Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
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Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung ihres Rechtsvorgängers, des verstorbenen Herrn ..., zu einem Erschließungsbeitrag. Sie sind Miteigentümer des im unbeplanten Innenbereich der Gemeinde ... liegenden Grundstücks FlstNr. ... Das Grundstück grenzt an die ... Straße an, die eine Landesstraße (L ...) und zugleich Ortsdurchfahrt ist. Die Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg und die Gemeinde ... haben am 11.07./16.07.1994 eine Vereinbarung über den Ausbau der Ortsdurchfahrt ... im Zuge der L ... geschlossen. Darin kamen die Straßenbauverwaltung und die Gemeinde überein, zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse die Landesstraßen ... und ... im Bereich der Ortsdurchfahrt ... als Gemeinschaftsmaßnahme auszubauen. Die entsprechenden Baumaßnahmen wurden in den Jahren 1994/1995 durchgeführt. Teilweise wurden erstmals Gehwege angelegt.
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Für die ... Straße enthält der Bebauungsplan „...“, der am 20.07.1973 in Kraft getreten ist, von der östlichen Grenze des FlstNr. ... (Brücke) bis zur westlichen Grenze des Grundstücks FlstNr. ... planerische Festsetzungen. Die Beklagte sah die ... Straße an Hand der Urkarte aus dem Jahr 1832, dem Gebäudekataster von 1875 und dem Schätzungsprotokoll für die Gebäudebrandversicherung von 1894 bis zur Mitte des FlstNr. ... (rechte Straßenseite) und des FlstNr. ... (linke Straßenseite) von der Ortsmitte aus gesehen als historische Straße an. Für diesen Teilbereich erhob die Beklagte keinen Erschließungsbeitrag, sondern trug die für dessen Ausbau entstandenen Kosten selbst.
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Mit Bescheid vom 23.11.1999 zog die Beklagte Herrn ... zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 10.911,61 DM (5.579,02 EUR) heran. Gegen diesen Bescheid legte er Widerspruch ein mit der Begründung, bei der ... Straße habe es sich um eine seit langem endgültig hergestellte Erschließungsanlage gehandelt, für die durch die Baumaßnahmen in den Jahren 1994/1995 keine Erschließungsbeitragspflicht mehr habe entstehen können. Der Beitragsbescheid weise Mängel in der Begründung auf. Der Hinweis auf die Rechtsgrundlage sei zu unbestimmt. Er lasse auch nicht erkennen, wie die Abgrenzung der Erschließungsanlage zum historischen Ortskern erfolgt sei. Die Erschließungsbeitragssatzung sei nicht rechtswirksam. Die Vorschriften über die mehrfach erschlossenen Grundstücke und die Regelung in § 2 Nr. 4 und 5 der Satzung seien zu unbestimmt. Die Beklagte hätte auch das FlstNr. ... (Parkplatz) in das Abrechnungsgebiet mit einbeziehen müssen. Der Bescheid lasse nicht erkennen, nach welchen Kriterien die in Einzelfällen vorgenommenen Reduzierungen der Beitragsbelastung erfolgt seien. Die Beklagte habe im Übrigen in vergleichbaren Situationen auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen verzichtet. Er habe Anspruch auf Gleichbehandlung. Die Beklagte habe im Rahmen des Eingemeindungsvertrages die Verpflichtung übernommen, Mittel für Gehwege entlang der L ... und der L ... bereitzustellen.
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Das Landratsamt ... gab dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2002 insoweit statt, als es die Fälligkeit des Beitrags auf den 23.03.2001 festsetzte. Im Übrigen wies es den Widerspruch zurück. Es führte zur Begründung aus, die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten sei hinreichend bestimmt und deshalb wirksam. Die ... Straße sei auch durch die Baumaßnahmen aus den Jahren 1994/1995 erstmalig endgültig rechtmäßig hergestellt worden, soweit sie keine historische Ortsstraße sei. Die Ermittlung des historischen Teils sei von der Beklagten zutreffend durchgeführt worden. Für die ... Straße existierten für die Zeit vom 01.01.1873, dem Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872, und dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 20.06.1961 weder Orts- noch Bebauungspläne, so dass in dieser Zeit eine erstmalige endgültige rechtmäßige Herstellung der ... Straße nicht habe erfolgen können. Denn in dieser Zeit hätten neue Ortsstraßen im Rechtssinne nur noch auf Grund und nach Maßgabe eines Ortsstraßen- oder Baufluchtenplanes entstehen können. Nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes seien für die rechtmäßige Herstellung der ... Straße die Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ maßgeblich gewesen. Für den östlich der Bebauungsplangrenze bei FlstNr. ... bis zur westlichen Gebäudegrenze des früheren Gebäudes Nr. ... (Beginn des historischen Teils) liegenden Teil der ... Straße habe es keine planerischen Festsetzungen gegeben. Das Landratsamt Heilbronn habe aber auf Antrag der Beklagten vom 21.06.1996 die gemäß § 125 Abs. 2 BauGB in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung erforderliche Zustimmung erteilt. Diese Zustimmung ersetze einen nicht vorhandenen Bebauungsplan, so dass die ... Straße in dem abgerechneten Teil erstmalig endgültig rechtmäßig habe hergestellt werden können. Erschließungsbeitragsrechtlich sei die sich an den historischen Bereich anschließende Straßenteilstrecke eine eigene Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Ziffer 1 BauGB. Die ... Straße sei eine Ortsdurchfahrt im Zuge der Landesstraße ..., für die nach § 43 Abs. 4 StrG die Gemeinden Träger der Straßenbaulast für Gehwege in den Ortsdurchfahrten seien. Die Ortsdurchfahrt sei vom Regierungspräsidium Stuttgart am 16.10.1988 mit Wirkung vom 01.01.1989 mit konstitutiver Wirkung festgesetzt worden. Die Grenze liege beim Grundstück FlstNr. ... Der Beklagten obliege die Erschließungslast nach § 123 Abs. 1 BauGB für die Gehwege nur im Bereich dieser förmlich festgelegten Ortsdurchfahrt. Die ... Straße unterliege von der westlichen Grenze des früheren Gebäudes Nr. 55 (ab dem Ende des historischen Teils) bis zur Ortsdurchfahrtsgrenze beim FlstNr. 122/12 als eine zum Anbau bestimmte Straße der Beitragspflicht. Zur Beitragserhebung sei die Beklagte verpflichtet. Dem stehe auch nicht die Eingemeindungsvereinbarung vom 01.01.1974 entgegen. Die Umsetzung dieser Beitragserhebungspflicht bei anderen Maßnahmen sei ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Die sachliche Erschließungsbeitragspflicht sei mit Bekanntgabe der Zustimmung des Landratsamtes Heilbronn vom 21.03.2001 an die Beklagte am 23.03.2001 entstanden. Der vorher rechtswidrig ergangene Beitragsbescheid sei durch die Zustimmung mit Wirkung vom 23.03.2001 geheilt worden. Die Fälligkeit sei aber erst am 23.03.2001 eingetreten.
