Urteil vom Verwaltungsgericht Oldenburg (Oldenburg) (5. Kammer) - 5 A 4052/12
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Beschränkung einer ihm erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Auflagen zur Einrichtung einer Abluftreinigungsanlage in den genehmigten Hähnchenmastställen.
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Der Kläger ist Landwirt und Eigentümer des Flurstücks … der Flur … der Gemarkung W.. Auf seinen Antrag erteilte der Beklagte ihm eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Hähnchenmastställen mit 84.900 Plätzen, einen Zwischenbau, zwei Sammelgruben sowie vier Futtermittelsilos auf dem Grundstück. Die Genehmigung wurde u.a. mit folgenden Nebenbestimmungen verbunden:
36.A
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Nach Maßgaben der TA-Luft (2002), Nr. 5.4.7.1 (Keime) und der VDI-Richtlinie 4250 E sind aus Gründen der Vorsorge über die Hintergrundbelastung hinaus erhöhte Bioaerosol-Konzentrationen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern. Insofern dürfen auf den im 500m Radius liegenden Wohngrundstücken keine Zusatzbelastungen durch Bioaerosole (luftgetragene Partikel biologischer Herkunft wie Pilze, Bakterien, Viren sowie ihre Stoffwechselprodukte und Zellwandbestandteile wie Endotoxine) entstehen. Daher sind die geplanten Hähnchenmastställe jeweils mit von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) zertifizierten Abluftbehandlungsanlagen (z.B. MagixX-B, DLG-Prüfbericht 5952) zu betreiben, die Stäube um mindestens 70% reduzieren bzw. durch gleichwertige Abluftbehandlungsanlagen, bei denen vor dem Einbau die Staubreduzierung von mindestens 70% dem Landkreis Oldenburg durch eine Bekanntgegebene Messstelle nach § 26 BImSchG nachzuweisen ist.
37.A
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Die Abluftbehandlungsanlagen müssen bis zur Inbetriebnahme der neuen Ställe betriebsbereit sein.
38.A
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Rechtzeitig vor Einbau der Abluftreinigungsanlagen sind dem Landkreis Oldenburg
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in dreifacher Ausfertigung die Antragsunterlagen für die Abluftreinigungsanlagen einschließlich einer detaillierten Beschreibung des Herstellers und (soweit erforderlich) der statischen Berechnungen zur Prüfung vorzulegen.
39.A
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Die Bauausführung der Abluftreinigungsanlagen darf nur nach den von uns geprüften und genehmigten Unterlagen erfolgen.
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Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, da der Einbau von Abluftreinigungsanlagen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von ihm verlangt werden könne, aber mit erheblichem zusätzlichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden sei.
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Der Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass dieser die Stallanlagen zwar ohne die verlangten Abluftreinigungsanlagen errichten könne, aber eine Inbetriebnahme von ihm – dem Beklagten – untersagt werden würde. Daraufhin suchte der Kläger bei der erkennenden Kammer um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Im Verfahren 5 B 3913/12 einigten sich die Beteiligten, dass der Kläger die Stallanlagen zunächst bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren ohne die verlangten Abluftreinigungsanlagen errichten und betreiben dürfe.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
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Der Kläger hat am 31.07.2012 Klage erhoben.
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Er ist der Ansicht, bei den Auflagen Nr. 36.A bis Nr. 39.A handle es sich um modifizierende Auflagen, die als Einschränkung der Genehmigung mit dieser untrennbar verbunden und damit nicht isoliert anfechtbar seien. Daher komme nur ein Verpflichtungsbegehren gerichtet auf Erteilung einer nicht mit diesen Auflagen versehenen Genehmigung in Betracht.
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Die Auflagen seien rechtswidrig. Die Vorsorgepflicht aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG rechtfertige die getroffenen Anordnungen nicht. Die TA-Luft enthalte in Nr. 5.4.7.1 lediglich den Prüfauftrag, Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch den Stand der Technik zu verhindern, gebiete aber keine Emissionsminderung. Abluftreinigungsanlagen zur Staubreduzierung seien jedoch bisher nicht Stand der Technik. Die in der Auflage Nr. 36.A beispielhaft benannte Anlage MagixX-B sei derzeit die einzige Anlage mit einer DLG-Zertifizierung zur Minderung von Staub und Ammoniak, wobei die Zertifizierung aber nur die Geflügelkurzmast betreffe.
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Auch die bislang nur im Entwurf vorliegende VDI-Richtlinie 4250 E rechtfertige keine sich aus der Vorsorgepflicht ergebenden Anordnungen, wie sie hier getroffen worden seien. Sie bezeichne eine gegenüber der Hintergrundkonzentration erhöhte Bioaerosolkonzentration lediglich als „umwelthygienisch unerwünscht“ und enthalte weder Grenz- noch Orientierungswerte für Bioaerosole. Ebenso wenig würden Angaben zu konkreten quantitativen Gesundheitsrisiken gemacht, zumal die Forschung bis heute keine Dosis-Wirkungen-Kurven für gesundheitsrelevante Bioaerosole habe ermitteln können. Daher sei mit der Etablierung von Grenzwerten für Bioaerosole auf der Basis von Erkenntnissen aus der toxikologischen und umweltepidemologischen Untersuchungen auf absehbare Zeit nicht zu rechnen. Der Entwurf der Richtlinie stelle zudem nur auf Risikogruppen wie immuninkompetente Personen, Allergiker und Atemwegsgeschädigte ab. Insofern könne auch dem Ansatz des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht gefolgt werden, das auch die Sicherheit empfindlicher Personengruppen zu berücksichtigen sei, da nach heute in Rechtsprechung und Literatur herrschender Meinung im Immissionsschutzrecht auf die Betroffenheit eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen sei. Ohne hinreichende wissenschaftlich fundierte Daten über Ausmaß und Wirkung von Bioaerosolen sowie konkrete, insbesondere messbare Gefahrenminderungskriterien könnten Maßnahmen auch nach der Vorsorgepflicht nicht verlangt werden, sondern seien rein willkürlich.
