Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 4 K 2414/11

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt war, den Aktenordner mit der Aufschrift "11867 Löhne" am 21.06.2011 aus den Geschäftsräumen des Klägers mitzunehmen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Steuerberater. Im Rahmen einer gewerberechtlichen Nachschau in den Geschäftsräumen der Firma S., die Mandantin des Klägers ist und im selben Haus L.-Straße in Stuttgart residiert, wurden auch die Räume des Klägers aufgesucht. Dabei nahm die Beklagte am 21.06.2011 nach einigem Hin und Her einen Ordner „11867 Löhne“ mit. Mit Schreiben vom 24.06.2011 forderte der Kläger die Herausgabe des Ordners noch am selben Tage. Am 27.06.2011 gab die Beklagte den Ordner an die Firma S. heraus.
Am 01.07.2011 hat der Kläger Feststellungsklage erhoben. Er trägt vor, der Ordner sei ohne Zustimmung des Klägers entgegen seinem Willen mitgenommen worden. Aufgrund dieses Vorgangs bestehe ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten. Der Kläger habe ein Interesse an der Feststellung, da ein Eingriff in die Grundrechte des Klägers vorliege, zudem handle es sich um eine Maßnahme, die sich typischerweise innerhalb kurzer Zeit erledige. Die Mitnahme des Aktenordners sei rechtswidrig gewesen, weil § 29 Abs. 2 Satz 1 GewO nur die Einsicht in Unterlagen, nicht aber die Mitnahme von Akten erlaube. Als Steuerberater sei beim Kläger eine Nachschau ohnehin unzulässig, denn er sei kein Betroffener im Sinne des § 29 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 bis 5 GewO. Die Nachschau habe in den Räumen des Klägers stattgefunden, denn die Beklagte habe dort gestützt auf § 29 GewO Unterlagen mitgenommen.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt war, den Aktenordner mit der Aufschrift „11867 Löhne“ am 21.06.2011 aus den Geschäftsräumen des Klägers mitzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Nachschau habe nicht in den Räumlichkeiten des Klägers, sondern in den Spielhallen seiner Mandantin stattgefunden. Ein Rechtsverhältnis mit dem Kläger bestehe daher nicht. Eine Grundrechtsverletzung sei nicht gegeben, da es sich nicht um Unterlagen des Klägers, sondern um Unterlagen des Mandanten gehandelt habe. Ein Vertreter des Mandanten sei vor Ort anwesend gewesen und habe über die Herausgabe der Unterlagen entscheiden können. Der Zugang zu den Geschäftsräumen sei freiwillig gewährt worden.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung des Angestellten Z. der Fa. S. zu den Vorgängen bei der Nachschau.
Dem Gericht liegen die Akten der Beklagten vor. Darauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
10 
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Zwischen den Beteiligten besteht aufgrund der Vorgänge am 21.06.2011 ein Rechtsverhältnis, d. h. rechtliche Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, da hierbei auf der Grundlage des § 29 Abs. 2 GewO Unterlagen aus den Räumen des Klägers mitgenommen worden sind. Die Grenzen der Berechtigung, die diese Norm verleiht, sind zwischen den Beteiligten streitig.
11 
Der Kläger hat auch ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO. Dieses besteht darin, dass sich die Maßnahme der Mitnahme der Unterlagen, wie sich gezeigt hat, typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.08.2010 - 1 S 2266/09 -, VBlBW 2011, 23; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Betroffen ist das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG des Klägers, denn es wurden Unterlagen mitgenommen, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Steuerberater anvertraut worden waren.
12 
Ein Verwaltungsakt zur Regelung der Pflichten des Klägers wurde nicht erlassen, so dass der Kläger seine Rechte auch nicht durch Gestaltungsklage hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 VwGO).
II.
13 
Die Klage ist auch begründet. Die Mitnahme des Ordners „11867 Löhne“ beim Kläger war rechtswidrig.