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Das Grundstück der Kläger sei durch die ... Straße erschlossen. Bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes habe die Beklagte berücksichtigt, dass bei einzelnen Grundstücken öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen bestünden, die die Ausschöpfung des für diese Grundstücke vorgeschriebenen Maßes der baulichen Nutzung verhinderten. Für einzelne Grundstücke habe die Tiefenbegrenzungsregelung des § 5 Abs. 2 Ziffer 2 EBS gegolten. Deshalb sei bei der Verteilung nicht von einer Geschossfläche von 16.276,50 m², sondern von 15.810,00 m² auszugehen. Der Unterschiedsbetrag könne im Rahmen einer Nachveranlagung durch die Beklagte erhoben werden. Der Beitragsbescheid sei auch formell rechtmäßig. Insbesondere leide er nicht unter einem Begründungsmangel. Durch die Anlagen zu dem Beitragsbescheid sei dieser insbesondere hinreichend bestimmt. Der Beitragsbescheid sei aber rechnerisch nicht nachvollziehbar gewesen. Soweit der Bescheid die der Heranziehung zu Grunde liegenden Berechnungsgrundlagen nicht enthalte, sei er formfehlerhaft. Dieser Formfehler könne aber - wie geschehen - im Widerspruchsbescheid nachträglich geheilt werden. Ein Verstoß gegen die Begründungspflicht führe nicht zur Bescheidaufhebung, da in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Der Hinweis auf die Erschließungsbeitragssatzung vom 12.04.1988 in der jeweils gültigen Fassung mache den Bescheid nicht rechtswidrig. Entscheidend sei vielmehr, ob der Bescheid durch maßgebliches Ortsrecht und bundesrechtliche Bestimmungen gedeckt sei.
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Der Widerspruchsbescheid wurde dem Rechtsvorgänger der Kläger am 20.09.2002 zugestellt.
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Am 27.07.2004 beschloss der Gemeinderat der Beklagten nach Prüfung, sich für den jetzt erfolgten Ausbau (Bestandsplan vom 21.07.2004) zu entscheiden, da dieser Ausbau unter Abwägung aller beteiligten Interessen (auch denen der privaten Grundstückseigentümer) als der sachgerechteste erschienen sei.
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Am 21.10.2002 hat der Rechtsvorgänger der Kläger Klage erhoben. Er wiederholt seine Widerspruchsbegründung und ergänzt, dass eine Heilung der zunächst rechtswidrigen Beitragsbescheide durch die Zustimmung des Landratsamtes Heilbronn vom 21.03.2001 nicht möglich sei. Vielmehr hätte die Beklagte einen neuen Bescheid erlassen müssen. Es treffe auch nicht zu, dass die Regelungen in der Vereinigungsvereinbarung vom 01.01.1974 der Erhebung von Beiträgen nicht entgegenstünden. Denn diese hätten keineswegs zu einem rechtswidrigen Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen geführt, weil es sich bei § 129 Abs. 1 BauGB lediglich um einen
Mindestanteil
der Gemeinde von 10 vom Hundert des Erschließungsaufwandes handle. Wenn sich die Beklagte - wie hier - gegenüber der Teilgemeinde und deren Bürgern zum Bau von Gehwegen verpflichtet habe, so müsse dies in einer entsprechenden Erhöhung der Kostenübernahmequote der Gemeinde seinen Niederschlag finden. Diesem Umstand trage die Erschließungsbeitragssatzung nicht Rechnung und sei schon aus diesem Grunde rechtswidrig. Die Beklagte habe den ihr zustehenden Ermessensspielraum überhaupt nicht erkannt. Es sei Festsetzungsverjährung eingetreten.
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den Bescheid der Beklagten vom 23.11.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes Heilbronn vom 19.09.2002 aufzuheben.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf den Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Heilbronn.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Behördenakten der Beklagten und des Landratsamtes Heilbronn verwiesen.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Gemeinde ... vom 23.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Heilbronn vom 19.09.2002 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn sie werden zu Recht als Erben des Herrn ... nach den §§ 131 Abs. 1 Satz 1; 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 12.04.1988 i. d. F. vom 28.11.2000 -EBS- zum Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „... Straße“ herangezogen.
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Die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide greifen nicht durch. Der Beitragsbescheid ist nicht wegen Begründungsmangels aufzuheben. Zwar ist gem. § 39 Abs. 1 LVwVfG ein schriftlicher Verwaltungsakt schriftlich zu begründen, wozu auch die Angabe der Rechtsgrundlage gehört. Er muss auch aus sich heraus verständlich sein ( Kopp, VwVfG; 7. Aufl. § 39 Anm. 18 ). Soweit der Beitragsbescheid Begründungsmängel aufwies, hat das Landratsamt Heilbronn in seinem Widerspruchsbescheid diesen Verfahrensmangel gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG geheilt, indem es die erforderliche Begründung nachholte.