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Selbst wenn man aber annehme, dass sich von den geplanten Anlagen ausgehende Bioaerosole negativ auf die Gesundheit auswirken könnten und deshalb grundsätzlich Regelungen getroffen werden dürften, wären diese hier unverhältnismäßig. Es sei bereits ungeklärt, ob der Betrieb der Anlagen überhaupt zu einer Verschlechterung der gebietstypischen Situation beitrage. Eine Gebietsbeurteilung sei nicht erfolgt. Auch der Beklagte gehe davon aus, dass es nicht sinnvoll sei, ein Gutachten zur Bioaerosolkonzentration erstellen zu lassen, da es bislang an standardisierten Mess- und Detektionsverfahren fehle. Hinsichtlich der Staubbelastung werde von den Anlagen nach dem Gutachten der Landwirtschaftskammer Niedersachsen vom 15.11.2011 der nach TA-Luft maßgebliche Irrelevanzwert von 1,2 µg/m3 bei Weitem eingehalten. Ob und in welchem Umfang mit einer Staubreduzierung durch eine Abluftreinigungsanlage auch eine Reduzierung von Bioaerosolemissionen verbunden wäre, sei ungeklärt und daher sei die angestrebte Verbesserung lediglich eine Spekulation des Beklagten.
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Die Anordnungen seien deshalb bereits ungeeignet und nicht erforderlich. Zudem fehle es auch an der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit. Der Beklagte habe insoweit lediglich eine pauschale Abwägung vorgenommen, ohne sich ernsthaft mit den wirtschaftlichen Folgen für den Kläger auseinander zu setzen. Die Installation einer Abluftreinigungsanlage der Marke MagixX-B koste 60.295,46 €, für zwei Anlagen also 120.697,02 €. Für die erforderlichen Maurerarbeiten seien jeweils 35.517,75 €, für die Zimmererarbeiten für zwei Gebäude insgesamt 30.952,60 € aufzuwenden. Zu diesen Installations- und Einbringungskosten von insgesamt 222.697,02 € kämen laufende jährliche Kosten für Energie, Schwefelsäure, Wartung, Reparatur und Versicherung von ca. 9.678,60 €. Der dieser erheblichen finanziellen Belastung des Klägers gegenüberstehende Nutzen sei ungeklärt, bestenfalls aber als gering anzusehen. Nach den von ihm – dem Kläger – vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen der LWK Niedersachsen vom 16.01.2013 müsse davon ausgegangen werden, dass die Anlagen bei Umsetzung der aufgegebenen Anordnungen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnten, da der zu erzielende Gewinn von den Festkosten nahezu vollständig aufgezehrt werde. Während bei Bau und Betrieb der geplanten Mastställe mit einem jährlichen Gewinn (Cashflow) von 14.527 € gerechnet werden könne, sei bei Errichtung und Betrieb der Mastställe mit den geforderten Abluftreinigungsanlagen eine jährliche Deckungslücke von 11.919 € zu erwarten. Das Vorhaben könne dann nicht mehr wirtschaftlich realisiert werden und werde durch die angefochtenen Auflagen tatsächlich verhindert. Dies sei unverhältnismäßig. Die Vorschläge des Beklagten zur Kostenreduzierung seien unrealistisch. Weder sei geklärt, ob ein Betrieb der MagixX-B-Anlage ohne Säurewäscher überhaupt möglich sei, noch ob ein solcher Kosten einspare, denn dann müssten voraussichtlich erhebliche zusätzliche Mengen an Wasser verwendet werden. Die Anlage StuffNix sei ungeeignet, da sie eine Staubreduzierung von weniger als 70% erreiche und damit schon den Vorgaben des Beklagten nicht entspreche.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 31.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.07.2012 aufzuheben
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den Beklagten zu verpflichten, ihm die beantragte Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Hähnchenmastställen mit 84.900 Plätzen, einen Zwischenbau, zwei Sammelgruben sowie vier Futtermittelsilos auf dem Grundstück W., O. (Flurstück … der Flur … der Gemarkung W.) ohne die Auflagen Nr. 36 A. bis 39 A. zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist auf die Begründung des angefochtenen Bescheides und des Widerspruchsbescheides und trägt ergänzend vor:
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Grundsätzlich seien Vorsorgemaßnahmen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG auch schon dann zulässig, wenn lediglich ein Gefahrenverdacht vorliege oder ein Besorgnispotential bestehe. Dabei könnten solche Maßnahmen nicht nur auf eine Begrenzung der Emissionen nach dem Stand der Technik gerichtet werden, sondern auch an der Begrenzung der Immissionen im Sinne einer raumbezogenen Vorsorge anknüpfen. So sei es hier. Aus den Ergebnissen der NiLS-Studie (2004) ergebe sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer Gesundheitsgefährdung für Menschen und den Bioaerosolen aus Tierhaltungsanlagen. Dies werde auch im Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 E widergespiegelt, die ein entsprechendes Gefährdungspotential bei Geflügelhaltungsanlagen in einem Abstand von < 500 m zu Wohnbebauung sehe. Untersuchungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW kämen aufgrund rechnerisch ermittelter Reichweiten bei Geflügelmastställen zu demselben Ergebnis. Da in Windrichtung zum Vorhaben des Klägers ein Wohnhaus in einer viel geringeren Entfernung von 250 m vorhanden sei, sei zumindest ein Gefahrenverdacht gegeben, der ein Einschreiten nach dem Vorsorgegrundsatz erlaube. Es könne auch keinen Unterschied machen, ob das Wohnhaus sich in einem überplanten Gebiet oder im Außenbereich befinde, da hier nicht - lediglich - eine Geruchsbelästigung, sondern vielmehr eine Gesundheitsgefährdung Grund der getroffenen Maßnahme sei.
