Beschluss vom Verwaltungsgericht Minden - 11 L 180/15
Tenor
1. Der Antrag vom 23. Februar 2015 wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu1.
3. Herr …wird zum Verfahren beigeladen.
4. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
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Gründe:
2Der Antrag mit dem Ziel,
3die aufschiebende Wirkung der im Verfahren 11 K 556/15 erhobenen Klage des Antragstellers gegen die Ausnahmegenehmigung der Antragsgegnerin vom 18.02.2015 zur Bestattung der Frau V. L. H. von T1. -L1. auf der Friedhofsinsel auf Schloss I1. wiederherzustellen,
4hilfsweise, die sofortige Vollziehung aufzuheben,
5hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.
6Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat der Antragsgegner in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO genügenden Weise begründet. Der Antragsgegner war sich des Ausnahmecharakters der Anordnung des Sofortvollzugs erkennbar bewusst und hat maßgeblich auf Gründe der öffentlichen Gesundheitsfürsorge abgestellt. Darauf, ob der Sofortvollzug tatsächlich gerechtfertigt ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Diese Frage ist Bestandteil der eigenständigen gerichtlichen Interessenabwägung.
7Die Ausnahmegenehmigung erweist sich zumindest nicht als offensichtlich rechtswidrig, und die Interessen an einer Bestattung der bereits am 01.02.2015 Verstorbenen entsprechend ihrer testamentarischen Verfügung vom 18.01.2015 überwiegen die Interessen des Antragstellers.
8Der Beigeladenen zu 1. ist auf Grundlage von § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz – BestG NRW) eine Genehmigung zur Erdbestattung der Verstorbenen auf der Friedhofsinsel auf Schloss I1. erteilt worden. Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW kann die örtliche Ordnungsbehörde eine Erdbestattung außerhalb eines Friedhofs mit Zustimmung der Unteren Gesundheitsbehörde in besonderen Fällen genehmigen.
9Zunächst verleiht das Genehmigungserfordernis nach § 14 Abs. 1 BestG NRW als solches dem Antragsteller als – potentiellem – Erben und Eigentümer der Friedhofsinsel keine Rechtsposition, die er im Rahmen der der Beigeladenen erteilten Ausnahmegenehmigung geltend machen kann. Ebenso wie das Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW dient auch § 14 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW nicht der Durchsetzung individueller Interessen. Eine solche Schutzfunktion ergibt sich nicht schon daraus, dass materiell-rechtlich (vgl. § 2 Abs. 3 BestG NRW) die Berücksichtigung der Gesundheit und des Eigentums von Dritten erforderlich ist.
10So ausdrücklich OVG NRW, Beschluss vom 26.03.2004 – 19 A 546/02 -, juris Rn. 25 m.w.N.
11Sofern sich der Antragsteller vor diesem Hintergrund überhaupt auf die Verletzung subjektiver Rechtspositionen berufen kann, werden solche durch die streitgegenständliche Genehmigung zur Erdbestattung der verstorbenen H. von T1. -L1. auf der Begräbnisinsel von Schloss I1. nach derzeitigem Sach- und Streitstand voraussichtlich nicht verletzt.
12Insoweit kann zunächst nicht außer Betracht bleiben, dass der Antragsteller von der Verstorbenen unter der Auflage als Erbe eingesetzt worden ist, ihre Beerdigung auf der Friedhofsinsel zu gestatten; dies gilt ungeachtet der Frage, ob diese Auflage sich letztlich als wirksam erweisen wird. Der Antragsteller beruft sich auch nicht darauf, dass er eine Bestattung auf der Friedhofsinsel in seiner Eigenschaft als potentieller Eigentümer grundsätzlich ablehnt; dies folgt auch daraus, dass er einer Urnenbestattung an dieser Stelle mit Schreiben vom 13.02.2015 an die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 1. ausdrücklich zugestimmt hat.
13Die Einhaltung von Hygiene-Richtlinien – ob sich der Antragsteller darauf berufen kann, ist im Übrigen fraglich,
14vgl. OVG NRW, a.a.O. Rn. 40 –,
15dürfte durch die Auflage in der Genehmigung vom 18.02.2015, dass die Bestattung in einem Zinksarg stattzufinden hat und der Grundwasserstand weder ständig noch zeitweise höher als 0,70 m unter Grabsohle auftreten darf, ausreichend gesichert sein. Soweit der Antragsteller bezweifelt, dass dieser Wasserstand eingehalten wird, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, worauf sich diese Zweifel gründen. Allein der Umstand, dass entsprechende Kontrollen – möglicherweise – auch seit der Bestattung seines im Jahre 1994 verstorbenen und an selber Stelle bestatteten Vaters, dem Ehemann der nunmehr verstorbenen H. von T1. -L1. , nicht stattgefunden haben, gibt dafür nichts her. Sofern sich im Übrigen herausstellen sollte, dass die Auflage zum Wasserstand – dass ein Zinksarg tatsächlich verwendet wird, wird sich bereits bei der Beerdigung feststellen lassen – ggf. auch nach zusätzlichen diesbezüglichen Maßnahmen nicht eingehalten werden kann und deshalb eine Umbettung erforderlich ist, dürften diese Kosten zumindest letztlich nicht vom Antragsteller, sondern nach der Bestattungsanordnung der Verstorbenen vom 15.01.2015 aus dem der Beigeladenen zu 1. vermachten Vermögen zu zahlen sein.
16Inwieweit der Antragsteller Rechte aus drittschützenden wasserhaushaltsrechtlichen Vorschriften ableiten könnte, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
17Dürfte die Ausnahmegenehmigung vom 18.02.2015 nach allem durch den Antragsteller voraussichtlich nicht erfolgreich beanstandet werden können, überwiegt auch mit Blick auf den gebotenen Schutz der Totenruhe das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen zu 1.daran, die Bestattung entsprechend dem Wunsch der Verstorbenen auf der Friedhofsinsel durchzuführen.
18Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
19Die Beiladung des mit Beschluss des Amtsgerichts Lübbecke vom 03.02.2015 bestellten Nachlasspflegers erfolgte, weil seine rechtlichen Interessen durch die Entscheidung berührt werden.
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Referenzen
- § 14 Abs. 1 Satz 2 BestG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- § 2 Abs. 1 Satz 1 BestG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 3 1x
- § 14 Abs. 1 Satz 2 BestG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 80 2x
- VwGO § 162 1x
- 19 A 546/02 1x (nicht zugeordnet)
- 11 K 556/15 1x (nicht zugeordnet)
- § 14 Abs. 1 BestG 1x (nicht zugeordnet)
- § 2 Abs. 3 BestG 1x (nicht zugeordnet)