Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (11. Kammer) - 11 B 59/21
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
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Der Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger und stellte 2019 einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 12.06.2019 abgelehnt. Der Antragsteller erhob Klage (10 A 409/19), über die noch nicht entschieden wurde.
- 2
Der Antragsteller beantragte die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine Beschäftigung als Elektrofachkraft bei der Firma xy in R. In der vorgelegten Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis hieß es u.a., der Antragsteller solle voraussichtlich ab dem 14.06.2021 in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis als „Elektrofachkraft Stromzählerwechsel“ eingesetzt werden. Die Arbeitszeit betrage 38,75 Stunden pro Woche. Es werde ein Grundgehalt von 2.000,- € pro Monat und ein Leistungszuschlag gezahlt.
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Der Antragsgegner beteiligte die Bundesagentur für Arbeit, die ihre Zustimmung für eine Beschäftigungserlaubnis nicht erteilte und hierzu ausführte, die Arbeits- und Lohnbedingungen entsprächen nicht den tariflichen bzw. ortsüblichen Bedingungen für vergleichbare deutsche Arbeitnehmer. Das tarifliche bzw. ortsübliche Entgelt beginne bei 12,40 € pro Stunde, bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,75 Stunden somit bei 2.082,67 € monatlich.
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Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 07.06.2021 den Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis für eine Beschäftigung als Elektrofachkraft ab. In der Begründung hieß es u.a., nach § 39 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz AufenthG könne die Bundesagentur für Arbeit der Erteilung einer Arbeitserlaubnis zustimmen, wenn der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt werde. Die Bundesagentur habe die Zustimmung nicht erteilt.
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Der Antragsteller legte am 22.06.2021 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er u.a. vortrug, sein Einkommen werde ohne Berücksichtigung der Leistungszuschläge falsch berechnet. Zu seinem Grundgehalt sei ein garantierter Leistungszuschlag zu berücksichtigen. Das führe dazu, dass sein Gehalt bis zu 3.200,- € betrage.
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Der Antragsteller hat am 11.06.2021 bei dem Sozialgericht Lübeck einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt, der mit Beschluss vom 22.06.2021 an das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht verwiesen wurde.
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Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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1. den Antragsgegner zu verpflichten, seinem Antrag auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis bei dem Unternehmen xy GmbH stattzugeben,
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2. im Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung bezieht sich der Antragsgegner auf den Bescheid vom 07.06.2021. Mit Schreiben vom 20.07.2021 stellt der Antragsgegner in Aussicht, dem ebenfalls von dem Antragsteller gestellten Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis bei dem Unternehmen xxx GmbH stattzugeben.
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Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen.
II.
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Das Gericht legt den Antrag im Interesse des Antragstellers gemäß § 88 VwGO dahin gehend aus, dass er eine vorläufige Regelung bis zu einer Entscheidung über seinen Widerspruch begehrt. Anderenfalls wäre sein Antrag nicht auf eine vorläufige Regelung gerichtet und in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht statthaft.
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Das so verstandene Begehren des Antragstellers hat jedoch keinen Erfolg.
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Das Begehren des Antragstellers stellt einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO dar. Gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich ist danach das Vorliegen eines Anordnungsgrundes und eines Anordnungsanspruchs. Dabei sind die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsanspruches und Anordnungsgrundes gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist hier unzulässig.
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Durch die einstweilige Anordnung sind entsprechend ihrem Zweck grundsätzlich nur Maßnahmen zur vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses zulässig, d. h. die einstweilige Anordnung darf nicht einer vorläufigen Verurteilung in der Sache gleichkommen. Der Antragsteller begehrt in diesem Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und damit so gestellt zu werden, wie er bei einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren gestellt würde. Eine derartige Rechtsstellung kann in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren – auch nicht für einen vorübergehenden Zeitraum - grundsätzlich nicht erlangt werden. Bei der Auslegung und Anwendung des § 123 VwGO sind die Gerichte jedoch gehalten, der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung zu tragen. Einstweiliger Rechtsschutz ist danach zu gewähren, wenn anders dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen.
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Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist deshalb zuzulassen, wenn einerseits zumindest eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht und andererseits Rechtsschutz in der Hauptsache wegen der langen Verfahrensdauer nicht rechtzeitig erlangt werden kann und dies zu unzumutbar schweren, anders nicht abwendbaren Nachteilen für den Antragsteller führen würde, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen ließen. Derartige unzumutbar schwere Nachteile, die mit einem Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens verbunden sind, sind von dem Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden und sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner die Erteilung einer Erlaubnis für eine Beschäftigung bei einem Unternehmen in Aussicht gestellt hat, welche der Antragsteller ebenfalls bei dem Antragsgegner beantragt hat.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da dem Antrag in der Sache aus den vorstehenden Gründen die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorausgesetzten Erfolgsaussichten fehlte.
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Referenzen
- §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 88 1x
- VwGO § 123 4x
- § 39 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz AufenthG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 6 1x
- ZPO § 920 Arrestgesuch 1x
- VwGO § 154 1x
- 10 A 409/19 1x (nicht zugeordnet)