Urteil vom Verwaltungsgericht Mainz (3. Kammer) - 3 K 1248/18.MZ
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt,
1. den auf dem Grundstück M., Flur ..., Flurstück-Nr. ..., entlang der Erschließungsstraße errichteten Zaun dauerhaft zu öffnen,
2. das Grundstück M., Flur ..., Flurstück-Nr. ..., dauerhaft für die Allgemeinheit zugänglich zu halten,
3. die auf dem Grundstück M., Flur ..., Flurstück-Nr. ..., befindliche Gartenhütte zu beseitigen,
4. der Klägerin Zufahrt und Zutritt zu dem Grundstück M., Flur ..., Flurstück-Nr. ... und das Herrichten als Grünfläche sowie die öffentliche Nutzung derselben zu gestatten.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zugänglichmachung einer öffentlichen Grünfläche und die Einräumung von deren Nutzung durch die Öffentlichkeit.
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Der Beklagte ist Eigentümer des in M. (Flur …) gelegenen Grundstücks mit der Flurbezeichnung …. Dieses liegt im Geltungsbereich des am 12. Januar 2006 in Kraft getretenen Bebauungsplans „...“ (...) der Beklagten. Dieser Bebauungsplan setzt das Grundstück als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage fest.
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Noch während des Planaufstellungsverfahrens schloss die Klägerin mit der damaligen Eigentümerin der Flächen im Plangebiet (... GmbH, Investor) am 22. Dezember 2005 einen Erschließungs- und Ablösevertrag, der in § 5 die unentgeltliche Übertragung einer Fläche von ca. 750 m2 zwischen dem Gewerbegebiet und dem allgemeinen Wohngebiet nach Abbruch und Beräumung des Bereichs (ohne Herstellung eines einheitlichen Geländeniveaus) durch den Investor an die Klägerin mit der Maßgabe vorsieht, dass diese auf dieser Fläche eine öffentliche Grünfläche „Pocket-Park" errichtet und unterhält. Ferner ist in § 9 des Vertrags die Bereitstellung eines Investitionskostenzuschusses durch den Investor u.a. für die Herstellung und Unterhaltung des Pocket-Parks geregelt.
- 4
Aufgrund notariellen Vertrags vom 11. Dezember 2006 veräußerte die ... GmbH eine Fläche in einer Größe von etwa 11.887 m2 an die ... AG, die ausweislich der zum notariellen Vertrag gehörenden Anlage (gelb markierte Flächen) auch die Fläche des streitgegenständlichen Grundstücks umfasst.
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Mit Schreiben vom 20. Januar 2009 teilte die ... AG der Klägerin mit, dass zwischenzeitlich eine Lösung erarbeitet sei, den sogenannten Pocket-Park entsprechend der Ausweisung im Bebauungsplan herzurichten und privat zu unterhalten. Es sei geplant, die Fläche einem benachbarten Hauseigentümer mit der Auflage zu übertragen, die Bedingungen gemäß dem Bebauungsplan zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sei man bereit, eine pauschale Abgeltung gemäß Erschließungsvertrag in Höhe von 100.000 € an die Klägerin zu zahlen.
- 6
Durch notariellen Vertrag vom 28. April 2009 erwarb der Beklagte von der ... AG das streitgegenständliche Grundstück. Der Vertrag enthält in Abschnitt V. 1 folgenden Passus:
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„Dem Erwerber ist der Zustand des Vertragsgegenstandes bekannt. Insbesondere ist dem Erwerber die Bebauungsplan ... „..." bekannt.
Er verpflichtet sich, die Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich des Grundstücks zu beachten und dauerhaft einzuhalten und auch seinem jeweiligen Rechtsnachfolger aufzuerlegen und das Grundstücks regelmäßig zu pflegen:"
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Mit Schreiben der ... AG vom 6. Oktober 2009 wurde der Beklagte nochmals auf die Festsetzungen des Bebauungsplans ... und die dort erfolgte Ausweisung des Grundstücks als öffentliche Grünfläche sowie die dieses Grundstück betreffenden Verpflichtungen aus dem notariellen Vertrag hingewiesen. Der Beklagte bestätigte am 9. Oktober 2009 auf einer Zweitschrift dieses Schreibens unterschriftlich die ausdrückliche und unwiderrufliche Einhaltung dieser Verpflichtungen.
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Unter dem 29. Dezember 2015 trat die ... AG die aus dem notariellen Vertrag vom 28. April 2009 gegen den Beklagten bestehenden Rechte und Ansprüche bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks an die Klägerin ab.
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Nach Erwerb des streitgegenständlichen Grundstücks verband der Beklagte dieses mit seinem Hausgrundstück und zäunte es ein; der Zaun verfügt über ein Tor, das abgeschlossen ist. Das Grundstück wird seither für private Zwecke genutzt und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich.