14 
1. Nach § 29 Abs. 2 GewO sind die Beauftragten (der zuständigen öffentlichen Stelle) befugt, zum Zwecke der Überwachung Grundstücke und Geschäftsräume des Betroffenen während der üblichen Geschäftszeit zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzulegen, sich die geschäftlichen Unterlagen vorlegen zu lassen und in diese Einsicht zu nehmen. Diese Befugnis steht im Zusammenhang mit § 29 Abs. 1 GewO, wonach Gewerbetreibende oder sonstige Personen,
15 
1. die einer Erlaubnis nach den §§ 30, 33 a, 33 c, 33d, 33i, 34, 34a, 34b, 34c, 34d oder 34 e bedürfen,
16 
2. die nach § 34 b Abs. 5 oder § 36 öffentlich bestellt sind,
17 
3. die ein überwachungsbedürftiges Gewerbe i.S.d. § 38 Abs. 1 betreiben,
18 
4. gegen die ein Untersagungsverfahren nach § 35 oder § 59 eröffnet oder abgeschlossen wurde oder
19 
5. die ein Gewerbe nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Kulturgüterrückgabegesetzes betreiben
20 
(Betroffene), den Beauftragten der zuständigen öffentlichen Stelle auf Verlangen die für die Überwachung des Geschäftsbetriebs erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen haben. Der Kläger ist als Steuerberater kein Angehöriger der in § 29 Abs. 1 aufgezählten Berufsgruppen, so dass er nicht der Überwachung durch die Gewerbebehörde unterliegt und eine gewerberechtliche Nachschau bei ihm nicht erfolgen kann.
21 
Die Beklagte handelte allerdings nach ihren Angaben nicht im Rahmen einer gewerberechtlichen Nachschau gegenüber dem Kläger, sondern im Rahmen einer solchen gegenüber seinem Mandanten, der Firma S.. Sollte sie tatsächlich dieser Auffassung gewesen sein, wird aber aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 2 Satz 1 GewO deutlich, dass eine derartige Nachschau nur in Geschäftsräumen des Betroffenen vorgenommen werden kann, weil nach der Vorschrift „dort“ Prüfungen und Besichtigungen vorgenommen und Einsicht in vorgelegte geschäftliche Unterlagen genommen werden kann. Eine „Herausverlagerung“ der Nachschau in sonstige Räume, in denen sich außerdem noch Unterlagen eines Betroffenen i.S.v. § 29 Abs. 1 GewO befinden, ist nicht möglich. Wie gerade der hier vorliegende Fall des Steuerberaters zeigt, würde dadurch das Steuergeheimnis durchbrochen und das dem Steuerberater zustehende Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO ausgehöhlt. Eine Ausnahme gilt gemäß § 160 a Abs. 2 Satz 1 StPO für Ermittlungsmaßnahmen gegen (u. a.) Steuerberater nur in sehr engen Grenzen, und bedarf einer Verhältnismäßigkeitsabwägung; in jedem Fall ist der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich (§ 160 a Abs. 2 Satz 1 2. Hs. StPO). Von einem derartigen Verdacht ist hier nicht die Rede.
22 
2. Die Mitnahme des Ordners beim Kläger war schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Mandant, die Firma S., dieser Mitnahme zugestimmt hätte: Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Bedienstete der Firma S., Herr Z., habe einer Mitnahme des Ordners nicht zugestimmt. Demgegenüber haben sowohl der Bedienstete der Stadt Stuttgart, Herr B., als auch der als Zeuge vernommene Bedienstete Z. in der mündlichen Verhandlung erklärt, Herr Z. habe beim Steuerberater überhaupt nichts zu der Frage der Mitnahme des Aktenordners gesagt. Herr B. sprach in der fraglichen Situation, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, davon, dass der Ordner zwangsweise mitgenommen wird, wenn er nicht freiwillig herausgegeben wird. Dies ergibt sich auch aus dem von Herrn B. verfassten Protokoll mit dem Datum 27.06.2011, wonach Herr B. den Kläger über die jeweiligen Zuständigkeiten, Befugnisse und Verantwortlichkeiten aufgeklärt habe. Außerdem habe Herr B. Herrn Z. gegenüber geäußert, die Herausgabe könne auf der Stelle angeordnet und - ggf. mit Unterstützung der Polizei - durchgesetzt werden; daraufhin habe der Kläger den fraglichen Ordner übergeben. Eine Zustimmung des Berechtigten zur Mitnahme des Aktenordners aus den Räumen des Klägers lag daher nicht vor.
