Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 5 K 521/10

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition sowie zum Führen dieser Waffen.
Der Kläger steht als Beamter des mittleren Justizdienstes seit Juni 2003 im Gerichtsvollzieherdienst des Landes Baden-Württemberg und ist dem Amtsgericht B. zugeordnet.
Mit Schreiben vom 02.05.2008 beantragte der Kläger die Erteilung einer waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG zum Zweck des Erwerbs, Besitzes und Führens einer Schusswaffe zum dienstlichen Gebrauch. Zur Begründung seines Antrages verwies der Kläger insbesondere auf in jüngerer Zeit vermehrt auftretende Probleme bei der Durchsetzung von Zwangsmaßnahmen, indem etwa unter Androhung von körperlicher Gewalt und durch Beleidigungen versucht werde, den ordnungsgemäßen Ablauf seiner Amtshandlungen zu verhindern bzw. zu stören. Zudem handle es sich bei der überwiegenden Zahl seiner Amtsbezirke um soziale Brennpunkte mit einem hohen Anteil gewaltbereiter Bevölkerung.
Mit Schreiben von Anfang Juli 2008 wurde der Kläger von Seiten des Beklagten aufgefordert, das Bestehen einer individuellen konkreten und erheblichen Gefährdungslage im Einzelnen darzulegen, da dies Voraussetzung für die Erteilung der begehrten Bescheinigung sei. Der Beklagte wies darauf hin, dass in Anbetracht des Umstandes, dass für die derzeit im Landesdienst befindlichen 563 Gerichtsvollzieher lediglich 32 Waffenscheine bzw. Waffenbesitzkarten beantragt und ausgestellt seien, von keiner mit dem Gerichtsvollzieherdienst generell verbundenen erheblichen Gefährdungslage ausgegangen werden könne.
Der Kläger kam der Aufforderung des Beklagten mit Schreiben von 28.07.2008 nach. Darin führte er zunächst aus, dass seiner Ansicht nach die Berufsgruppe der Gerichtsvollzieher - zumindest in den letzten Jahren - wesentlich mehr als die Allgemeinheit in Ausübung ihres Dienstes gefährdet sei und führte dazu beispielhaft mehrere aus Presseberichten entnommene Fälle an. Auch in Baden-Württemberg seien in letzter Zeit entsprechende Vorfälle aufgetreten. Etwaige andere Waffen, wie etwa Pfefferspray, Schreckschusspistolen oder Taser seien zur Gefahrenabwehr nicht ausreichend. Der Kläger schilderte in seinem Schreiben darüber hinaus fünf konkrete Vollstreckungsverfahren, die seiner Ansicht nach das Bedürfnis für das Führen einer Waffe hinreichend begründen. Es habe sich im Wesentlichen Folgendes zugetragen:
1. Bei einem Vollstreckungsversuch habe sich ein angetrunkener Schuldner in dessen Wohnung nach der Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung in bedrohlicher Weise unmittelbar neben an der Wand hängenden Waffen positioniert und mehrmals den Blick auf diese gerichtet. Nachdem das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Anbetracht des alkoholisierten Zustandes des Schuldners nicht habe durchgeführt werden können, sei es zunächst eingestellt worden. Der Kläger habe den Schuldner sodann zur Beruhigung in ein längeres Gespräch verwickeln können und habe im Anschluss die Wohnung verlassen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass künftig weitere Vollstreckungen bei diesem Schuldner durchgeführt werden müssen.
2. Ein weiterer Schuldner sei bereits zum wiederholten Male während der Sprechstunde des Klägers durch ungehöriges Verhalten und Beleidigungen aufgefallen. So habe er bereits mehrmals geäußert, „dass er einem Gerichtsvollzieher mal gerne eins aufs Maul hauen würde“.
3. In einem anderen Fall habe sich die Ehefrau eines Schuldners bei einer zwangsweisen Wohnungsöffnung unter Beschimpfungen von innen gegen die Wohnungstür gestemmt und versucht das Bein des Klägers in die Türe einzuklemmen. Erst auf die wiederholte Belehrung über die Strafbarkeit ihres Verhaltens sei die Gegenwehr aufgegeben worden. In einem anschließenden klärenden Gespräch habe sich die Ehefrau einsichtig gezeigt und es habe dem Schuldner die eidesstattliche Versicherung abgenommen werden können.
4. Des Weiteren seien erhebliche Schwierigkeiten zu erwarten bei einer bevorstehenden Zwangsräumung eines unter psychischen Störungen und Alkoholismus leidenden Schuldners.
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5. Ferner habe ein „Mietnomade“ nach einer erfolgten Zwangsräumung im Jahr 2007 dem Kläger gegenüber mehrmals telefonisch geäußert, dass ihm „die Räumung und der teilweise Verlust seines Eigentums noch leid tun werde“. Gegen diesen Schuldner liege dem Kläger nunmehr ein neuer Vollstreckungsauftrag vor.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, dass es in den beschriebenen Situationen letztendlich dem Zufall zuzuschreiben gewesen sei, dass es durch sein umsichtiges Handeln und seine Deeskalationsfähigkeit zu keinen Verletzungen gekommen sei. Ferner sei es nicht zulässig, zu jeder Amtshandlung um Unterstützung durch die Polizei nachzusuchen; hierfür sei vielmehr erforderlich, dass besondere Umstände des Einzelfalles erwarten lassen, dass der Vollstreckungshandlung Widerstand entgegengesetzt werde. Das Führen einer Schusswaffe sei darüber hinaus sowohl geeignet, eine Gefährdungsminderung herbeizuführen als auch als erforderlich anzusehen, da etwaigen Notwehrsituationen nicht in anderer zumutbarer Weise aus dem Weg gegangen werden könne. Der Kläger verweist dabei auf seine Stellung als Gerichtsvollzieher und damit maßgebliches Vollstreckungsorgan in der Bundesrepublik Deutschland, das gehalten sei die Zwangsvollstreckung schnell und nachdrücklich durchzuführen. Als unabhängiges Organ der Rechtspflege habe er in eigener Entscheidungskompetenz die Erledigung seiner Dienstgeschäfte vorzunehmen.
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Mit Schreiben vom 09.09.2008 bestätigte der Beklagte, dass der Kläger das Bestehen einer erheblichen und konkreten Gefährdungslage ausreichend substantiiert vorgetragen habe, es jedoch weiterhin am Nachweis der Sachkunde zum Führen von Waffen fehle. Mit Schreiben datierend auf den 02.10.2008 trug der Kläger im Einzelnen zu seiner Sachkunde zum Führen von Waffen vor, indem er auf die Ausbildung im Rahmen seines zehnmonatigen Grundwehrdienstes Bezug nahm.
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Im Rahmen des weiteren Erteilungsverfahrens holte der Beklagte sodann Berichte von Dienstvorständen des Klägers ein. Diese befürworteten den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Waffenbescheinigung u. a. unter Hinweis auf die Persönlichkeitsstruktur des Klägers nicht.
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Am 10.07.2009 teilte das Justizministerium Baden-Württemberg dem Kläger mit, dass keine hinreichenden Angaben für eine konkrete persönliche und erhebliche Gefährdung des Klägers gegeben seien und zudem aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen der Dienstvorgesetzten erhebliche Zweifel an der erforderlichen Zuverlässigkeit bestünden.
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Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 10.08.2009. In diesem führte der Kläger zunächst weitere gegen Gerichtsvollzieher gerichtete Vorkommnisse aus den Medien an und nahm zudem auf ein Schreiben des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahr 1997 Bezug, in dem eine generelle Gefährdungslage von Gerichtsvollziehern bestätigt wurde. Der Kläger wies darüber hinaus erneut auf die Schwierigkeiten rechtlicher Art hin, die die generelle Hinzuziehung von polizeilichen Vollzugsorganen zu Vollstreckungshandlungen beträfen. Zudem sei es Gerichtsvollziehern insbesondere in städtisch anonym geprägten Wohngebieten nicht möglich, sich auf den jeweiligen Schuldner entsprechend einzustellen und eine potentielle Gefährdung vorab angemessen einzuschätzen. Zudem seien in mehreren Fällen von Kollegen Amtshilfeersuche an die Polizei durch die jeweilige Amtsleitung mit Hinweis auf die „dünne Personaldecke“ verweigert worden. Den Stellungnahmen der früheren Dienstvorgesetzten trat der Kläger entgegen.
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Mit Bescheid vom 09.10.2009 lehnte der Beklagte sodann den Antrag des Klägers auf Erteilung einer waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung ab. Zur Begründung der Ablehnung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass Voraussetzung für die Erteilung der Ersatzbescheinigung nach § 19 WaffG sei, dass der Kläger persönlich wegen seiner dienstlichen Tätigkeit wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben konkret gefährdet sein müsse und dass das Führen von Schusswaffen erforderlich und geeignet sein müsse, diese konkrete Gefährdung zu mindern. Dem bisherigen Vortrag des Klägers könne eine hinreichende Begründung für eine derartige konkrete Gefährdungslage nicht entnommen werden. Insbesondere seien die im Einzelnen geschilderten Vorfälle für die Feststellung einer besonderen persönlichen Gefährdung des Klägers nicht ausreichend und es lasse sich aus den benannten Vollstreckungsabläufen auch keine Situation erkennen, bei der der Einsatz einer Waffe zur Verhinderung einer möglichen Gefährdung erforderlich und geeignet gewesen sei. Die Vorfälle seien allesamt durch deeskalierendes Verhalten eines umsichtigen Gerichtsvollziehers zu lösen gewesen. Im Einzelnen führte der Beklagte aus, die benannten Vorfälle 2, 4 und 5 beträfen vorhersehbare Konflikte, die ohne weiteres durch Hinzuziehung der Polizei hätten entschärft werden können. Die Fälle 1 und 3 würden zwar unangenehme, aber nicht konkret bedrohliche Elemente aufweisen, denen ein Gerichtsvollzieher sich auch durch Abbruch der Vollstreckungshandlung hätte entziehen können. In keinem der dargestellten Fälle habe eine Gefährdungssituation vorgelegen, der nur durch Zuhilfenahme einer Schusswaffe adäquat hätte begegnet werden können. Bei auftretenden Problemen im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens sei der Gerichtsvollzieher vielmehr gehalten, Unterstützung durch Zuhilfenahme der polizeilichen Vollzugsorgane gem. § 758 Abs. 3 ZPO anzufordern. Im Übrigen könne im Fall der Eskalation die Vollstreckungshandlung vorerst abgebrochen werden. Die vom Kläger angeführte Verweigerung der erbetenen Amtshilfe in manchen Fällen anderer Gerichtsvollzieher sei für die im vorliegenden Fall zu treffende Einzelfallentscheidung hinsichtlich des Klägers nicht von Belang. Auch die weiteren angeführten Übergriffe auf andere Gerichtsvollzieher seien zur Untermauerung der persönlichen Gefährdung des Klägers nicht tauglich.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 26.10.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung nahm der Kläger zunächst auf seinen bisherigen Vortrag Bezug. Darüber hinaus verwies er auf einen erst kürzlich in seinem Amtsgerichtsbezirk erneut im Gerichtsvollzieherdienst aufgetretenen Vorfall, bei dem eine Kollegin bei der Durchführung einer Amtshandlung massiv bedroht worden sei. Dieser erneute Vorfall reihe sich in die Vielzahl der bereits dargelegten Vorkommnisse ein, die allesamt darauf hindeuten, dass zumindest in den letzten Jahren eine wesentlich höhere Gefährdung für den Gerichtsvollzieherdienst als für die Allgemeinheit bestehe.
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Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2010 zurückgewiesen. Zur Begründung wiederholte und vertiefte der Beklagte im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem bisherigen Verfahren.
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Mit dem am 15.02.2010 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
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Zur Begründung der Klage führt er aus, der Beklagte habe die erhebliche Gefährdung des Klägers wegen der von ihm wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben im Sinne des § 55 Abs. 2 WaffG verkannt. Die unzutreffende Rechtsanwendung des Beklagten werde bereits daran deutlich, dass er den Anspruch des Klägers am Maßstab des § 19 WaffG messe. Dies sei jedoch unzulässig, da es sich bei dem für Hoheitsträger geltenden § 55 Abs. 2 WaffG sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenseite um eine Spezialvorschrift gegenüber der für „Jedermann“ geltenden und strengere Anforderungen aufstellenden Vorschrift des § 19 WaffG handle. Für das Verständnis des § 55 Abs. 2 WaffG als Spezialvorschrift gegenüber § 19 WaffG spreche neben dem offensichtlich unterschiedlichen Wortlaut der beiden Vorschriften sowie der systematischen Stellung der Vorschriften innerhalb des Waffengesetzes insbesondere auch der Sinn und Zweck des § 55 WaffG. Dieser bestünde darin, der bei Hoheitsträgern grundsätzlich anzunehmenden besonderen Gefährdung Rechnung zu tragen und insoweit Befreiungen bzw. Erleichterungen bei der Ausrüstung dieser Personen mit Waffen zu schaffen, so dass naturgemäß weniger strenge Anforderungen als für „jedermann“ zu gelten haben.
21 
Doch selbst dann, wenn man den Prüfungsmaßstab des § 19 WaffG zugrunde lege, bestehe ein Bedürfnis zum Besitz und Führen einer Waffe. Angesichts des Ausmaßes der ständig steigenden Gewaltbereitschaft gegenüber Hoheitsträgern könne keinerlei Zweifel daran bestehen, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zu der Berufsgruppe der Gerichtsvollzieher wegen der wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben erheblich mehr als die Allgemeinheit gefährdet sei. Es sei insoweit auch verfehlt, ausschließlich die vom Kläger selbst erlebten Gefährdungsfälle zu betrachten, da es auf eine einzelfallbezogene Betrachtung allein nicht ankomme.