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In der Folgezeit versuchte die Klägerin, mit dem Beklagten eine Lösung zu finden, die eine Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks als öffentliche Grünfläche ermöglicht. Mit dem Beklagten geführte Gespräche blieben indes ohne Erfolg; vielmehr lehnte der Beklagte im Oktober 2016 eine weitere Korrespondenz mit der Klägerin ab, und auch ein Übernahmeangebot der Klägerin ging ins Leere.
- 12
Mit Schreiben vom 10. Juli 2018 forderte die Klägerin den Beklagten auf, den an dem streitgegenständlichen Grundstück entlang der Erschließungsstraße errichteten Zaun dauerhaft zu öffnen, das Grundstück dauerhaft für die Allgemeinheit zugänglich zu halten, eine auf dem Grundstück vorhandene Hütte zu beseitigen sowie der Klägerin Zufahrt und Zutritt zu dem Grundstück und das Herrichten als Grünfläche sowie die öffentliche Nutzung zu gestatten. Auf dieses Schreiben erfolgte keine Reaktion des Beklagten.
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Am 27. Dezember 2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe einen Anspruch auf die vorgenannten Maßnahmen aufgrund der Festsetzung im Bebauungsplan in Verbindung mit dem Erschließungs- und Ablösevertrag vom 22. Dezember 2005 sowie dem die öffentlich-rechtlichen Pflichten in Bezug auf das streitgegenständliche Grundstück bestätigenden Vertrag vom 28. April 2009. Aufgrund dieser Regelungen, die der Beklagte ausdrücklich gegen sich anerkannt habe, habe der Beklagte die Verpflichtung übernommen, das Grundstück als öffentliche Grünfläche bereit zu halten. Die Einzäunung des Grundstücks und die Unzugänglichkeit für die Öffentlichkeit laufe dieser Verpflichtung zuwider. Zudem verbiete der Charakter einer öffentlichen Grünfläche die Errichtung einer privaten Gartenhütte. Allein sie - die Klägerin - sei als Sachwalterin der Allgemeinheit in der Lage, die Einhaltung der Verpflichtungen beim Beklagten einzufordern. Bei dem von der ... AG an sie gezahlten Betrag in Höhe von 100.000 € handele es sich um den versprochenen Investitionskostenanteil für den Pocket-Park. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei im Bebauungsplan die Zugänglichkeit für die Allgemeinheit geregelt worden. Zwar habe man keine öffentlichen Verkehrsflächen festgesetzt. Indes seien im Bereich der angrenzenden Privatstraßen des Wohngebiets Flächen für Geh-, Fahr- und Leitungsrechte zugunsten der Allgemeinheit festgesetzt worden. Diese Festsetzung könne gegebenenfalls auch gegen den Willen der Eigentümer durchgesetzt werden. Es hätten im Bebauungsplan auch keine Festsetzungen zum Schutz der Bevölkerung des allgemeinen Wohngebiets vor von der öffentlichen Grünfläche ausgehenden Immissionen festgesetzt werden müssen, denn solche Konflikte hätten sich im Planaufstellungsverfahren nicht aufgedrängt. Eine Nutzung in den Nachtstunden sei nicht zu erwarten; überdies könne gleichwohl auftretenden Störungen mit ordnungsrechtlichen Mitteln begegnet werden. Sie - die Klägerin - sei grundsätzlich bereit, Kosten und Aufwendungen, die dem Beklagten für das Grundstück des Pocket-Parks entstanden seien, zu erstatten.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen,
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1. den auf dem Grundstück M., Flur ... Flurstücks- Nr. ..., entlang der Erschließungsstraße errichteten Zaun dauerhaft zu öffnen,
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2. das Grundstück M., Flur ... Flurstücks-Nr. ... dauerhaft für die Allgemeinheit zugänglich zu halten,
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3. die auf dem Grundstück M., Flur ..., Flurstück-Nr. ..., befindliche Gartenhütte zu beseitigen
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4. ihr - der Klägerin - Zufahrt und Zutritt zu dem Grundstück M., Flur …, Flurstück-Nr. … und das Herrichten als Grünfläche sowie die öffentliche Nutzung derselben zu gestatten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, die Klage sei mangels Bestehen des Verwaltungsrechtswegs bereits unzulässig. Zwar sei in dem zwischen der ... GmbH und der Klägerin geschlossenen Erschließungsvertrag ursprünglich die Übertragung einer rund 750 m2 großen Fläche an die Klägerin zum Zwecke der Anlegung öffentlichen Grünfläche „Pocket- Park" vorgesehen gewesen. Entgegen dieser Vereinbarung habe die Rechtsnachfolgerin, die ... AG, mit der Klägerin eine anderslautende Regelung getroffen und hierfür einen Betrag von 100.000 € geleistet. Mit dieser Zahlung sei die ursprünglich bestehende Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks aus dem Erschließungsvertrag endgültig abgegolten worden. Er - der Beklagte - habe zwischenzeitlich Begrünungsmaßnahmen in einem Umfang von knapp 30.000 € vorgenommen. Das betreffende Grundstück verfüge nicht über eine gesicherte Zuwegung zu öffentlichen Verkehrsflächen, denn es könne nur über Privatstraßen der Wohnungseigentümergemeinschaft der Reihenhäuser erreicht werden, für deren Benutzung durch die Allgemeinheit es an einer Sicherung fehle. Dies führe zu einem Abwägungsfehler und damit zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans. Dieser enthalte zudem keine Regelungen zum Schutz des angrenzenden allgemeinen Wohngebiets vor nächtlichem Lärm. Auch dies führe zur Abwägungsfehlerhaftigkeit des Bebauungsplans. Ein Anspruch auf Einhaltung eines unwirksamen Bebauungsplans bestehe nicht. Überdies habe die Klägerin ihre Rechte verwirkt. Er - der Beklagte - sei bereit, das Grundstück zu einem angemessenen Preis an die Klägerin zu übereignen. Andernfalls werde darauf hingewiesen, dass die Wohnungseigentumsgemeinschaft nicht freiwillig der Öffentlichkeit den Zugang gestatten werde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst der hierzu vorgelegten Anlagen Bezug genommen. Der Bebauungsplan „..." (...) der Beklagten einschließlich seiner Planaufstellungsakten (15 Heftungen) liegen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vornahme bzw. Duldung der im Tenor bezeichneten Maßnahmen durch den Beklagten.
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I) Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist entgegen der Ansicht des Beklagten der Verwaltungsrechtsweg des § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - eröffnet, denn bei dem klageweise geltend gemachten Begehren der Klägerin handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Umsetzung der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche im Bebauungsplan „...“ (...). Zu deren Durchsetzung kann sie sich - ohne auf die vertraglichen Regelungen zurückgreifen zu müssen - auf öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen stützen. Hinsichtlich der Öffnung des Zauns, der Eröffnung des Zutritts für die Allgemeinheit sowie der Duldung des Betretens und Befahrens durch die Klägerin zum Zweck der Herrichtung der öffentlichen Grünfläche kann die Klägerin ihren Anspruch auf die bauordnungsrechtliche Generalklausel des § 59 Abs. 1 Satz 1 Landesbauordnung - LBauO stützen (vgl. zur Durchsetzung einer bauleitplanerischen Festsetzung auf bauordnungsrechtlicher Grundlage auch VG Würzburg, Urteil vom 24. November 2011 - W 4 K 08.1704 -, juris Rn. 62 ff.). Die weiterhin begehrte Beseitigung der Gartenhütte kann nach § 81 Satz 1 LBauO verlangt werden.
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Die Klage ist auch als allgemeine Leistungsklage statthaft, denn die Klägerin begehrt mit ihrer Klage ein Realhandeln bzw. die Duldung von Maßnahmen. Insbesondere fehlt der Klägerin für ihre Klage nicht deshalb das allgemeine Rechtsschutzinteresse, weil sie ihr Begehren auch mittels bauaufsichtlicher Verfügung hätte durchsetzen können. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Leistungsklage einer Behörde auch in anderen Rechtsgebieten als dem Beamtenrecht nicht daran scheitert, dass der Anspruch durch Verwaltungsakt hätte geltend gemacht werden können, sofern das zugrundeliegende materielle Recht die Behörde nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts verpflichtet (vgl. Urteile vom 25. Januar 2017 - 9 C 30/15 -, BVerwGE 157, 203 = juris Rn. 12, vom 28. September 1979 - 7 C 22/78 -, BVerwGE 58, 317 = juris Rn. 12 und vom 25. Oktober 1967 - IV C 19.67 -, BVerwGE 28, 153 = juris Rn. 9). Die Landesbauordnung kennt ebenso wenig eine Pflicht zur hoheitlichen Durchsetzung der klageweise geltend gemachten Ansprüche wie die diesen zugrundeliegenden Regelungen des Bauplanungsrechts. Hinzu kommt, dass auch bei bestehender Verwaltungsaktbefugnis der Behörde das Rechtsschutzinteresse für eine Leistungsklage jedenfalls dann nicht fehlt, wenn die Behörde mit einer Anfechtung des Verwaltungsakts und damit ohnehin mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung rechnen muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. September 1987 - 2 C 3/84 -, NVwZ 1988, 347 = juris Rn. 20 und vom 28. September 1979, a.a.O. = juris Rn. 12). Hiervon ist vorliegend auszugehen, denn der Beklagte hat bereits im Vorfeld der Klageerhebung eindeutig zu erkennen gegeben, der Umsetzung der Festsetzung der öffentlichen Grünfläche „Pocket-Park" auf seinem als private Gartenfläche genutzten Grundstück nicht nachkommen zu wollen; vielmehr hat er sogar ausdrücklich die Umwandlung des Grundstücks in eine private Grünfläche angeregt und auf die Weigerung der Eintragung eines Geh- und Fahrrechts durch die Wohnungseigentümergemeinschaft hingewiesen (vgl. S. 2, 5 des Schreibens vom 18. Dezember 2016).