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Weil die belebten Bestandteile von Bioaerosolen zu 80% an Partikeln angelagert würden, würden sie mit dem Staub nach außen getragen. In der Geflügelhaltung seien die Anteile des inhalierbaren und alveolingängien Staubs am höchsten. Daher sei die verlangte Staubreduzierung der richtige Vorsorgeansatz. Die beispielhaft erwähnte MagixX-B-Anlage sei in der Lage, den Staub um mehr als 70% zu reduzieren. Sie entspreche auch dem Stand der Technik, wie sich schon aus der DLG-Zertifizierung ergebe, denn maßgeblich dafür sei die technische Eignung einer Maßnahme zur Erreichung des Ziels der Umweltentlastung. Deshalb sei es auch nicht entscheidend, wenn es nur eine zertifizierte Anlage auf dem Markt gebe. Zudem könne der Kläger alternativ auf eine andere Anlage desselben Anbieters Big Dutchman - die „StuffNix“ - ausweichen, die ebenfalls in der Lage sei, den Staub in der Abluft erheblich zu reduzieren.
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Die im Streit befindlichen Anordnungen seien auch nicht unverhältnismäßig oder willkürlich. Ihre Verhältnismäßigkeit sei vielmehr an dem hohen Schutzgut der menschlichen Gesundheit zu messen, gegenüber dem die wirtschaftlichen Aufwendungen des Klägers in den Hintergrund zu treten hätten. Diese aufgelisteten Aufwendungen seien auch nicht schlüssig. Es sei nicht erklärbar, weshalb ein 240 m langer Stall 1.563 € je laufendem Meter koste, aber die Errichtung der bauähnlichen Filterkammern (etwa 5m x 5 m) je laufendem Meter nahezu 10.000 €. Nach seinen Berechnungen seien die Rohbaukosten niedriger. Zudem enthielten die vorgelegten Angebote nicht nachvollziehbare Positionen, wie ein Auswechseln der Luftschächte, das bei einem Neubau nicht nötig sei, oder die pH-Dosierung, obwohl für die Staubreduzierung ein zur Ammoniakreduzierung nötiger Säureeinsatz entbehrlich wäre. Schließlich käme auch die „StuffNix“- Anlage als Alternative in Betracht, deren Kosten nach seinen – des Beklagten – Schätzungen lediglich etwa 25% der Kosten einer MagixX-B-Anlage betragen würden. Darüber hinaus gebe es im Gebiet des Beklagten Betriebe, die ihre Ställe seit Jahren mit ähnlichen Abluftbehandlungsanlagen ausgestattet und betrieben hätten, ohne in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Verfahrens 5 B 3913/12, sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Die Klage ist zulässig. Die Beteiligten haben hier zu Recht angenommen, dass es sich bei den streitigen Nebenbestimmungen um sogenannte modifizierende Auflagen handelt, d.h. um untrennbar mit der Genehmigung verbundene und daher nicht isoliert anfechtbare Nebenbestimmungen (§ 36 Abs. 1 VwVfG). Denn die Nebenbestimmungen zum Einbau einer zertifizierten Abluftbehandlungsanlage beruhen auf den durch § 5 Abs. 1 BImSchG normierten Betreiberpflichten des Betreibers einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage, die den Kernbereich der Genehmigung nach § 6 BImSchG ausmachen. Solche den Kernbereich betreffenden Auflagen sind daher notwendiger Bestandteil der Genehmigung, da eine Genehmigung ohne Einhaltung der Betreiberpflichten im Hinblick auf die im Bundesimmissionsschutzgesetz verankerten Umweltverträglichkeit von Anlagen keinen Bestand haben könnte. Zudem handelt es sich bei der Genehmigung um eine andere als beantragt, denn die Aufnahme der hier angefochtenen Auflagen beinhaltet umfangreiche bauliche Änderungen sowohl in der Dachkonstruktion als auch bei Wänden und Boden: Die erforderlichen Filterkammern sind anstelle der für Wände beantragten und üblichen Trapezblechbauweise gemauert zu errichten. Die Dachkonstruktion muss geändert werden, um die andere Abluftführung zu ermöglichen. Die Schaffung der Wasserbecken bedingt eine andere Bodenkonstruktion. Inhaltlich weicht also die genehmigte Anlage erheblich von der beantragten Bauweise ab. Mithin kann der Kläger sein Begehren, eine von den Auflagen Nr. 36.A bis 39.A freie Genehmigung zu erlangen, nur im Wege der hier erhobenen Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. HS VwGO) unter Aufhebung der ursprünglichen – auflagenbewehrten – Genehmigung erreichen.
