Beschluss vom Verwaltungsgericht Magdeburg (3. Kammer) - 3 B 2/14

Gründe

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Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid des Antragsgegners vom 12.12.2013 über die sofortige Rücknahme der Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung, beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie.

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Der von dem Antragsteller gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz, der bei dem Gericht am 7.1.2014 eingegangen ist und in welchem der Antragsteller wörtlich

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1. die Aufhebung des Beschlusses über die Rücknahme der Erlaubnis mit sofortiger Wirkung bis zur endgültigen Klärung des Falles,
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2. den Kostenerlass zu dem Beschluss des Verwaltungsamtes mindestens über die Höhe des Gutachterausschusses und
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3. den Kostenerlass über die Gerichtskosten,
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beantragt, hat kein Erfolg. Die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung auf dem Gebiet der Psychotherapie ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs.5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage offenkundig zu Recht unterbunden worden.

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Soweit sich der Antragsteller gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12.12.2013 in der Sache wendet, hat dieser Antrag keinen Erfolg. Das Gericht verweist zunächst entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung des streitbefangenen Bescheides des Antragsgegners, der es in vollem Umfange folgt. Es ist unstreitig, dass der Antragsteller nach seiner Zeit als Mitarbeiter im Psychologischen Dienst der K. gGmbH wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (vgl. Blatt 19 ff. der Gerichtsakte). Die Aufhebung der erteilten Erlaubnis setzt gemäß § 7 Abs. 1 der Ersten Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung voraus, dass nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die eine Versagung der Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 rechtfertigen würden. Nach § 2 Abs. 1 lit. f. ist die Erlaubnis nicht zu erteilen, wenn sich aus Tatsachen ergibt, dass dem Antragsteller die sittliche Zuverlässigkeit fehlt, insbesondere wenn schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen. Nach Auffassung des Gerichtes ist ausschlaggebend die Frage, ob der Erlaubnisinhaber trotz eines Fehlverhaltens noch ausreichende Gewähr für eine ordnungsgemäße Berufsausübung bietet. Da die Zuverlässigkeit eine nach dem Gesamteindruck der Gesamtpersönlichkeit zu beurteilende Charaktereigenschaft ist, kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls, auf die Gesamtbewertung des Fehlverhaltens und auf das prognostische Urteil an, ob trotzdem mit einer ordnungsgemäßen Berufsausübung zu rechnen ist. Im vorliegenden Sachverhalt ist unstreitig, dass, aus welchen Gründen auch immer, der Antragsteller sich eines sexuellen Missbrauchs mit Schutzbefohlenen schuldig gemacht hat. Auch wenn die Strafe nur gering ausgefallen ist und zur Bewährung ausgesetzt ist, ist hier doch auch von ausschlaggebender Bedeutung, dass es nicht zum Aufgabenkreis des Antragstellers gehörte, therapeutische Maßnahmen durchzuführen (vgl. Blatt 86, 97 der Beiakte). Ausweislich der eigenen Aussagen des Antragstellers hat dieser aber therapeutische Maßnahmen durchgeführt und sich somit außerhalb seiner eigentlichen durch Stellenbeschreibung beruflichen Aufgabe befunden. Damit hat er aber eindeutig den Grenzbereich zu seiner Tätigkeit überschritten. Er bietet in diesem Zusammenhang nach summarischer Prüfung keine ausreichende Gewähr dafür, dass er in Zukunft seinen Beruf ordnungsgemäß unter Beachtung aller in Betracht kommenden Vorschriften und Berufsrichtlinien, insbesondere ohne Straftaten zu begehen, ausüben wird und sich dadurch dann keine Gefahren für die Allgemeinheit oder von ihm behandelte Patienten ergeben. Wesentlich dabei ist, dass er in Folge seines Fehlverhaltens nicht mehr das für seine Berufsausbildung erforderliche Vertrauen genießen kann. Angesichts der Bedeutung der gefährdeten Rechtsgüter sind hierbei grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen. Dies hat der Antragsgegner bei der Anordnung des Sofortvollzuges zu Recht gemäß § 80 Abs. 3 VwGO ausgeführt. Da eine Überschreitung des Vertrauensverhältnisses auch außerhalb der eigentlichen Berufstherapie als Psychotherapeut zu beachten ist, besteht hier im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kein Anhaltspunkt dafür, dass die strafrechtliche Verfehlung nicht zu berücksichtigen ist aufgrund etwa der kurzen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Auch wenn in diesem Zusammenhang von dem Antragsteller die Auffassung vertreten wird, dass über die Frage des Berufsverbotes dadurch zu seinen Gunsten entschieden worden ist, da im strafrechtlichen Urteil ein solches nicht ausgesprochen worden ist, vermag er mit diesem Einwand nicht durchzudringen. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen das in Art. 103 Abs. 3 GG enthaltene Verbot der Doppelbestrafung (Grundsatz „ne bis in idem“) vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes folgt aus diesem Verbot, dass kriminelle Verfehlungen dann nicht mehr von den Verwaltungsbehörden berufs- und ordnungsrechtlich zusätzlich berücksichtigt werden dürfen, wenn bereits das Strafgericht diese Verfehlungen im Rahmen der Verhängung von Maßregeln der Sicherung nach § 70 Abs. 1 StGB umfassend auch aus berufs- und ordnungsrechtlicher Sicht gewürdigt hat. Eine solche umfassende Würdigung lässt sich dem strafgerichtlichen Urteil nicht entnehmen, so dass der Antragsgegner unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung einen die Aufhebung der Heilpraktikererlaubnis rechtfertigenden berufsrechtlichen Überhang feststellen konnte (vgl. auch insoweit Beschluss des Bayerischen Gerichtshofs, 28.7.2000, 21 ZB 98.3498, zitiert nach juris). Auch die Urteilsausführungen im strafgerichtlichen Verfahren, in welchem die Ausführung zur Bewährungszeit damit begründet wurde, dass keine Wiederholungsgefahr angenommen wird, genügen in dieser Kürze nicht dem vorgenannten Erfordernis. Es geht im vorliegenden Verfahren auch nicht darum, ob und in welcher Weise aus strafrechtlichen Gesichtspunkten eine Bewährungsaussetzung erfolgte. Auch die Aussagen zum medizinischen Erfolg des Antragstellers sind nicht geeignet, die sittliche Zuverlässigkeit hier angesichts des vorliegenden Fehlverhaltens zu bejahen.