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II) Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vornahme bzw. Duldung der im Tenor bezeichneten Maßnahmen durch den Beklagten. Die Nutzung des Flurstücks ... als private Gartenfläche ist materiell baurechtswidrig, denn sie verstößt gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ (...) der Klägerin (1). Das mit der Klage geltend gemachte Handeln bzw. Dulden durch den Beklagten ist zur Durchsetzung der Festsetzungen des Bebauungsplans auch zulässig und insbesondere verhältnismäßig (2). Schließlich ist die Umsetzung der Festsetzung „öffentliche Grünfläche" weder durch die Zahlung eines Geldbetrags durch die frühere Eigentümerin des Grundstücks abgegolten worden (3) noch hat die Klägerin ihre Rechte verwirkt (4).
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1) Die Nutzung des Grundstücks Flurstück ... als private Gartenfläche ist bauplanungsrechtlich unzulässig, denn sie verstößt gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ (...), der für dieses Grundstück eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage festsetzt.
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a) Nach § 9 Abs. 1 Nr.15 Baugesetzbuch - BauGB - können im Bebauungsplan u.a. öffentliche Grünflächen wie Parkanlagen festgesetzt werden. Hauptmerkmal einer solchen Festsetzung ist eine im Wesentlichen begrünte, d.h. mit Pflanzen verschiedener Art (mit Bäumen, Sträuchern, Rasen und sonstigen Bepflanzungen) versehene, der Allgemeinheit zugängliche Fläche, die einem bestimmten, städtebaulich zu begründenden Zweck dient (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2019, § 9 Rn. Rn. 124). Die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche hat zur Folge, dass zum einen in einem solchen Gebiet nur solche untergeordneten baulichen Anlagen zulässig sind, die dieser Zweckbestimmung - wie sie letztlich durch den Plangeber ausgestaltet wird - entsprechen (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. § 9 Rn. Rn. 124). Zum anderen bedeutet diese Festsetzung, dass die dergestalt überplanten Flächen einer privaten Nutzung entzogen sind (vgl. OVG NW, Urteil vom 10. Oktober 1997 - 7a D 50/93.NE -, BRS 59 Nr. 49 = juris Rn. 57; VG Hamburg, Urteil vom 24. Juni 1998 - 14 VG 5953/96 -, Juris Rn. 32). Unerheblich sind die Eigentumsverhältnisse an der als „öffentliche Grünfläche" festgesetzten Fläche, denn auch in privaten Eigentum stehende Grundstücke können grundsätzlich als solche Grünfläche festgesetzt werden (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 11. Februar 2002 - 2 S 1.02 -, juris Rn. 14; BayVGH, Urteil vom 14. März 1973 - 12 II 70 -, juris Ls. 1).
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Vorliegend hat die Klägerin mit dem Bebauungsplan ... das streitgegenständliche Grundstück als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Parkanlage" überplant und hierzu in der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Beschlussvorlage ausgeführt, der Pocket-Park könne als baumbestandene Freifläche den Anwohnern als Ruhe- und Naherholungsfläche dienen und stelle einen unverzichtbaren Baustein städtebaulicher Qualität im Plangebiet dar (vgl. dort S. 9 des Vermerks über die öffentlichen Auslegungen, Stand: 31. August 2005, Bd. 14 der Planaufstellungsakten). Dieser Festsetzung läuft die Benutzung des Grundstücks durch den Beklagten als privates Gartengrundstück zuwider. Durch die verschlossene Zaunanlage wird es zum einen den Anwohnern verwehrt, das Grundstück als Ruhe- und Naherholungsfläche zu nutzen. Zum anderen kann die Klägerin mangels Betretungsmöglichkeit das Grundstück nicht entsprechend der Zweckbestimmung als Parkanlage herrichten. Schließlich widerspricht auch die erfolgte Errichtung einer zudem privat genutzten Gartenhütte auf dem Grundstück dessen geplanten Charakter als baumbestandene Freifläche.