22 
Darüber hinaus sei der Besitz und das Führen einer Waffe zur Minderung seiner Gefährdung auch geeignet und erforderlich. In den typischen Gefährdungssituationen sei es - verglichen mit der bisher angewendeten Deeskalationsstrategie - wesentlich sicherer und effektiver, den Schuldner durch das Vorzeigen einer Schusswaffe von der Aussichtslosigkeit eines Angriffs zu überzeugen. Hinsichtlich der Beurteilung der Erforderlichkeit des Führens einer Waffe sei die Betrachtungsweise des Beklagten realitätsfern und werde dem Schutzbedürfnis des Klägers nicht gerecht. Insbesondere die angeführten Deeskalationsmöglichkeiten seien in ihrer Wirkung viel zu ungewiss, als dass er hierauf verwiesen werden könne.
23 
Der Beklagte habe im Übrigen noch bis vor kurzem im Sinne des § 55 Abs. 2 WaffG gehandelt und Gerichtsvollziehern in der Regel die beantragten Bescheinigungen erteilt. Von dieser Verwaltungspraxis werden nun in seinem Fall ohne nachvollziehbaren Grund abgewichen. In einem Schreiben des Oberlandesgerichts Stuttgart aus dem Jahr 1997 habe der damalige Präsident bestätigt, dass die in seinem Geschäftsbereich tätigen Gerichtsvollzieher bei der Ausübung ihrer hoheitlichen Aufgaben generell als erheblich gefährdet gelten.
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Im Hinblick auf den für die Erteilung der Bescheinigung erforderlichen Nachweis der Sachkunde führt der Kläger aus, dass nach ständiger bisheriger Praxis die Ableistung des Grundwehrdienstes mit entsprechender Schulung auf mehreren Waffentypen als ausreichend angesehen worden sei. Im Übrigen würden entsprechende Schulungen mit anschließender Prüfung im Rahmen von Wochenendkursen angeboten und könnten vom Kläger jederzeit absolviert werden.
25 
Hinsichtlich der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit und Eignung tritt der Kläger den Stellungnahmen früherer Dienstvorgesetzten erneut entschieden entgegen.
26 
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 zu verpflichten, dem Kläger eine Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz einer Waffe und Munition sowie zum Führen dieser Waffe zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wiederholt und vertieft der Beklagte seinen bisherigen Vortrag. Im Einzelnen wird Folgendes ergänzend bzw. erstmals ausgeführt:
31 
Der Beklagte tritt zunächst der Rechtsauffassung des Klägers entgegen, der Anspruch auf Erteilung der begehrten Bescheinigung sei ausschließlich auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 WaffG zu prüfen, ohne dass es auf die Anforderungen des § 19 WaffG ankäme. Die sich aus § 19 WaffG ergebenden Voraussetzungen seien vielmehr auch dann zu prüfen, wenn eine Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG begehrt werde. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 WaffG, der vorsehe, dass die Bescheinigung „an Stelle“ einer Waffenbesitzkarte oder eines Waffenscheins erteilt werde. Das in § 55 Abs. 2 WaffG genannte Merkmal der „erheblichen Gefährdung“ stimme daher mit den Anforderungen überein, die auch für die Annahme eines Bedürfnisses im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG erforderlich seien.
32 
Im Hinblick auf das Vorliegen der inhaltlichen Voraussetzungen nach dem Maßstab des § 19 Abs. 1 WaffG, namentlich der Frage, ob der Kläger „wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet“ ist, seien unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielsetzungen des Waffengesetzes strenge Anforderungen zu stellen. Diese seien im Fall des Klägers angesichts der maßgeblichen konkreten Einzelfallbetrachtung und der allein entscheidenden objektiven Betrachtungsweise nicht erfüllt. Der Beklagte verweist insoweit ergänzend auf eine im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführte Länderumfrage, die ergeben habe, dass auch die übrigen Landesjustizverwaltungen Gerichtsvollzieher aufgrund ihrer Berufszugehörigkeit nicht als wesentlich mehr gefährdet ansehen. Zudem zeige auch die Entwicklung der letzten zehn Jahre in Baden-Württemberg, dass der Berufsstand der Gerichtsvollzieher selbst keineswegs von einer per se wesentlich höheren Gefährdung ausgehe. Während im Jahr 2000 von den damals 500 tätigen Gerichtsvollziehern noch 50 Beamte, mithin etwa 10 %, über eine waffenrechtliche Bescheinigung verfügt hätten, habe diese Zahl in den folgenden Jahren kontinuierlich abgenommen, so dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur noch 14 der 566 Beamten, d.h. rund 2,47 %, eine solche Erlaubnis besäßen. Zudem habe sich in den vergangenen fünf Jahren - abgesehen vom Kläger - kein einziger Beamter veranlasst gesehen, einen Antrag auf Ersterteilung einer waffenrechtlichen Bescheinigung zu stellen.
33 
Der Beklagte vertritt darüber hinaus den Standpunkt, dass selbst wenn der Kläger das Vorliegen einer konkreten Gefährdung glaubhaft gemacht hätte, jedenfalls nicht glaubhaft gemacht worden sei, dass eine Waffe nach den Umständen des konkreten Einzelfalls auch geeignet und erforderlich sei, die Gefährdung zu mindern. Im Hinblick auf die Frage der Geeignetheit sei zu berücksichtigen, dass diese nicht gegeben sei, wenn der Kläger in der typischen Verteidigungssituation von der Waffe keinen Gebrauch machen könne, ohne sich zugleich selbst zu gefährden oder bei realitätsnaher Betrachtung keine Zeit verbliebe, die Waffe zur Verteidigung einzusetzen. Eben hiervon sei jedoch im Fall des Klägers auszugehen, da er bei seinen Ortsterminen nicht von vornherein und ständig die Waffe schussbereit in der Hand haben könnte und zudem die potentiellen Angreifer in der Regel versuchen würden, ein Überraschungsmoment auszunutzen. Im Hinblick auf das Merkmal der Erforderlichkeit sei zu beachten, dass es hieran immer dann fehle, wenn sich die in Rede stehende Gefährdung auf zumutbare andere Weise verhindern oder wenigstens ebenso mindern lasse wie durch den erstrebten Besitz einer Schusswaffe. Dies sei im Fall des Klägers in Anbetracht von Deeskalationsmöglichkeiten, Unterstützungsmöglichkeiten durch die polizeilichen Vollstreckungsorgane und der letztendlichen Option des Abbruchs eines Vollstreckungsversuches anzunehmen.
34 
Eine großzügigere Verwaltungspraxis vergangener Jahre sei rechtlich unerheblich, da die Entscheidung über die Erteilung einer waffenrechtlichen Genehmigung nicht im Ermessen des Beklagten stehe, sondern es im Rahmen der gebundenen Entscheidung nur darauf ankomme, ob der Genehmigungstatbestand im konkreten Einzelfall erfüllt sei. Auch dass dem Kläger zu Beginn des Verwaltungsverfahrens noch im Rahmen einer Zwischennachricht mitgeteilt worden sei, eine hinreichende Gefährdungslage sei glaubhaft gemacht, sei im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung über die Rechtmäßigkeit der Versagungsentscheidung ohne Belang. Die Änderung der Rechtsauffassung nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage begründe auch keinen formellen Fehler, weil dem Kläger im Laufe des Verwaltungsverfahrens die geänderte Rechtsauffassung des Beklagten deutlich zu erkennen gegeben worden sei. Soweit der Kläger andeute, der Beklagte sei in seinem Fall aus willkürlichen Gründen von seiner bisherigen Rechtsauffassung abgerückt, so tritt der Beklagte dem entschieden entgegen. Erstanträge auf Erteilung einer waffenrechtlichen Genehmigung seien ohnehin bereits seit fünf Jahren nicht mehr gestellt worden und auch im Fall von Verlängerungsanträgen habe der Beklagte jeweils im Einzelfall geprüft, ob eine wesentlich höhere Gefährdung weiterhin vorliege.
35 
Abschließend führt der Beklagte an, die eingeholten Stellungnahmen früherer Vorgesetzter des Klägers seien ausdrücklich im Zusammenhang mit der Frage der Erteilung der waffenrechtlichen Bescheinigung abgegeben worden. Darüber hinaus habe der Kläger den erforderlichen Sachkundenachweis bislang nach wie vor nicht erbracht, da hierzu der Hinweis auf die Ableistung seines zehnmonatigen Grundwehrdienstes nicht ausreiche. Zudem bedürfe es angesichts des fehlenden waffenrechtlichen Bedürfnisses des Klägers keiner weiteren Vertiefung, ob der Kläger auch über die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung verfüge.
36 
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
37 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
38 
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ist das Gericht befugt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
39 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid vom 09.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; ihm steht kein Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz einer Waffe und Munition sowie zum Führen dieser Waffe zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.
40 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 55 Abs. 2 Satz 1 des Waffengesetzes (WaffG). Danach wird Personen, die wegen der von ihnen wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben des Bundes oder eines Landes erheblich gefährdet sind, an Stelle einer Waffenbesitzkarte, eines Waffenscheins oder einer Ausnahmebewilligung nach § 42 Abs. 2 WaffG eine Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition sowie zum Führen dieser Waffen erteilt. Es handelt sich hierbei um eine Spezialvorschrift gegenüber den allgemeinen Vorgaben über die Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb, Besitz und Führen einer Waffe nach § 10 WaffG (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 23.09.2004 - 5 K 3470/02 -; Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl. 2010, § 55 Rn.6; Apel/Bushart, Waffenrecht, 3. Aufl., 2005, § 55 Rn. 14; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 2715).
II.
41 
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Der Kläger, der seine persönliche Gefährdung aus seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher herzuleiten sucht, ist wegen dieser von ihm wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben nicht „erheblich gefährdet“ im Sinne des § 55 Abs. 2 WaffG.
42 
Wann von einer „erheblichen Gefährdung“ im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 WaffG gesprochen werden kann, ist im Waffengesetz nicht definiert. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers sind jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 WaffG mit denen des § 19 Abs. 1 WaffG gleichzusetzen und mithin eine erhebliche Gefährdung nur dann anzunehmen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass die betreffende Person wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG) und dass der Erwerb der Schusswaffe geeignet und erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) (vgl. i. E. ebenso zu den einschlägigen Vorgängervorschriften des WaffG BayVGH, Urt. v. 20.01.1975 - 252 VII 73 -; HessVGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 - sowie zu der derzeit geltenden Rechtslage VG Köln, Urt. v. 29.04.2010 - 20 K 2787/09 - ; Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010; § 55 Rn. 6; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 2719). Auch wenn der Wortlaut des § 55 Abs. 2 WaffG nicht mit der Umschreibung der Gefährdung in § 19 Abs. 1 WaffG übereinstimmt, so sprechen doch die deutlich überzeugenderen Erwägungen dafür, dass der für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG notwendige Gefährdungsgrad dem entspricht, der für die Annahme eines waffenrechtlichen Bedürfnisses im Sinne von § 19 Abs. 1 WaffG erforderlich ist.
43 
Dies ergibt sich allen voran aus einer Würdigung von Sinn und Zweck der Regelung des § 55 Abs. 2 WaffG. Die Zwecksetzung des § 55 Abs. 2 WaffG besteht darin, demjenigen Personenkreis, der sich wegen seiner wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben persönlich erheblich gefährdet sieht, ein vereinfachtes und den besonderen Gegebenheiten des öffentlichen Dienstes Rechnung tragendes Verfahren zur Verfügung zu stellen, um eine Berechtigung zum Besitz und zum Führen von Schusswaffen zu erlangen. Ausschlaggebend war dabei die Erwägung, dass die für die Erteilung dieser Bescheinigung bestimmten Stellen besser als die für die Ausstellung von Waffenscheinen und Waffenbesitzkarten allgemein zuständigen unteren Verwaltungsbehörden imstande sind, die dienstlich bedingten Gefährdungen der ihnen unterstellten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu beurteilen und hierbei gleiche Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - 1 C 45/74 -, DÖV 1975, 712 zu § 35 Abs. 5 WaffG 1972; Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 - zu § 6 Abs. 2 WaffG 1976). Die Einführung des vereinfachten Verwaltungsverfahrens nach § 55 Abs. 2 WaffG gründet mithin allein in Zweckmäßigkeitserwägungen. Der Sache nach stellt die nach § 55 Abs. 2 WaffG auszustellende Bescheinigung jedoch die gleiche Erlaubnis dar wie ein Waffenschein oder eine Waffenbesitzkarte, wie sich auch unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm „an Stelle“ einer Waffenbesitzkarte bzw. eines Waffenscheins ableiten lässt. Geht man demnach grundsätzlich von einer Gleichrangigkeit der allgemeinen waffenrechtlichen Erlaubnisse und der dienstlichen Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG aus, so muss des Weiteren Berücksichtigung finden, dass sowohl die Vorschrift des § 55 Abs. 2 WaffG als auch die Regelung des § 19 Abs. 1 WaffG übereinstimmend eine Gefährdung verlangen, die über das Maß des allgemein für jeden Bürger bestehenden Sicherheitsrisikos deutlich hinausgeht. Es ist somit beiden Vorschriften ein vergleichbarer Regelungsgegenstand immanent. Dass dabei trotz dieser Parallelität des Regelungscharakters von einer Abstufung des Gefährdungsgrades im Vergleich beider Vorschriften auszugehen wäre, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der vorbenannten Zwecksetzung des § 55 Abs. 2 WaffG entnehmen (i. E. ebenso Bay.VGH, Urt. v. 20.01.1975 - 252 VII 73 - zu § 35 Abs. 5 WaffG 1972; Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 - zu § 6 Abs. 2 WaffG 1976). Überdies liefe eine grundsätzliche waffenrechtliche Privilegierung erheblich gefährdeter Hoheitsträger auch der allgemeinen gesetzgeberischen Zielsetzung des Waffengesetzes nach einer möglichst restriktiven Gewährung waffenrechtlicher Erlaubnisse zuwider.