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Der Beitragsbescheid ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheids auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
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Die Kammer teilt die Zweifel der Kläger an der Wirksamkeit der Erschließungsbeitragssatzung nicht. Bezüglich der Regelung in § 12 für mehrfach erschlossene Grundstücke ist zunächst darauf zu verweisen, dass es im Ermessen der Gemeinde steht, in der Erschließungsbeitragssatzung eine Eckgrundstücksermäßigung allgemein und ohne Rücksicht auf die Art der baulichen oder gewerblichen Nutzung der Grundstücke vorzusehen oder die Eckgrundstücksermäßigung auf Wohngrundstücke zu beschränken oder von einer Eckgrundstücksermäßigung ganz abzusehen (BVerwGE 25, 147; BVerwGE 51, 158 ff.). Der Umfang der zulässigen Eckgrundstücksermäßigung ist allerdings nicht unbegrenzt. Einmal dürfen die anderen zu der Anlage Beitragspflichtigen nicht um mehr als 50 v. H. des Betrages belastet werden, den sie ohne die Eckermäßigungsregelung zu tragen hätten, zum anderen darf die Eckermäßigung nur für einen Teil besonders großer Grundstücke gewährt werden, wenn dies unter Berücksichtigung ihrer Form und Größe und des angewendeten Verteilungsmaßstabes zur Vermeidung einer zu hohen Belastung der anderen Beitragspflichtigen geboten ist (BVerwGE 51, 158 m. w. N.). Diese Grenzen werden im vorliegenden Fall nicht überschritten. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Eckermäßigung mit der Folge gewährt wird, dass sich dadurch der Verteilungsschlüssel ändert und der Ausfall nicht von der Gemeinde, sondern von den übrigen Beitragspflichtigen getragen wird (ständige Rechtsprechung, BVerwGE 25, 147).
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Die von den Klägern gerügten Regelungen in § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 EBS über Art und Umfang des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes für Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Kläger übersehen im Übrigen, dass selbst eine nicht wirksame Satzungsbestimmung über den Umfang der Erschließungsanlagen nicht das Entstehen sachlicher Beitragspflichten hindert. Vielmehr kann eine Satzungsvorschrift über den Umfang der Erschließungsanlagen von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichsam „verdrängt“ werden. Deshalb wäre im Falle einer unwirksamen Satzungsbestimmung lediglich zu untersuchen, ob die Gemeinde sich im konkreten Einzelfall im Rahmen dessen gehalten hat, was ihr § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB für eine entsprechende Ermessensentscheidung hergibt (Driehaus in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 132 Rn. 13). Im angefochtenen Bescheid sind aber weder Parkflächen noch Grünanlagen abgerechnet worden, so dass eine zu überprüfende Ermessensentscheidung schon nicht anstand.
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Der Beitragspflicht steht nicht entgegen, dass die ... Straße - wie die Kläger meinen - als eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits vorhandene Straße im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB angesehen werden müsste, für die deshalb kein Beitrag für die erstmalige Herstellung (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) mehr erhoben werden durfte.
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Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des BauGB bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urte. vom 13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11 § 132 BauGB Nr. 21 und Nr. 28; ständige Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ., vgl. Urt. vom 26.10.1995, - 2 S 120/93 -, VGH Bad.-Württ. - Ls 1996, Beil. 1, E 4, Urt. vom 04.08.1987 - 2 S 72/95 -, BWGZ 1987, 903). Dabei wird zwischen sogenannten historischen Straßen, die bereits vor 1873 hergestellt waren, und sogenannten vorhandenen Straßen unterschieden, die in der Zeit zwischen dem 01.01.1873 (Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872) und dem 30.06.1961 (Inkrafttreten des BauGB) endgültig hergestellt worden sind.
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Die Kläger rügen ohne Erfolg, dass der historische Teil der ... Straße unzutreffend festgelegt worden sei. Unter einer historischen Ortsstraße ist im ehemals württembergischen Landesteil, um den es hier geht, eine fertige Ortsstraße zu verstehen, deren Entwicklung bei Inkrafttreten der (württembergischen) Neuen Allgemeinen Bauordnung in der ursprünglichen Fassung vom 06.10.1872 ( (Regbl.S. 305) am 01.01.1873 hinsichtlich ihres Ausbau- und Verkehrszustands für den innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus und für den regelmäßigen Anbau im Wesentlichen abgeschlossen war (VGH Bad.-Württ., Urt. vom 03.02.1994 - 2 S 2961/92 -; Urt. vom 20.09.1984 - 2 S 1812/83 - m. w. N., auch auf grundlegende Rechtsprechung des Preußischen OVG). Ob eine Straße eine historische Straße ist, richtet sich also danach, ob sie zum genannten Zeitpunkt dem Anbau und damit auch dem innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus diente oder für diesen Zweck bestimmt war. Hierfür ist regelmäßig mangels anderweitiger Anhaltspunkte die vorhandene Bebauung entlang einer Straße ein wesentliches Indiz. In der Rechtsprechung ist deshalb anerkannt, dass das Vorhandensein einer historischen Ortsstraße entscheidend von ihrer faktischen innerörtlichen Erschließungsfunktion abhängt, die durch den Baubestand repräsentiert wird, dem sie die erforderliche Zugänglichkeit vermittelt (VGH Bad.-Württ., Urt. vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 -).
