Beschluss vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 4 K 3794/04

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt

Gründe

 
Der Antragsteller begehrt - sachdienlich gefasst - gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 22.09.2004 gegen die Regelungen unter Nr. 1 und Nr. 4 der Verfügung des Landratsamts Göppingen vom 25.08.2004. Mit dieser Verfügung wurde dem Antragsteller das Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln in der Gaststätte Landgasthof W. (Nr. 1) vorläufig untersagt und ihm wurde für den Fall der Nichtbeachtung dieser Anordnung das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs in Form einer polizeilichen Versiegelung der Küche sowie verschiedener Arbeitsgeräte angedroht (Nr. 4). Nachdem sich der Antragsteller seit 23.08.2004 an die Verfügung hält, geht das Gericht davon aus, dass sich die Anordnung unter Nr. 2 der Verfügung, wonach die im Betrieb gelagerten, offenen Lebensmittel innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung unschädlich zu entsorgen sind, bereits erledigt hat.
Der Antrag ist wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn mit vorangegangener Verfügung des Landratsamts Göppingen - Amt für Umweltschutz und Wasserwirtschaft - vom 19.08.2004 wurde dem Antragsteller u. a. zum 30.09.2004 die Ableitung des häuslichen Abwassers des Anwesens aus dem Bereich Gästetrakt, Gastronomie und Appartements in die Grube unter dem Gaststättenanbau (unter der Küche) untersagt und die sofortige Vollziehung angeordnet. Der Antragsteller darf danach ungeachtet des von ihm erhobenen Widerspruchs gegen diese Verfügung aus der Küche keinerlei Abwasser mehr ableiten, was zur Folge hat, dass die Küche für den Gastronomiebetrieb nicht mehr nutzbar ist, so dass darin Lebensmittel unabhängig von der angegriffenen Verfügung vom 25.08.2004 gewerbsmäßig weder hergestellt, behandelt noch in den Verkehr gebracht werden können. Der Antragsteller hat zwar auch gegen die Verfügung vom 19.08.2004 beim Verwaltungsgericht Stuttgart am 30.09.2004 einen Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung seines Widerspruchs erhoben. Über diesen Antrag ist jedoch noch nicht entschieden, so dass es bei der sofortigen Untersagung bleibt. Für den Fall des Obsiegens in diesem Verfahren kann der Antragsteller dann einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO auf Abänderung der Entscheidung in diesem Verfahren stellen.
Unabhängig hiervon hat ist der Antrag auch unbegründet. Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung und dem privaten Interesse des Antragstellers, während des Rechtsbehelfsverfahrens von dieser Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, vorzunehmen. Im vorliegenden Fall überwiegt das öffentliche Interesse, da sich der Bescheid des Landratsamts Göppingen mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig erweist.
Rechtsgrundlage der unter Nr. 1 der Verfügung vom 25.08.2004 enthaltenen vorläufigen Untersagungsverfügung ist § 17 Abs. 1 Nr. 1 LMBG. Danach ist es u.a. verboten, zum Verzehr nicht geeignete Lebensmittel als Lebensmittel gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Denn die Regelung greift bereits schon dann ein, wenn Umstände vorliegen, die lediglich geeignet sind, die Beschaffenheit des Lebensmittels nachteilig im Sinne seiner objektiven Verzehruntauglichkeit zu verändern, und die deshalb beim Durchschnittsverbraucher Ekel erregen (vgl. BVerwG, Urt. V. 22.10.1987 - 3 C 33.85 -, BVerwGE 78, 172). Solche Umstände liegen hier infolge des in der Küche vorhandenen Fäkalgeruchs vor, der von dem unter dem Küchentrakt sich befindlichen und als Abwassergrube genutzten Gewölbekeller herrührt. Das Landratsamt Göppingen hat in der Verfügung zutreffend dargelegt, dass dieser Fäkaliengeruch die Gefahr einer Fäkalienkeimübertragung auf Lebensmittel, die in der Küche hergestellt oder in den Verkehr gebracht werden, in sich birgt. Die Abklatschproben, die vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart untersucht wurden, erbrachten auch den Nachweis zahlreicher Enterobacteriaceae- Keime, die auf eine fäkale Verunreinigung hinweisen können (vgl. Stellungnahme Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg vom 02.09.2004). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass mit Fäkalkeimen verunreinigte Lebensmittel wegen der damit einhergehenden Gesundheitsgefahren zum Verzehr nicht geeignet sind. Wie bereits ausgeführt, ist der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Nr. 1 LMBG jedoch bereits erfüllt, wenn  Umstände vorliegen, die die Verzehrtauglichkeit nachteilig beeinflussen. Der Fäkalgeruch und die festgestellten Keime stellen solche Umstände dar. Gleichzeitig ist dieser Fäkalgeruch auch geeignet, beim Durchschnittsverbraucher Ekel hinsichtlich der Lebensmittel zu erregen, die in einer solchen Umgebung hergestellt werden. Auch hierzu bedarf es keiner weiteren Ausführungen. Anhaltspunkte dafür, dass der Fäkalgeruch auf Dauer beseitigt ist, sind nicht erkennbar. Zwar hat der Antragsteller zwischenzeitlich die Räumlichkeiten gereinigt und desinfiziert, was zu einer Verbesserung des Raumklimas unabhängig von der Beseitigung auch der festgestellten Verschmutzungen geführt haben dürfte. Der Fäkaliengeruch rührt jedoch nicht daher, dass die Küche verschmutzt oder unzureichend gereinigt worden ist. Dieser hat seinen Ursprung vielmehr in der desolaten Abwasserbeseitigung, an der der Antragsteller bislang weder Veränderungen vorgenommen hat, noch erkundet hat, wie die Abwassersituation sich tatsächlich überhaupt gestaltet. Die Abwässer der Küche und der Gasträume werden nämlich in einen geschlossenen Gewölbekeller geleitet, der sich unterhalb der Küche befindet. Der Fäkalgeruch gelangte auch nicht alleine durch die inzwischen geschlossene Öffnung im Fußboden der Küche in die Räumlichkeiten, sondern auch etwa durch die Spüle selbst und andere Anschlüsse. Solange danach die Abwassersituation nicht geklärt ist, sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Nr. 1 LMBG weiterhin erfüllt. Aus diesem Grunde ist die Antragsgegnerin auch nicht darauf zu verweisen, wie dies der Antragsteller angeregt hat, erneut Abklatschproben zu entnehmen. Auf die weiteren vom Landratsamt Göppingen in der Verfügung aufgelisteten Hygienemängel und die Frage, in welchem Umfang der Antragsteller diese nunmehr beseitigt hat, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.
Rechtliche Bedenken gegen die auf §§ 19, 20 und 26 LVwVG gestützte Zwangsmittelandrohung sind nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 3, 52 Abs. 2 GKG n. F.
Hat der Antrag danach keine Aussicht auf Erfolg, war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO abzulehnen.

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