44 
Einer inhaltsgleichen Auslegung beider Vorschriften steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Regelung des § 55 Abs. 2 WaffG unzweifelhaft eine Spezialvorschrift innerhalb des Waffengesetzes darstellt. Aufgrund des dargestellten Sinn und Zwecks sowie des Wortlauts der Regelung ist davon auszugehen, dass sich die Spezialität primär auf die Form des auszustellenden Erlaubnisdokuments bezieht (Waffenbesitzkarte bzw. Waffenschein vs. dienstliche Bescheinigung), nicht jedoch auf die inhaltlichen Anforderungen an den Gefährdungsgrad. Eine Spezialität des § 55 Abs. 2 WaffG ist darüber hinaus auch insoweit gegeben, als dass die Gefährdungssituation bei § 55 Abs. 2 WaffG spezifisch aus der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben erwachsen muss (vgl. Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010; § 55 Rn. 6; in diesem Sinne auch Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl. 2010, § 55 Rn. 6); auch diese auf den Ursprung der Gefährdung bezogene Spezialität des § 55 Abs. 2 WaffG gegenüber der Vorschrift des § 19 Abs. 1 WaffG steht jedoch einer Gleichsetzung des Gefährdungsgrades nicht entgegen.
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Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch für eine Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG ein Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG vorliegen muss. Dabei ist die Vorschrift des § 19 Abs. 1 WaffG als einheitlicher Tatbestand zu verstehen, der in § 19 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WaffG die zusammengehörigen Kriterien für das besondere waffenrechtliche Bedürfnis für den Erwerb, den Besitz und das Führen von Schusswaffen und Munition zu Verteidigungszwecken wegen einer bestehenden Gefährdungslage aufstellt. Dem Grunde nach müssen besondere, sich vom allgemein bestehenden Sicherheitsrisiko unterscheidbare Umstände gegeben sein, die es dem jeweiligen Antragsteller unzumutbar machen, ohne die begehrte Waffe auszukommen und die deshalb im Sinne eines anzuerkennenden Bedürfnisses zu berücksichtigen sind.
III.
46 
Ein derartiges Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG ist im Fall des Klägers jedoch nicht gegeben. Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts weder gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG glaubhaft gemacht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein (1.) noch hat er nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG glaubhaft gemacht, dass die Schusswaffe erforderlich ist, um eine entsprechende Gefährdung zu mindern (2.).
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1. Das Gericht vermag im Fall des Klägers bereits keine wesentlich Mehrgefährdung im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG bei seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher festzustellen. Wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet ist, wer bei realistischer Einschätzung der gegebenen Verhältnisse und nach vernünftiger Überlegung überdurchschnittlich stark gefährdet ist. Für die Beurteilung des Bedrohungs- bzw. Gefährdungspotentials kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des jeweiligen Antragstellers an, vielmehr sind allein objektive Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 -, NJW 1976, 638; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.2009 - 1 S 202/09 -, NVwZ-RR 2010, 352). Die Frage der Mehrgefährdung muss dabei stets unter besonderer Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 - NJW 1976, 638). Die Zugehörigkeit des jeweiligen Antragstellers zu einer bestimmten Berufsgruppe, die in Anbetracht ihrer Berufsausübung in erhöhtem Maße gefährdet ist, kann insoweit zwar durchaus von Bedeutung sein; gleichwohl ist allein mit der Zugehörigkeit zu einer solchen Berufs- oder einer besonders gefährdeten Personengruppe noch nicht das erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis nachgewiesen. Ausschlaggebend für die Frage der überdurchschnittlichen Gefährdung bleibt vielmehr stets die konkrete Gefährdungssituation des jeweiligen Antragstellers unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.11.1995 - 1 S 3088/94 -, VGHBW-Ls 1996, Beilage 1, B7; OVG Lüneburg, Urt. v. 23.03.2010 - 11 LB 234/09 -, GewArch 2010, 307 ff.; Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010, § 19 Rn. 8 ff.; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 1863).
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Diesen Grundsätzen folgend kann daher allein der Zugehörigkeit des Klägers zum Berufsstand der Gerichtsvollzieher noch keinesfalls die Schlussfolgerung entnommen werden, er sei wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet. Unabhängig davon sind für das Gericht jedoch auch keine Umstände dafür ersichtlich, dass es sich bei dem Berufsstand der Gerichtsvollzieher um eine Berufsgruppe handelt, die allgemein in erhöhtem Maß gefährdet ist. Die Gerichtsvollziehertätigkeit ist insoweit nicht vergleichbar mit den von der Rechtsprechung mitunter anerkannten Fallkonstellationen gefährdeter Berufsträger (vgl. etwa im Fall eines Juwelengroßhändlers, so BVerwG, Urt. v. 18.12.1979 - I C 38/77 -, DVBl 1980, 1044, eines Begleiters eines Geldtransporters, so BayVGH, Urt. v. 18.12.1972 - 22 V/71 -,oder eines Inhabers eines Waffenhandelsgeschäftes, so VG Minden, Urt. v. 25.04.1991 - 2 K 2014/90 - NVwZ-RR 1991, 636 sowie m. w. N. Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010, § 19 Rn. 9 ff.; Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl. 2010, § 19 Rn. 7 ff.), schließlich kann nach der Lebenserfahrung ein entsprechendes, typischerweise bestehendes Gefahrenpotential vor Überfällen oder sonstigen Angriffen nicht angenommen werden. Das Gericht verkennt insofern nicht, dass es mitunter zu aggressiven Vorfällen gegenüber Gerichtsvollziehern kommt bzw. kommen kann, wie dies auch durch die vom Kläger angeführten Vorfälle aus der Presse bestätigt wird. Hierbei handelt es sich jedoch um Einzelfälle - meist im Zusammenhang mit der Durchführung von Vollstreckungsaufträgen als einem Teilbereich der Gerichtsvollziehertätigkeit -, die als solche nicht geeignet sind, eine allgemeine Gefährdungslage für den gesamten Berufsstand der Gerichtsvollzieher abzuleiten. Immerhin ist nicht ersichtlich, dass mit der Gerichtsvollziehertätigkeit typischerweise Angriffe auf Leib und Leben des Amtsträgers in einer beachtlichen Häufigkeit und Regelmäßigkeit verbunden sind. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Ergebnisse der vom Beklagten initiierten Länderumfrage hinsichtlich der Erteilung von waffenrechtlichen Ersatzbescheinigungen an Gerichtsvollzieher. Im Rahmen dieser Umfrage bat der Beklagte unter anderem um Stellungnahme dazu, ob in den einzelnen Bundesländern von einer allgemeinen Gefährdungslage der im Gerichtsvollzieherdienst beschäftigten Beamten ausgegangen werde, was allgemein verneint wurde. Im Übrigen wurde in den an der Umfrage beteiligten 12 Bundesländern - mit Ausnahme von Bayern (dort wurde an 35 Gerichtsvollzieher eine entsprechende Bescheinigung erteilt, was einem Gesamtanteil von 4,5 % entspricht) - bislang keinerlei waffenrechtliche Ersatzbescheinigungen an Gerichtsvollzieher erteilt. In Baden-Württemberg sind gegenwärtig nur 14 der insgesamt 566 Amtsträger - mithin lediglich rund 2,47 % - im Besitz einer entsprechenden Bescheinigung. Diese Ergebnisse bekräftigen die Einschätzung, dass bundesweit keine allgemeine, typischerweise mit der Berufsausübung verbundene Gefährdungslage für den Berufsstand der Gerichtsvollzieher anzunehmen ist.
49 
Ungeachtet dieser Erwägungen zu einer generellen Mehrgefährdung der dem Berufsstand der Gerichtsvollzieher zugehörigen Beamten hat der Kläger jedoch auch keine Umstände dargelegt, die spezifisch in seinem Fall die Annahme einer konkreten erheblichen Gefährdungslage begründen können. Insbesondere die vom Kläger auf Aufforderung des Beklagten konkret vorgetragenen Vorkommnisse aus seiner bisherigen beruflichen Laufbahn genügen hierfür nicht. Zwar sind für die Beurteilung des Vorliegens einer konkreten Gefährdungssituation Vorfälle aus der Vergangenheit grundsätzlich von erheblichem Gewicht, da sie als Indiz für zukünftige Angriffe dienen. Aus den vom Kläger vorgebrachten Vorkommnissen lässt sich jedoch zur Überzeugung des Gerichts kein gegenüber der Allgemeinheit wesentlich erhöhtes individuelles Schutzbedürfnis seiner Person ableiten.
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Voranzustellen ist insofern zunächst, dass es in keinem der vom Kläger geschilderten Situationen bislang tatsächlich zu einem Angriff auf Leib und Leben gekommen ist. Zudem ist zu beachten, dass es sich bei den vom Kläger geschilderten Konstellationen um Situationen im Zusammenhang mit der Durchführung von Vollstreckungsaufträgen handelte bzw. handelt, die Durchführung problematischer Vollstreckungsaufträge jedoch lediglich einen Teil des umfangreichen Tätigkeitsfeldes des Klägers als Gerichtsvollzieher ausmacht. Darüber hinaus muss für die Beurteilung der konkreten Gefährdungssituation auch die Zahl der angeführten Vorfälle in Bezug zu der bisherigen Dienstzeit des Klägers in seinem Amt als Gerichtsvollzieher gesetzt werden. Insofern ist festzustellen, dass lediglich fünf problematische Konstellationen mit Schuldnern aufgeführt werden bei einer zwischenzeitlichen Dienstzeit des Klägers als Gerichtsvollzieher von insgesamt knapp 8 ½ Jahren. Sie nehmen mithin bereits rein zahlenmäßig einen äußerst geringen Anteil seiner bisherigen Amtszeit ein.
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Neben diesen allgemeinen Erwägungen ist zu den vom Kläger konkret angeführten Vorfällen im Einzelnen festzustellen, dass es sich bei Vorfall 1, 2 und 5 um rein verbale bzw. gestikulative Drohungen gegenüber dem Kläger gehandelt hat. Um aus derartigen Drohungen auf eine konkrete erhebliche Gefährdungslage für den Kläger zu schließen, wäre erforderlich, dass hinter diesen Drohungen der ernsthafte Wille steht, das angekündigte Übel auch zu verwirklichen. Es ist jedoch in den angeführten Fällen nicht erkennbar, dass die jeweilige Drohung über den Versuch, den Kläger einzuschüchtern, hinausgehen sollte und so eine aktuelle und konkrete Gefährdung des Klägers begründet hätte (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -; VG Köln, Urt. v. 29.04.2010 - 20 K 2787/09 -, ). Darüber hinaus war die in Vorfall 2 beschriebene Drohung nicht auf den Kläger persönlich, sondern vielmehr allgemein auf die Amtsträgerschaft bezogen und kann daher keinesfalls als tragende Begründung für eine konkrete individuelle Gefährdungssituation des Klägers herangezogen werden. In Vorfall 3 ist es zwar durch das Verhalten der Ehefrau des Schuldners zu einer direkten Kraftentfaltung gegenüber dem Kläger gekommen, allerdings kann hierin noch kein Angriff auf Leib und Leben des Klägers im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG erkannt werden, sondern allenfalls ein kurzzeitiger unangenehmer Vorfall, der zu keiner bedrohlichen Situation für Leib und Leben des Klägers geführt hat. Hinsichtlich der Schilderungen zu Vorfall 4 ist festzustellen, dass insoweit bislang lediglich eine abstrakte Befürchtung des Klägers im Raum steht. Derartige allgemein zu erwartende Schwierigkeiten bei einer Vollstreckung können jedoch für die Annahme einer konkreten erheblichen Gefährdungslage des Klägers keinesfalls genügen.
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Es bleibt damit festzustellen, dass es bei all den vom Kläger geschilderten Konstellationen zu keiner konkreten Leibes- oder Lebensgefahr seiner Person gekommen ist und sich so hieraus auch für die Zukunft keine entsprechende Gefährdungslage prognostizieren lässt. Das Gericht verkennt bei dieser Einschätzung nicht, dass die Tätigkeit des Klägers insbesondere bei der Durchführung problematischer Vollstreckungsaufträge mitunter mit einer gewissen latenten Gefährdungslage verbunden sein mag. Eine derartige latente Gefährdung begründet jedoch noch keine Gefahren für Leib und Leben und mithin keine erhebliche Gefährdung i. S. d. § 55 Abs. 2 WaffG. Hierzu müssten - wie bereits dargelegt - konkrete, insbesondere über rein verbale Drohungen hinausgehende Gefährdungssituationen gegeben sein (vgl. VG Köln, Urt. v. 29.04.2010 - 20 K 2787/09 -, ). Es muss berücksichtigt werden, dass die Ausübung einer Vielzahl von Berufen gerade verantwortlicher Art ein potentielles Gefahrenrisiko mit sich bringt, insbesondere wenn sie damit verbunden sind, Schicksale von Menschen entscheidend zu bestimmen (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -). Dies ist auch im Hinblick auf den Beruf des Gerichtsvollziehers der Fall, schließlich ist ein Großteil der klassischen Tätigkeiten eines Gerichtsvollziehers - wie die Durchführung von Zwangsvollstreckungsaufträgen im Allgemeinen, die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen oder etwa insbesondere auch die Durchführung von Räumungsvollstreckungen - für den jeweils betroffenen Schuldner mit erheblichen persönlichen Auswirkungen verbunden, die mitunter sogar existentielle Bedeutung erlangen können. Insoweit kann nie ausgeschlossen werden, dass Maßnahmen, die den Unwillen des jeweils Betroffenen erregen, in diesem Rachegefühle oder das Bedürfnis erwecken, den Verursacher des erlittenen Nachteils einzuschüchtern und zu bedrohen. Insofern konkretisiert sich allerdings nur ein mit der Berufsausübung verbundenes allgemeines Lebensrisiko, welches eine aus konkreten Umständen abzuleitende überdurchschnittliche und daher notwendig durch den Besitz und das Führen einer Schusswaffe auszugleichende Gefährdung nicht begründen kann (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -). Es liegt mithin in der Natur der Tätigkeit als Gerichtsvollzieher begründet, dass ein Gerichtsvollzieher bei der Ausübung seines Amts mitunter auf Widerstand seitens der betroffenen Partei stößt und es zu (verbalen) Auseinandersetzungen kommen kann. Treten dabei zuweilen Beschimpfungen, Drohungen oder sonstige bedrohlichen Verhaltensweisen auf, so resultieren diese regelmäßig aus der Situation der Erregtheit bzw. Überrumpelung des betreffenden Schuldners; sie sind dem Alltagsbereich eines jeden Gerichtsvollzieher zuzurechnen (vgl. bezogen auf den Bereich des Justizvollzuges BayVGH, Urt. v. 20.01.1975 - 252 VII 73 -; VG Berlin, Urt. v. 30.03.1994 - 1 A 406.92 -, ). Auch die vom Kläger angeführten Vorkommnisse gehen nicht über den Rahmen derartiger, für den Gerichtsvollzieherdienst nicht völlig außergewöhnlicher Vorfälle hinaus. Sie begründen daher im Ergebnis noch keine über das allgemeine Sicherheitsrisiko eines jeden Gerichtsvollziehers hinausgehende persönliche erhebliche Gefährdung des Klägers.