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Der Urkarte aus dem Jahr 1832, dem Gebäudekataster von 1875 und dem Schätzungsprotokoll für die Gebäudebrandversicherung von 1894 ist zu entnehmen, dass die ... Straße von der Ortsmitte ... beidseitig bis zu dem damaligen Gebäude Nr. 55 auf der rechten Straßenseite und dem damaligen Gebäude Nr. ... auf der linken Seite durchgängig bebaut war. Zutreffend haben die Behörden ermittelt, dass das Ende der damaligen Bebauung inmitten des heutigen Flurstücks Nr. ... auf der rechten Straßenseite und inmitten des heutigen Flurstücks Nr. ... auf der linken Straßenseite lag. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Bei dieser Sachlage ist auf der Grundlage der angeführten Rechtsprechung nicht zu beanstanden, dass die Beklagte angenommen hat, dass der historische Teil der Straße mit dem Ende der damaligen Bebauung endet. Dabei ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass für die Grenzziehung zwischen historischem und nichthistorischem Teil der Straße nur die bebaute Fläche maßgeblich sein kann. Das gesamte Grundstück kann nur dann Grundlage für die Beitragserhebung sein, wenn es in seiner gesamten Ausdehnung im Innenbereich liegt. Liegt dagegen ein Grundstück teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich, kommt es für die beitragsrechtlich erhebliche Erschließungsfunktion der Straße nur auf den im Innenbereich gelegenen Teil des Grundstücks an, da im Außenbereich gelegene Grundstücke nicht der Erschließungsbeitragspflicht unterliegen (vgl. § 133 Abs. 1 BauGB). Die für die Abgrenzung vom unbeplanten Innenbereich und Außenbereich heute maßgeblichen Kriterien haben - da eine damalige „Ortsstraße“ von ihrer Funktion her im „Innenbereich“ gelegen sein musste - nach der Rechtsprechung der Kammer als allgemeine Grundsätze auch schon im vorletzten Jahrhundert für die Abgrenzung zwischen unbeplantem Orts- bzw. Innenbereich und Außenbereich eine Rolle gespielt, weshalb ihnen auch für die landesrechtliche Festlegung der Reichweite einer historischen Ortsstraße jedenfalls eine indizielle Bedeutung zukommt (vgl. Urt. vom 30.04.2003 - 2 K 181/02). Danach ist für die Abgrenzung grundsätzlich das Ende der Bebauung und nicht die Grundstücksgrenze maßgeblich. Von der Maßgeblichkeit des vorhandenen Baubestands geht im Grundsatz - wie dargelegt - auch die angeführte Rechtsprechung bei Auslegung des Begriffs innerörtliche Erschließungsfunktion als Voraussetzung einer historischen Ortsstraße aus.
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Da ersichtlich bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 weder Ortsbau- noch Bebauungspläne für die ... Straße existierten, kann es sich bei ihr nicht um eine sogenannte vorhandene Straße im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB handeln, weil sie nicht rechtmäßig, d. h. auf der Grundlage von Ortsbau- oder Bebauungsplänen hergestellt worden ist.
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Bezüglich des nichthistorischen Teils der ... Straße liegen auch die in §§ 123 ff. BauGB normierten Voraussetzungen für die Beitragserhebung vor. Dieser Teil der Straße ist durch die in den Jahren 1994/95 durchgeführten Bauarbeiten an den Gehwegen, für die die Beklagte gemäß § 43 Abs. 4 StrG die Straßenbaulast innerhalb der Ortsdurchfahrt der L 1066 trägt, und deren Kosten der Beitragserhebung zugrunde liegen, erstmals endgültig i.S.d. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB hergestellt worden. Es fehlt auch nicht am weiteren Erfordernis, dass die Erschließungsanlage gemäß § 125 BauGB rechtmäßig hergestellt sein muss. Zwar ist die ... Straße nicht in ihrer gesamten abgerechneten Länge entsprechend § 125 Abs. 1 BauGB auf der Grundlage eines Bebauungsplans hergestellt worden, da der Bebauungsplan „...“, der am 20.07.1973 in Kraft getreten ist, für die ... Straße lediglich von der östlichen Grenze des Flurstücks Nr. 122/10 (Brücke) bis zur westlichen Grenze des Grundstücks FlstNr. ... Festsetzungen enthält. Für den östlich der Bebauungsplangrenze beim FlstNr. ... bis zur westlichen Gebäudegrenze des früheren Gebäudes Nr. ... (Beginn des historischen Teils) liegenden Teil der ... Straße hat das gemäß Art. 1 Nr. 1 b der Zweiten Verordnung der Landesregierung und des Wirtschaftsministeriums zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuchs sowie des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch vom 18.10.1993 (Gesbl. S. 629) zuständige Landratsamt Heilbronn gemäß § 125 Abs. 2 BauGB in der bis zum 31.12.1997 gültigen Fassung (a.F.) am 21.03.2001 die Zustimmung zur Herstellung der Anlage erteilt. Die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 Satz 2 a. F. lagen ersichtlich nicht vor. Die Erteilung der Zustimmung am 21.03.2001 war auch noch erforderlich, obwohl das Zustimmungserfordernis durch Art. 1 Nr. 46 des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 vom 18.08.1997 (BGBl. I S. 2081) mit Wirkung vom 01.01.1998 entfallen ist. Denn mit dem Antrag der Beklagten vom 21.06.1996 war das Zustimmungsverfahren nach § 125 Abs. 2 BauGB a. F. vor dem 01.01.1998 förmlich eingeleitet worden, so dass das Verfahren nach der Überleitungsvorschrift des § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB von der Rechtsänderung unberührt geblieben ist (BVerwG, Urt. vom 26.11.2003, - 9 C 2.03 -, NVwZ 2004, 483). Bei dieser Sach- und Rechtslage hätte die Beklagte nicht - wie am 27.07.2004 geschehen - nach § 125 Abs. 2 BauGB 1998 die Feststellung treffen müssen, dass die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB bezeichneten Anforderungen entspricht. Dieser Beschluss hat deshalb auch keine Auswirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht und den Beginn der Festsetzungsverjährung.