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Die Klage ist auch begründet. Die angefochtene Genehmigung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
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Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen - wie hier (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV und Spalte 1 Nr. 7.1 Buchst. c) des Anhangs) - so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst dabei mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht. Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken insbesondere durch Emissionsbegrenzungen unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329; Urt. v. 19.12.1985 - 7 C 65.82 -, BVerwGE 72, 300; Urt. v. 17.2.1984 - 7 C 8.82 -, BVerwGE 69, 37; Nds. OVG, Beschl. v. 9.8.2011 - 12 LA 55/10 -, juris Rdn. 9; Beschl v. 13.03.2012 – 12 ME 270/11 -, juris). Dabei setzt Vorsorge im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG bereits dort ein, wo für einen vorbeugenden Gefahrenschutz im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG kein Raum mehr ist und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass etwa geltende Immissionsgrenzwerte Restrisiken enthalten, die u.a. auf den noch lückenhaften Kenntnissen über die Schädlichkeit bestimmter Immissionen und ihre Langzeitwirkung beruhen. Vorsorge ist deshalb schon geboten, wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen und damit - auch wenn sich entsprechende Ursachenzusammenhänge im Einzelnen noch nicht eindeutig feststellen lassen - ein Gefahrenverdacht besteht (BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329; Beschl. v. 10.1.1995 - 7 B 112.94 -, juris; Nds. OVG, Beschl v. 13.03.2012 - 12 ME 270/11 -, juris).
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Danach liegen hier die Voraussetzungen für die Anordnung von Vorsorgemaßnahmen im Rahmen eines vorbeugenden Gefahrenschutzes gegenüber Risiken aus der Ausbreitung von Bioaerosolen durch den Betrieb der beantragten Hähnchenmastställe vor, soweit mit der Auffassung des 12. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zu bejahen ist, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass Bioaerosole möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen. Dazu hat der 12. Senat bereits in seinem Beschluss vom 09.08.2011 (- 12 LA 55/10 -, juris Rdn. 10) ausgeführt:
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"… Es entspricht … dem Stand auch der neueren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass gegenwärtig … Erhebliches dafür spricht, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe, wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z. B. Pilzsporen) und Endotoxine, ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkungsschwelle an dieses bislang nicht quantifizierbare Risiko in eine konkrete Gesundheitsgefahr für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind … derzeit nicht bekannt. Es gibt weder ein allgemein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Zwar haben messtechnische Untersuchungen etwa ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter, insbesondere von Staphylokokken und Bakterien, an der in Windrichtung gelegenen (Lee-)Seite eines Legehennenstalls (ca. 300 Großvieheinheiten) gegenüber der windabgewandten (Luv-)Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Entsprechendes ist für eine Schweinemastanlage (ca. 250 Großvieheinheiten) in einer Entfernung von bis zu 350 m ermittelt worden. Daraus folgt aber nicht, dass in diesem Umkreis mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die Immissionskonzentrationen lagen nach sachverständiger Ermittlung (Heller/Köllner, Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen -, 2007) auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden. Derzeit liegen zuverlässige Erkenntnisse darüber, bei welchen Entfernungen Schadstoffe aus Tierhaltungsbetrieben größtenteils beeinträchtigend wirken könnten, nicht vor. Auch ein Konsens über zu empfehlende Mindestabstände besteht (noch) nicht. Medizinisch begründete Immissionsgrenzwerte für Bioaerosole existieren zurzeit ebenfalls nicht (vgl. zum Ganzen insbesondere OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.5.2010 - 8 B 92/09 -, juris; Bay. VGH, Urt. v. 24.3.2011 - 22 B 10.2316 -, DVBl. 2011, 773; Senat, Beschl. v. 14.2.2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397; 1. Senat des beschl. Gerichts, Urt. v. 12.1.2011 - 1 KN 28/10 -, juris)."
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Dies voraussetzend kommt es daher nach Auffassung des Nds. Oberverwaltungsgerichts unter Vorsorgegesichtspunkten grundsätzlich in Betracht, jede Erhöhung von Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten zu vermeiden.
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Auf die vom Beklagten problematisierte Frage, ob Vorsorge auch raumbezogen auf die Begrenzung von Immissionen zielen darf, kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend an, denn dem Kläger sind emissionsmindernde Maßnahmen an der Quelle auferlegt worden.
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Hier ist es zwar möglich, aber nicht geklärt, ob es durch die vom Kläger geplanten Hähnchenmastställe zu einer nach obigen Erkenntnissen ggf. im Wege der Vorsorge zu vermeidenden Erhöhung von Immissionskonzentrationen gegenüber den Hintergrundwerten kommen würde und davon in der Umgebung der Quellen sich nicht nur vorübergehend aufhaltende Personen betroffen wären. Der Beklagte geht vielmehr davon aus, dass aufgrund der fehlenden standardisierten Mess- und Detektionsverfahren für Bioaerosole aus Tierhaltungsanlagen weder die Vorbelastung noch die Zusatzbelastung auch nur annähernd sicher prognostiziert werden könnten. Er folgt deshalb der Ansicht, dass eine der Hintergrundbelastung entsprechende Luftkontamination nur bei Einhaltung einer genügenden Entfernung von Wohnbebauung zu Tierställen erreicht werden könne, die nach dem Anhang C des Richtlinienentwurfs der VDI-Richtlinie 4250 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen, Wirkungen mikrobieller Luftverunreinigungen auf den Menschen) aufgrund von Ergebnissen umweltepidemiologischer Umweltuntersuchungen bei Geflügel erst mit einer Entfernung von
500 m zu erreichen sei. Hier betrage die Entfernung zu dem nächstgelegenen Wohnhaus – Nachbar O. – nordwestlich des Vorhabens rund 250 m, so dass eine Belastung mit Bioaerosolen durch die geplanten Stallanlagen nicht ausgeschlossen werden könne, zumal die nördlich des Vorhabens gelegene Hofstelle S. mit 144 Rinder-, 42 Kälber-, 700 Ferkelaufzucht- und 1013 Schweinemastplätzen auch hinsichtlich der Staubimmissionen, an dessen Partikeln Bioaerosole überwiegend hafteten, auch auf den betroffenen Nachbarn O. einwirke.