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Darüber hinaus führen auch die vom Kläger angeführten Vorfällen gegenüber Kollegen, bei denen es mitunter tatsächlich zu tätlichen Übergriffen gekommen ist, bei einer Gesamtbetrachtung des Berufsstandes der Gerichtsvollzieher im Allgemeinen sowie der Tätigkeit des Klägers im Besonderen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
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Schließlich ist für die Beurteilung des Vorliegens einer konkreten erheblichen Gefährdungslage des Klägers ebenso wenig von Belang, dass dem Kläger im Rahmen des vorgerichtlichen Verfahrens zunächst von Seiten des Beklagten eine entsprechende Glaubhaftmachung bestätigt, später sodann jedoch revidiert wurde. Eine zu berücksichtigende schützenswerte Rechtsposition konnte dem Kläger aus der lediglich einmalige Äußerung der vorläufigen Rechtsauffassung des Beklagten nicht erwachsen.
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Nach alledem ist eine individuelle erhebliche Mehrgefährdung des Klägers im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG aufgrund seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher nicht gegeben.
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2. Selbst wenn jedoch Tatsachen glaubhaft gemacht worden wären, aus denen sich eine erhebliche Mehrgefährdung des Klägers ergeben hätte, so wäre allein hierdurch ein Bedürfnis für den Erwerb, den Besitz und das Führen einer Schusswaffe noch nicht vollständig nachgewiesen. Schließlich setzt ein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG neben dem Vorliegen einer erheblichen Mehrgefährdung zusätzlich voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles zudem glaubhaft gemacht ist, dass die Waffe zur Minderung der Gefährdung auch geeignet und erforderlich ist (§ 19 Abs.1 Nr. 2 WaffG). Diese Voraussetzung liegt zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls nicht vor. Das Gericht lässt dabei offen, ob das Mitsichführen einer Waffe in einer typischen Verteidigungssituation überhaupt geeignet wäre, eine etwaige Gefährdung zu mindern. Jedenfalls hat der Kläger jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass eine Waffe erforderlich ist, um eine eventuelle Gefährdung zu mindern.
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Eine Erforderlichkeit in diesem Sinne ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn sich die Gefährdung auf andere zumutbare Weise verhindern oder wenigstens ebenso mindern lässt wie durch den Besitz bzw. das Führen einer Schusswaffe (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 -, NJW 1976, 638); insbesondere ist sie zu verneinen, wenn Änderungen im Verhalten des Betroffenen oder andere Schutzvorkehrungen zumutbar und geboten sind (vgl. m. w. N. OVG Koblenz, Urt. v. 25.03.2004 - 12 A 11775/03.OVG, NVwZ-RR 2005, 326 ff.). Eine Schusswaffe darf insoweit nicht als bequemste Alternative einer Gefährdungsminderung dienen (Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl, 2008, Rn. 1866). Für die Beurteilung der Erforderlichkeit muss dabei berücksichtigt werden, ob der Antragsteller bei einem zumutbaren Verhalten oder nach Durchführung zumutbarer Sicherheitsvorkehrungen nicht (mehr) überdurchschnittlich gefährdet wäre, denn in diesem Fall darf dem in Wirklichkeit nicht schutzbedürftigen Einzelinteresse kein Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse eingeräumt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 -, NJW 1976, 638).
58 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass eine eventuelle Gefahrenlage nur durch die Bewaffnung mit einer Schusswaffe abgewendet und nicht bereits durch die ihm zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen auf ein zumutbares Maß reduziert werden kann. Unter Beachtung des dem Kläger verfügbaren Handlungsspektrums verbleibt nach Auffassung des Gerichts keine Gefahrenlage, die sich durch das Führen einer Schusswaffe entscheidend weiter reduzieren ließe.
59 
Voranzustellen ist dabei, dass maßgeblicher Ausgangspunkt und alleiniger Bezugspunkt für die Prüfung der Erforderlichkeit die Frage der Gefährdungsminderung ist, wie sich auch aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG eindeutig entnehmen lässt. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung geht es folglich allein um die Fragestellung, ob sich eine Waffe zur Abwehr der dem Kläger möglicherweise drohenden Gefährdungen, mithin zum Zwecke des Selbstschutzes bzw. der Selbstverteidigung des Klägers, als zwingend erforderlich erweist. Demgegenüber ist für die Prüfung der Erforderlichkeit der Aspekt der Aufgabenerfüllung des Klägers in seiner amtlichen Stellung als Gerichtsvollzieher gänzlich ohne Belang. Es kommt bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des Waffenbesitzes nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG folglich nicht darauf an, ob der Besitz und das Führen einer Waffe für die Amtsausübung des Klägers, d.h. für die erfolgreiche Durchführung von Vollstreckungsaufträgen, erforderlich ist oder sein könnte. Sofern im vorgerichtlichen Schriftverkehr ein derartiges Verständnis der Erforderlichkeit auf Seiten des Klägers anklingt, indem er etwa in seinem Schreiben vom 28.07.2008 im Zusammenhang mit dem Aspekt der Bewältigung etwaiger Notwehrsituationen auf seine Stellung als Gerichtsvollzieher und mithin maßgebliches Vollstreckungsorgan der Bundesrepublik Deutschland rekurriert, das von Gesetzes wegen gehalten sei, Zwangsvollstreckungen schnell und nachdrücklich durchzuführen, so ist dem entschieden entgegenzutreten. Die Aufgaben und Befugnisse eines Gerichtsvollziehers, der als selbständiges Organ der Rechtspflege mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung (sofern sie nicht den Gerichten zugewiesen ist) betraut ist (§ 753 Abs. 1 ZPO), sind im Einzelnen gesetzlich geregelt und werden durch die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) ergänzt. Durch diese Vorschriften wird das zulässige Handeln des Gerichtsvollziehers vorgegeben und zugleich begrenzt. Auch der Kläger hat sich bei seiner Amtsausübung innerhalb dieses Rechtsrahmens zu bewegen und sich dessen Möglichkeiten zu bedienen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers, die Durchführung der Zwangsvollstreckung „um jeden Preis“ zu gewährleisten; sie ist vielmehr ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben geboten. Demnach können der Besitz und das Führen einer Waffe auch nicht deshalb zugelassen werden, um einen Schuldner zu „nötigen“ bzw. um als zusätzliches Mittel zum Aufbau von Vollstreckungsdruck zu dienen. Die Erwägung einer nachdrücklichen, effektiven Durchführung der Vollstreckung kann und darf demzufolge für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG schon ansatzweise nicht von Bedeutung sein, sondern allein der Aspekt des hinreichenden Selbstschutzes des Klägers bei der Ausübung seines Amtes.
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Unter Berücksichtigung dieses allein maßgeblichen Bezugspunktes für die Prüfung der Erforderlichkeit ist das Gericht davon überzeugt, dass dem Kläger ausreichende Handlungsoptionen zur Bewältigung eventuell drohender Gefährdungen zur Verfügung stehen, die den Besitz und das Führen einer Schusswaffen zum Zweck des Selbstschutzes als nicht erforderlich erscheinen lassen.
61 
Insofern sind allen voran die dem Kläger kraft seines Amtes gesetzlich eingeräumten Befugnisse nach §§ 758 Abs. 3, 759 ZPO i. V. m. § 108 GVGA von Bedeutung.
62 
In diesen Vorschriften werden die Befugnisse des Gerichtsvollziehers für den Fall eines geleisteten Widerstandes gegen Zwangsvollstreckungshandlungen normiert. Unter den Begriff des „Widerstandes“ wird dabei jedes Verhalten verstanden, das geeignet ist, die Annahme zu begründen, die Zwangsvollstreckung werde sich nicht ohne Gewaltanwendung durchführen lassen (§ 108 Nr. 3 GVGA). Dafür können auch bereits Drohungen des Schuldners genügen (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 759 Rn. 2). Zwar zielen die Vorgaben der §§ 758 Abs. 3, 759 ZPO i. V. m. § 108 GVGA nach ihrem Regelungszweck primär darauf ab, durch Normierung der Zwangsbefugnisse des Gerichtsvollziehers die Durchsetzung von Gläubigeransprüchen mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zu gewährleisten (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 758 Rn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., 2011, § 758 Rn. 2 bezogen auf § 758 ZPO). Zugleich ermöglichen sie es dem Kläger jedoch auch, Maßnahmen zu ergreifen, um bei der Durchführung der Vollstreckung eine Eigengefährdung zu minimieren bzw. diese zu verhindern und so zum Zweck des Selbstschutzes Angriffen auf Leib und Leben, die aus der Ausübung der hoheitlichen Aufgaben resultieren, wirkungsvoll begegnen zu können. Schließlich handelt es sich gerade dann, wenn Widerstand gegen die Zwangsvollstreckung geleistet wird um Situationen, in denen sich zugleich für die Person des Gerichtsvollziehers eine individuelle Gefährdungslage entwickeln kann. Kann er in derartigen Situationen von besonderen gesetzlichen Befugnissen Gebrauch machen, so kommen diese nicht nur dem ordnungsgemäßen Ablauf der Zwangsvollstreckung, sondern zugleich auch seinem eigenen Schutz zugute.
63 
Im Einzelnen stehen dem Kläger aufgrund seiner Funktion als Gerichtsvollzieher im Fall eines geleisteten Widerstandes folgende gesetzliche Befugnisse zu: Nach § 758 Abs. 3 ZPO hat der Kläger zum einen die Möglichkeit, gegen den Widerstand des Schuldners und der ihn unterstützenden Personen selbst Gewalt anzuwenden, zum anderen hat er die Möglichkeit, um Unterstützung durch polizeiliche Vollzugsorgane nachzusuchen. Zwischen diesen zwei Handlungsoptionen kann er nach freiem Ermessen wählen. Darüber hinaus hat ein Gerichtsvollzieher nach der Regelung des § 759 ZPO in jeder Situation eines geleisteten Widerstandes stets zwei erwachsene Personen oder einen Gemeinde- oder Polizeibeamten als Zeugen hinzuzuziehen. Dies hat zur Folge, dass der Gerichtsvollzieher im Fall eines erwarteten Widerstandes entweder bereits Zeugen zu der Vollstreckungsmaßnahme mitzubringen hat oder aber im Fall eines unvorhergesehenen Widerstandes die Zwangsvollstreckung zunächst unterbrechen muss, um Zeugen hinzuzuziehen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., 2011, § 758 Rn. 2).
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Unter dem Blickwinkel effektiver Selbstschutzmöglichkeiten des Gerichtsvollziehers sind von den genannten gesetzlichen Handlungsoptionen allen voran die Unterstützung durch die polizeilichen Vollzugsorgane sowie die Zuziehung von Zeugen von Bedeutung. Durch beide Maßnahmen wird eine personelle Verstärkung des Gerichtsvollziehers erreicht und damit zugleich eine verbesserte Verteidigungssituation vor potentiellen Angriffen geschaffen. Im Fall der Heranziehung polizeilicher Unterstützung geschieht dies zudem durch besonders sachkundige Kräfte, die unzweifelhaft den Schutz des Gerichtsvollziehers vor Gefährdungen gewährleisten können. Im Ergebnis kann durch diese Maßnahmen eine überaus effektive Minderung eventueller Gefährdungslagen geschaffen werden.
65 
Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass nach Angaben des Klägers zuweilen auf Ersuchen von Gerichtsvollziehern nicht in jedem Fall die Unterstützung durch den Polizeivollzugsdienst gewährt worden sei. Grundsätzlich sieht das Gesetz die Möglichkeit der Heranziehung von Polizeivollzugsbeamten im Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen - namentlich des Widerstandes gegen die Zwangsvollstreckung - ausdrücklich vor, so dass diese von Gesetzes wegen eingeräumte Handlungsoption bei der Würdigung der dem Kläger zur Verfügung stehenden Sicherheitsvorkehrungen grundsätzlich als gewichtige Schutzmaßnahme zu beachten ist. Dass im Fall einer akut aus einer Vollstreckungssituation hervorgehenden Gefahrenlage unverzügliche polizeiliche Unterstützung nicht erreichbar sein soll, wurde weder vom Kläger in Zweifel gezogen noch sind entsprechende Anhaltspunkte für das Gericht ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei den vom Kläger beschriebenen Vorfällen um Unterstützungsanfragen im Vorfeld einer Vollstreckungsmaßnahme handelte. Selbst wenn es in derartigen Fällen zu vereinzelten Versagungen der Unterstützung gekommen sein sollte, so ist dies für die grundsätzliche Beurteilung der Wirksamkeit dieser Schutzmaßnahme nicht von tragender Bedeutung. Es handelt sich hierbei um Einzelfälle, die die Güte dieser Handlungsoption dem Grunde nach nicht in Zweifel zu ziehen vermögen. Überdies wären vereinzelte Verweigerungen von Unterstützungsanfragen im Vorfeld von Vollstreckungsmaßnahmen für die hier vertretene Beurteilung im Ergebnis auch deshalb unschädlich, weil eine entsprechende Versagung im Rahmen der Vorbereitungen des Gerichtsvollziehers auf die jeweilige Vollstreckung hinreichend Berücksichtigung finden könnte, indem etwa in einem solchen Fall zwei erwachsene Personen als Zeugen zu der Vollstreckungsmaßnahme hinzugezogen werden und so ebenfalls ein effektiver Schutz sichergestellt werden kann.