23 
3. Diese Verfahrensweise des Bediensteten der Beklagten war rechtwidrig, weil er eine unrichtige Darstellung seiner Befugnisse gegenüber beiden Anwesenden, dem Kläger und Herrn Z., gab und dadurch bei dem Kläger die irrtümliche Vorstellung erzeugte, er müsse den Ordner herausgeben. Ob die Herausgabe durch den Kläger durch eine bewusste Täuschung seitens des Bediensteten der Beklagten über die ihm zustehenden Kompetenzen oder durch dessen fahrlässige Verkennung der ihm zustehenden Rechte herbeigeführt wurde, macht keinen Unterschied. Hier gilt der strafprozessuale Grundsatz, dass falsche Rechtserklärungen Täuschungen stets gleichstehen (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., Rd.Nr. 13 zu § 136a). Unzulässige Ermittlungsmethoden überschreiten die verwaltungsverfahrensrechtlichen Grenzen der Ermittlungstätigkeit (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., RdNr. 29 zu § 24). Der hierdurch beim Kläger erzeugte Irrtum schließt eine Freiwilligkeit aus. Zudem erfolgte die Herausgabe unter Androhung von Zwang und war auch deshalb unfreiwillig. Die Mitnahme des Ordners durch die Beklagte war damit rechtswidrig.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Beschluss vom 13.10.2011
26 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
10 
Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Zwischen den Beteiligten besteht aufgrund der Vorgänge am 21.06.2011 ein Rechtsverhältnis, d. h. rechtliche Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, da hierbei auf der Grundlage des § 29 Abs. 2 GewO Unterlagen aus den Räumen des Klägers mitgenommen worden sind. Die Grenzen der Berechtigung, die diese Norm verleiht, sind zwischen den Beteiligten streitig.
11 
Der Kläger hat auch ein Feststellungsinteresse i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO. Dieses besteht darin, dass sich die Maßnahme der Mitnahme der Unterlagen, wie sich gezeigt hat, typischerweise schnell erledigt, so dass angesichts der Grundrechtsbetroffenheit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Eröffnung der Klagemöglichkeit gebietet (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.08.2010 - 1 S 2266/09 -, VBlBW 2011, 23; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.04.2007 - 1 S 2828/06 - VBlBW 2008, 60 m.w.N.). Betroffen ist das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG des Klägers, denn es wurden Unterlagen mitgenommen, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Steuerberater anvertraut worden waren.
12 
Ein Verwaltungsakt zur Regelung der Pflichten des Klägers wurde nicht erlassen, so dass der Kläger seine Rechte auch nicht durch Gestaltungsklage hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 VwGO).
II.
13 
Die Klage ist auch begründet. Die Mitnahme des Ordners „11867 Löhne“ beim Kläger war rechtswidrig.
14 
1. Nach § 29 Abs. 2 GewO sind die Beauftragten (der zuständigen öffentlichen Stelle) befugt, zum Zwecke der Überwachung Grundstücke und Geschäftsräume des Betroffenen während der üblichen Geschäftszeit zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzulegen, sich die geschäftlichen Unterlagen vorlegen zu lassen und in diese Einsicht zu nehmen. Diese Befugnis steht im Zusammenhang mit § 29 Abs. 1 GewO, wonach Gewerbetreibende oder sonstige Personen,
15 
1. die einer Erlaubnis nach den §§ 30, 33 a, 33 c, 33d, 33i, 34, 34a, 34b, 34c, 34d oder 34 e bedürfen,
16 
2. die nach § 34 b Abs. 5 oder § 36 öffentlich bestellt sind,
17 
3. die ein überwachungsbedürftiges Gewerbe i.S.d. § 38 Abs. 1 betreiben,
18 
4. gegen die ein Untersagungsverfahren nach § 35 oder § 59 eröffnet oder abgeschlossen wurde oder
19 
5. die ein Gewerbe nach § 18 Abs. 1 Satz 1 des Kulturgüterrückgabegesetzes betreiben
20 
(Betroffene), den Beauftragten der zuständigen öffentlichen Stelle auf Verlangen die für die Überwachung des Geschäftsbetriebs erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen haben. Der Kläger ist als Steuerberater kein Angehöriger der in § 29 Abs. 1 aufgezählten Berufsgruppen, so dass er nicht der Überwachung durch die Gewerbebehörde unterliegt und eine gewerberechtliche Nachschau bei ihm nicht erfolgen kann.