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Dem kann in dieser pauschalen Betrachtungsweise nicht gefolgt werden. Vielmehr sieht gerade der vom Beklagten herangezogene Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 nach der Entwurfsfassung aus November 2011 vor, dass z. B. bei "geringe(r) Entfernung Wohnort … zur Anlage" eine Ausbreitungsrechnung, eine Ermittlung der Zusatzbelastung und eine Messung der Hintergrundkonzentration vorzunehmen ist (S. 9, 15), wobei als Beispiel für einen geringen Abstand < 500 m zu Geflügelhaltungsanlagen genannt wird. Auch der Erlassentwurf der Niedersächsischen MU, MS und ML vom 19.12.2012 fordert unter Ziffer 4, dass vom Vorhabenträger ein Sachverständigengutachten zu den Bioaerosolen eingeholt werden solle, wenn u.a. der Abstand zwischen der nächsten Wohnbebauung bzw. dem nächsten, nicht nur vorübergehenden Aufenthaltsort für Menschen und einer Geflügelhaltungsanlage weniger als 500 m beträgt. Eine solche Beurteilung oder Aufforderung zur Einholung eines Gutachtens hat der Beklagte aber nicht vorgenommen, vielmehr hält er selbst diese für nicht sinnvoll. Den Rückschluss, schon bei jeder Unterschreitung einer Entfernung von 500 m zu Wohnbebauung sei ein Gefährdungspotential vorhanden, welches unmittelbar emissionsbegrenzende Maßnahmen erfordere, ziehen aber weder die Entwurfsverfasser der VDI-Richtlinie 4250 E noch die des niedersächsischen Erlasses.
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Soweit sich der Beklagte zur Begründung der geforderten Abluftbehandlungsanlage weiter allein darauf beruft, wesentliche Bioaerosole würden mit dem Staub transportiert, der daher zu reduzieren wäre, berücksichtigt er nicht hinreichend, dass die Landwirtschaftskammer Niedersachsen in ihrer sachverständigen Stellungnahme vom 15.11.2011 eine Zusatzbelastung durch den Schwebstaub aus dem Vorhaben auf dem Nachbargrundstück als unterhalb des Irrelevanzwertes nach Nr. 4.2.2a TA-Luft von 1,2 µg/m3 prognostiziert hat (Beiakte A, Bl. 138). Wie hoch dann noch der Anteil der mitgetragenen Bioaerosole und eine Zusatzbelastung gegenüber der Hintergrundkonzentration – möglicherweise bezogen auf das nächst liegende Wohngrundstück – und daraus eine abzuleitende potentielle Gesundheitsbeeinträchtigung sein könnte, hat der Beklagte weder ermittelt noch erwogen.
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Zweifelhaft erscheint der Kammer auch der Ansatz des Beklagten, hier auf Grundlage des Entwurfs der VDI-Richtlinie 4250 E pauschal von einer potentiellen Gefahr der Bewohner des in 250 m Entfernung gelegenen Wohnhauses durch eine Erhöhung der Bioaerosolkonzentration gegenüber der Hintergrundkonzentration durch das streitige Stallbauvorhaben auszugehen. Abgesehen davon, dass sich die Untersuchung im Rahmen der AABEL - Studie 2004 des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes wegen fehlender verbindlicher Messmethoden auf Explorationsberechnungsmodelle einzelner Bioaerosole beschränkte (Ergebnisbericht zur AABEL-Studie, S. 18), kommen die Verfasser der AABEL - Studie 2004, auf die sich die Verfasser des Entwurfs der VDI-Richtlinie 4250 wesentlich stützen, zu dem Ergebnis, dass bei allen Unschärfen, die durch die Erfassung der Zielkriterien, die Expositionsbestimmung und den querschnittlichen Ansatz methodisch unvermeidlich seien, für die betrachteten Zielerkrankungen keine Hinweise auf eine Risikoerhöhung bei normal empfindlichen Kindern gefunden werden konnten (Ergebnisbericht zur AABEL-Studie, S. 4). Allerdings zeigten sich bei besonders empfindlichen Kindern durchaus Tendenzen, die statistisch als grenzwertig signifikant einzustufen seien und einer weiteren Klärung bedürften. Dies kann indes - ungeachtet der insofern offengelegten weiteren Klärungsbedürftigkeit - kein Maßstab für eine potentielle Gesundheitsgefährdung selbst in Bezug auf Vorsorgemaßnahmen sein. Denn bei immissionsschutzrechtlichen Konfliktlagen kommt es nicht auf eine individuelle Empfindlichkeit des Nachbarn einer emittierenden Anlage an, sondern auf die durchschnittliche Empfindlichkeit (VG Oldenburg, Urt. v. 20.01.2010 - 5 A 2439/09; Nds. OVG, Beschl. v. 14.07.2011 - 1 ME 76/11 - juris - zum parallel gelagerten baurechtlichen Rücksichtnahmegebot). Dem gegenteiligen Ansatz des 12. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 13.03.2012 - 12 ME 270/11 - juris) vermag die Kammer nicht zu folgen. Vielmehr stellt die im Immissionsschutzrecht herrschende Meinung hinsichtlich der Zumutbarkeitsgrenze nach wie vor im Rahmen einer differenziert-objektiven Betrachtungsweise auf das Empfinden des verständigen Durchschnittsmenschen ab (vgl. Feldhaus, BImSchG, Stand 2012, § 3 Nr. 10 m.w.N.; Kutscheidt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. III – BImSchG – Kommentar Stand 2012, § 3 Rdnr. 15a m.w.N.). Dies entspricht auch der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts:
