Gerichtsbescheid vom Verwaltungsgericht Köln - 8 K 5330/21
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
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Tatbestand
2Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung einer Schank- und Speisewirtschaft hin zu einem Wettbüro auf dem Grundstück Gemarkung S. –Str., Flur 00, Flurstück 00/0 (im Folgenden: Vorhabengrundstück) mit der Lagebezeichnung N. . 00, 00000 Köln.
3Das Vorhabengrundstück ist im unbeplanten Innenbereich belegen.
4Die Klägerin stellte am 2. Juli 2021 bei der Beklagten einen Bauantrag für das Vorhaben.
5Mit Bescheid vom 15. September 2021 lehnte die Beklagte den Bauantrag ab. Das geplante Wettbüro sei bauplanungsrechtlich als Vergnügungsstätte einzustufen und füge sich in die nähere Umgebung, die als allgemeines Wohngebiet einzustufen sei, nach der Art der baulichen Nutzung nicht ein. Im Übrigen sei das Vorhaben auch bauordnungsrechtlich nicht zulässig, da die WC-Anlagen nicht ausreichend barrierefrei seien. Es fehle insoweit an einer ausreichenden Bewegungsfläche vor einer Tür.
6Die Klägerin hat am 18. Oktober 2021 Klage erhoben.
7Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus, die nähere Umgebung um das Vorhabengrundstück sei als Gemengelage oder als faktisches Mischgebiet einzustufen und das Wettbüro in jedem Fall bauplanungsrechtlich zulässig.
8Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 15. September 2021 zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Baugenehmigung für eine Wettvermittlungsstelle mit Verweilcharakter zu erteilen.
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2. den Gebührenbescheid vom 15. September 2021 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung nimmt sie Bezug auf den angegriffenen Bescheid.
15Das Gericht hat die Beteiligten bezüglich einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
16Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte nebst beigezogener Bauakte der Beklagten (1 Band).
17Entscheidungsgründe
18Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor gehört worden sind.
19Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.
20Der den Bauantrag vom 2. Juli 2021 ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht, vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
21Gemäß § 74 Abs. 1 Bauordnung NRW (BauO NRW) in der Fassung vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. 2018 S. 421), in der maßgeblichen Änderung durch Gesetz vom 30. Juni 2021 (GV. NRW. S. 822) (im Folgenden: BauO NRW 2018 a. F.) ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
22Eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung ist nur begründet, wenn im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. einer gerichtlichen Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ein entsprechender Anspruch besteht.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 – 4 C 16.07 –, juris, Rn. 11; OVG NRW, Urteil vom 17. April 2018 – 2 A 911/16 –, juris, Rn. 49; OVG NRW, Urteil vom 1. Februar 2010 – 7 A 1635/07 –, juris, Rn. 56.
24Nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden § 90 Abs. 4 Satz 1 der BauO NRW 2018 in der Fassung vom 21. Juli 2018 (GV. NRW. 2018 S. 421), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. September 2021 (GV. NRW. S. 1086) (im Folgenden: BauO NRW 2018 n. F.) sind die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten Verfahren nach den zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Verfahrensvorschriften fortzuführen und abzuschließen.
25Sonach beantwortet sich die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch besteht, nach der BauO NRW 2018 a. F. sowie der Bauprüfverordnung vom 6. Dezember 1995 (GV. NW. 1995 S. 1241) in der maßgeblichen Änderung durch Verordnung vom 10. Dezember 2018 (GV. NRW. S. 670) (im Folgenden: BauPrüfVO NRW).
26Denn der Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung ist am 2. Juli 2021 gestellt worden. Hieraus folgt, vermittelt über die Verordnungsermächtigung in § 87 Abs. 3 BauO NRW 2018 a. F., auch die Anwendung der vorgenannten Fassung der BauPrüfVO NRW als Verfahrensvorschrift.
27Dieses Regelungsgefüge zugrunde gelegt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.
28Dem steht bereits die fehlende Bescheidungsfähigkeit des Antrags entgegen.
