernahme zu bestätigen.
6Unter dem 12. September 2019 bestätigte der Kläger, sein Anliegen auf § 1 IFG zu stützen, wegen einer einfachen Auskunft nach § 10 Abs. 1 Satz 2 IFG aber keine Kosten zu tragen zu haben.
7Mit Schreiben vom 27. September 2019 wies das Hauptzollamt M. den Kläger auf die grundsätzliche Gebührenpflicht hin. Ohne eine Kostenübernahmeerklärung könne die Auskunft nicht erfolgen. Die begehrte Auskunft sei keine einfache, sondern werde sehr viel Recherchearbeit in Anspruch nehmen, wofür 200 Euro oder mehr an Gebühren entstehen könnten.
8Dagegen legte der Kläger am 15. Oktober 2019 Widerspruch ein. Er erachtete das Schreiben als ablehnende Entscheidung.
9Aufgrund fehlender Statthaftigkeit wies die Generalzolldirektion den Widerspruch mit Bescheid vom 19. November 2019 zurück.
10Mit Bescheid vom 10. Januar 2020 entsprach das Hauptzollamt dem Antrag des Klägers und übersandte dem Kläger als Anlagen die gewünschten Übersichten. Unter Ziffer II. des Bescheids setzte das Hauptzollamt M. Gebühren in Höhe von 180,00 Euro fest. Zur Begründung stützte es sich auf § 10 IFG sowie § 1 IFGGebV und Teil A der Anlage zur IFGGebV und legte der Gebührenberechnung einen Zeitaufwand von 3 Stunden Tätigkeit gehobener Dienst und 4 Stunden Tätigkeit mittlerer Dienst mit pauschalierten Stundensätzen von 45 Euro/Std. bzw. 30 Euro/Std. zugrunde. Die Voraussetzungen für eine Befreiung oder Ermäßigung der Gebühren aus Gründen der Billigkeit oder wegen öffentlichem Interesse seien nicht ersichtlich.
11Gegen den Gebührenbescheid erhob der Kläger am 15. Januar 2020 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Die Gebührenerhebung sei rechtswidrig, da es sich um eine gebührenfreie einfache Auskunft gehandelt habe. Davon abgesehen sei die Gebührenbefreiung nach § 2 IFGGebV zu gewähren, da er als Insolvenzverwalter im öffentlichen Interesse tätig werde.
12Mit Bescheid vom 7. April 2020 wies die Generalzolldirektion den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Eine einfache Auskunft könne aufgrund des tatsächlich entstandenen Verwaltungsaufwands hier nicht angenommen werden. Allgemein seien zunächst die Zulässigkeit des Antrags und die Berechtigung des Antragstellers zu prüfen gewesen. Die entsprechenden Daten seien sodann aus zwei unterschiedlichen Produktivdatenbanken der Vollstreckungsstelle und der Zahlstelle ermittelt worden. In den jeweiligen Systemen seien diverse Vorgänge, schon in einem System über 100 Geschäftszeichen, verfügbar gewesen, die überprüft worden seien. Jeder Einzelvorgang sei gesichtet und selektiert worden, um die gewünschten Daten zu ermitteln.
13Zur Gewährleistung einer bundeseinheitlichen Kostenberechnung seien pauschalierte Stundensätze zugrunde gelegt worden. Eine Gebührenermäßigung oder -befreiung komme nicht in Betracht. Zum einen übe der Insolvenzverwalter seine Tätigkeit im Rahmen eines privaten Amtes aus. Zum anderen kenne das IFG weder im Gesetz noch in seinem Rechtsgedanken eine generelle Gebührenbefreiung für bestimmte Berufsgruppen.
14Der Kläger hat am 5. Mai 2020 Klage erhoben.
15Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Die Auskunft sei einfacher Natur und dadurch kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Die komplizierte Strukturierung der verschiedenen Datenbanken der Beklagten könne nicht zu Lasten des Klägers gehen. Zu den durch die Rechtsordnung zugewiesenen Aufgaben gehörten auch die Auskünfte nach dem IFG.