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Der Wirksamkeit des dem Kläger zur Verfügung stehenden Schutzmechanismus kann ebenfalls nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass nach seinen Angaben nicht in jedem Fall vorab das Aggressionspotential des Schuldners zutreffend eingeschätzt werden könne. Auch wenn sich der Kläger im Vorfeld aufgrund mangelnder Anhaltspunkte für eine möglicherweise entstehende Gefährdungslage nicht durch entsprechende Vorkehrungen - insbesondere durch Hinzuziehung von Polizeibeamten oder Zeugen - angemessen auf eine bevorstehende Vollstreckung einstellen kann, so führt auch dies nicht dazu, dass er in einer dann für ihn überraschend auftretenden Gefährdungssituation schutzlos gestellt wäre. Denn jedenfalls und letztendlich steht dem Kläger in einer solchen unvorhergesehen auftretenden Gefahrenlage unzweifelhaft die Möglichkeit der Unterbrechung der Zwangsvollstreckung, d. h. des Abbruchs der konkreten Vollstreckungshandlung, zu. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine zu vermeidende, den Gläubigerinteressen zuwider laufende Handlungsoption. Vielmehr ist ein Gerichtsvollzieher zu einem solchen Vorgehen gesetzlich verpflichtet, um durch die Unterbrechung zum Zwecke der Heranziehung der Polizei oder sonstiger Zeugen die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Fortsetzung der Vollstreckung zu schaffen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 759 Rn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., 2011, § 759 Rn. 3). Die Möglichkeit des Abbruchs einer Vollstreckungshandlung bildet mithin als ultima ratio ein weiteres effektives Mittel, um sich im Fall einer überraschenden Eskalation durch Rückzug vor Angriffen auf Leib und Leben zu schützen.
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Neben den vorstehend angeführten - einem Gerichtsvollzieher von Gesetzes wegen eingeräumten - Handlungsoptionen können gegebenenfalls auftretende Gefährdungslagen im Rahmen der Amtsausübung auch durch verschiedenartige weitere Maßnahmen wirkungsvoll gemindert werden.
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Eine effektive Gefährdungsminderung kann insoweit allen voran durch die Anwendung von Deeskalationsstrategien erfolgen. Hierunter sind alle Handlungsstrategien zu fassen, die darauf gerichtet sind, Konflikte und sich zuspitzende Situationen gewaltfrei zu lösen und Aggressionen zu beherrschen. Dies kann auf vielfältige Weise und anhand der verschiedensten Methoden erfolgen (vgl. dazu etwa Bärsch/Rhode, Kommunikative Deeskalation, 3. Aufl., 2011; Hücker, Rhetorische Deeskalation, 3. Aufl. 2010 mit schwerpunktmäßigem Bezug auf die Polizeiarbeit). Dass es sich hierbei um ein äußerst geeignetes Mittel zur Minderung von Konfliktsituationen handelt, zeigt sich insbesondere an den vom Kläger selbst geschilderten Vollstreckungssituationen. Sowohl in dem ersten von ihm geschilderten Vorfall als auch in der dritten dargestellten Vollstreckungskonstellation konnte durch die deeskalierende Verhaltensweise des Klägers die Situation erfolgreich bewältigt werden. In beiden Fällen konnte der Kläger durch die Führung eines Gespräches mit der sich zuvor aggressiv verhaltenden Person die Situation beruhigen, so dass er in einem Fall in Folge dessen die Wohnung des Schuldners ohne einen Zwischenfall verlassen konnte und im anderen Fall die Person hierdurch zur Einsicht bringen und so den Schuldner zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung veranlassen konnte. Es war mithin in beiden Fällen durch das Vorgehen des Klägers eine Konfliktlösung möglich. Dass es in diesen Situationen nicht zu einem Angriff auf den Kläger gekommen ist, ist daher keineswegs - wie vom Kläger angeführt - dem Zufall zuzuschreiben, sondern vielmehr seiner umsichtigen und deeskalierenden Verhaltensweise. Insbesondere in Konstellationen, in denen nicht bereits im Vorfeld ein Widerstand seitens des Schuldners zu erwarten ist, daher die Vollstreckungshandlung ohne weitere Vorbereitungen aufgenommen wird und es sodann überraschend zu einem Widerstand oder einer sonstigen Konfliktsituation kommt, stellt die Anwendung von Deeskalationsstrategien eine geeignete Handlungsalternative zum gleichfalls möglichen Abbruch der jeweiligen Vollstreckungsmaßnahme dar. Die verstärkte Anwendung von Deeskalationsstrategien im beruflichen Alltag des Gerichtsvollzieherdienstes ebenso wie der - seitens des Dienstherren entsprechend zu fördernde - weitere Ausbau und die Vertiefung der insoweit bereits vorhandenen Kenntnisse bilden daher ein weiteres zumutbares und gebotenes Schutzinstrumentarium, um eventuell auftretenden Gefährdungssituationen wirkungsvoll zu begegnen. Eine nachhaltige Ergänzung zu den vielfältigen Strategien zur Deeskalation bilden Maßnahmen der Gewaltprävention, die als Bestandteil der beruflichen Praxis ebenfalls für einen wirksamen Schutz von zentraler Bedeutung sind und denen daher in Aus- und Fortbildung stets ein besonderer Stellenwert einzuräumen ist.
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Darüber hinaus erweist sich in Ergänzung zu rein rhetorischen Deeskalations- und Gewaltpräventionsmaßnahmen auch die - ebenfalls durch den Dienstherrn entsprechend zu fördernde - Schulung in Maßnahmen körperlicher Abwehrstrategien (insbesondere durch die Durchführung von Selbstverteidigungskursen) als zumutbar und geboten, um einen ausreichenden Selbstschutz des Klägers zu gewährleisten.
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Auch wenn neben diesen vielfältigen Möglichkeiten zur Gewährleistung eines angemessenen Schutzes des Klägers nach Auffassung des Gerichts keine weitergehenden Schutzvorkehrungen erforderlich sind, so bliebe es dem Kläger ferner unbenommen, sich um den Erwerb und Besitz von zusätzlich seine Verteidigungssituation unterstützenden Gegenstände zu bemühen, für die es keiner entsprechenden waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung bzw. keines Bedürfnisnachweises bedarf.
71 
Es bleibt damit festzuhalten, dass die zuvor benannten Verhaltensweisen und Schutzvorkehrungen dem Kläger bei lebensnaher Betrachtung einen ausreichenden Schutz vor potentiellen Gefahrenlagen ermöglichen und dazu führen, dass etwaige Gefährdungen auf zumutbare Weise verhindert oder zumindest angemessen und effektiv gemindert werden können.
72 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Besitz und das Führen einer Schusswaffe zwingend einen umfassenderen Schutz vor möglichen Gefährdungslagen bieten könnte. Selbstredend ist es denkbar, dass sich der Kläger in Gefahrenlagen mit einer Schusswaffe verteidigen könnte. Die bloße Möglichkeit einer Verteidigung ist mit einer Waffe jedoch praktisch immer gegeben und besagt als solches nichts darüber, ob dies im konkreten Fall auch nach objektiven Kriterien ein spürbares Mehr an Sicherheit zur Folge hätte. Bezogen auf den Gerichtsvollzieherdienst kann im Vergleich zu den angeführten Schutzmechanismen nicht erkannt werden, dass der Besitz und das Führen einer Waffe für den allein maßgeblichen Aspekt des reinen Selbstschutzes und der bloßen Abwehr bzw. Verteidigung vor potentiellen Angriffen eine solche spürbare Verbesserung der Gefährdungssituation bewirken könnte. Vielmehr birgt das Beisichführen einer Schusswaffe eine ganz erhebliche Eskalations- und Missbrauchsgefahr in sich, die insbesondere in sich zuspitzenden Gefährdungslagen zu einem vorschnellen und unverhältnismäßigen Einsatz der Waffe und so zu folgenschweren Konsequenzen führen kann.
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Dass im Allgemeinen im Arbeitsalltag eines Gerichtsvollziehers genügend alternative Handlungsoptionen zur Verhinderung von eventuell auftretenden Gefährdungssituationen zur Verfügung stehen, wird auch durch die statistischen Angaben und Ergebnisse aus der durchgeführten Länderumfrage sowie aus den eigenen statistischen Angaben des Beklagten bekräftigt. Daraus ergibt sich, dass waffenrechtliche Ersatzbescheinigungen für Gerichtsvollzieher in keinem anderen Bundesland bis auf Bayern - und dort nur an 4,5 % aller Gerichtvollzieher - erteilt wurden und dass in Baden-Württemberg über die letzten Jahre hinweg ein deutlicher Rückgang der an Gerichtsvollzieher erteilten Ersatzbescheinigungen auf einen gegenwärtigen Anteil von lediglich rund 2,47 % zu verzeichnen ist. Zudem wurde in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren nach Angaben des Beklagten mit Ausnahme des Falles des Klägers kein einziger Antrag auf Neuerteilung einer waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung gestellt und auch die meisten der an der Länderumfrage beteiligten Bundesländer haben bekundet, dass von Seiten des Gerichtsvollzieherdienstes kein entsprechender Bedarf gemeldet wurde. Dies bestätigt die Einschätzung, dass der Besitz und Erwerb einer Schusswaffe für einen angemessenen Selbstschutz der Gerichtsvollzieher bei der Ausübung ihres Amtes keinesfalls als zwingend erforderlich anzusehen sind.
74 
Letztendlich bleibt es dabei, dass das Ergebnis der waffenrechtlichen Bedürfnisprüfung im Allgemeinen und der Erforderlichkeitsprüfung im Besonderen das Resultat einer Abwägung zwischen den persönlichen Interessen des Klägers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse daran, dass möglichst wenig Waffen unter die Bevölkerung gelangen, darstellt. Dabei hat ein strenger Maßstab zu gelten, der aus der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 WaffG folgt, wonach die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Anzahl der Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken sind, damit so wenig wie möglich Waffen „ins Volk“ kommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.11.1965 - I C 115/64 -, DVBl. 1966, 796; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.04.1989 - 10 S 902/88 -, VBlBW 1989, 463 ff. sowie die amtl. Begr. des Regierungsentwurf zu § 19 WaffG, BT-Drs. 14/7758, S. 66). Nach dieser Konzeption stellt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht die Regel dar, sondern setzt vielmehr ganz besondere Umstände des Einzelfalls voraus. Derartige besondere Umstände sind in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen im Fall des Klägers nicht gegeben mit der Folge, dass die Abwägung der widerstreitenden Interessen schlussendlich zu Lasten des Klägers ausgegangen ist und daher ein waffenrechtliches Bedürfnis für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG im Fall des Klägers nicht anzuerkennen ist.
75 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
76 
Gründe, die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO), sind nicht erkennbar.

Gründe

 
38 
Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ist das Gericht befugt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
39 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der ablehnende Bescheid vom 09.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; ihm steht kein Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz einer Waffe und Munition sowie zum Führen dieser Waffe zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I.
40 
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 55 Abs. 2 Satz 1 des Waffengesetzes (WaffG). Danach wird Personen, die wegen der von ihnen wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben des Bundes oder eines Landes erheblich gefährdet sind, an Stelle einer Waffenbesitzkarte, eines Waffenscheins oder einer Ausnahmebewilligung nach § 42 Abs. 2 WaffG eine Bescheinigung über die Berechtigung zum Erwerb und Besitz von Waffen und Munition sowie zum Führen dieser Waffen erteilt. Es handelt sich hierbei um eine Spezialvorschrift gegenüber den allgemeinen Vorgaben über die Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb, Besitz und Führen einer Waffe nach § 10 WaffG (vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 23.09.2004 - 5 K 3470/02 -; Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl. 2010, § 55 Rn.6; Apel/Bushart, Waffenrecht, 3. Aufl., 2005, § 55 Rn. 14; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 2715).
II.
41 
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt. Der Kläger, der seine persönliche Gefährdung aus seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher herzuleiten sucht, ist wegen dieser von ihm wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben nicht „erheblich gefährdet“ im Sinne des § 55 Abs. 2 WaffG.
42 
Wann von einer „erheblichen Gefährdung“ im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 WaffG gesprochen werden kann, ist im Waffengesetz nicht definiert. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers sind jedoch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 WaffG mit denen des § 19 Abs. 1 WaffG gleichzusetzen und mithin eine erhebliche Gefährdung nur dann anzunehmen, wenn glaubhaft gemacht ist, dass die betreffende Person wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet ist (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG) und dass der Erwerb der Schusswaffe geeignet und erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) (vgl. i. E. ebenso zu den einschlägigen Vorgängervorschriften des WaffG BayVGH, Urt. v. 20.01.1975 - 252 VII 73 -; HessVGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 - sowie zu der derzeit geltenden Rechtslage VG Köln, Urt. v. 29.04.2010 - 20 K 2787/09 - ; Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010; § 55 Rn. 6; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 2719). Auch wenn der Wortlaut des § 55 Abs. 2 WaffG nicht mit der Umschreibung der Gefährdung in § 19 Abs. 1 WaffG übereinstimmt, so sprechen doch die deutlich überzeugenderen Erwägungen dafür, dass der für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG notwendige Gefährdungsgrad dem entspricht, der für die Annahme eines waffenrechtlichen Bedürfnisses im Sinne von § 19 Abs. 1 WaffG erforderlich ist.