29Die Bescheidung eines nicht bescheidungsfähigen Bauantrags durch die Bauaufsichtsbehörde enthebt die Verwaltungsgerichte nicht der Pflicht, ihrerseits die geltenden Vorschriften zu beachten.
30Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 10 A 2684/06 –, juris, Rn. 4.
31Der Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung war weder bei der Antragstellung im Juli 2021, noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bescheidungsfähig.
32Gemäß § 70 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW 2018 a. F. sind mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen.
33Mit den Bauvorlagen für große Sonderbauten gemäß § 50 Abs. 2 BauO NRW 2018 a. F. ist ein Brandschutzkonzept einzureichen, § 70 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW 2018 a. F.
34Bei einem Wettbüro handelt es sich unabhängig von dessen Größe um einen großen Sonderbau, § 50 Abs. 2 Nr. 7 a. E. BauO NRW 2018 a. F.
35Das sonach erforderliche und gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 BauPrüfVO NRW unverzichtbare Brandschutzkonzept war dem Bauantrag nicht als Bauvorlage beigefügt.
36Im Übrigen entspricht auch der Auszug aus dem Liegenschaftskataster (Bl. 2.5 VV) nicht den Anforderungen des § 11 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauPrüfVO NRW. Denn er stellt nicht – wie vorgeschrieben – die Umgebung im Umkreis von 50 m um das Baugrundstück dar, das außerhalb des Gebiets eines Bebauungsplans belegen ist.
37Ein erforderlicher Lageplan gemäß § 3 BauPrüfVO NRW fehlt gänzlich, § 11 i. V. m § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BauPrüfVO NRW.
38Der ebenfalls angegriffene Gebührenbescheid der Beklagten vom 15. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
39Mit § 2 Abs. 1 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung Nordrhein-Westfalens (AVerwGebO NRW) und Ziffer 2.4.3 Buchstabe a Tarifstelle 2 AVerwGebO NRW besteht eine taugliche Ermächtigungsgrundlage.
40Ausgehend hiervon hat die Beklagte eine Gebühr in Höhe von 1.155,00 Euro angesetzt, die sie wegen der Ablehnung des Bauantrags gemäß § 15 Abs. 2 Halbsatz 1 GebG NRW um ein Viertel auf 866,00 Euro reduziert hat.
41Umstände, die eine Rechtswidrigkeit des Gebührenbescheids und insbesondere die fehlerhafte Ausübung des im Zuge der Ziffer 2.4.3 Buchstabe a Tarifstelle 2 AVerwGebO NRW eröffneten Gebührenrahmenausschöpfungsermessens (§ 9 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW) nahelegten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 84 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
44Rechtsmittelbelehrung
45Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich die Zulassung der Berufung beantragen. Über die Zulassung entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
46Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senate der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
54Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
55Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
56Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragen.
57Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
58Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
59Beschluss
60Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
6115.866,00 Euro
62festgesetzt.
63Gründe
64Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Klägerin ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Das Gericht hat sich hierbei an Ziff. 3 Buchst. d des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 sowie an der Höhe des angegriffenen Gebührenbescheids orientiert.
65Rechtsmittelbelehrung
66Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden.
67Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
68Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
69Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
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Referenzen
- § 9 Abs. 1 Satz 1 GebG 1x (nicht zugeordnet)
- 10 A 2684/06 1x (nicht zugeordnet)
- § 87 Abs. 3 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- § 2 Abs. 2 Satz 1 BauPrüfVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 BauPrüfVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 90 Abs. 4 Satz 1 der BauO 1x (nicht zugeordnet)
- § 70 Abs. 2 Satz 1 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- § 1 Abs. 2 Satz 4 BauPrüfVO 1x (nicht zugeordnet)
- § 70 Abs. 2 Satz 3 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- 2 A 911/16 1x (nicht zugeordnet)
- 7 A 1635/07 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- VwGO § 55a 1x
- § 52 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 50 Abs. 2 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- § 15 Abs. 2 Halbsatz 1 GebG 1x (nicht zugeordnet)