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Mit Eingang der Zustimmung des Landratsamts Heilbronn bei der Beklagten am 23.03.2001 lagen sämtliche Voraussetzungen für die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Erschließungsanlage „... Straße“ vor. Bis zu diesem Zeitpunkt war der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid rechtswidrig. Mit Erteilung der Zustimmung durch das Landratsamt ist er aber nachträglich geheilt worden. Die Möglichkeit einer (sogar noch) im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen nachträglichen „Heilung“ von Beitragsbescheiden hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt, und zwar jeweils in Fällen, in denen ein Bescheid ursprünglich deshalb rechtswidrig war, weil er vor dem Entstehen der Beitragspflicht, d. h. verfrüht, erlassen worden war. Ergeht - obwohl gemäß § 125 BauGB ein Bebauungsplan bzw. eine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde für die rechtmäßige Herstellung einer öffentlichen Straße erforderlich ist - ein Heranziehungsbescheid, bevor ein Bebauungsplan in Kraft getreten bzw. eine Zustimmung erteilt worden ist, kann dieser mangels Entstehens der Beitragspflicht zunächst rechtswidrige Bescheid dadurch geheilt werden, dass nachträglich ein den Straßenverlauf festsetzender Bebauungsplan erlassen oder die Zustimmung zur Herstellung der Anlage nachträglich erteilt wird. Die Heilung erfolgt „ex tunc“ (BVerwG, Urt. vom 25.11.1981 - 8 C 14.81 -, DVBl. 1982, 544 ff.). Zutreffend hat das Landratsamt Heilbronn im Widerspruchsbescheid unter Abänderung des Beitragsbescheids deshalb die Fälligkeit des Beitrags auf den 23.03.2001 festgesetzt.
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Der Eingemeindungsvertrag vom 01.01.1974, in dem sich die Gemeinde ... zur Bereitstellung von Mitteln für den Bau von Gehwegen entlang der ... und ... verpflichtet hat, steht nicht - wie die Kläger meinen - der Beitragserhebung entgegen. Durch den Eingemeindungsvertrag sind ausschließlich Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien entstanden. Geschützte Rechtspositionen für Bürger aus den betroffenen Gemeinden folgen aus ihm nicht. Entgegen der Auffassung der Kläger erwuchs der Beklagten aus diesem Vertrag auch nicht die Verpflichtung, bei dem ihr für die Festlegung der Höhe des Gemeindeanteils an dem beitragsfähigen Erschließungsaufwand gemäß § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB zustehenden Ermessen die im Eingemeindungsvertrag übernommene Verpflichtung zu berücksichtigen. Eine Verletzung des der der Gemeinde zustehenden weiten Ermessensspielraums ist nicht erkennbar. Der von den Klägern zitierten Absichtserklärung im Eingemeindungsvertrag ist im Übrigen nach ihrem Wortlaut nichts dafür zu entnehmen, dass die Beklagte ihren Eigenanteil am Erschließungsaufwand erhöhen oder - sofern dies überhaupt rechtlich zulässig gewesen wäre - auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen verzichten wollte.
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Die Beklagte hat den beitragsfähigen Erschließungsaufwand auch zutreffend auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke verteilt (§ 131 Abs. 1 BauGB). Dabei hat sie zu Recht das FlstNr. ..., das als öffentlicher Parkplatz dient, außer Betracht gelassen. Denn - wie das Landratsamt richtig ausgeführt hat - handelt es sich dabei um eine eigene Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Heilbronn verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Das gilt auch für die Ausführungen des Landratsamts zu der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands auf die nach §§ 131 Abs. 1 und 133 Abs. 1 BauGB erschlossenen Grundstücke. Die dortigen Angaben sind nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
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Der angefochtene Beitragsbescheid verstößt auch nicht zu Lasten der Kläger gegen das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG). Die Beklagte ist gemäß § 127 Abs. 1 BauGB verpflichtet, Erschließungsbeiträge nach Maßgabe der Vorschriften des BauGB vollständig zu erheben. Wenn sie dies bei einer Erschließungsanlage in einem anderen Ortsteil unterlassen hätte, und wenn weiter unterstellt würde, dass die Sach- und Rechtslage völlig übereinstimmt mit der hier maßgeblichen Sachlage, so haben die Kläger dennoch keinen Anspruch darauf, ebenfalls von einer Beitragserhebung verschont zu bleiben, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
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Das Recht der Beklagten, den Erschließungsbeitragsanspruch aus dem Erschließungsbeitragsschuldverhältnis festzusetzen, war zu dem Zeitpunkt des Erschließungsbeitragsbescheids, am 23.11.1999, noch nicht verjährt (Festsetzungs- oder Forderungsverjährung). Die Verjährung tritt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO nach Ablauf von vier Jahren ein. Die Festsetzungsfrist für Erschließungsbeiträge beginnt nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.10.1986, NVwZ 1987, 329; ständige Rechtsprechung). Wie oben ausgeführt wurde, ist der Erschließungsbeitrag erst am 23.03.2001 entstanden. Deshalb konnte die Verjährung nicht eintreten.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Gemeinde ... vom 23.11.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Heilbronn vom 19.09.2002 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Denn sie werden zu Recht als Erben des Herrn ... nach den §§ 131 Abs. 1 Satz 1; 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 12.04.1988 i. d. F. vom 28.11.2000 -EBS- zum Erschließungsbeitrag für die Erschließungsanlage „... Straße“ herangezogen.
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Die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide greifen nicht durch. Der Beitragsbescheid ist nicht wegen Begründungsmangels aufzuheben. Zwar ist gem. § 39 Abs. 1 LVwVfG ein schriftlicher Verwaltungsakt schriftlich zu begründen, wozu auch die Angabe der Rechtsgrundlage gehört. Er muss auch aus sich heraus verständlich sein ( Kopp, VwVfG; 7. Aufl. § 39 Anm. 18 ). Soweit der Beitragsbescheid Begründungsmängel aufwies, hat das Landratsamt Heilbronn in seinem Widerspruchsbescheid diesen Verfahrensmangel gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG geheilt, indem es die erforderliche Begründung nachholte.