43 
Dies ergibt sich allen voran aus einer Würdigung von Sinn und Zweck der Regelung des § 55 Abs. 2 WaffG. Die Zwecksetzung des § 55 Abs. 2 WaffG besteht darin, demjenigen Personenkreis, der sich wegen seiner wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben persönlich erheblich gefährdet sieht, ein vereinfachtes und den besonderen Gegebenheiten des öffentlichen Dienstes Rechnung tragendes Verfahren zur Verfügung zu stellen, um eine Berechtigung zum Besitz und zum Führen von Schusswaffen zu erlangen. Ausschlaggebend war dabei die Erwägung, dass die für die Erteilung dieser Bescheinigung bestimmten Stellen besser als die für die Ausstellung von Waffenscheinen und Waffenbesitzkarten allgemein zuständigen unteren Verwaltungsbehörden imstande sind, die dienstlich bedingten Gefährdungen der ihnen unterstellten Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu beurteilen und hierbei gleiche Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - 1 C 45/74 -, DÖV 1975, 712 zu § 35 Abs. 5 WaffG 1972; Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 - zu § 6 Abs. 2 WaffG 1976). Die Einführung des vereinfachten Verwaltungsverfahrens nach § 55 Abs. 2 WaffG gründet mithin allein in Zweckmäßigkeitserwägungen. Der Sache nach stellt die nach § 55 Abs. 2 WaffG auszustellende Bescheinigung jedoch die gleiche Erlaubnis dar wie ein Waffenschein oder eine Waffenbesitzkarte, wie sich auch unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm „an Stelle“ einer Waffenbesitzkarte bzw. eines Waffenscheins ableiten lässt. Geht man demnach grundsätzlich von einer Gleichrangigkeit der allgemeinen waffenrechtlichen Erlaubnisse und der dienstlichen Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG aus, so muss des Weiteren Berücksichtigung finden, dass sowohl die Vorschrift des § 55 Abs. 2 WaffG als auch die Regelung des § 19 Abs. 1 WaffG übereinstimmend eine Gefährdung verlangen, die über das Maß des allgemein für jeden Bürger bestehenden Sicherheitsrisikos deutlich hinausgeht. Es ist somit beiden Vorschriften ein vergleichbarer Regelungsgegenstand immanent. Dass dabei trotz dieser Parallelität des Regelungscharakters von einer Abstufung des Gefährdungsgrades im Vergleich beider Vorschriften auszugehen wäre, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der vorbenannten Zwecksetzung des § 55 Abs. 2 WaffG entnehmen (i. E. ebenso Bay.VGH, Urt. v. 20.01.1975 - 252 VII 73 - zu § 35 Abs. 5 WaffG 1972; Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 - zu § 6 Abs. 2 WaffG 1976). Überdies liefe eine grundsätzliche waffenrechtliche Privilegierung erheblich gefährdeter Hoheitsträger auch der allgemeinen gesetzgeberischen Zielsetzung des Waffengesetzes nach einer möglichst restriktiven Gewährung waffenrechtlicher Erlaubnisse zuwider.
44 
Einer inhaltsgleichen Auslegung beider Vorschriften steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Regelung des § 55 Abs. 2 WaffG unzweifelhaft eine Spezialvorschrift innerhalb des Waffengesetzes darstellt. Aufgrund des dargestellten Sinn und Zwecks sowie des Wortlauts der Regelung ist davon auszugehen, dass sich die Spezialität primär auf die Form des auszustellenden Erlaubnisdokuments bezieht (Waffenbesitzkarte bzw. Waffenschein vs. dienstliche Bescheinigung), nicht jedoch auf die inhaltlichen Anforderungen an den Gefährdungsgrad. Eine Spezialität des § 55 Abs. 2 WaffG ist darüber hinaus auch insoweit gegeben, als dass die Gefährdungssituation bei § 55 Abs. 2 WaffG spezifisch aus der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben erwachsen muss (vgl. Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010; § 55 Rn. 6; in diesem Sinne auch Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl. 2010, § 55 Rn. 6); auch diese auf den Ursprung der Gefährdung bezogene Spezialität des § 55 Abs. 2 WaffG gegenüber der Vorschrift des § 19 Abs. 1 WaffG steht jedoch einer Gleichsetzung des Gefährdungsgrades nicht entgegen.
45 
Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch für eine Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG ein Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG vorliegen muss. Dabei ist die Vorschrift des § 19 Abs. 1 WaffG als einheitlicher Tatbestand zu verstehen, der in § 19 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 WaffG die zusammengehörigen Kriterien für das besondere waffenrechtliche Bedürfnis für den Erwerb, den Besitz und das Führen von Schusswaffen und Munition zu Verteidigungszwecken wegen einer bestehenden Gefährdungslage aufstellt. Dem Grunde nach müssen besondere, sich vom allgemein bestehenden Sicherheitsrisiko unterscheidbare Umstände gegeben sein, die es dem jeweiligen Antragsteller unzumutbar machen, ohne die begehrte Waffe auszukommen und die deshalb im Sinne eines anzuerkennenden Bedürfnisses zu berücksichtigen sind.
III.
46 
Ein derartiges Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG ist im Fall des Klägers jedoch nicht gegeben. Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts weder gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG glaubhaft gemacht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein (1.) noch hat er nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG glaubhaft gemacht, dass die Schusswaffe erforderlich ist, um eine entsprechende Gefährdung zu mindern (2.).
47 
1. Das Gericht vermag im Fall des Klägers bereits keine wesentlich Mehrgefährdung im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG bei seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher festzustellen. Wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib und Leben gefährdet ist, wer bei realistischer Einschätzung der gegebenen Verhältnisse und nach vernünftiger Überlegung überdurchschnittlich stark gefährdet ist. Für die Beurteilung des Bedrohungs- bzw. Gefährdungspotentials kommt es nicht auf die subjektive Einschätzung des jeweiligen Antragstellers an, vielmehr sind allein objektive Maßstäbe anzulegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 -, NJW 1976, 638; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.12.2009 - 1 S 202/09 -, NVwZ-RR 2010, 352). Die Frage der Mehrgefährdung muss dabei stets unter besonderer Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 - NJW 1976, 638). Die Zugehörigkeit des jeweiligen Antragstellers zu einer bestimmten Berufsgruppe, die in Anbetracht ihrer Berufsausübung in erhöhtem Maße gefährdet ist, kann insoweit zwar durchaus von Bedeutung sein; gleichwohl ist allein mit der Zugehörigkeit zu einer solchen Berufs- oder einer besonders gefährdeten Personengruppe noch nicht das erforderliche waffenrechtliche Bedürfnis nachgewiesen. Ausschlaggebend für die Frage der überdurchschnittlichen Gefährdung bleibt vielmehr stets die konkrete Gefährdungssituation des jeweiligen Antragstellers unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.11.1995 - 1 S 3088/94 -, VGHBW-Ls 1996, Beilage 1, B7; OVG Lüneburg, Urt. v. 23.03.2010 - 11 LB 234/09 -, GewArch 2010, 307 ff.; Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010, § 19 Rn. 8 ff.; Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 1863).
48 
Diesen Grundsätzen folgend kann daher allein der Zugehörigkeit des Klägers zum Berufsstand der Gerichtsvollzieher noch keinesfalls die Schlussfolgerung entnommen werden, er sei wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet. Unabhängig davon sind für das Gericht jedoch auch keine Umstände dafür ersichtlich, dass es sich bei dem Berufsstand der Gerichtsvollzieher um eine Berufsgruppe handelt, die allgemein in erhöhtem Maß gefährdet ist. Die Gerichtsvollziehertätigkeit ist insoweit nicht vergleichbar mit den von der Rechtsprechung mitunter anerkannten Fallkonstellationen gefährdeter Berufsträger (vgl. etwa im Fall eines Juwelengroßhändlers, so BVerwG, Urt. v. 18.12.1979 - I C 38/77 -, DVBl 1980, 1044, eines Begleiters eines Geldtransporters, so BayVGH, Urt. v. 18.12.1972 - 22 V/71 -,oder eines Inhabers eines Waffenhandelsgeschäftes, so VG Minden, Urt. v. 25.04.1991 - 2 K 2014/90 - NVwZ-RR 1991, 636 sowie m. w. N. Hinze, Waffenrecht, 61. Aktualisierung, Stand: Nov. 2010, § 19 Rn. 9 ff.; Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl. 2010, § 19 Rn. 7 ff.), schließlich kann nach der Lebenserfahrung ein entsprechendes, typischerweise bestehendes Gefahrenpotential vor Überfällen oder sonstigen Angriffen nicht angenommen werden. Das Gericht verkennt insofern nicht, dass es mitunter zu aggressiven Vorfällen gegenüber Gerichtsvollziehern kommt bzw. kommen kann, wie dies auch durch die vom Kläger angeführten Vorfälle aus der Presse bestätigt wird. Hierbei handelt es sich jedoch um Einzelfälle - meist im Zusammenhang mit der Durchführung von Vollstreckungsaufträgen als einem Teilbereich der Gerichtsvollziehertätigkeit -, die als solche nicht geeignet sind, eine allgemeine Gefährdungslage für den gesamten Berufsstand der Gerichtsvollzieher abzuleiten. Immerhin ist nicht ersichtlich, dass mit der Gerichtsvollziehertätigkeit typischerweise Angriffe auf Leib und Leben des Amtsträgers in einer beachtlichen Häufigkeit und Regelmäßigkeit verbunden sind. Bestätigt wird diese Einschätzung durch die Ergebnisse der vom Beklagten initiierten Länderumfrage hinsichtlich der Erteilung von waffenrechtlichen Ersatzbescheinigungen an Gerichtsvollzieher. Im Rahmen dieser Umfrage bat der Beklagte unter anderem um Stellungnahme dazu, ob in den einzelnen Bundesländern von einer allgemeinen Gefährdungslage der im Gerichtsvollzieherdienst beschäftigten Beamten ausgegangen werde, was allgemein verneint wurde. Im Übrigen wurde in den an der Umfrage beteiligten 12 Bundesländern - mit Ausnahme von Bayern (dort wurde an 35 Gerichtsvollzieher eine entsprechende Bescheinigung erteilt, was einem Gesamtanteil von 4,5 % entspricht) - bislang keinerlei waffenrechtliche Ersatzbescheinigungen an Gerichtsvollzieher erteilt. In Baden-Württemberg sind gegenwärtig nur 14 der insgesamt 566 Amtsträger - mithin lediglich rund 2,47 % - im Besitz einer entsprechenden Bescheinigung. Diese Ergebnisse bekräftigen die Einschätzung, dass bundesweit keine allgemeine, typischerweise mit der Berufsausübung verbundene Gefährdungslage für den Berufsstand der Gerichtsvollzieher anzunehmen ist.
49 
Ungeachtet dieser Erwägungen zu einer generellen Mehrgefährdung der dem Berufsstand der Gerichtsvollzieher zugehörigen Beamten hat der Kläger jedoch auch keine Umstände dargelegt, die spezifisch in seinem Fall die Annahme einer konkreten erheblichen Gefährdungslage begründen können. Insbesondere die vom Kläger auf Aufforderung des Beklagten konkret vorgetragenen Vorkommnisse aus seiner bisherigen beruflichen Laufbahn genügen hierfür nicht. Zwar sind für die Beurteilung des Vorliegens einer konkreten Gefährdungssituation Vorfälle aus der Vergangenheit grundsätzlich von erheblichem Gewicht, da sie als Indiz für zukünftige Angriffe dienen. Aus den vom Kläger vorgebrachten Vorkommnissen lässt sich jedoch zur Überzeugung des Gerichts kein gegenüber der Allgemeinheit wesentlich erhöhtes individuelles Schutzbedürfnis seiner Person ableiten.
50 
Voranzustellen ist insofern zunächst, dass es in keinem der vom Kläger geschilderten Situationen bislang tatsächlich zu einem Angriff auf Leib und Leben gekommen ist. Zudem ist zu beachten, dass es sich bei den vom Kläger geschilderten Konstellationen um Situationen im Zusammenhang mit der Durchführung von Vollstreckungsaufträgen handelte bzw. handelt, die Durchführung problematischer Vollstreckungsaufträge jedoch lediglich einen Teil des umfangreichen Tätigkeitsfeldes des Klägers als Gerichtsvollzieher ausmacht. Darüber hinaus muss für die Beurteilung der konkreten Gefährdungssituation auch die Zahl der angeführten Vorfälle in Bezug zu der bisherigen Dienstzeit des Klägers in seinem Amt als Gerichtsvollzieher gesetzt werden. Insofern ist festzustellen, dass lediglich fünf problematische Konstellationen mit Schuldnern aufgeführt werden bei einer zwischenzeitlichen Dienstzeit des Klägers als Gerichtsvollzieher von insgesamt knapp 8 ½ Jahren. Sie nehmen mithin bereits rein zahlenmäßig einen äußerst geringen Anteil seiner bisherigen Amtszeit ein.
51 
Neben diesen allgemeinen Erwägungen ist zu den vom Kläger konkret angeführten Vorfällen im Einzelnen festzustellen, dass es sich bei Vorfall 1, 2 und 5 um rein verbale bzw. gestikulative Drohungen gegenüber dem Kläger gehandelt hat. Um aus derartigen Drohungen auf eine konkrete erhebliche Gefährdungslage für den Kläger zu schließen, wäre erforderlich, dass hinter diesen Drohungen der ernsthafte Wille steht, das angekündigte Übel auch zu verwirklichen. Es ist jedoch in den angeführten Fällen nicht erkennbar, dass die jeweilige Drohung über den Versuch, den Kläger einzuschüchtern, hinausgehen sollte und so eine aktuelle und konkrete Gefährdung des Klägers begründet hätte (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -; VG Köln, Urt. v. 29.04.2010 - 20 K 2787/09 -, ). Darüber hinaus war die in Vorfall 2 beschriebene Drohung nicht auf den Kläger persönlich, sondern vielmehr allgemein auf die Amtsträgerschaft bezogen und kann daher keinesfalls als tragende Begründung für eine konkrete individuelle Gefährdungssituation des Klägers herangezogen werden. In Vorfall 3 ist es zwar durch das Verhalten der Ehefrau des Schuldners zu einer direkten Kraftentfaltung gegenüber dem Kläger gekommen, allerdings kann hierin noch kein Angriff auf Leib und Leben des Klägers im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG erkannt werden, sondern allenfalls ein kurzzeitiger unangenehmer Vorfall, der zu keiner bedrohlichen Situation für Leib und Leben des Klägers geführt hat. Hinsichtlich der Schilderungen zu Vorfall 4 ist festzustellen, dass insoweit bislang lediglich eine abstrakte Befürchtung des Klägers im Raum steht. Derartige allgemein zu erwartende Schwierigkeiten bei einer Vollstreckung können jedoch für die Annahme einer konkreten erheblichen Gefährdungslage des Klägers keinesfalls genügen.