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b) Die Festsetzung einer Öffentlichen Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Parkanlage" auf dem Grundstück Flurstück ... ist auch wirksam. Sie ist inhaltlich hinreichend bestimmt (aa) und leidet auch nicht an einem Abwägungsfehler (bb).
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aa) Die streitgegenständliche Festsetzung genügt den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit bauleitplanerischer Festsetzungen.
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Aus Gründen der Normenklarheit muss die Festsetzung einer Grünfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Sie muss unter Angabe des Nutzungszwecks so bestimmt wie möglich erfolgen, wenn damit eine Ausschlusswirkung für davon abweichende Vorhaben erreicht werden soll (vgl. VG München, Urteil vom 23. Oktober 2014 - M 11 K 13.3402 -, juris Rn. 31; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. § 9 Rn. 127; Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, Stand: August 2019, § 9 Rn. 61). Dies setzt mindestens die Angabe der konkreten Zweckbestimmung sowie Charakterisierung der Grünfläche als „private" oder „öffentliche Grünfläche" voraus. Diesen Anforderungen genügt die getroffene Festsetzung. Ausweislich der Planurkunde hat die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück unter Verwendung der Symbole in Nr. 9 der Anlage zur Verordnung über die Ausarbeitung der Bauleitpläne und die Darstellung des Planinhalts (Planzeichenverordnung - PlanZV) als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Parkanlage" festgesetzt; insbesondere ergibt sich aus der Legende der Planurkunde, dass mit der verwendeten Grünschattierung die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche bezweckt ist. Zudem ergibt sich aus den Planaufstellungsunterlagen, dass die Parkanlage als-Ruhe- und Naherholungsfläche für die Anwohner dienen und damit einem über den Einzelnen hinausgehenden Personenkreis zugänglich sein soll (a.a.O. S. 9). Dies genügt unter Bestimmtheitsgesichtspunkten den Anforderungen an die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche.
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bb) Die Festsetzung leidet entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht an einem Abwägungsfehler.
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Gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind die öffentlichen und privaten Belange bei Erlass eines Bebauungsplans gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot umfasst als Verfahrensnorm das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials (§ 2 Abs. 3 BauGB) und stellt inhaltlich Anforderungen an den Abwägungsvorgang und an das Abwägungsergebnis. Es ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Insoweit ist bei der Ermittlung des abwägungserheblichen Materials zu berücksichtigen, das für die Abwägung nur solche Interessen beachtlich sind, die zum einen durch den Bauleitplan mehr als geringfügig und zumindest wahrscheinlich betroffen und zum anderen für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind; was die planende Stelle nicht "sieht" und was sie nach den gegebenen Umständen auch nicht zu "sehen" braucht, kann von ihr bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden und braucht von ihr auch nicht berücksichtigt zu werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2009 - 4 BN 49/09 -, BRS 74 Nr. 48 = juris Rn. 3, und vom 9. November 1979 - 4 N 1/78 u.a. -, BVerwGE 59, 103 = juris Rn. 51 f.; B/K/L, a.a.O. § 1 Rn. 116). Bei der Ermittlung des abwägungserheblichen Materials (vgl. § 4 a Abs. 1 i.V.m. § 3 BauGB) kommt dabei der (förmlichen) Öffentlichkeitsbeteiligung eine besondere Bedeutung zu; hat es ein Betroffener unterlassen, seine Betroffenheit im Zuge der Bürgerbeteiligung vorzutragen, dann ist die Betroffenheit nur dann abwägungsbeachtlich, wenn sich der planenden Stelle die Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen musste (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. November 1979, a.a.O. = juris Rn. 52; Söfker/Runkel in: E/Z/B/K, a.a.O. § 1 Rn. 188 m.w.N.). Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet (vgl. OVG NW, Urteil vom 26. November 2018 - 10 D 35/16.NE -, juris Rn. 58; OVG RP, Urteil vom 20. Juni 2018 - 8 A 11914/17.OVG -, BauR 2018, 1983 = juris Rn. 62).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen begegnet die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche auf dem Grundstück des Beklagten weder unter Erschließungsgesichtspunkten noch im Hinblick auf eine behauptete Immissionsproblematik rechtlichen Bedenken.