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Der Beitragsbescheid ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheids auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
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Die Kammer teilt die Zweifel der Kläger an der Wirksamkeit der Erschließungsbeitragssatzung nicht. Bezüglich der Regelung in § 12 für mehrfach erschlossene Grundstücke ist zunächst darauf zu verweisen, dass es im Ermessen der Gemeinde steht, in der Erschließungsbeitragssatzung eine Eckgrundstücksermäßigung allgemein und ohne Rücksicht auf die Art der baulichen oder gewerblichen Nutzung der Grundstücke vorzusehen oder die Eckgrundstücksermäßigung auf Wohngrundstücke zu beschränken oder von einer Eckgrundstücksermäßigung ganz abzusehen (BVerwGE 25, 147; BVerwGE 51, 158 ff.). Der Umfang der zulässigen Eckgrundstücksermäßigung ist allerdings nicht unbegrenzt. Einmal dürfen die anderen zu der Anlage Beitragspflichtigen nicht um mehr als 50 v. H. des Betrages belastet werden, den sie ohne die Eckermäßigungsregelung zu tragen hätten, zum anderen darf die Eckermäßigung nur für einen Teil besonders großer Grundstücke gewährt werden, wenn dies unter Berücksichtigung ihrer Form und Größe und des angewendeten Verteilungsmaßstabes zur Vermeidung einer zu hohen Belastung der anderen Beitragspflichtigen geboten ist (BVerwGE 51, 158 m. w. N.). Diese Grenzen werden im vorliegenden Fall nicht überschritten. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Eckermäßigung mit der Folge gewährt wird, dass sich dadurch der Verteilungsschlüssel ändert und der Ausfall nicht von der Gemeinde, sondern von den übrigen Beitragspflichtigen getragen wird (ständige Rechtsprechung, BVerwGE 25, 147).
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Die von den Klägern gerügten Regelungen in § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 EBS über Art und Umfang des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes für Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Kläger übersehen im Übrigen, dass selbst eine nicht wirksame Satzungsbestimmung über den Umfang der Erschließungsanlagen nicht das Entstehen sachlicher Beitragspflichten hindert. Vielmehr kann eine Satzungsvorschrift über den Umfang der Erschließungsanlagen von § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichsam „verdrängt“ werden. Deshalb wäre im Falle einer unwirksamen Satzungsbestimmung lediglich zu untersuchen, ob die Gemeinde sich im konkreten Einzelfall im Rahmen dessen gehalten hat, was ihr § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB für eine entsprechende Ermessensentscheidung hergibt (Driehaus in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 132 Rn. 13). Im angefochtenen Bescheid sind aber weder Parkflächen noch Grünanlagen abgerechnet worden, so dass eine zu überprüfende Ermessensentscheidung schon nicht anstand.
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Der Beitragspflicht steht nicht entgegen, dass die ... Straße - wie die Kläger meinen - als eine bei Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes bereits vorhandene Straße im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB angesehen werden müsste, für die deshalb kein Beitrag für die erstmalige Herstellung (vgl. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB) mehr erhoben werden durfte.
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Die Frage, ob eine Erschließungsanlage bei Inkrafttreten des BauGB bereits vorhanden war, beantwortet sich nach den vormaligen landesrechtlichen (oder ortsrechtlichen) Vorschriften (vgl. BVerwG, Urte. vom 13.08.1976 und 21.09.1979, Buchholz 406.11 § 132 BauGB Nr. 21 und Nr. 28; ständige Rechtsprechung des VGH Bad.-Württ., vgl. Urt. vom 26.10.1995, - 2 S 120/93 -, VGH Bad.-Württ. - Ls 1996, Beil. 1, E 4, Urt. vom 04.08.1987 - 2 S 72/95 -, BWGZ 1987, 903). Dabei wird zwischen sogenannten historischen Straßen, die bereits vor 1873 hergestellt waren, und sogenannten vorhandenen Straßen unterschieden, die in der Zeit zwischen dem 01.01.1873 (Inkrafttreten der Neuen Allgemeinen Bauordnung vom 06.10.1872) und dem 30.06.1961 (Inkrafttreten des BauGB) endgültig hergestellt worden sind.
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Die Kläger rügen ohne Erfolg, dass der historische Teil der ... Straße unzutreffend festgelegt worden sei. Unter einer historischen Ortsstraße ist im ehemals württembergischen Landesteil, um den es hier geht, eine fertige Ortsstraße zu verstehen, deren Entwicklung bei Inkrafttreten der (württembergischen) Neuen Allgemeinen Bauordnung in der ursprünglichen Fassung vom 06.10.1872 ( (Regbl.S. 305) am 01.01.1873 hinsichtlich ihres Ausbau- und Verkehrszustands für den innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus und für den regelmäßigen Anbau im Wesentlichen abgeschlossen war (VGH Bad.-Württ., Urt. vom 03.02.1994 - 2 S 2961/92 -; Urt. vom 20.09.1984 - 2 S 1812/83 - m. w. N., auch auf grundlegende Rechtsprechung des Preußischen OVG). Ob eine Straße eine historische Straße ist, richtet sich also danach, ob sie zum genannten Zeitpunkt dem Anbau und damit auch dem innerörtlichen Verkehr von Haus zu Haus diente oder für diesen Zweck bestimmt war. Hierfür ist regelmäßig mangels anderweitiger Anhaltspunkte die vorhandene Bebauung entlang einer Straße ein wesentliches Indiz. In der Rechtsprechung ist deshalb anerkannt, dass das Vorhandensein einer historischen Ortsstraße entscheidend von ihrer faktischen innerörtlichen Erschließungsfunktion abhängt, die durch den Baubestand repräsentiert wird, dem sie die erforderliche Zugänglichkeit vermittelt (VGH Bad.-Württ., Urt. vom 18.08.1994 - 2 S 834/93 -).