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„Was der Nachbarschaft an Beeinträchtigungen abverlangt werden kann, ist anhand eines typisierenden und generalisierenden Maßstabes zu bestimmen, der an das Empfinden eines Durchschnittsmenschen anknüpfen darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.08.2005 – 4 B 18.09 -, juris; Urt. v. 23.09.1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 und v. 07.10.1983 - BVerwG 7 C 44.81 - BVerwGE 68, 62).“
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Soweit hingegen der 12. Senat als Beleg für seine Auffassung die Kommentierung von Jarass (BImSchG, 8. Aufl., § 3 Rdnr. 53) heranzieht, verweist der Kommentar – unvollständig - auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg, der allerdings eine Berücksichtigung überempfindlicher Einzelner nur zulassen will, wenn diese Personen den Einwirkungsbereich maßgeblich prägen, wie dies etwa in einem Klinikgebiet (vgl. § 11 BauNVO) der Fall sein könne (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 28.07.1998 - 10 S 3242/96 – juris). So verhält es sich hier aber gerade nicht. Das geplante und privilegierte Vorhaben befindet sich vielmehr im Außenbereich, in einem landwirtschaftlichen geprägten Raum, in dem das Wohnen nur ausnahmsweise zulässig ist. Eine auch nur potentielle Gefährdung aufgrund von Bioaerosolen lässt sich daher nach den im Immissionsschutzrecht allgemein geltenden Grundsätzen auch für die nächstgelegenen Nachbarn des geplanten Vorhabens in der vom Beklagten angenommenen Pauschalität nicht aus dem Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 E herleiten. Dies gilt auch, soweit man - wie der Beklagte – die Ergebnisse des Niedersächsischen Lungenstudie – NiLS 2004 – heranzieht, denn auch diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass weitere wissenschaftlich Überprüfungen notwendig seien ( vgl. VDI-Richtlinie 4250 E, Nr. 3). Solche weiteren Untersuchungen sind aus wissenschaftlicher Sicht schon deshalb erforderlich, weil die NiLS 2004 ein ländliches Umfeld mit hoher Tierbesatzdichte mit einem städtischen Umfeld vergleicht, nicht aber mit einem ländlichen Umfeld mit geringer Tierbesatzdichte. Auch fehlen Untersuchungen zu den jeweiligen Wohnverhältnissen, so dass andere Gründe, wie unhygienische Wohnverhältnisse, für die vorgefundenen Symptome nicht ausgeschlossen wurden. Fraglich bleibt demnach, ob ein solches Untersuchungsergebnis hinreichend signifikante wissenschaftliche Grundlage für die Schlussfolgerungen des Beklagten sein kann. Dies mag auch deshalb zweifelhaft sein, weil andere Untersuchungen, wie das GABRIEL-Projekt, zu dem Schluss kommen, dass das Allergierisiko mit zunehmender Entfernung von einer mit Tierhaltung dörflich geprägten Kindheit steige (sog. Stallluftbonus).
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Unabhängig davon sind die hier angefochtenen Anordnungen des Beklagten jedoch unverhältnismäßig, da der Beklagte nicht hinreichend begründet hat, dass die voraussichtlichen Mehrkosten für den Kläger in einem angemessenen Verhältnis zur angestrebten Risikominimierung stehen.
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Maßgeblich ist dafür zunächst, dass Vorsorge im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG "insbesondere" - also vorrangig (BVerwG, Urteil vom 21.6.2001 - 7 C 21.00 -, BVerwGE 114, 342, juris) - durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen getroffen werden soll. Dabei gewährleistet die Anbindung an den Stand der Technik die Proportionalität bzw. Verhältnismäßigkeit von technischen Vorsorgemaßnahmen, das zu fordernde Maß der Vorsorge hierdurch also begrenzt (Roßnagel, in: Koch/Pache/Scheuing (Hg.), GK-BImSchG, Band I, Stand: Dezember 2012, Rdn. 527 ff.; Sellner/Reidt/Ohms, Immissionsschutzrecht und Industrieanlagen, 3. Aufl., 2006, 1. Teil, S. 62, Rdn. 181). Der Stand der Technik ist in § 3 Abs. 6 BImSchG als der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen definiert, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich bestimmte technische Verfahren und Einrichtungen in der Praxis bereits durchgesetzt und allgemeine Anerkennung gefunden haben; dafür, dass die praktische Eignung gesichert ist, kann wichtiges Indiz sein, dass die Maßnahme in einem Betrieb bereits mit Erfolg erprobt worden ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.8.1992 - 4 B 150.92 -, Buchholz, BVerwG, 406.25 § 3 BImSchG Nr. 9).