16Schließlich sei die Gebührenfestsetzung auch deshalb rechtswidrig, da er von den Gebühren zu befreien sei. Denn er begehre den Informationszugang in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter. Ein funktionierendes Insolvenzverfahren liege im öffentlichen Interesse. Dies habe auch das Bundesverfassungsgericht entschieden (BVerfGE 61, 126 (136)). Die Befreiung von den Gebühren liege daher im öffentlichen Interesse. Gegen ein rein subjektives Interesse spreche, dass der Insolvenzverwalter vom Gericht bestellt werde, regelmäßig über seine Tätigkeit im Verfahren Bericht erstatten müsse und die Insolvenzmasse zur Verteilung an alle berechtigten Gläubiger zur Verfügung stehe.
17Der Kläger beantragt,
18den Gebührenbescheid des Hauptzollamts M. vom 10. Januar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Generalzolldirektion Bonn vom 7. April 2020 aufzuheben.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt darüber hinaus im Wesentlichen aus: Das Verfahren sei aufwändig, nicht einfach gewesen. Einfache Auskünfte seien insbesondere mündliche und schriftliche Auskünfte ohne Rechercheaufwand. Es seien vorliegend jedoch mehrere Suchvorgänge in verschiedenen Datenbanken mit unterschiedlichen Suchbegriffen (Name bzw. Kassen-Registrierkennzeichen) erforderlich gewesen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Schuldner über einen zweiten, zunächst nicht genannten Vornamen verfüge und auch der Unternehmens-Namenszusatz „H. V. “ anzuwenden gewesen sei. Jeder ermittelte Einzelvorgang sei zu sichten gewesen, um andere nicht angefragte Personen auszuschließen und den bestimmten angefragten Zeitraum zu selektieren. Die zu durchsuchenden Datenbanken seien nicht primär konzipiert worden, um die Beantwortung von Anfragen nach dem IFG zu ermöglichen, sondern zur digitalen Unterstützung der Prozesse der Zollverwaltung.
22Eine Gebührenbefreiung oder -reduzierung komme nicht in Betracht. Das Insolvenzverfahren möge zwar im öffentlichen Interesse liegen. Jedoch stelle der Insolvenzverwalter den Informationsantrag in Ausübung eines privaten Amts zur Erleichterung der ihm übertragenen Aufgaben. Die bloße Erleichterung der Aufgabenwahrnehmung durch die beantragte Auskunft liege aber nicht im öffentlichen Interesse. Die begehrten Informationen seien aufgrund der dem Schuldner durch die Insolvenzordnung auferlegten Auskunfts- und Mitwirkungspflichten auch anderweitig beschaffbar.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen.
24Entscheidungsgründe
25Das Gericht kann nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
26Die zulässige Klage ist unbegründet.
27Der Gebührenbescheid des Hauptzollamts M. vom 10. Januar 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Generalzolldirektion vom 7. April 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
28Er findet seine Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 44 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) i. V. m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsgebührenverordnung – IFGGebV) vom 2. Januar 2006 (BGBl. I S. 6), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 7 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) i. V. m. Teil A Nr. 1.2 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses (Anlage zu § 1 Abs. 1 IFGGebV).
29Die auf dieser Rechtsgrundlage festgesetzte Gebühr in Höhe von 180,- Euro ist dem Grunde (dazu 1.) und der Höhe (dazu 2.) nach rechtmäßig.
301. Die Voraussetzungen des Gebührentatbestandes sind erfüllt. Teil A Nr. 1.2 des Gebühren- und Auslagenverzeichnisses zur IFGGebV setzt die Erteilung einer schriftlichen Auskunft auch bei Herausgabe von Abschriften voraus. Vorliegend wurden dem Kläger unstreitig die anhand seiner Anfragekriterien erstellten Übersichten übersandt. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich dabei nicht um eine „einfache“ Auskunft nach § 10 Abs. 1 Satz 2 IFG, für die keine Gebühren erhoben werden. Maßstab für die Frage, ob es sich um eine einfache Auskunft handelt, ist der für die Bearbeitung des Zugangsbegehrens erforderliche Verwaltungsaufwand. Eine „einfache Auskunft“ liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die Vorbereitung der Zugangsentscheidung gar keinen oder zumindest nur einen sehr geringen Verwaltungsaufwand verursacht hat.
