Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - A 17 K 10806/04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Die Kläger, ein 1937 bzw. 1942 geborenes Ehepaar, sind eritreische Staatsangehörige. Sie reisten im Oktober 2002 ins Bundesgebiet ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Die Bezirksregierung A. wies sie mit Verfügung vom 29.01.2003 der Gemeinde A./Kreis C. zu. Unter dem 14.04.2003 beantragten die Kläger ihre Umverteilung nach S. und führten zur Begründung aus: In A. spreche niemand ihre Sprache. Sie hätten dort keine Verwandten und würden von niemanden unterstützt. In S. lebten Verwandte, die sie im Alltag unterstützen könnten. Sie fügten ein Schreiben des Neffen der Klägerin bei, in dem dieser erklärte, er sei bereit, sich in S. um die Kläger zu kümmern, sowie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. med. S., A., der zufolge die Kläger multimorbid krank seien. Da sie zudem Analphabeten seien, könnten sie nicht für sich einkaufen und für ihren täglichen Bedarf sorgen.
2
Auf Veranlassung der Beklagten wurde eine amtsärztliche Stellungnahme vom 20.12.2003 eingeholt. Darin wurde ausgeführt, der Kläger leide unter anderem an chronischer Sinusitis und Reizhusten. Die Klägerin leide an arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II; sie müsse fünf verschiedene Medikamente einnehmen. Bei den Arztbesuchen sei oft keine Verständigung möglich, weil nur selten ein Dolmetscher verfügbar sei. Auch sei aus diesem Grunde eine sichere Einnahme der Medikamente nicht gewährleistet. Beide Kläger seien nicht direkt pflege- oder betreuungsbedürftig; altersbedingt sowie wegen fehlender deutscher Sprachkenntnisse seien sie jedoch auf Personen angewiesen, die ihnen u.a. bei Arztbesuchen zur Seite stehen könnten. Die Umverteilung nach S. werde befürwortet.
3
Mit Bescheid vom 20.02.2004 lehnte die Beklagte den Umverteilungsantrag ab und führte zur Begründung im Wesentlichen Folgendes aus: Eine länderübergreifende Umverteilung sei nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG möglich. Diese lägen jedoch nicht vor. Es sei weder die Herstellung der Haushaltsgemeinschaft mit einem Ehegatten oder mit einem minderjährigen ledigen Kind beabsichtigt, noch lägen sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht vor. Die für die Kläger festgestellten sprachlichen Probleme rechtfertigten die Umverteilung nicht. Die insoweit erforderliche Unterstützung könne durch Sozialdienste vor Ort oder durch Landsleute aus ihrer Unterkunft oder der Umgebung geleistet werden.
4
Am 05.03.2004 haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgen. Sie wiederholen im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
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Die Kläger beantragen sachdienlich ausgelegt,
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die Beklagte zu verpflichten, ihrer Umverteilung nach S. zuzustimmen und den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2004 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
9
Sie führt ergänzend aus: Die vorgelegten ärztlichen Atteste datierten von 2003. Die Kläger seien ausweislich der amtsärztlichen Stellungnahme nicht pflege- oder betreuungsbedürftig. Die geltend gemachten Sprachprobleme rechtfertigten die Umverteilung nicht. Diesem Problem könne dadurch abgeholfen werden, dass die Kläger in eine Gemeinschaftsunterkunft verlegt würden, in der andere Eritreer untergebracht seien.
10
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
11
Mit Einverständnis der Beteiligten kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer entschieden werden (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
12
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihre Zustimmung zur Umverteilung der Kläger in die Landeshauptstadt S. zu erteilen, denn die Kläger haben hierauf keinen Anspruch.