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Soweit der Kläger wörtlich den Kostenerlass zu dem Beschluss des Verwaltungsamts mindestens über die Höhe des Gutachterausschusses verlangt, hat der Antrag ebenfalls keinen Erfolg. Auch wenn man der Auffassung ist, dass hier die besonderen Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO gegeben sind, weil der Antragsgegner auf einen Antrag des Antragstellers auf Absehen von den Kosten über die Aufhebung der Heilpraktikererlaubnis und Aufhebung der geltend gemachten Auslagenkosten des Gutachterausschusses negativ reagiert hat, mag der Antrag zwar zulässig sein, ist aber in der Sache nicht erfolgreich. Die Auslagen des Gutachterausschusses sind zu ersetzen, da dieser zwingend am Verfahren beteiligt ist.

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Auch die Ausführungen des Antragstellers hinsichtlich der weiteren Gebühren führen nicht zum Erfolg. Das Gericht verweist insoweit entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO auf die Begründung hinsichtlich der Gebührenfestsetzung in dem angefochtenen Bescheid, der es in vollem Umfange folgt. Für eine Ermäßigung der Gebühren bzw. deren Verzicht fehlen in den Verwaltungsvorgängen detaillierte Angaben des Antragstellers hinsichtlich der Vermögens- und Einkommenssituation, so dass sich das Gericht außerstande sieht, hinsichtlich dieses Antrages eine für den Antragsteller positive Entscheidung zu treffen.

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Der 3. Antrag des Antragstellers, die Gerichtskosten zu erlassen, ist nicht vom Gericht zu entscheiden, sondern von der Justizhauptkasse, an die der Antrag des Klägers weitergeleitet wird.

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Aus den vorgenannten Gründen ergeht daher die Kostenentscheidung gemäß § 154 Abs.1 VwGO zu Laste des Antragstellers.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. In einem Hauptsacheverfahren wäre der Streitwert mit 15.000 € anzusetzen. Dieser Streitwert wird im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf die Hälfte, mithin 7.500 € halbiert.


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