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Nach diesen Grundsätzen ist nicht davon auszugehen, dass die vom Beklagten geforderte, von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zertifizierte Abluftbehandlungsanlage, mit der die Hähnchenmastställe zu betreiben seien, dem Stand der Technik entspricht. Insoweit folgt die Kammer der Ansicht des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschl. v. 13.03.2012 - 12 ME 270/11 -, juris), das hierzu ausgeführt hat:
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„Nach der Anlage zu § 3 Abs. 6 BImSchG sind bei der Bestimmung des Standes der Technik unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen sowie des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung, jeweils bezogen auf Anlagen einer bestimmten Art, insbesondere u.a. folgende Kriterien zu berücksichtigen: vergleichbare Verfahren, Vorrichtungen und Betriebsmethoden, die mit Erfolg im Betrieb erprobt wurden (Nr. 4), Art, Auswirkungen und Menge der jeweiligen Emissionen (Nr. 6) und Notwendigkeit, die Gesamtwirkung der Emissionen und die Gefahren für den Menschen und die Umwelt so weit wie möglich zu vermeiden oder zu verringern (Nr. 10).
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Zunächst verbleiben gewisse Zweifel daran, dass das Abluftreinigungssystem MagixX-B zur Begrenzung von Bioaerosolen im Sinne von § 3 Abs. 6 Satz 1 BImSchG praktisch geeignet ist. Diese Anlage begrenzt Staub- und Ammoniakemissionen. Nicht ganz geklärt erscheint indessen, ob sich Bioaerosole (nur ?) wie Staub oder wie Gerüche ausbreiten (vgl. insoweit Nds. OVG, Beschluss vom 9.8.2011 - 12 LA 55/10 -, RdL 2011, 262, juris Rdn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 10.5.2010 - 8 B 992/09 -, juris Rdn. 72; zweifelnd Seedorf/Hartung, Stäube und Mikroorganismen in der Tierhaltung, KTBL-Schrift 393, S. 139) und ob etwa bei einer Staubreduzierung um mehr als 70 %, wie der Antragsgegner sie annimmt, in gleichem Maße mit einer Reduzierung auch der Bioaerosolbelastung gerechnet werden kann. Hinzu kommt: Dem DLG-Prüfbericht 5952 zur MagixX-B aus August 2009 ist zu entnehmen, dass sich diese Abluftbehandlungsanlage zur Reinigung von Abluft aus Geflügelkurzmast (bis zu 35 Tagen) bei einer Einstreu aus Getreidestroh oder Holzspänen mit einem Trockenmasse-gehalt > 70 %, einer Einstreumenge von 0,5 bis 1 kg/m² und einer Partikelgröße < 7 cm, also nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen, zur Abscheidung von Gesamtstaub und Ammoniak eignet. Da auch die hier geplante Stallanlage eine solche zur Geflügelkurzmast ist, könnten diese eingeschränkten Voraussetzungen in der alltäglichen Praxis möglicherweise durchgängig zu gewährleisten sein. Vorgetragen - geschweige denn glaubhaft gemacht - ist dies freilich nicht.
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Ungeachtet dessen wird in Fachkreisen im Allgemeinen davon ausgegangen, dass der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen bei der Geflügelhaltung noch nicht dem Stand der Technik entspricht. So heißt es auf der aktuellen Internetseite des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (www.ktbl.de, copyright 2010) ungeachtet der aus August 2009 stammenden DLG-Prüfung der MagixX-B, eignungsgeprüfte Abluftreinigungsanlagen seien derzeit nur für die Schweinehaltung verfügbar, ein System für die Geflügelhaltung (gemeint ist wohl ein anderes als MagixX-B) werde derzeit bei der DLG geprüft. Obwohl - wie ausgeführt - eignungsgeprüfte Abluftreinigungsanlagen für die Schweinehaltung verfügbar sind, gelten sie wegen der mit ihrem Einsatz verbundenen hohen Kosten als wirtschaftlich unverhältnismäßig (Nds. OVG, Urteil vom 10.11.2009 - 1 LB 45/08 - BauR 2010, 195, juris Rdn. 82 f.; s. auch Internetseite des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft "Abluftreinigung").
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Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet der in Fachkreisen vertretenen - dargestellten - Auffassung der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen bei der Geflügelhaltung doch schon dem Stand der Technik entspricht und insbesondere nicht unwirtschaftlich ist, hat der Antragsgegner nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht.“
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So verhält es sich auch hier. Diese Ansicht wird ebenso unter Ziffer 2 des vom Beklagten vorgelegten niedersächsischen Erlassentwurfs von MU, MS und ML vom 19.12.2012 (GA, Bl. 191 ff) vertreten, in dem im Übrigen im Gegensatz zu dem Vorentwurf vom 01.06.2012 in Überschrift und Regelungsinhalt (Ziffer 1) Anlagen für Mastgeflügel gestrichen wurden. Der gegenteiligen Auffassung des Beklagten, die MagixX-B-Anlage entspreche dem Stand der Technik, weil sich ihre Eignung aus der DLG-Zertifizierung ergebe, kann die Kammer aus den oben genannten Gründen nicht folgen.