52 
Es bleibt damit festzustellen, dass es bei all den vom Kläger geschilderten Konstellationen zu keiner konkreten Leibes- oder Lebensgefahr seiner Person gekommen ist und sich so hieraus auch für die Zukunft keine entsprechende Gefährdungslage prognostizieren lässt. Das Gericht verkennt bei dieser Einschätzung nicht, dass die Tätigkeit des Klägers insbesondere bei der Durchführung problematischer Vollstreckungsaufträge mitunter mit einer gewissen latenten Gefährdungslage verbunden sein mag. Eine derartige latente Gefährdung begründet jedoch noch keine Gefahren für Leib und Leben und mithin keine erhebliche Gefährdung i. S. d. § 55 Abs. 2 WaffG. Hierzu müssten - wie bereits dargelegt - konkrete, insbesondere über rein verbale Drohungen hinausgehende Gefährdungssituationen gegeben sein (vgl. VG Köln, Urt. v. 29.04.2010 - 20 K 2787/09 -, ). Es muss berücksichtigt werden, dass die Ausübung einer Vielzahl von Berufen gerade verantwortlicher Art ein potentielles Gefahrenrisiko mit sich bringt, insbesondere wenn sie damit verbunden sind, Schicksale von Menschen entscheidend zu bestimmen (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -). Dies ist auch im Hinblick auf den Beruf des Gerichtsvollziehers der Fall, schließlich ist ein Großteil der klassischen Tätigkeiten eines Gerichtsvollziehers - wie die Durchführung von Zwangsvollstreckungsaufträgen im Allgemeinen, die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen oder etwa insbesondere auch die Durchführung von Räumungsvollstreckungen - für den jeweils betroffenen Schuldner mit erheblichen persönlichen Auswirkungen verbunden, die mitunter sogar existentielle Bedeutung erlangen können. Insoweit kann nie ausgeschlossen werden, dass Maßnahmen, die den Unwillen des jeweils Betroffenen erregen, in diesem Rachegefühle oder das Bedürfnis erwecken, den Verursacher des erlittenen Nachteils einzuschüchtern und zu bedrohen. Insofern konkretisiert sich allerdings nur ein mit der Berufsausübung verbundenes allgemeines Lebensrisiko, welches eine aus konkreten Umständen abzuleitende überdurchschnittliche und daher notwendig durch den Besitz und das Führen einer Schusswaffe auszugleichende Gefährdung nicht begründen kann (vgl. Hess.VGH, Urt. v. 28.10.1985 - 11 UE 152/84 -). Es liegt mithin in der Natur der Tätigkeit als Gerichtsvollzieher begründet, dass ein Gerichtsvollzieher bei der Ausübung seines Amts mitunter auf Widerstand seitens der betroffenen Partei stößt und es zu (verbalen) Auseinandersetzungen kommen kann. Treten dabei zuweilen Beschimpfungen, Drohungen oder sonstige bedrohlichen Verhaltensweisen auf, so resultieren diese regelmäßig aus der Situation der Erregtheit bzw. Überrumpelung des betreffenden Schuldners; sie sind dem Alltagsbereich eines jeden Gerichtsvollzieher zuzurechnen (vgl. bezogen auf den Bereich des Justizvollzuges BayVGH, Urt. v. 20.01.1975 - 252 VII 73 -; VG Berlin, Urt. v. 30.03.1994 - 1 A 406.92 -, ). Auch die vom Kläger angeführten Vorkommnisse gehen nicht über den Rahmen derartiger, für den Gerichtsvollzieherdienst nicht völlig außergewöhnlicher Vorfälle hinaus. Sie begründen daher im Ergebnis noch keine über das allgemeine Sicherheitsrisiko eines jeden Gerichtsvollziehers hinausgehende persönliche erhebliche Gefährdung des Klägers.
53 
Darüber hinaus führen auch die vom Kläger angeführten Vorfällen gegenüber Kollegen, bei denen es mitunter tatsächlich zu tätlichen Übergriffen gekommen ist, bei einer Gesamtbetrachtung des Berufsstandes der Gerichtsvollzieher im Allgemeinen sowie der Tätigkeit des Klägers im Besonderen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
54 
Schließlich ist für die Beurteilung des Vorliegens einer konkreten erheblichen Gefährdungslage des Klägers ebenso wenig von Belang, dass dem Kläger im Rahmen des vorgerichtlichen Verfahrens zunächst von Seiten des Beklagten eine entsprechende Glaubhaftmachung bestätigt, später sodann jedoch revidiert wurde. Eine zu berücksichtigende schützenswerte Rechtsposition konnte dem Kläger aus der lediglich einmalige Äußerung der vorläufigen Rechtsauffassung des Beklagten nicht erwachsen.
55 
Nach alledem ist eine individuelle erhebliche Mehrgefährdung des Klägers im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG aufgrund seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher nicht gegeben.
56 
2. Selbst wenn jedoch Tatsachen glaubhaft gemacht worden wären, aus denen sich eine erhebliche Mehrgefährdung des Klägers ergeben hätte, so wäre allein hierdurch ein Bedürfnis für den Erwerb, den Besitz und das Führen einer Schusswaffe noch nicht vollständig nachgewiesen. Schließlich setzt ein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne des § 19 Abs. 1 WaffG neben dem Vorliegen einer erheblichen Mehrgefährdung zusätzlich voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles zudem glaubhaft gemacht ist, dass die Waffe zur Minderung der Gefährdung auch geeignet und erforderlich ist (§ 19 Abs.1 Nr. 2 WaffG). Diese Voraussetzung liegt zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls nicht vor. Das Gericht lässt dabei offen, ob das Mitsichführen einer Waffe in einer typischen Verteidigungssituation überhaupt geeignet wäre, eine etwaige Gefährdung zu mindern. Jedenfalls hat der Kläger jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass eine Waffe erforderlich ist, um eine eventuelle Gefährdung zu mindern.
57 
Eine Erforderlichkeit in diesem Sinne ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn sich die Gefährdung auf andere zumutbare Weise verhindern oder wenigstens ebenso mindern lässt wie durch den Besitz bzw. das Führen einer Schusswaffe (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 -, NJW 1976, 638); insbesondere ist sie zu verneinen, wenn Änderungen im Verhalten des Betroffenen oder andere Schutzvorkehrungen zumutbar und geboten sind (vgl. m. w. N. OVG Koblenz, Urt. v. 25.03.2004 - 12 A 11775/03.OVG, NVwZ-RR 2005, 326 ff.). Eine Schusswaffe darf insoweit nicht als bequemste Alternative einer Gefährdungsminderung dienen (Heller/Soschinka, Waffenrecht, 2. Aufl, 2008, Rn. 1866). Für die Beurteilung der Erforderlichkeit muss dabei berücksichtigt werden, ob der Antragsteller bei einem zumutbaren Verhalten oder nach Durchführung zumutbarer Sicherheitsvorkehrungen nicht (mehr) überdurchschnittlich gefährdet wäre, denn in diesem Fall darf dem in Wirklichkeit nicht schutzbedürftigen Einzelinteresse kein Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse eingeräumt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.06.1975 - I C 25/73 -, NJW 1976, 638).
58 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass eine eventuelle Gefahrenlage nur durch die Bewaffnung mit einer Schusswaffe abgewendet und nicht bereits durch die ihm zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen auf ein zumutbares Maß reduziert werden kann. Unter Beachtung des dem Kläger verfügbaren Handlungsspektrums verbleibt nach Auffassung des Gerichts keine Gefahrenlage, die sich durch das Führen einer Schusswaffe entscheidend weiter reduzieren ließe.
59 
Voranzustellen ist dabei, dass maßgeblicher Ausgangspunkt und alleiniger Bezugspunkt für die Prüfung der Erforderlichkeit die Frage der Gefährdungsminderung ist, wie sich auch aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG eindeutig entnehmen lässt. Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung geht es folglich allein um die Fragestellung, ob sich eine Waffe zur Abwehr der dem Kläger möglicherweise drohenden Gefährdungen, mithin zum Zwecke des Selbstschutzes bzw. der Selbstverteidigung des Klägers, als zwingend erforderlich erweist. Demgegenüber ist für die Prüfung der Erforderlichkeit der Aspekt der Aufgabenerfüllung des Klägers in seiner amtlichen Stellung als Gerichtsvollzieher gänzlich ohne Belang. Es kommt bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des Waffenbesitzes nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG folglich nicht darauf an, ob der Besitz und das Führen einer Waffe für die Amtsausübung des Klägers, d.h. für die erfolgreiche Durchführung von Vollstreckungsaufträgen, erforderlich ist oder sein könnte. Sofern im vorgerichtlichen Schriftverkehr ein derartiges Verständnis der Erforderlichkeit auf Seiten des Klägers anklingt, indem er etwa in seinem Schreiben vom 28.07.2008 im Zusammenhang mit dem Aspekt der Bewältigung etwaiger Notwehrsituationen auf seine Stellung als Gerichtsvollzieher und mithin maßgebliches Vollstreckungsorgan der Bundesrepublik Deutschland rekurriert, das von Gesetzes wegen gehalten sei, Zwangsvollstreckungen schnell und nachdrücklich durchzuführen, so ist dem entschieden entgegenzutreten. Die Aufgaben und Befugnisse eines Gerichtsvollziehers, der als selbständiges Organ der Rechtspflege mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung (sofern sie nicht den Gerichten zugewiesen ist) betraut ist (§ 753 Abs. 1 ZPO), sind im Einzelnen gesetzlich geregelt und werden durch die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) ergänzt. Durch diese Vorschriften wird das zulässige Handeln des Gerichtsvollziehers vorgegeben und zugleich begrenzt. Auch der Kläger hat sich bei seiner Amtsausübung innerhalb dieses Rechtsrahmens zu bewegen und sich dessen Möglichkeiten zu bedienen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers, die Durchführung der Zwangsvollstreckung „um jeden Preis“ zu gewährleisten; sie ist vielmehr ausschließlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben geboten. Demnach können der Besitz und das Führen einer Waffe auch nicht deshalb zugelassen werden, um einen Schuldner zu „nötigen“ bzw. um als zusätzliches Mittel zum Aufbau von Vollstreckungsdruck zu dienen. Die Erwägung einer nachdrücklichen, effektiven Durchführung der Vollstreckung kann und darf demzufolge für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG schon ansatzweise nicht von Bedeutung sein, sondern allein der Aspekt des hinreichenden Selbstschutzes des Klägers bei der Ausübung seines Amtes.
60 
Unter Berücksichtigung dieses allein maßgeblichen Bezugspunktes für die Prüfung der Erforderlichkeit ist das Gericht davon überzeugt, dass dem Kläger ausreichende Handlungsoptionen zur Bewältigung eventuell drohender Gefährdungen zur Verfügung stehen, die den Besitz und das Führen einer Schusswaffen zum Zweck des Selbstschutzes als nicht erforderlich erscheinen lassen.
61 
Insofern sind allen voran die dem Kläger kraft seines Amtes gesetzlich eingeräumten Befugnisse nach §§ 758 Abs. 3, 759 ZPO i. V. m. § 108 GVGA von Bedeutung.
62 
In diesen Vorschriften werden die Befugnisse des Gerichtsvollziehers für den Fall eines geleisteten Widerstandes gegen Zwangsvollstreckungshandlungen normiert. Unter den Begriff des „Widerstandes“ wird dabei jedes Verhalten verstanden, das geeignet ist, die Annahme zu begründen, die Zwangsvollstreckung werde sich nicht ohne Gewaltanwendung durchführen lassen (§ 108 Nr. 3 GVGA). Dafür können auch bereits Drohungen des Schuldners genügen (Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 759 Rn. 2). Zwar zielen die Vorgaben der §§ 758 Abs. 3, 759 ZPO i. V. m. § 108 GVGA nach ihrem Regelungszweck primär darauf ab, durch Normierung der Zwangsbefugnisse des Gerichtsvollziehers die Durchsetzung von Gläubigeransprüchen mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zu gewährleisten (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 758 Rn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., 2011, § 758 Rn. 2 bezogen auf § 758 ZPO). Zugleich ermöglichen sie es dem Kläger jedoch auch, Maßnahmen zu ergreifen, um bei der Durchführung der Vollstreckung eine Eigengefährdung zu minimieren bzw. diese zu verhindern und so zum Zweck des Selbstschutzes Angriffen auf Leib und Leben, die aus der Ausübung der hoheitlichen Aufgaben resultieren, wirkungsvoll begegnen zu können. Schließlich handelt es sich gerade dann, wenn Widerstand gegen die Zwangsvollstreckung geleistet wird um Situationen, in denen sich zugleich für die Person des Gerichtsvollziehers eine individuelle Gefährdungslage entwickeln kann. Kann er in derartigen Situationen von besonderen gesetzlichen Befugnissen Gebrauch machen, so kommen diese nicht nur dem ordnungsgemäßen Ablauf der Zwangsvollstreckung, sondern zugleich auch seinem eigenen Schutz zugute.
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Im Einzelnen stehen dem Kläger aufgrund seiner Funktion als Gerichtsvollzieher im Fall eines geleisteten Widerstandes folgende gesetzliche Befugnisse zu: Nach § 758 Abs. 3 ZPO hat der Kläger zum einen die Möglichkeit, gegen den Widerstand des Schuldners und der ihn unterstützenden Personen selbst Gewalt anzuwenden, zum anderen hat er die Möglichkeit, um Unterstützung durch polizeiliche Vollzugsorgane nachzusuchen. Zwischen diesen zwei Handlungsoptionen kann er nach freiem Ermessen wählen. Darüber hinaus hat ein Gerichtsvollzieher nach der Regelung des § 759 ZPO in jeder Situation eines geleisteten Widerstandes stets zwei erwachsene Personen oder einen Gemeinde- oder Polizeibeamten als Zeugen hinzuzuziehen. Dies hat zur Folge, dass der Gerichtsvollzieher im Fall eines erwarteten Widerstandes entweder bereits Zeugen zu der Vollstreckungsmaßnahme mitzubringen hat oder aber im Fall eines unvorhergesehenen Widerstandes die Zwangsvollstreckung zunächst unterbrechen muss, um Zeugen hinzuzuziehen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., 2011, § 758 Rn. 2).