21 
Die Beklagte handelte allerdings nach ihren Angaben nicht im Rahmen einer gewerberechtlichen Nachschau gegenüber dem Kläger, sondern im Rahmen einer solchen gegenüber seinem Mandanten, der Firma S.. Sollte sie tatsächlich dieser Auffassung gewesen sein, wird aber aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 2 Satz 1 GewO deutlich, dass eine derartige Nachschau nur in Geschäftsräumen des Betroffenen vorgenommen werden kann, weil nach der Vorschrift „dort“ Prüfungen und Besichtigungen vorgenommen und Einsicht in vorgelegte geschäftliche Unterlagen genommen werden kann. Eine „Herausverlagerung“ der Nachschau in sonstige Räume, in denen sich außerdem noch Unterlagen eines Betroffenen i.S.v. § 29 Abs. 1 GewO befinden, ist nicht möglich. Wie gerade der hier vorliegende Fall des Steuerberaters zeigt, würde dadurch das Steuergeheimnis durchbrochen und das dem Steuerberater zustehende Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO ausgehöhlt. Eine Ausnahme gilt gemäß § 160 a Abs. 2 Satz 1 StPO für Ermittlungsmaßnahmen gegen (u. a.) Steuerberater nur in sehr engen Grenzen, und bedarf einer Verhältnismäßigkeitsabwägung; in jedem Fall ist der Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich (§ 160 a Abs. 2 Satz 1 2. Hs. StPO). Von einem derartigen Verdacht ist hier nicht die Rede.
22 
2. Die Mitnahme des Ordners beim Kläger war schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Mandant, die Firma S., dieser Mitnahme zugestimmt hätte: Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, der Bedienstete der Firma S., Herr Z., habe einer Mitnahme des Ordners nicht zugestimmt. Demgegenüber haben sowohl der Bedienstete der Stadt Stuttgart, Herr B., als auch der als Zeuge vernommene Bedienstete Z. in der mündlichen Verhandlung erklärt, Herr Z. habe beim Steuerberater überhaupt nichts zu der Frage der Mitnahme des Aktenordners gesagt. Herr B. sprach in der fraglichen Situation, wie er in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, davon, dass der Ordner zwangsweise mitgenommen wird, wenn er nicht freiwillig herausgegeben wird. Dies ergibt sich auch aus dem von Herrn B. verfassten Protokoll mit dem Datum 27.06.2011, wonach Herr B. den Kläger über die jeweiligen Zuständigkeiten, Befugnisse und Verantwortlichkeiten aufgeklärt habe. Außerdem habe Herr B. Herrn Z. gegenüber geäußert, die Herausgabe könne auf der Stelle angeordnet und - ggf. mit Unterstützung der Polizei - durchgesetzt werden; daraufhin habe der Kläger den fraglichen Ordner übergeben. Eine Zustimmung des Berechtigten zur Mitnahme des Aktenordners aus den Räumen des Klägers lag daher nicht vor.
23 
3. Diese Verfahrensweise des Bediensteten der Beklagten war rechtwidrig, weil er eine unrichtige Darstellung seiner Befugnisse gegenüber beiden Anwesenden, dem Kläger und Herrn Z., gab und dadurch bei dem Kläger die irrtümliche Vorstellung erzeugte, er müsse den Ordner herausgeben. Ob die Herausgabe durch den Kläger durch eine bewusste Täuschung seitens des Bediensteten der Beklagten über die ihm zustehenden Kompetenzen oder durch dessen fahrlässige Verkennung der ihm zustehenden Rechte herbeigeführt wurde, macht keinen Unterschied. Hier gilt der strafprozessuale Grundsatz, dass falsche Rechtserklärungen Täuschungen stets gleichstehen (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., Rd.Nr. 13 zu § 136a). Unzulässige Ermittlungsmethoden überschreiten die verwaltungsverfahrensrechtlichen Grenzen der Ermittlungstätigkeit (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl., RdNr. 29 zu § 24). Der hierdurch beim Kläger erzeugte Irrtum schließt eine Freiwilligkeit aus. Zudem erfolgte die Herausgabe unter Androhung von Zwang und war auch deshalb unfreiwillig. Die Mitnahme des Ordners durch die Beklagte war damit rechtswidrig.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Beschluss vom 13.10.2011
26 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

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