31Vgl. Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, 29. Edition (Stand: 01.08.2020), IFG § 10, Rn. 18 ff. m. w. N.; vgl. ferner Jastrow/Schlatmann, Informationsfreiheitsgesetz IFG, Kommentar, § 10 Rn. 17, wonach eine Bearbeitungszeit von einer halben Stunde auf eine einfache Auskunft hinweist.
32Dies war hier nicht der Fall. Die Recherche anhand der vom Kläger genannten Kriterien in verschiedenen Datenbanken, sowie die Sichtung, Selektion und Zusammenstellung der gewünschten Auskünfte haben hier einen – nicht geringen – Zeitaufwand von insgesamt sieben Stunden verursacht. Die dabei durchzuführenden Schritte hat die Beklagte ausführlich und nachvollziehbar geschildert. Ob der hier tatsächlich angefallene Verwaltungsaufwand, wie der Kläger meint, zu hoch ausgefallen ist, kann dahinstehen. Selbst wenn dem so wäre, wäre dennoch ersichtlich nicht von einem „sehr geringen Verwaltungsaufwand“ auszugehen.
332. Der angefochtene Gebührenbescheid ist auch der Höhe nach rechtmäßig. Die Festsetzung der Gebühr auf 180,- Euro ist insbesondere nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Das Hauptzollamt M. hat weder die Grenzen des ihr durch den einschlägigen Gebührentatbestand eingeräumten Rahmenermessens (30 bis 250 Euro) überschritten, noch hat sie von dem Rahmenermessen in einer dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, § 114 Satz 1 VwGO.
34Der Behörde steht bei der Festsetzung der aus dem Gebührenrahmen zu ermittelnden Gebühr ein Ermessen zu, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die gerichtliche Überprüfung erstreckt sich gemäß § 114 Satz 1 VwGO darauf, ob die Behörde bei der Gebührenfestsetzung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Ein Verwaltungsakt ist insbesondere dann ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen oder unvollständigen tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht oder wesentliche Gesichtspunkte außer Acht lässt, die zu berücksichtigen gewesen wären. Ausgangspunkt für die Überprüfung der Ermessenserwägungen sind die Maßstäbe für die Gebührenbemessung im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes.
35Nach der zu § 10 Abs. 2 IFG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
36Urteil vom 13.10.2020 - 10 C 23/19 -, juris Rn. 15 f.; Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 6.15 -, juris Rn. 18,
37ist diese Norm Ausdruck des gesetzgeberischen Ziels, dass jeder gegenüber den Behörden und Einrichtungen des Bundes einen Anspruch auf Informationszugang haben soll, ohne hiervon durch erhebliche finanzielle Hürden abgeschreckt zu werden. Gebühren und Auslagen sollen deswegen orientiert am Verwaltungsaufwand, jedoch nicht notwendig kostendeckend bemessen werden. Die Bemessung der Gebühren nach § 10 Abs. 2 IFG hat den Verwaltungsaufwand - nur - zu berücksichtigen, die wirksame Inanspruchnahme des Informationszugangs aber in vollem Umfang zu gewährleisten. Die Gebühren dürfen also nicht abschreckend wirken (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 6 und 16). Für die Frage einer - nach objektiven Maßstäben zu bestimmenden - abschreckenden Wirkung der Gebührenbemessung ist entscheidend, ob die Gebühr ihrer Höhe nach objektiv geeignet ist, potentielle Antragsteller von der Geltendmachung eines Anspruchs auf Informationszugang abzuhalten,
38vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl., § 10 Rn. 73 bis 78.