13
Nach § 51 Abs. 1 AsylVfG ist im Falle, dass ein Ausländer nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Im Falle der Kläger liegt jedoch keine dieser Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch vor. Insbesondere können die von den Klägern geltend gemachten Umstände nicht als „humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht“ bewertet werden. Denn die Situation der Kläger unterscheidet sich nicht in nennenswerter Weise von der einer Vielzahl von Asylbewerbern. Es ist vielmehr eher die Regel als die Ausnahme, dass sie in Städten oder Gemeinden untergebracht werden, in denen keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass sich in dem dem einzelnen Asylbewerber zugewiesenen Aufenthaltsort keine Landsleute befinden, mit denen er in seiner Muttersprache kommunizieren kann oder die gar der deutschen Sprache so weit mächtig sind, dass sie dem Sprachunkundigen bei Behörden- oder Arztbesuchen sowie bei der Verrichtung alltäglicher Tätigkeiten behilflich sein können. Ein besonderer die Umverteilung gebietender humanitärer Grund kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin regelmäßig Medikamente zur Behandlung ihrer arteriellen Hypertonie sowie Diabetes einnehmen muss. Denn auch insoweit liegt kein Umstand vor, der ihre Situation von der der zahlreichen übrigen Asylbewerber so wesentlich unterscheidet, dass die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 AsylVfG gerechtfertigt wäre, weil sich die Klägerin auf einen humanitären Grund i. S. dieser Vorschrift berufen kann, zumal beide Kläger nach der vorliegenden amtsärztlichen Stellungnahme weder pflege- noch betreuungsbedürftig sind. Die Kläger können sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf ihre angebliche Hilflosigkeit berufen. Gegen diese spricht bereits, dass es ihnen gelungen ist, von Eritrea nach Deutschland zu reisen, dass sie hier ein Asylverfahren betreiben und einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt haben. Mit 68 bzw. 63 Jahren sind die Kläger schließlich auch nicht in einem Alter, in dem ohne weiteres von einer Hilflosigkeit bei der Bewältigung des Alltagslebens auszugehen ist.
Mit Einverständnis der Beteiligten kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung durch die Berichterstatterin anstelle der Kammer entschieden werden (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihre Zustimmung zur Umverteilung der Kläger in die Landeshauptstadt S. zu erteilen, denn die Kläger haben hierauf keinen Anspruch.
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Nach § 51 Abs. 1 AsylVfG ist im Falle, dass ein Ausländer nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Im Falle der Kläger liegt jedoch keine dieser Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch vor. Insbesondere können die von den Klägern geltend gemachten Umstände nicht als „humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht“ bewertet werden. Denn die Situation der Kläger unterscheidet sich nicht in nennenswerter Weise von der einer Vielzahl von Asylbewerbern. Es ist vielmehr eher die Regel als die Ausnahme, dass sie in Städten oder Gemeinden untergebracht werden, in denen keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass sich in dem dem einzelnen Asylbewerber zugewiesenen Aufenthaltsort keine Landsleute befinden, mit denen er in seiner Muttersprache kommunizieren kann oder die gar der deutschen Sprache so weit mächtig sind, dass sie dem Sprachunkundigen bei Behörden- oder Arztbesuchen sowie bei der Verrichtung alltäglicher Tätigkeiten behilflich sein können. Ein besonderer die Umverteilung gebietender humanitärer Grund kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin regelmäßig Medikamente zur Behandlung ihrer arteriellen Hypertonie sowie Diabetes einnehmen muss. Denn auch insoweit liegt kein Umstand vor, der ihre Situation von der der zahlreichen übrigen Asylbewerber so wesentlich unterscheidet, dass die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 AsylVfG gerechtfertigt wäre, weil sich die Klägerin auf einen humanitären Grund i. S. dieser Vorschrift berufen kann, zumal beide Kläger nach der vorliegenden amtsärztlichen Stellungnahme weder pflege- noch betreuungsbedürftig sind. Die Kläger können sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf ihre angebliche Hilflosigkeit berufen. Gegen diese spricht bereits, dass es ihnen gelungen ist, von Eritrea nach Deutschland zu reisen, dass sie hier ein Asylverfahren betreiben und einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt haben. Mit 68 bzw. 63 Jahren sind die Kläger schließlich auch nicht in einem Alter, in dem ohne weiteres von einer Hilflosigkeit bei der Bewältigung des Alltagslebens auszugehen ist.