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Weiter hat der Beklagte weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren dargelegt, dass die Ställe auch bei Installation und Betrieb der verlangten Abluftreinigungsanlagen wirtschaftlich betrieben werden können. Demgegenüber hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren im Einzelnen und unter Vorlage entsprechender, detaillierter Kostenvoranschläge nachgewiesen, dass für die Anschaffung und den Einbau der Anlagen 222.697,02 € aufzuwenden wären und für den Betrieb sodann weitere laufende Kosten von 9.678,60 € pro Jahr anfallen würden. Dem Vortrag des Klägers, dass dies unwirtschaftlich sei, weil der Gewinn somit durch die zusätzlichen Kosten aufgezehrt und darüber hinaus ein Defizit erwirtschaftet werde, ist der Beklagte lediglich dahingehend entgegengetreten, dass der Kläger nicht hinreichend erklärt habe, warum der Bau der Filterkammern nahezu 10.000 € je laufendem Meter koste. Zudem sei das Wechseln von Luftschächten bei einem Neubau nicht notwendig. Er – der Beklagte – habe niedrigere Rohbaukosten errechnet. Auch verlange der Beklagte nur eine Staubreduzierung, weshalb die in Ansatz gebrachte pH-Dosierung überflüssig wäre, die nur zur Filterung von Ammoniak nötig sei. Außerdem gebe es hinsichtlich der verlangten Staubreduzierung auch eine andere Anlage des Anbieters Big Dutchman. Die „StuffNix“ sei ebenfalls in der Lage Staubemissionen bis zu 70% zu reduzieren, wobei ihre geschätzten Anlagekosten lediglich etwa 25 % der Kosten der MagixX-B-Anlage betragen würden.
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Diesem Vorbringen des Beklagten vermag die Kammer nicht zu folgen. Hinsichtlich der erstmals im gerichtlichen Verfahren erwähnten Anlage „StuffNix“ hat der Beklagte weder deren Eignung noch deren Wirkungsweise noch deren tatsächliche Kosten dargelegt. Der pauschale Hinweis des Beklagten auf die Internetseite des Anbieters genügt insoweit nicht. Vielmehr wird auf der Internetseite des Anlagenanbieters (http://www.bigdutchman.de/gefluegel/produkte/abluftreinigung.html) dargestellt, dass die Anlage den Staub um bis zu 70 % reduziere, während der Beklagte in Auflage 36.A eine Reduzierung um mehr als 70% fordert. Im Hinblick auf die Verbreitung von an Staub anhaftenden Bioaerosolen ist darauf hinzuweisen, dass nach dortigen Angaben der Filter wird von Hand mit einer Bürste gesäubert und die Verwertung des Staubs auf dem Feld mit dem Hühnerkot erfolgen könne (!). Schließlich fehlt auch der Nachweis, dass diese Anlage dem Stand der Technik entspricht.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens zur Verhältnismäßigkeit bleibt es bei nicht nachvollziehbaren Behauptungen des Beklagten. So hat der Kläger bereits dargelegt, warum und in welchem Umfang die Mehrkosten entstehen würden. Die Behauptung, nach seinen Berechnungen seien die Rohbaukosten niedriger anzusetzen, hat der Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nicht im Einzelnen belegt. Ob die MagixX-B-Anlage überhaupt ohne pH-Dosierungsanlage betrieben werden kann und – im Hinblick auf mögliche Gewährleistungen – auch darf, hat der Beklagte offenbar auch nicht geklärt. Jedenfalls die Zertifizierung bezieht sich nicht auf einen solchen – anderen – Betrieb. Zudem hat der Kläger dargelegt, dass bei Verzicht auf die pH-Dosierungsanlage ersatzweise in großem Umfang Wasser benötigt werde, so dass - unabhängig von der Frage der Funktionsfähigkeit - eine Kostenersparnis damit nicht zu erwirtschaften sei.
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Der Beklagte hat auch im Übrigen keine tragfähige Abwägungsentscheidung getroffen. Seine pauschale Argumentation, das private Interesse des Klägers, insbesondere der finanzielle Mehraufwand, müsse hinter dem hohen Gut der menschlichen Gesundheit zurücktreten, genügt insoweit nicht (Nds. OVG, Beschl. v. 13.03.2012, a.a.O.). Ausgehend von den oben dargelegten erheblichen Unsicherheiten in Bezug auf den von Bioaerosolen ausgehenden Gefahrenverdacht kann dieses Gut nicht mit seinem gesamten Gewicht in die anzustellende - und hier fehlende - Prüfung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen eingestellt werden. Nichts anderes folgt aus den vom Beklagten zitierten Quellen: Einheitlich wird dargelegt, dass wirkungsbezogene Schwellenwerte für Bioaerosole bislang nicht ableitbar sind, eine zusätzliche Exposition gegenüber der Hintergrundkonzentration für Risikogruppen mit einem zusätzlichen Gesundheitsrisiko verbunden sein könnte, eine Erhöhung gegenüber der Hintergrundkonzentration nach dem Entwurf der VDI-Richtlinie 4250 aber – lediglich – als umwelthygienisch unerwünscht bezeichnet wird, letztlich also weder präzise wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen noch in nächster Zeit solche zu erwarten sind. Demgegenüber sind die bereits im vorangegangenen Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes – 5 B 3913/12 – vor Erlass des Widerspruchsbescheides vom Kläger vorgetragenen und nunmehr durch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Landwirtschaftskammer untermauerten Argumente zu dem notwendigen wirtschaftlichen Mehraufwand und zur Unwirtschaftlichkeit vom Beklagten nicht im Einzelnen hinreichend gewürdigt und mit dem ihnen gebührenden erheblichen Gewicht berücksichtigt worden.
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Die Erwägungen des Beklagten sind daher insgesamt nicht geeignet, die einschränkenden Auflagen Nr. 36 A. bis 39 A. zu tragen. Der Kläger hat demnach einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Genehmigung ohne diese einschränkenden Auflagen, dem hier stattzugeben war.
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