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Der Urkarte aus dem Jahr 1832, dem Gebäudekataster von 1875 und dem Schätzungsprotokoll für die Gebäudebrandversicherung von 1894 ist zu entnehmen, dass die ... Straße von der Ortsmitte ... beidseitig bis zu dem damaligen Gebäude Nr. 55 auf der rechten Straßenseite und dem damaligen Gebäude Nr. ... auf der linken Seite durchgängig bebaut war. Zutreffend haben die Behörden ermittelt, dass das Ende der damaligen Bebauung inmitten des heutigen Flurstücks Nr. ... auf der rechten Straßenseite und inmitten des heutigen Flurstücks Nr. ... auf der linken Straßenseite lag. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Bei dieser Sachlage ist auf der Grundlage der angeführten Rechtsprechung nicht zu beanstanden, dass die Beklagte angenommen hat, dass der historische Teil der Straße mit dem Ende der damaligen Bebauung endet. Dabei ist sie zutreffend davon ausgegangen, dass für die Grenzziehung zwischen historischem und nichthistorischem Teil der Straße nur die bebaute Fläche maßgeblich sein kann. Das gesamte Grundstück kann nur dann Grundlage für die Beitragserhebung sein, wenn es in seiner gesamten Ausdehnung im Innenbereich liegt. Liegt dagegen ein Grundstück teilweise im unbeplanten Innenbereich und teilweise im Außenbereich, kommt es für die beitragsrechtlich erhebliche Erschließungsfunktion der Straße nur auf den im Innenbereich gelegenen Teil des Grundstücks an, da im Außenbereich gelegene Grundstücke nicht der Erschließungsbeitragspflicht unterliegen (vgl. § 133 Abs. 1 BauGB). Die für die Abgrenzung vom unbeplanten Innenbereich und Außenbereich heute maßgeblichen Kriterien haben - da eine damalige „Ortsstraße“ von ihrer Funktion her im „Innenbereich“ gelegen sein musste - nach der Rechtsprechung der Kammer als allgemeine Grundsätze auch schon im vorletzten Jahrhundert für die Abgrenzung zwischen unbeplantem Orts- bzw. Innenbereich und Außenbereich eine Rolle gespielt, weshalb ihnen auch für die landesrechtliche Festlegung der Reichweite einer historischen Ortsstraße jedenfalls eine indizielle Bedeutung zukommt (vgl. Urt. vom 30.04.2003 - 2 K 181/02). Danach ist für die Abgrenzung grundsätzlich das Ende der Bebauung und nicht die Grundstücksgrenze maßgeblich. Von der Maßgeblichkeit des vorhandenen Baubestands geht im Grundsatz - wie dargelegt - auch die angeführte Rechtsprechung bei Auslegung des Begriffs innerörtliche Erschließungsfunktion als Voraussetzung einer historischen Ortsstraße aus.
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Da ersichtlich bis zum Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30.06.1961 weder Ortsbau- noch Bebauungspläne für die ... Straße existierten, kann es sich bei ihr nicht um eine sogenannte vorhandene Straße im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB handeln, weil sie nicht rechtmäßig, d. h. auf der Grundlage von Ortsbau- oder Bebauungsplänen hergestellt worden ist.
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Bezüglich des nichthistorischen Teils der ... Straße liegen auch die in §§ 123 ff. BauGB normierten Voraussetzungen für die Beitragserhebung vor. Dieser Teil der Straße ist durch die in den Jahren 1994/95 durchgeführten Bauarbeiten an den Gehwegen, für die die Beklagte gemäß § 43 Abs. 4 StrG die Straßenbaulast innerhalb der Ortsdurchfahrt der L 1066 trägt, und deren Kosten der Beitragserhebung zugrunde liegen, erstmals endgültig i.S.d. § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB hergestellt worden. Es fehlt auch nicht am weiteren Erfordernis, dass die Erschließungsanlage gemäß § 125 BauGB rechtmäßig hergestellt sein muss. Zwar ist die ... Straße nicht in ihrer gesamten abgerechneten Länge entsprechend § 125 Abs. 1 BauGB auf der Grundlage eines Bebauungsplans hergestellt worden, da der Bebauungsplan „...“, der am 20.07.1973 in Kraft getreten ist, für die ... Straße lediglich von der östlichen Grenze des Flurstücks Nr. 122/10 (Brücke) bis zur westlichen Grenze des Grundstücks FlstNr. ... Festsetzungen enthält. Für den östlich der Bebauungsplangrenze beim FlstNr. ... bis zur westlichen Gebäudegrenze des früheren Gebäudes Nr. ... (Beginn des historischen Teils) liegenden Teil der ... Straße hat das gemäß Art. 1 Nr. 1 b der Zweiten Verordnung der Landesregierung und des Wirtschaftsministeriums zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuchs sowie des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch vom 18.10.1993 (Gesbl. S. 629) zuständige Landratsamt Heilbronn gemäß § 125 Abs. 2 BauGB in der bis zum 31.12.1997 gültigen Fassung (a.F.) am 21.03.2001 die Zustimmung zur Herstellung der Anlage erteilt. Die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 Satz 2 a. F. lagen ersichtlich nicht vor. Die Erteilung der Zustimmung am 21.03.2001 war auch noch erforderlich, obwohl das Zustimmungserfordernis durch Art. 1 Nr. 46 des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 vom 18.08.1997 (BGBl. I S. 2081) mit Wirkung vom 01.01.1998 entfallen ist. Denn mit dem Antrag der Beklagten vom 21.06.1996 war das Zustimmungsverfahren nach § 125 Abs. 2 BauGB a. F. vor dem 01.01.1998 förmlich eingeleitet worden, so dass das Verfahren nach der Überleitungsvorschrift des § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB von der Rechtsänderung unberührt geblieben ist (BVerwG, Urt. vom 26.11.2003, - 9 C 2.03 -, NVwZ 2004, 483). Bei dieser Sach- und Rechtslage hätte die Beklagte nicht - wie am 27.07.2004 geschehen - nach § 125 Abs. 2 BauGB 1998 die Feststellung treffen müssen, dass die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 bis 6 BauGB bezeichneten Anforderungen entspricht. Dieser Beschluss hat deshalb auch keine Auswirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht und den Beginn der Festsetzungsverjährung.