39Dabei weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass § 10 Abs. 2 IFG keine strikte Bindung an den Kostendeckungsgrundsatz gebiete. § 10 Abs. 2 IFG derogiere mit der Anordnung der Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands den Kostendeckungsgrundsatz nicht; er modifiziere ihn nur. Für die Abweichung von der allgemeinen haushaltsrechtlichen Pflicht zur strikten Anwendung des Kostendeckungsgrundsatzes bestehe mit dem Transparenzziel des IFG ein hinreichender sachlicher Grund.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 - 10 C 23/19 -, juris Rn. 18.
41Zudem habe der Gesetzgeber die objektiv zu bestimmende Obergrenze für die Gebührenhöhe zwar nicht selbst festgelegt, es lasse sich der Begründung des Gesetzentwurfs zum Informationsfreiheitsgesetz gleichwohl entnehmen, dass eine Obergrenze von 500,- Euro für angemessen gehalten wurde,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 - 10 C 23/19 -, juris Rn. 21 unter Verweis auf BT-Drs. 15/4493 S. 16.
43Gebühren bis zur genannten Obergrenze des Gebührenrahmens begegneten im Hinblick auf das Abschreckungsverbot keinen grundsätzlichen Bedenken. Soweit sich die Behörde an die Vorgaben der Informationsgebührenverordnung halte, liege im Hinblick auf das Abschreckungsverbot auch kein Ermessensfehler vor. Die Informationsgebührenverordnung setze das Abschreckungsverbot des § 10 Abs. 2 IFG mit ihren differenzierten Tatbeständen und unterschiedlich hohen Maximalgebühren wirksam um,
44vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 - 10 C 23/19 -, juris Rn. 22 f. zu der Höchstgebühr von 500,- Euro.
45Die Beklagte hat diesen Maßgaben bei der Bemessung der streitgegenständlichen Gebühr hinreichend Rechnung getragen. Insbesondere wird die Gebührenpraxis der Beklagten dem modifizierten Kostendeckungsgrundsatz gerecht. Der entstehende Verwaltungsaufwand wird nur zu einem Teil in Ansatz gebracht. Die einstündige Dienstleistung eines Beamten im gehobenen Dienst wird nur mit 45 Euro, eines Beamten im mittleren Dienst mit 30 Euro berechnet, obwohl nach den Berechnungen des Bundesministeriums der Finanzen insoweit tatsächliche Kosten in Höhe von 65,86 Euro und 43,50 Euro anfallen. Sachkosten und sonstige kalkulatorische Kosten werden zudem überhaupt nicht berechnet. Durch den Ansatz des Zeitaufwands wird die durch das Gesetz vorgesehene Orientierung am Verwaltungsaufwand gewährleistet. Eine konkrete abschreckende Wirkung ist vorliegend schon aufgrund der Gebührenhöhe von 180,- Euro aber auch sonst nicht zu erkennen. Im Übrigen sei erwähnt, dass eine Erstattung der Verwaltungsgebühren als Auslagen des Insolvenzverwalters nach § 53 InsO i.V.m. § 54 Nr. 2 InsO in Betracht kommt.
46Die Gebührenfestsetzung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte dem Kläger eine Gebührenbefreiung oder -ermäßigung nach § 2 IFGGebV versagt hat. Danach kann aus Gründen der Billigkeit oder des öffentlichen Interesses die Gebühr um bis zu 50% ermäßigt oder in besonderen Fällen von der Erhebung der Gebühr abgesehen werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Wie die Beklagte zu Recht ausführt, kommt der vollständige Verzicht, Gebühren zu erheben, nur in Ausnahmefällen in Betracht. Auch eine Ermäßigung aufgrund eines öffentlichen Interesses hat die Beklagte zurecht abgelehnt. Insoweit genügt es nicht, dass der Kläger den Informationszugang in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter begehrt hat. Eine Befreiung von der Gebührenpflicht für einzelne Berufsgruppen kennt das IFG nicht. Eine Privilegierung ist auch nicht angezeigt, da das IFG „Jedermann-Rechte“ normiert.
47siehe z.B. für Pressevertreter: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. September 2017 - OVG 12 B 11.16 -, juris Rn. 15; Schoch, IFG Kommentar, 2. Aufl. 2016, IFG § 10 Rn. 63f. m.w.N.