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(1) Entgegen der Ansicht des Beklagten leidet die Festsetzung der öffentlichen Grünfläche auf dem streitgegenständlichen Grundstück mangels Erreichbarkeit durch die Allgemeinheit nicht an einem Abwägungsfehler. Zwar setzt der Bebauungsplan in dem als Allgemeines Wohngebiet festgesetzten Teil des Plangebiets keine öffentlichen Verkehrsflächen fest, sondern sieht die Binnenerschließung dieses Baugebiets über eine im Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft stehende Quartiersstraße vor, die im nordöstlichen Teil des Baugebiets in die ...-Straße einmündet. Aus dem Umstand, dass das streitgegenständliche Grundstück nur über diese Quartiersstraße erreicht werden kann und im Grundbuch keine Sicherung eines Wegerechts zugunsten der Allgemeinheit erfolgt ist, folgt indes nicht, dass damit eine Erreichbarkeit des Grundstücks für die Allgemeinheit objektiv ausgeschlossen ist. Die Klägerin hat im Bebauungsplan die Quartiersstraße gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB i.V.m. der textlichen Festsetzung Ziffer 1.8.1 u.a. mit einem Geh- und Fahrrecht zugunsten der Allgemeinheit belastet. Diese Festsetzung hat zur Folge, dass die Belastung der bezeichneten Flächen mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu Gunsten der in der Festsetzung bezeichneten Begünstigten (Allgemeinheit, Erschließungsträger oder bestimmter Personenkreis) zulässig ist und Vorhaben, die solchen Belastungen widersprechen, unzulässig sind (vgl. E/Z/B/K, a.a.O. § 9 Rn. 170). Zwar begründet die auf § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB gestützte Festsetzung einer Fläche, die mit einem Geh- oder Fahrrecht zugunsten der Allgemeinheit zu belasten ist, ein solches Recht noch nicht; vielmehr folgen die aus einem zugunsten des betreffenden Personenkreises festgesetzten Geh- oder Fahrrecht resultierenden Berechtigungen erst aus einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Baulast bzw. einer privatrechtlichen Dienstbarkeit, bei deren Bestellung der Inhalt der Berechtigung im Einzelnen genauer zu bestimmen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1998 - 4 BN 49/98 -, BauR 1999, 151 = juris Rn. 5; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. April 2010 - OVG 2 A 17.08 -, juris Rn. 32; OVG LSA, Urteil vom 23. November 2000 - C 2 S 426/99 -, juris Rn. 42). Sollte sich - wie vom Beklagten in mündlichen Verhandlung ausgeführt - die Wohnungseigentümerversammlung der Einräumung der aus dem festgesetzten Geh- und Fahrrecht resultierenden Berechtigungen verweigern, können diese auch im Wege planakzessorischer Instrumente wie der Enteignung nach § 85 Abs. 1 Nr. 1, § 86 Abs. 1 Nr. 1, § 87 BauGB etwa durch zwangsweise Eintragung einer Dienstbarkeit in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 2/87 -, NVwZ 1988, 822 = juris Rn. 22; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. April 2010, a.a.O. Rn. 42; BayVGH, Urteil vom 9. November 2006 - 4 B 05.2013 -, BayVBl 2007, 307 = juris Rn. 18; E/Z/B/K, a.a.O. 3 9 Rn. 170). Dies ist gegebenenfalls auf dem Rechtsweg durchzusetzen.
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(2) Die Festsetzung der „öffentlichen Grünfläche" auf dem streitgegenständlichen Grundstück leidet entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht deshalb an einem abwägungserheblichen Fehler, weil die Klägerin keine Erwägungen zu immissionsschutzrechtlichen Auswirkungen infolge der Nutzung des Grundstücks als öffentliche Parkanlage in Bezug auf die angrenzende Wohnbebauung an- und in die Abwägung eingestellt hat. Zum einen mussten sich der Klägerin aufgrund der Größe in der Zweckbestimmung der vorgesehenen öffentlichen Grünfläche „Parkanlage" derartige Erwägungen bereits nicht aufdrängen, zumal in dieser Hinsicht auch keinerlei Hinweise im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt sind. Jedenfalls aber ist es nicht zu beanstanden, dass die Klägerin etwaige diesbezügliche Konflikte nicht im Bebauungsplan selbst gelöst hat.