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Unter dem Blickwinkel effektiver Selbstschutzmöglichkeiten des Gerichtsvollziehers sind von den genannten gesetzlichen Handlungsoptionen allen voran die Unterstützung durch die polizeilichen Vollzugsorgane sowie die Zuziehung von Zeugen von Bedeutung. Durch beide Maßnahmen wird eine personelle Verstärkung des Gerichtsvollziehers erreicht und damit zugleich eine verbesserte Verteidigungssituation vor potentiellen Angriffen geschaffen. Im Fall der Heranziehung polizeilicher Unterstützung geschieht dies zudem durch besonders sachkundige Kräfte, die unzweifelhaft den Schutz des Gerichtsvollziehers vor Gefährdungen gewährleisten können. Im Ergebnis kann durch diese Maßnahmen eine überaus effektive Minderung eventueller Gefährdungslagen geschaffen werden.
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Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass nach Angaben des Klägers zuweilen auf Ersuchen von Gerichtsvollziehern nicht in jedem Fall die Unterstützung durch den Polizeivollzugsdienst gewährt worden sei. Grundsätzlich sieht das Gesetz die Möglichkeit der Heranziehung von Polizeivollzugsbeamten im Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen - namentlich des Widerstandes gegen die Zwangsvollstreckung - ausdrücklich vor, so dass diese von Gesetzes wegen eingeräumte Handlungsoption bei der Würdigung der dem Kläger zur Verfügung stehenden Sicherheitsvorkehrungen grundsätzlich als gewichtige Schutzmaßnahme zu beachten ist. Dass im Fall einer akut aus einer Vollstreckungssituation hervorgehenden Gefahrenlage unverzügliche polizeiliche Unterstützung nicht erreichbar sein soll, wurde weder vom Kläger in Zweifel gezogen noch sind entsprechende Anhaltspunkte für das Gericht ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei den vom Kläger beschriebenen Vorfällen um Unterstützungsanfragen im Vorfeld einer Vollstreckungsmaßnahme handelte. Selbst wenn es in derartigen Fällen zu vereinzelten Versagungen der Unterstützung gekommen sein sollte, so ist dies für die grundsätzliche Beurteilung der Wirksamkeit dieser Schutzmaßnahme nicht von tragender Bedeutung. Es handelt sich hierbei um Einzelfälle, die die Güte dieser Handlungsoption dem Grunde nach nicht in Zweifel zu ziehen vermögen. Überdies wären vereinzelte Verweigerungen von Unterstützungsanfragen im Vorfeld von Vollstreckungsmaßnahmen für die hier vertretene Beurteilung im Ergebnis auch deshalb unschädlich, weil eine entsprechende Versagung im Rahmen der Vorbereitungen des Gerichtsvollziehers auf die jeweilige Vollstreckung hinreichend Berücksichtigung finden könnte, indem etwa in einem solchen Fall zwei erwachsene Personen als Zeugen zu der Vollstreckungsmaßnahme hinzugezogen werden und so ebenfalls ein effektiver Schutz sichergestellt werden kann.
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Der Wirksamkeit des dem Kläger zur Verfügung stehenden Schutzmechanismus kann ebenfalls nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass nach seinen Angaben nicht in jedem Fall vorab das Aggressionspotential des Schuldners zutreffend eingeschätzt werden könne. Auch wenn sich der Kläger im Vorfeld aufgrund mangelnder Anhaltspunkte für eine möglicherweise entstehende Gefährdungslage nicht durch entsprechende Vorkehrungen - insbesondere durch Hinzuziehung von Polizeibeamten oder Zeugen - angemessen auf eine bevorstehende Vollstreckung einstellen kann, so führt auch dies nicht dazu, dass er in einer dann für ihn überraschend auftretenden Gefährdungssituation schutzlos gestellt wäre. Denn jedenfalls und letztendlich steht dem Kläger in einer solchen unvorhergesehen auftretenden Gefahrenlage unzweifelhaft die Möglichkeit der Unterbrechung der Zwangsvollstreckung, d. h. des Abbruchs der konkreten Vollstreckungshandlung, zu. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine zu vermeidende, den Gläubigerinteressen zuwider laufende Handlungsoption. Vielmehr ist ein Gerichtsvollzieher zu einem solchen Vorgehen gesetzlich verpflichtet, um durch die Unterbrechung zum Zwecke der Heranziehung der Polizei oder sonstiger Zeugen die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Fortsetzung der Vollstreckung zu schaffen (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., 2010, § 759 Rn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 69. Aufl., 2011, § 759 Rn. 3). Die Möglichkeit des Abbruchs einer Vollstreckungshandlung bildet mithin als ultima ratio ein weiteres effektives Mittel, um sich im Fall einer überraschenden Eskalation durch Rückzug vor Angriffen auf Leib und Leben zu schützen.
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Neben den vorstehend angeführten - einem Gerichtsvollzieher von Gesetzes wegen eingeräumten - Handlungsoptionen können gegebenenfalls auftretende Gefährdungslagen im Rahmen der Amtsausübung auch durch verschiedenartige weitere Maßnahmen wirkungsvoll gemindert werden.
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Eine effektive Gefährdungsminderung kann insoweit allen voran durch die Anwendung von Deeskalationsstrategien erfolgen. Hierunter sind alle Handlungsstrategien zu fassen, die darauf gerichtet sind, Konflikte und sich zuspitzende Situationen gewaltfrei zu lösen und Aggressionen zu beherrschen. Dies kann auf vielfältige Weise und anhand der verschiedensten Methoden erfolgen (vgl. dazu etwa Bärsch/Rhode, Kommunikative Deeskalation, 3. Aufl., 2011; Hücker, Rhetorische Deeskalation, 3. Aufl. 2010 mit schwerpunktmäßigem Bezug auf die Polizeiarbeit). Dass es sich hierbei um ein äußerst geeignetes Mittel zur Minderung von Konfliktsituationen handelt, zeigt sich insbesondere an den vom Kläger selbst geschilderten Vollstreckungssituationen. Sowohl in dem ersten von ihm geschilderten Vorfall als auch in der dritten dargestellten Vollstreckungskonstellation konnte durch die deeskalierende Verhaltensweise des Klägers die Situation erfolgreich bewältigt werden. In beiden Fällen konnte der Kläger durch die Führung eines Gespräches mit der sich zuvor aggressiv verhaltenden Person die Situation beruhigen, so dass er in einem Fall in Folge dessen die Wohnung des Schuldners ohne einen Zwischenfall verlassen konnte und im anderen Fall die Person hierdurch zur Einsicht bringen und so den Schuldner zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung veranlassen konnte. Es war mithin in beiden Fällen durch das Vorgehen des Klägers eine Konfliktlösung möglich. Dass es in diesen Situationen nicht zu einem Angriff auf den Kläger gekommen ist, ist daher keineswegs - wie vom Kläger angeführt - dem Zufall zuzuschreiben, sondern vielmehr seiner umsichtigen und deeskalierenden Verhaltensweise. Insbesondere in Konstellationen, in denen nicht bereits im Vorfeld ein Widerstand seitens des Schuldners zu erwarten ist, daher die Vollstreckungshandlung ohne weitere Vorbereitungen aufgenommen wird und es sodann überraschend zu einem Widerstand oder einer sonstigen Konfliktsituation kommt, stellt die Anwendung von Deeskalationsstrategien eine geeignete Handlungsalternative zum gleichfalls möglichen Abbruch der jeweiligen Vollstreckungsmaßnahme dar. Die verstärkte Anwendung von Deeskalationsstrategien im beruflichen Alltag des Gerichtsvollzieherdienstes ebenso wie der - seitens des Dienstherren entsprechend zu fördernde - weitere Ausbau und die Vertiefung der insoweit bereits vorhandenen Kenntnisse bilden daher ein weiteres zumutbares und gebotenes Schutzinstrumentarium, um eventuell auftretenden Gefährdungssituationen wirkungsvoll zu begegnen. Eine nachhaltige Ergänzung zu den vielfältigen Strategien zur Deeskalation bilden Maßnahmen der Gewaltprävention, die als Bestandteil der beruflichen Praxis ebenfalls für einen wirksamen Schutz von zentraler Bedeutung sind und denen daher in Aus- und Fortbildung stets ein besonderer Stellenwert einzuräumen ist.
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Darüber hinaus erweist sich in Ergänzung zu rein rhetorischen Deeskalations- und Gewaltpräventionsmaßnahmen auch die - ebenfalls durch den Dienstherrn entsprechend zu fördernde - Schulung in Maßnahmen körperlicher Abwehrstrategien (insbesondere durch die Durchführung von Selbstverteidigungskursen) als zumutbar und geboten, um einen ausreichenden Selbstschutz des Klägers zu gewährleisten.
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Auch wenn neben diesen vielfältigen Möglichkeiten zur Gewährleistung eines angemessenen Schutzes des Klägers nach Auffassung des Gerichts keine weitergehenden Schutzvorkehrungen erforderlich sind, so bliebe es dem Kläger ferner unbenommen, sich um den Erwerb und Besitz von zusätzlich seine Verteidigungssituation unterstützenden Gegenstände zu bemühen, für die es keiner entsprechenden waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung bzw. keines Bedürfnisnachweises bedarf.
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Es bleibt damit festzuhalten, dass die zuvor benannten Verhaltensweisen und Schutzvorkehrungen dem Kläger bei lebensnaher Betrachtung einen ausreichenden Schutz vor potentiellen Gefahrenlagen ermöglichen und dazu führen, dass etwaige Gefährdungen auf zumutbare Weise verhindert oder zumindest angemessen und effektiv gemindert werden können.
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Besitz und das Führen einer Schusswaffe zwingend einen umfassenderen Schutz vor möglichen Gefährdungslagen bieten könnte. Selbstredend ist es denkbar, dass sich der Kläger in Gefahrenlagen mit einer Schusswaffe verteidigen könnte. Die bloße Möglichkeit einer Verteidigung ist mit einer Waffe jedoch praktisch immer gegeben und besagt als solches nichts darüber, ob dies im konkreten Fall auch nach objektiven Kriterien ein spürbares Mehr an Sicherheit zur Folge hätte. Bezogen auf den Gerichtsvollzieherdienst kann im Vergleich zu den angeführten Schutzmechanismen nicht erkannt werden, dass der Besitz und das Führen einer Waffe für den allein maßgeblichen Aspekt des reinen Selbstschutzes und der bloßen Abwehr bzw. Verteidigung vor potentiellen Angriffen eine solche spürbare Verbesserung der Gefährdungssituation bewirken könnte. Vielmehr birgt das Beisichführen einer Schusswaffe eine ganz erhebliche Eskalations- und Missbrauchsgefahr in sich, die insbesondere in sich zuspitzenden Gefährdungslagen zu einem vorschnellen und unverhältnismäßigen Einsatz der Waffe und so zu folgenschweren Konsequenzen führen kann.
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Dass im Allgemeinen im Arbeitsalltag eines Gerichtsvollziehers genügend alternative Handlungsoptionen zur Verhinderung von eventuell auftretenden Gefährdungssituationen zur Verfügung stehen, wird auch durch die statistischen Angaben und Ergebnisse aus der durchgeführten Länderumfrage sowie aus den eigenen statistischen Angaben des Beklagten bekräftigt. Daraus ergibt sich, dass waffenrechtliche Ersatzbescheinigungen für Gerichtsvollzieher in keinem anderen Bundesland bis auf Bayern - und dort nur an 4,5 % aller Gerichtvollzieher - erteilt wurden und dass in Baden-Württemberg über die letzten Jahre hinweg ein deutlicher Rückgang der an Gerichtsvollzieher erteilten Ersatzbescheinigungen auf einen gegenwärtigen Anteil von lediglich rund 2,47 % zu verzeichnen ist. Zudem wurde in Baden-Württemberg in den vergangenen Jahren nach Angaben des Beklagten mit Ausnahme des Falles des Klägers kein einziger Antrag auf Neuerteilung einer waffenrechtlichen Ersatzbescheinigung gestellt und auch die meisten der an der Länderumfrage beteiligten Bundesländer haben bekundet, dass von Seiten des Gerichtsvollzieherdienstes kein entsprechender Bedarf gemeldet wurde. Dies bestätigt die Einschätzung, dass der Besitz und Erwerb einer Schusswaffe für einen angemessenen Selbstschutz der Gerichtsvollzieher bei der Ausübung ihres Amtes keinesfalls als zwingend erforderlich anzusehen sind.
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Letztendlich bleibt es dabei, dass das Ergebnis der waffenrechtlichen Bedürfnisprüfung im Allgemeinen und der Erforderlichkeitsprüfung im Besonderen das Resultat einer Abwägung zwischen den persönlichen Interessen des Klägers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse daran, dass möglichst wenig Waffen unter die Bevölkerung gelangen, darstellt. Dabei hat ein strenger Maßstab zu gelten, der aus der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 WaffG folgt, wonach die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Anzahl der Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken sind, damit so wenig wie möglich Waffen „ins Volk“ kommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.11.1965 - I C 115/64 -, DVBl. 1966, 796; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.04.1989 - 10 S 902/88 -, VBlBW 1989, 463 ff. sowie die amtl. Begr. des Regierungsentwurf zu § 19 WaffG, BT-Drs. 14/7758, S. 66). Nach dieser Konzeption stellt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis nicht die Regel dar, sondern setzt vielmehr ganz besondere Umstände des Einzelfalls voraus. Derartige besondere Umstände sind in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen im Fall des Klägers nicht gegeben mit der Folge, dass die Abwägung der widerstreitenden Interessen schlussendlich zu Lasten des Klägers ausgegangen ist und daher ein waffenrechtliches Bedürfnis für die Erteilung einer Bescheinigung nach § 55 Abs. 2 WaffG im Fall des Klägers nicht anzuerkennen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Gründe, die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO), sind nicht erkennbar.

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