48Auch bei einem Tätigwerden als Insolvenzverwalter ist der Kläger als natürliche Person, als Jedermann, anzusehen. Als Partei kraft Amtes handelt er zwar für fremdes Vermögen, aber im eigenen Namen und nicht etwa in Vertretung des Schuldners oder der Gläubiger. Er nutzt vorliegend ein jedermann eingeräumtes Recht im beruflichen Interesse; das Recht ist aber unabhängig von einem konkret mit seiner Inanspruchnahme verfolgten Interesse eingeräumt.
49Die Berufung des Klägers auf das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Vollziehung des Insolvenzverfahrens rechtfertigt ebenso wenig eine Freistellung oder eine Ermäßigung der Gebühren nach dem IFG. Das öffentliche Interesse muss vielmehr in dem Informationszugang selbst liegen. Nicht ausreichend ist, wenn sich der Informationszugang auf eine Tätigkeit bezieht, die überwiegend dem öffentlichen Interesse dient.
50Jastrow/Schlatmann, IFG Kommentar, § 2 IFGGebV Rn. 3.
51Zur Sicherung und Inbesitznahme der Masse durch den Insolvenzverwalter ist es regelmäßig erforderlich, auch Informationen Dritter auszuwerten und nach Maßgabe gesetzlicher Vorgaben entsprechende Informationsansprüche im Zweifel gerichtlich durchzusetzen.
52Vgl. Zimmer in: Bork/Hölzle, Handbuch Insolvenzrecht, 2. Aufl. 2019, Die Beteiligten: Gericht, Verwalter, Schuldner, Gläubiger, juris, Rn. 169.
53Zudem kann der Insolvenzverwalter nach § 129 Abs. 1 InsO Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130-146 InsO anfechten. Die vorliegend begehrten Auskünfte über Vollstreckungsaufträge sowie Informationen über erfolgte Zahlungen versetzten den Kläger in die Lage, derartige Entscheidungen treffen zu können. Das konkrete Auskunftsbegehren nach dem IFG resultiert damit letztlich aus Praktikabilitätserwägungen des Insolvenzverwalters im Rahmen seines aus § 80 InsO folgenden Entscheidungsrechts, wie er seinen gesetzlichen Aufgaben u.a. zur Masseermittlung nachkommt. Insbesondere vor dem Hintergrund des insolvenzrechtlichen Auskunftsanspruchs gegenüber dem Schuldner aus § 97 InsO dient das Auskunftsbegehren des Klägers gegenüber der Beklagten letztlich der Erleichterung der Aufgaben des Klägers als Insolvenzverwalter, nicht aber dem öffentlichen Interesse.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
56Rechtsmittelbelehrung
57Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich die Zulassung der Berufung beantragen. Über die Zulassung entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
58Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
59Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
60- 61
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senate der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
67Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
68Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
69Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich, zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragen.
70Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
71Ferner ergeht der
72Beschluss
73Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
74180,- Euro
75festgesetzt.
76Gründe
77Der festgesetzte Betrag entspricht der Höhe der streitigen Geldleistung (§ 52 Abs. 3 GKG).
78Rechtsmittelbelehrung
79Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
80Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
81Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
82Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
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Referenzen
- InsO § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts 1x
- VwGO § 84 1x
- InsO § 97 Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners 1x
- Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (7. Senat) - 7 B 43/10 1x
- § 2 IFGGebV 3x (nicht zugeordnet)
- InsO § 54 Kosten des Insolvenzverfahrens 1x
- VwGO § 114 2x
- § 10 IFG 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 IFGGebV 1x (nicht zugeordnet)
- 10 C 23/19 4x (nicht zugeordnet)
- § 52 Abs. 3 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 129 Grundsatz 1x
- § 10 Abs. 2 IFG 5x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- § 10 Abs. 1 Satz 2 IFG 2x (nicht zugeordnet)
- § 1 IFG 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 53 Massegläubiger 1x
- § 1 Abs. 1 IFGGebV 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 55a 2x