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Das Gebot der Konfliktbewältigung, welches seine Grundlage im Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB hat, verlangt im Grundsatz, dass der Bebauungsplan die von ihm geschaffenen oder ihm zuzurechnenden Konflikte bewältigt, also die betroffenen Belange untereinander zu einem gerechten Ausgleich bringt (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Mai 2014 - 4 CN 5/13 -, NVwZ 2014, 1170 = juris Rn. 25, und vom 5. Juli 1974 - IV C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 = juris Rn. 63; Beschluss vom 14. Juli 1994 - 4 NB 25/94 -, NVwZ-RR 1995, 130 = juris Rn. 5). Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht zwingend aus. Von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf ein Satzungsgeber vielmehr Abstand nehmen, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt ist. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung sind (erst) dann überschritten, falls bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offen gelassene Interessenkonflikt auch in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht lösen lassen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 2014, a.a.O. = juris Rn. 25 m.w.N. ; OVG RP, Urteile vom 12. Mai 2016 - 1 C 10321/15 -, BauR 2016, 1435 = juris Rn. 47, vom 4. Dezember 2014 - 1 C 11164/13 -, BauR 2015, 616 = juris Rn. 50, und vom 22. Januar 2004 - 1 C 11444/03.OVG -, S. 23 UA).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen durfte die Klägerin rechtsfehlerfrei auf der Ebene des Bebauungsplans einen etwaigen Interessenkonflikt zwischen der Nutzung der Parkanlage und den Belangen der angrenzenden Wohnnutzung unberücksichtigt lassen, denn eine Bewältigung etwaiger immissionsschutzrechtlicher Konflikte ist ohne weiteres auf der Ebene des Verwaltungshandelns möglich. Einer die Grenze der Zumutbarkeit überschreitenden oder gar der Zweckbestimmung widersprechenden Nutzung der öffentlichen Grünfläche kann die Beklagte ohne Weiteres mit Mitteln des Bauordnungsrechts oder des allgemeinen Ordnungsrechts begegnen. Der Beklagte oder andere Anwohner können ein solches Einschreiten gegenüber der Klägerin auch durchsetzen, wenn durch die Nutzung der Parkanlage Rechte betroffen sind, die gerade auch ihrem Schutz dienen.
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2) Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten auch einen Anspruch auf Durchsetzung der im Tenor im Einzelnen bezeichneten Maßnahmen.
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Soweit die Klägerin die dauerhafte Öffnung des entlang der Erschließungsstraße errichteten Zauns, die Gewährung der dauerhaften Zugangsmöglichkeit für die Allgemeinheit sowie die Gestattung des Zugangs und des Zugangs für die Klägerin zum Zwecke des Herrichtens des Grundstücks als Grünfläche sowie deren öffentliche Nutzung begehrt, kann sie ihren Anspruch auf § 59 Abs. 1 Satz 1 LBauO stützen. Danach haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, Änderung, Instandhaltung, Nutzung, Nutzungsänderung und dem Abbruch baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 darüber zu wachen, dass die baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden, und sie haben zu diesem Zweck nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift, die vorliegend auf das streitgegenständliche Grundstück Anwendung findet (vgl. hierzu auch VG Würzburg, Urteil vom 24. November 2009, a.a.O. Rn. 63 f.), liegen vor, denn die derzeitige Nutzung des Grundstücks als private Gartenfläche verstößt gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans M 96 ist damit baurechtswidrig. Die Maßnahmen begegnen auch unter Ermessensgesichtspunkten keinen Bedenken; insbesondere sind sie zur Durchsetzung der Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage geeignet und erforderlich.
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Die weiterhin begehrte Beseitigung der Gartenhütte kann die Klägerin auf der Grundlage von § 81 Satz 1 LBauO verlangen. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde u.a. die Beseitigung baulicher Anlagen anordnen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, die Änderung, die Instandhaltung oder die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Auch insoweit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, denn ungeachtet der Frage ob die ohne Baugenehmigung errichtete Gartenhütte einer Baugenehmigung bedurfte und damit formell illegal wäre, ist die Gartenhütte jedenfalls materiell illegal, denn sie verstößt gegen die die vorgenannte Festsetzung des Bebauungsplans, die der Errichtung privat genutzter baulicher Anlagen entgegensteht. Auch insoweit sind Ermessensfehler nicht ersichtlich, da die Beseitigung der Gartenhütte das einzige Mittel zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände ist.
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3) Der Beklagte kann dem Begehren der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, durch die Zahlung eines Betrags von 100.000 € seitens der ... AG an die Klägerin seien die Verpflichtungen aus dem zwischen der Klägerin und der ... GmbH geschlossenen Erschließungsvertrag vom 22. Dezember 2005 in Bezug auf die öffentliche Grünfläche vollumfänglich abgegolten worden. Insoweit übersieht er, dass die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche unmittelbar aus den Festsetzungen des Bebauungsplans und damit aus einem Gesetz in materiellem Sinne geltend machen kann, die der Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks zu privaten Zwecken entgegenstehen, so dass es insoweit auf die vertraglichen Regelungen gar nicht ankommt. Ob darüber hinaus ein Berufen des Beklagten auf eine Abgeltung der vertraglichen Verpflichtungen sogar als missbräuchlich anzusehen wäre, weil ihm ungeachtet der Zahlung des vorgenannten Betrags durch den zwischen ihm und der ... AG geschlossenen notariellen Vertrag vom 28. April 2009 aufgegeben wurde, bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks die Festsetzungen des Bebauungsplans zu beachten und diese dauerhaft einzuhalten, und er zudem diese ihm obliegende Verpflichtung unter dem 9. Oktober 2009 nochmals unterschriftlich bestätigt hat, kann angesichts des Vorgesagten offenbleiben.