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Mit Eingang der Zustimmung des Landratsamts Heilbronn bei der Beklagten am 23.03.2001 lagen sämtliche Voraussetzungen für die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die Erschließungsanlage „... Straße“ vor. Bis zu diesem Zeitpunkt war der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid rechtswidrig. Mit Erteilung der Zustimmung durch das Landratsamt ist er aber nachträglich geheilt worden. Die Möglichkeit einer (sogar noch) im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen nachträglichen „Heilung“ von Beitragsbescheiden hat das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt, und zwar jeweils in Fällen, in denen ein Bescheid ursprünglich deshalb rechtswidrig war, weil er vor dem Entstehen der Beitragspflicht, d. h. verfrüht, erlassen worden war. Ergeht - obwohl gemäß § 125 BauGB ein Bebauungsplan bzw. eine Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde für die rechtmäßige Herstellung einer öffentlichen Straße erforderlich ist - ein Heranziehungsbescheid, bevor ein Bebauungsplan in Kraft getreten bzw. eine Zustimmung erteilt worden ist, kann dieser mangels Entstehens der Beitragspflicht zunächst rechtswidrige Bescheid dadurch geheilt werden, dass nachträglich ein den Straßenverlauf festsetzender Bebauungsplan erlassen oder die Zustimmung zur Herstellung der Anlage nachträglich erteilt wird. Die Heilung erfolgt „ex tunc“ (BVerwG, Urt. vom 25.11.1981 - 8 C 14.81 -, DVBl. 1982, 544 ff.). Zutreffend hat das Landratsamt Heilbronn im Widerspruchsbescheid unter Abänderung des Beitragsbescheids deshalb die Fälligkeit des Beitrags auf den 23.03.2001 festgesetzt.
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Der Eingemeindungsvertrag vom 01.01.1974, in dem sich die Gemeinde ... zur Bereitstellung von Mitteln für den Bau von Gehwegen entlang der ... und ... verpflichtet hat, steht nicht - wie die Kläger meinen - der Beitragserhebung entgegen. Durch den Eingemeindungsvertrag sind ausschließlich Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien entstanden. Geschützte Rechtspositionen für Bürger aus den betroffenen Gemeinden folgen aus ihm nicht. Entgegen der Auffassung der Kläger erwuchs der Beklagten aus diesem Vertrag auch nicht die Verpflichtung, bei dem ihr für die Festlegung der Höhe des Gemeindeanteils an dem beitragsfähigen Erschließungsaufwand gemäß § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB zustehenden Ermessen die im Eingemeindungsvertrag übernommene Verpflichtung zu berücksichtigen. Eine Verletzung des der der Gemeinde zustehenden weiten Ermessensspielraums ist nicht erkennbar. Der von den Klägern zitierten Absichtserklärung im Eingemeindungsvertrag ist im Übrigen nach ihrem Wortlaut nichts dafür zu entnehmen, dass die Beklagte ihren Eigenanteil am Erschließungsaufwand erhöhen oder - sofern dies überhaupt rechtlich zulässig gewesen wäre - auf die Erhebung von Erschließungsbeiträgen verzichten wollte.
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Die Beklagte hat den beitragsfähigen Erschließungsaufwand auch zutreffend auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke verteilt (§ 131 Abs. 1 BauGB). Dabei hat sie zu Recht das FlstNr. ..., das als öffentlicher Parkplatz dient, außer Betracht gelassen. Denn - wie das Landratsamt richtig ausgeführt hat - handelt es sich dabei um eine eigene Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid des Landratsamts Heilbronn verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Das gilt auch für die Ausführungen des Landratsamts zu der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands auf die nach §§ 131 Abs. 1 und 133 Abs. 1 BauGB erschlossenen Grundstücke. Die dortigen Angaben sind nicht substantiiert in Frage gestellt worden.
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Der angefochtene Beitragsbescheid verstößt auch nicht zu Lasten der Kläger gegen das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG). Die Beklagte ist gemäß § 127 Abs. 1 BauGB verpflichtet, Erschließungsbeiträge nach Maßgabe der Vorschriften des BauGB vollständig zu erheben. Wenn sie dies bei einer Erschließungsanlage in einem anderen Ortsteil unterlassen hätte, und wenn weiter unterstellt würde, dass die Sach- und Rechtslage völlig übereinstimmt mit der hier maßgeblichen Sachlage, so haben die Kläger dennoch keinen Anspruch darauf, ebenfalls von einer Beitragserhebung verschont zu bleiben, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.
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Das Recht der Beklagten, den Erschließungsbeitragsanspruch aus dem Erschließungsbeitragsschuldverhältnis festzusetzen, war zu dem Zeitpunkt des Erschließungsbeitragsbescheids, am 23.11.1999, noch nicht verjährt (Festsetzungs- oder Forderungsverjährung). Die Verjährung tritt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. §§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 1 AO nach Ablauf von vier Jahren ein. Die Festsetzungsfrist für Erschließungsbeiträge beginnt nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 c KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die sachliche Beitragspflicht entstanden ist (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.10.1986, NVwZ 1987, 329; ständige Rechtsprechung). Wie oben ausgeführt wurde, ist der Erschließungsbeitrag erst am 23.03.2001 entstanden. Deshalb konnte die Verjährung nicht eintreten.
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