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4) Schließlich kann sich der Beklagte gegenüber der Klägerin auch nicht auf Verwirkung bzw. Vertrauensschutz berufen. Einer Verwirkung steht bereits entgegen, dass bauaufsichtliche Eingriffsbefugnisse - wie sie mit der Klage geltend gemacht werden - nicht verwirkt werden können (vgl. VGH BW, Urteile vom 15. September 2016 - 5 S 114/14 -, BauR 2017, 225 = juris Rn. 41, und vom 1. April 2008 - 10 S 1388/06 - NVwZ-RR 2008, 696 = juris Rn. 50; OVG RP, Urteil vom 12. Juni 2012 - 8 A 10291/12 -, AS 41, 181 = juris Rn. 34; BayVGH, Beschluss vom 18. Juli 2008 - 9 ZB 05.365 -, juris Rn. 10). Der Beklagte kann sich aber auch nicht mit der Begründung auf Vertrauensschutz berufen, er habe aufgrund des Zeitablaufs und des Umstands, dass es der Klägerin bislang um den Erwerb des Grundstücks gegangen sei, nicht mehr mit der Umsetzung der im Bebauungsplan festgesetzten öffentlichen Grünfläche rechnen müssen. Insoweit fehlt es bereits an einem vorangegangenen - ausdrücklichen oder jedenfalls konkludenten - positiven Handeln der Klägerin, das bei ihm berechtigterweise die Erwartung auslösen durfte, die Klägerin verzichte auf die Umsetzung der entsprechenden Festsetzung des Bebauungsplans. Derartiges ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin den zur Erschließungsstraße errichteten Zaun nach Entfernung des dort ursprünglich angebrachten Stacheldrahts akzeptiert haben soll, denn dies könnte allenfalls einer mit der Klage gerade nicht begehrten Entfernung des Zauns entgegenstehen. Überdies hat die Klägerin in der Vergangenheit immer wieder zu erkennen gegeben, dass sie ein Interesse an der Umsetzung der öffentlichen Grünfläche „Parkanlage" hat. So ist sie bereits im Juli 2010 an den Beklagten hinsichtlich einer Öffnung des streitgegenständlichen Grundstücks für die Allgemeinheit herangetreten (vgl. Antwort zur Anfrage Nr. 2150/2010 der ... im Ortsbeirat M. vom 23. November 2010). Auch in der Zeit danach hat es immer wieder Bestrebungen der Klägerin gegeben, die Festsetzung des Bebauungsplans durchzusetzen, wie der Beklagte selbst konstatiert, wenn er in seinem Schreiben vom 23. Juni 2016 ausführt, seine Frau und er seien es nach fast 8 Jahren leid, sich immer wieder rechtfertigen und verteidigen zu müssen. Schließlich sprechen gerade auch die von der Klägerin gegenüber dem Beklagten gemachten Angebote zur Übernahme des Grundstücks für ein ernstliches Interesse der Klägerin an der Schaffung der öffentlichen Grünfläche auf dem Grundstück. Soweit demgegenüber der Beklaget vermutet, die Klägerin wolle sich in Wahrheit preiswert Bauland sichern und das Grundstück nach einer Änderung des Bebauungsplans selbst vermarkten, ergeht er sich mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte insoweit in bloßen Spekulationen. Schließlich steht einem berechtigten Vertrauen auch entgegen, dass dem Beklagten aufgrund des notariellen Vertrags vom 29. April 2009 und der von ihm unterschriebenen Anerkennung der Verpflichtungen aus dem Bebauungsplan bewusst sein musste, dass er das erworbene Grundstücke gerade nicht zu Privatzwecken nutzen darf. Angesichts dieser, ein schutzwürdiges Vertrauen ausschließenden Umstände kommt es nicht mehr darauf an, dass der Beklagte für das Grundstück Aufwendungen von seinen Angaben zufolge rund 30.000 € gemacht hat, zumal die Klägerin insoweit ihre Bereitschaft zur Erstattung von Aufwendungen in nachvollziehbarem Umfang erklärt hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollziehbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 167 ff. ZPO.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 9. Oktober 2019
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Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
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- § 87 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- 8 A 11914/17 1x (nicht zugeordnet)
- 10 D 35/16 1x (nicht zugeordnet)
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- VwGO § 154 1x
- 4 BN 49/98 1x (nicht zugeordnet)
- 4 BN 49/09 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 3 BauGB 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 167 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 167 1x
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- § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB 2x (nicht zugeordnet)
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